In Teil 1 dieses Aufsatzes (StgrNat2012) war das Leben Hermann Rehwaldts von 1896 bis 1933/34 geschildert worden. In diesem Teil 2 werden Zeugnisse zu seinem Leben zwischen 1933 und 1954 mitgeteilt. Im Sommer 1933 nach dem Verbot der Wochenzeitung "Ludendorffs Volkswarte" war Rehwaldt von seiner Mitarbeit im Ludendorffs Verlag in München ausgeschieden. Hermann Rehwaldt scheint in der Folgezeit geheiratet zu haben und nach Fischbeck bei Hamburg an der Elbe gezogen zu sein. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor. Rehwaldt scheint als freier Schriftsteller gelebt zu haben. Zumindest um 1936/37 scheint das Ehepaar Rehwaldt in materieller Not gelebt zu haben (siehe unten).
Abb. 2: Ein Kinderbuch von H. Rehwaldt
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Vermutlich waren solche Existenzsorgen der Grund dafür, daß Hermann Rehwaldt neben seinen Aufsätzen, Schriften und Büchern - vorwiegend über Okkultismus und Geheimpolitik - auch Romane und Kinderbücher erscheinen ließ. Diese sind in anderen Verlagen erschienen, die Kinder- und Jugendbücher vor allem im "Bischof und Klein Verlag" in Lengerich in Westfalen (s. Abb. 2; 6, 15, 17 - 21, 23).
Autoren waren in diesem Verlag außer Hermann Rehwaldt unter anderem auch Lotte Huwe, Erich Limpach, Hans Klein, Herta Fritzsche, Elly Ziese, Gustav G. Engelkes, Wilhelm Matthießen (s. Justb). Diese waren - soweit übersehbar - alles Autoren, die der Ludendorff-Bewegung nahestanden und auch parallel im Ludendorffs Verlag publizierten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Verlag in "Kleins Druck- und Verlagsanstalt Lengerich" umbenannt worden. Das Verlagsprogramm ist in den 1950er und 1960er Jahren noch beträchtlich erweitert worden. Etwa durch Bücher von Johanna Spyri ("Heidi"), sowie durch zahlreiche Klassiker, vor allem der Kinder- und Jugend-Literatur (s. Justb).*) Zur Geschichte dieses Verlages ist 2016 ein eigener Beitrag hier auf dem Blog erschienen (StgrNat2016).
Wie man unter Ludendorff-Anhängern über diesen Verlag dachte, geht auch aus einem Vorschlag an dem zwischen 1945 und 1947 arbeitssuchenden vormaligen Schriftleiter Walter Löhde im Oktober 1947 hervor (d, S. 10):
Alle seine Bemühungen, sich irgendwie schriftstellerisch zu betätigen, schlügen fehl, sobald man feststellte, daß er im Ludendorff-Verlag tätig gewesen war. (...) Als er Herrn Neuhaus bat, doch auch mal zu hören, ob für ihn keine Verdienstmöglichkeit bestünde, machte Herr Neuhaus ihm den Vorschlag, ob Herr Neuhaus einmal Herrn Klein, Lengerich, über eine eventuelle Einstellung als Schriftleiter in den Verlag der Fa. Bischoff & Klein sprechen sollte, worauf er sehr erfreut einging.
(Diese Angelegenheit mit Walter Löhde wurde dann aber wohl nicht weiterverfolgt. Er wurde zwischen 1950 und 1961 wieder Mitarbeiter des Verlages Hohe Warte, von 1955 bis 1961 auch wieder offiziell Schriftleiter.)
1936 - Rehwaldt's Roman wird - trotz Lob - verboten
1935 brachte Hermann Rehwaldt seinen "Sachbuch-Roman" "Die unsichtbaren Väter" heraus. Zu diesem ist schon ein eigener Beitrag erschienen (StgrNat2011). Dort ist 2013 nachgetragen worden, was auch in diesen Beitrag gehört (Nachtrag 29./30.11.2013): Die "Reichsstelle für die Förderung des deutschen Schrifttums" gab am 9. Dezember 1935 ein gebührenpflichtiges positives "Gutachten für Verleger" zu diesem Roman ab. In diesem heißt es unter anderem (DHM):
Das Buch ist vorzüglich geeignet, über das menschen- und völkerfeindliche, auch vor den gemeinsten Verbrechen nicht zurückschreckende Treiben der überstaatlichen Mächte in weite Kreise Klarheit hinauszutragen. Mit erschreckender Deutlichkeit wird gezeigt, welche verruchten Mittel und Wege (...) von den Logen und Geheimorganisationen benützt werden, um sich willenlose Werkzeuge in den Intelligenzschichten der Völker zu züchten und mit ihrer Hilfe Nationen und Rassen zu vernichten. (...) Das Buch ist mit seiner erschütternden Enthüllung furchbarer Geheimnisse ein Fanal für alle. Wir empfehlen es mit Nachdruck!
Dieses Gutachten wurde vom Verlag auch auf Buchwerbezettel gedruckt. Aus uns zugesandten Kopien von Briefen Hermann Rehwaldts vom 11. Oktober 1936 und 3. Januar 1937 geht aber hervor, daß der Roman im Gegensatz dazu im Jahr 1936 verboten worden ist. Am 11. Oktober 1936 schreibt er von seinem Wohnort Fischbeck an der Elbe an Freunde in Zeeven bei Bremervörde:
Die beiliegenden Gutachten der Reichsschriftumskammer machen es fraglich, ob es mir gelingen soll, einen anderen Roman irgendwo unterzubringen. „Man“ schnürt uns langsam die Kehle zu.
Und am 3. Januar 1937:
Vorläufig gilt es durchzuhalten, was nicht leicht fällt, da die Verhältnisse sich immer mehr zuspitzen. Man fragt sich manchmal, ob das Schaffen noch irgend eine praktische Verwertung findet, denn wer nimmt noch Sachen von mir an nach dem Verbot der „Unsichtbaren“? Aber man kann aus seiner Haut nicht heraus und arbeitet weiter, mag kommen, was da will. Ich muß aber gestehen, daß ich ein paar Tage lang vor den Feiertagen ganz mutlos war und zu keiner Arbeit fähig. Wofür mir Paul Lehnert den Kopf mit Erfolg gewaschen.
1936/37 - Blanke materielle Not des Ehepaares Rehwaldt
Aus erhalten gebliebenen Briefen vom 11. Oktober 1936, 3. und 12. Januar 1937 des Buchvertreters des Ludendorff-Verlages Lehnert an zwei befreundete Ludendorff-Anhänger geht hervor, daß dieser Buchvertreter in dieser Zeit für das in Not geratene Ehepaar Rehwaldt Geld und Naturalien sammelte zur Unterstützung desselben. In diesen Briefen bedankt er sich im Namen des Ehepaares Rehwaldt für die erhaltene Unterstützung. (Die Empfänger dieser Briefe waren ein Herr Ficken [gefallen 1941] und Hermann Lienau (GB), ein Bauer aus dem Dorf Zeven, gelegen zwischen Bremen und Hamburg.)
1935 - 1939 - Zweiter Schriftleiter im Dritten Reich
In seinen Erinnerungen an Erich Ludendorff schreibt Hermann Rehwaldt 1965: Nach der Feier des 70. Geburtstages Ludendorffs im Jahr 1935
stieg wiederum die Auflage des "Quell" jählings. Ich kehrte in die Schriftleitung zurück, Hauptschriftleiter war Walter Löhde. Ich kann nicht behaupten, daß die Arbeit im dritten Reich ebenso viel Freude bereitete wie ehedem. (...) Verschiedene Themata waren tabu, durften nicht berührt werden. (...) Jedes Wort in einem Artikel mußte auf die Goldwaage gelegt werden.
Es wird deutlich, daß die Biographie Hermann Rehwaldts in diesen Jahren derzeit noch lückenhaft ist.
Anfang September 1939 - Hermann Rehwaldts Buch "Weissagungen" wird ausgeliefert
Aus den politischen Einzelschriften Hermann Rehwaldts vor 1939 sei an dieser Stelle zunächst nur eine herausgegriffen.
Nachdem nämlich neue Veröffentlichungen aufgrund umfangreichen Materials auf die wohl recht große Bedeutung von Weissagungen und von Astrologie für die politische und militärische Geschichte des Dritten Reiches aufmerksam gemacht haben (siehe GA-j!, 30.6.2012), tritt eine Schrift von Hermann Rehwaldt wieder in den Lichtkegel der Aufmerksamkeit, die den schlichten Titel "Weissagungen" trug und ausgerechnet in den ersten Tagen des Septembers 1939 zur Auslieferung gekommen ist (s.a. Scribd). In der "Quell"-Folge vom 11. August 1939 teilte der Verlag mit, daß diese Schrift "Ende dieses Monats" herauskäme. In der letzten Folge vor dem Papierentzug, nämlich vom 8. September 1939 heißt es, diese Schrift sei "Anfang September" ausgeliefert worden. Sie muß sofort in hoher Auflage gedruckt worden sein, denn noch im Jahr 1939 erscheint in leicht veränderter und erweiterter Form (statt 153 nun 188 Seiten) das 13. bis 17. Tausend dieser Schrift.
Dieser Schrift kann der ernsthafte Geschichtsforscher auch heute noch zahlreiche Details entnehmen, die an anderer Stelle nicht zu finden sind. So auf okkulte Holzschnitte des Wiener Künstlers Carl Pauer-Arlau von 1932 (GAj2012), so auf eine politische Prophetie des Kommunisten Dimitrow auf dem Jahr 1938, die sich als zutreffend herausstellen sollte, so auch auf das "Geraune" des Karl Haushofer im Jahr 1938 über die "tigerhafte" Natur der politischen Ereignisse des nächsten Jahres.
Hermann Rehwaldt und die "Strategie der Spannung" (1937 bis 1939)
In einem sicherlich hellsichtigen politischen Aufsatz, der am 27.5.1960 (in der Wochenzeitung "Volkswarte") veröffentlicht wurde, hat Hermann Rehwaldt die - damals so explizit wie heute noch gar nicht bekannte - "Strategie der Spannung" (Wiki) erläutert anhand seiner Erlebnisse in den Jahren 1937 bis 1939, in denen er offenbar mehrmals als Reserveoffizier Reserveübungen mitmachte:
Ich erinnere mich an die Stimmung in der Wehrmacht, jedenfalls in dem Truppenteil, dem ich 1939 vor Kriegsausbruch angehörte. Die Nerven der ehemaligen Reichswehrleute wie der Reservisten waren in den Jahren von 1937 bis 1939 stark strapaziert. Erst der Einmarsch in das entmilitarisierte Gebiet am Rhein, dann der Anschluß Österreichs, dann Sudetenland, dann Protektorat, endlich Polen. Und jedesmal rechnete jeder, auch der dümmste Kanonier, mit dem Ausbruch eines europäischen Krieges. Und als schließlich England und Frankreich sich Polens wegen doch noch zu einer Kriegserklärung entschlossen, als also die Würfel gefallen waren, fühlte sich jeder erleichtert: endlich ist die bange Erwartung vorüber, endlich weiß man, woran man ist. Eine Klarheit, so furchtbar sie auch sein mag, ist niemals so schlimm wie die Ungewißheit. Der Ausgang des endlich ausgebrochenen Krieges beschäftigte die Leute dabei weniger. Sie waren Soldaten. Heute ist die Situation ähnlich ....
Als Autor einer weiteren Schrift mit dem Titel "Die Kriegshetzer von heute", die 1938 erschien, sowie als vormaliger enger Mitarbeiter Erich Ludendorffs seit 1930 hat Hermann Rehwaldt natürlich - ähnlich wie Mathilde Ludendorff - die politischen Ereignisse nicht nur aus der Sicht des "dümmsten Kanoniers" betrachtet, sondern mit der gefühlten Verantwortung, einen neuen Krieg - ähnlich wie schon unterstelltermaßen den 1932 erwarteten - rechtzeitig durch passende Veröffentlichungen "zerreden" zu können. Er war dabei aber dennoch - ebenso wie Mathilde Ludendorff - von dem Kriegsausbruch im Jahr 1939 überrascht worden. Beide hatten mit demselben erst im Jahr 1941 gerechnet. So auch der Tenor von Rehwaldts Schrift "Weissagungen", obwohl dort von ihm auch die politische Prophetie Dimitrow's zitiert wird, die schon für 1939 deutschen Imperialismus voraussagte! Insgesamt hatten beide wohl nicht ausreichend in Rechnung gestellt, daß schon zuvor "kleinere Kriegsschauplätze" könnten geschaffen werden, wobei der eigentlich entscheidende Krieg dann trotzdem erst im Jahr 1941 beginnen würde.
Bekanntlich hatte der militärische Widerstand um die Generale Beck und Witzleben in der Sudetenkrise 1938 zum Staatsstreich bereit gestanden, was sie 1939 dann nicht mehr getan haben. Auch sie hatten sich "verschaukeln" lassen.
Übrigens war Hermann Rehwaldt zum Zeitpunkt der Auslieferung seiner Schrift "Weissagungen" schon nicht mehr Zivilist. Er berichtet (1969):
Ich wurde am ersten Mob-Tag eingezogen.
Es wäre sicherlich eine genaue Untersuchung wert, wie die wichtigsten politischen Autoren der Ludendorff-Bewegung das Herannahen des Zweiten Weltkrieges sahen und wie sie auf dieses Herannahen reagierten. Was sie richtig einschätzten, was falsch.
In Nachkriegsveröffentlichungen hat Hermann Rehwaldt dann schließlich auch über persönliche Erlebnisse aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges berichtet oder auf sie Bezug genommen. So finden sich in seinem Roman "Dschafar" viele autobiographische Züge aus dieser Zeit. (Naheliegenderweise müßte es eigentlich auch Lebenserinnerungen von ihm geben, eventuell als Manuskript. Einstweilen ist darüber aber nichts bekannt.)
1941 /1945 Kriegserlebnisse im Baltikum
Die einrückenden deutschen Truppen wurden so jubelnd begrüßt, daß diese Tage niemand von den Teilnehmern des Feldzuges vergessen wird. Sofort erboten sich örtliche Organisationen, eigene Truppenteile gegen den gemeinsamen Feind aufzustellen. Alle drei Völker waren bereit, als treue Verbündete des Reiches zu kämpfen. Die nationalsozialistische Führung stieß alle diese Bestrebungen vor den Kopf und erst später, als die Waage des Kräfteverhältnisses sich zu unseren Ungunsten neigte, begann man mit der Aufstellung landeseigener Einheiten, allerdings in deutscher SS-Uniform und der SS angegliedert. (...)
Trotzdem kämpften lettische und estnische Truppenteile mit einem beispiellosen Mut - der Haß gegen die Russen war eben stärker als die Enttäuschung durch die Nationalsozialisten.
Daß die Partisanenbewegung heute gänzlich unterdrückt worden ist, kann man nicht behaupten. Aber daß sie ihre ursprüngliche Bedeutung verloren hat, das kann nicht bezweifelt werden. Die baltischen Völker sind in ihrem heldenmütigen Kampf um die Freiheit unterlegen. Die KZ von Workuta, Magadan, Narym sind mit baltischen Freiheitskämpfern gefüllt. (...) Ihre ganze Hoffnung sind - die Amerikaner. (...) Allerdings sagte mir einmal im Gefängnis in Riga ein alter lettischer Bauer: "Ob's die Amerikaner schaffen, nachdem ihr's nicht geschafft habt? Ich glaube es eigentlich nicht."
Als unsere Truppen 1941 in der Ukraina erschienen, wurden sie als Befreier begrüßt. Alle Versuche der Sowjets, dort in unserem Rücken eine Partisanenbewegung aufzuziehen, mißlangen. Die Bevölkerung, wie ich es aus eigener Erfahrung weiß, lieferte uns die eingeschleusten Agenten Moskaus aus.
Abb. 3: Deutsche Panzerdivison am Terek, August 1942
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Im Kriege haben die Angehörigen der zentralasiatischen Staaten eine ausgesprochene Kriegsunlust gezeigt. Sie liefen bei jeder Gelegenheit über, meldeten sich für die von uns aufgestellten sog. Landeseigenen Freiwilligen-Verbände und taten, ohne zu murren ihre Arbeit als Baupioniere u. dgl.. Kämpfen wollten sie allerdings auch bei uns nicht, da sowohl die Usbeken wie die Kasachen ausgesprochen unsoldatische Nationen sind. Vielleicht hätten sie auch gekämpft, wenn der Krieg ihrem Heimatland nähergerückt wäre. Viele von ihnen äußerten bei ihrer Gefangennahme: "Wenn Ihr in Machatsch-Kala seid, dann geht es bei uns auch los!" (...)
Von der Georgischen Schützendivision, die uns gegenüber lag, liefen etwa zwei Drittel der Infanterie samt Lehrkompagnie zu uns über. Allerdings bekundeten auch sie keine Absicht, auf unserer Seite an der Front zu kämpfen, sondern erbaten sich Verwendung im rückwärtigen Gebiet - und das, obgleich wir an der Schwelle Georgiens standen! (...)
Die Armenier hielten sich zurück, und wenn sie, in Gefangenschaft geraten, sich zu den landeseigenen Einheiten meldeten, waren sie die ersten, die kompagnieweise desertierten, als es mit uns bergab ging. (...)
Die Kabardiner und Balkarer, mit denen wir im Kriege in nähere Berührung kamen, zeigten eine abwartende Haltung. Deren erste Frage an uns war, ob wir die Kolchosen abschaffen würden. Bejahte man das, dann wurden Ehrenhammel geschlachtet und ein Begrüßungsessen veranstaltet. Aber die 115. Kabardinische Kavalleriedivision gab sich erst gefangen, nachdem sie den unsinnigen und tollkühnen Versuch unternommen hatte, eine Panzerdivision in einer schneidig gerittenen Attacke über den Fluß Malka zurückzuwerfen. Auf der anderen Seite mußte ich einmal in einem Familienstreit vermittelnd eingreifen, der für die Einstellung der mohammedanischen Kabardiner zum Russentum typisch ist. Während unserer Besatzungszeit in Kabarda kehrte der Sohn unseres Hauswirtes als Deserteur aus der Sowjetarmee über die Front heim. Der Vater aber verweigerte ihm die Aufnahme, weil der Sohn sich - vor dem Kriege - freiwillig zum Heeresdienst gemeldet und eine Russin geheiratet hatte.
Ausgesprochen russen- und sowjetfeindlich war die Haltung des nordkaukasischen Volkes der Karatschajer, die sich sofort nach unserem Einrücken in ihr Gebiet erhoben und bei unserem Rückzug diesen gedeckt haben, nachdem sie ihre Frauen, Kinder und Greise in die Berge geschickt hatten.
Als die Sowjets zu Anfang des Krieges mit den Aushebungen begannen, verzogen sich viele Kabardiner und Balkarer in die Berge, um sich dem Militärdienst zu entziehen. Viele desertierten auch aus ihren Truppenteilen. Zu Beginn unserer Oktoberoffensive 1942 kamen sie dann aus ihren Verstecken heraus, bewaffnet mit erbeuteten russischen Gewehren und MP und stellten sich uns zur Verfügung, um gegen die Russen zu kämpfen.
Abb. 4: Kaukasus-Völker im 2. Weltkrieg
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Die Unzulänglichkeit der Berge um den Kasbek, des Siedlungsgebietes der Freiheitskämpfer, begünstigte ihren Kampf. Zu uns schickten sie Läufer mit der Aufforderung, ihnen zu helfen. Leider sind wir bis zu ihrem Gebiet nicht vorgedrungen.
Die Georgier stellten einen bedeutenden Prozentsatz der landeseigenen Freiwilligen in unserer Wehrmacht. Die georgische Schützendivision, die uns am Bakßan gegenüberlag, ist fast restlos zu uns übergelaufen. (...) Die von uns eingesetzten georgischen Bataillone liefen zwar nicht direkt über, aber auseinander. Im Gefängnis lernte ich zwei junge Georgier kennen, Matrosen der Kriegsmarine.
In dem Sonderführer beim Stab einer deutschen Panzerdivision, einem Asienexperten, findet er einen verständnisvollen Pflegevater, auf dessen Betreiben Dschafar nach Deutschland kommt. (...) Den Zusammenbruch des Hitler-Reiches erlebt Dschafar in Lettland. (...) Durch Zufall kommt er noch vor der Kapitulation mit lettischen Partisanen in Berührung.
daß es auch viele Vorgesetzte gegeben hat, denen das Machtgefühl, Menschen in den Tod schicken zu dürfen, eine gewaltige Befriedigung schenkte,
Ich kam mir immer erbärmlich vor, wenn ich meine Männer in gefährliche Situationen bringen mußte und selbst nicht dabei sein durfte. Ich hätte mich am liebsten bei ihnen entschuldigt, wenn ich schon nicht an ihrer statt gehen konnte.
Abb. 5: Erlebnisse in Karaganda
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Ich war in zig Lagern und Gefängnissen, in Rußland selbst, in Karaganda, im Ural, in Workuta und wieder im Ural.
Die beiden Völker wurden in kleinen Gruppen in Zentralasien angesiedelt, wo wir ihnen in den späteren Jahren z. B. in der Wüste bei Karaganda begegneten.
Laut Alexander Solschenizyn war Karaganda "die größte Provinzhauptstadt des Archipel Gulag", der sowjetischen Zwangsarbeitslager.
Im Gefängnis I in Riga saß ich selbst mit zahlreichen Letten zusammen, die noch 1949 - 1950 verhaftet und zu den üblichen "25 + 5", d. h. fünfundzwanzig Jahren Arbeitslager und fünf Jahren Verlust der Bürgerlichen Rechte, verurteilt waren. Es waren einige Legionäre darunter, die bereits 1945 nach Magadan in die Zwangslager verschickt, dann aber plötzlich amnestiert wurden, nach Lettland zurückkehrten und nun wieder verhaftet und, wie wir sagten, "durch die Wurstmaschine gedreht" wurden. Aber sie waren bereits in der Minderzahl, die meisten waren "Leute wie du und ich", Bauern, Städter, Arbeiter, Angestellte, Studenten, Schüler, Professoren, Pfarrer, Ärzte. Es waren keine "kurzfristigen Inhaftierungen" - im Gegenteil. Ich habe an den Rücken vieler Mitgefangenen die Striemen von den Vernehmungsmethoden des MGB mit eigenen Augen gesehen. Nein, die Furcht, das Mißtrauen der Letten waren wirklich unbegründet.
Die Widerstandsbewegung der Letten, Esten und Litauer - war sie etwa auch aus Furcht und Panik entstanden? Bis 1947 kämpften die Letten, Esten und Litauer mit der Waffe in der Hand gegen die Fremdherrschaft. Bis 1947 waren ganze Landstriche Kurlands von Partisanen beherrscht, so daß die rote Armee nur mit starken Abteilungen sich in diese Gebiete wagen durfte und manchmal ihre Versorgung durch Verhandlung mit Partisanenführern, also in einer Art Waffenstillstand, sicherstellen mußte. Ich bin im Gefängnis solchen Partisanen begegnet. Einer hatte dreizehn Russen umgelegt
bevor er schwer verwundet gefangen genommen werden konnte. Ein anderer, ein dreizehnjähriger Junge, der wie ein schüchternes kleines Mädchen aussah, wurde hinter einem leergeschossenen deutschen MG gegriffen, während sein Vater dabei fiel und seine Mutter und beide Schwestern mit ins Gefängnis wanderten.
Nein, es waren weder Furcht, noch Panik, noch Überredung, die die Letten, Esten und Litauer zur Flucht und zum Kampf zwangen. Natürlich spielte beim Widerstand der Partisanen die verantwortungslose Propaganda Amerikas eine Rolle, die den Baltenvölkern baldige Befreiung und Hilfe der USA vorgaukelte. Aber über einige Flugzeuge, die für Partisanen Proviant, Waffen und Munition abwarfen, vor allem aber verlogene und wertlose Propagandazettel für die Bevölkerung, ging diese Hilfe nicht hinaus. Und trotzdem kämpften die Balten weiter, einen Kampf ohne Hoffnung, verbissen und aussichtslos.
Herr Munters (...), sein "Offener Brief", der zum Ziel hat, die baltischen Emigranten zurück in die Heimat zu locken, wird kein günstiges Echo bei seinen Landsleuten im Westen finden.
Die Letten und die Esten sind ausgesprochene Individualisten. Schauen Sie sich doch nur die Siedlungsart der Letten an, die ich von den Baltenvölkern am besten kenne. Gewiß haben sie Städte und auch Dörfer in ihrem Lande, aber die ersteren sind meist deutsche Gründungen, die anderen durch das Agrarsystem des alten Baltikums bedingt, durch die großen Güter, die eine Menge Arbeitskräfte brauchten. Der Lette siedelt mit Vorliebe einzeln, in Einzelgehöften inmitten des eigenen Sektors, mag dieser Acker noch so klein sein. Bis zum nächsten Nachbarn sind es mindestens ein paar hundert Meter. Das Kollektiv - die Grundidee des Kommunismus - ist dem Letten in der tiefsten Seele zuwider.
Zudem war der Bildungsstand im alten Baltikum mit Abstand der höchste in Europa. Es gab Bauernmädchen und Polizisten mit Abitur und sogar Hochschulbildung. Es gab mehr Menschen mit höherer Schulbildung, als es Stellen im Staat und Privatwirtschaft für sie gab. Diese Menschen für die primitive Lehre des Kommunismus zu gewinnen, war nicht einfach, ja schier unmöglich.
- a. Ludendorff, Erich: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung. II. Band. Meine Lebenserinnerungen von 1926 bis 1933. Verlag Hohe Warte, Stuttgart 1951
- b. Bading, Ingo: Oswald Spengler - Mitglied der Fraternitas Saturni? GA-j!, 18.4.2011
- c. Teuteberg, Hans Jürgen (1929-2015): Bischof + Klein 1892 - 1992. Jahrhundertbilanz eines westfälischen Verpackungsunternehmens. Kleins Druck- und Verlagsanstalt Lengerich 1992 (95 S.) (freies pdf -> hier)
- d. Akten-Zusammenstellung (zum Fall Walter Löhde). Mit einem Nachwort von Franz Freiherr Karg von Bebenburg. Typoskript o. J. [Mai 1963]
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