Ein Zeitzeuge für die deutsche Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist der kaiserliche Offizier, Freikorps-Soldat, Auslandskorrespondent und Journalist Hauptmann Hans Tröbst (1891-1939). Wie seine Tagebücher aufzeigen, war er vor 1914 begeisterter Berufssoldat. Er nahm dann am Ersten Weltkrieg teil. Über seine Erlebnisse hat er spätestens ab 1925 Bücher veröffentlicht (1-3). Eine Fülle von Tagebüchern sind aber bislang unveröffentlicht geblieben. In zehn Bänden (!) werden diese derzeit (2015) von seinem Enkelsohn herausgegeben, und zwar von Mario Troebst (s.a. Fb). Für eine wissenschaftliche Biographie über Erich Ludendorff scheinen diese zehn Bände den einen oder anderen neuen Aufschluß zu enthalten. Dafür wären sie noch einmal systematisch auszuwerten. Im vorliegenden Beitrag sollen erste Eindrücke zusammengestellt sein, die derzeit dazu schon im Internet verfügbar sind.
Abb. 1: Die Tagebücher von Hans Tröbst (1891-1939) in zehn Bänden |
Der Enkel Mario Troebst schreibt über seinen Großvater (Hervorhebungen im folgenden nie im Original):
Schon früh prägte sich bei ihm die Liebe zum Soldatenberuf aus. (...) Er ist wie Kameraden von ihm erzählen, ein glänzender Soldat gewesen, ein unerschrockener Kämpfer und ein treuer Sorger für die ihm Unterstellten. Aus den Schlachten des Weltkrieges kehrte Hans Tröbst in das Chaos des Zusammenbruchs heim. Solange es noch irgendwo Soldatenarbeit gab, ging er ihr nach. Er focht unter Awaloff-Bermondt gegen die Bolschewisten; er kämpfte in der Brigade Ehrhardt. Nach deren Auflösung schlug er auf abenteuerlicher Reise über Serbien, Bulgarien, Konstantinopel sich nach Anatolien zur Armee Kemal Paschas durch.
Die Brigade Erhardt (Wiki) wurde im April 1920, nach dem missglückten Kapp-Putsch aufgelöst.
Ludendorff regt Tröbst zu schriftstellerischer Tätigkeit an (1923)
Hans Tröbst beriet nach dieser Auflösung mit Erich Ludendorff, wohin er sich nun wenden sollte. Mario Troebst, der Enkelsohn von Hans Tröbst, der die Lebenserinnerungen seines Großvaters herausgibt, berichtet über seinen Großvater (6):
General Ludendorff, zu dem er seit dem Krieg Kontakt hatte, riet ihm, zu General Wrangel zu gehen, der in der Ukraine gegen die Bolschewiken kämpfte. Doch Wrangel wurde geschlagen.Das geschah schon im Frühling 1920. Die letzten Einheiten der Armee von Wrangel verließen im November 1920 die Krim (Wiki). Weiter Mario Troebst (6):
So wurde die Türkei das nächste Ziel, weil dort unter Mustafa Kemal eine nationale Bewegung entstanden war (die „Jungtürken“) die sich vom Joch der Osmanen und den nach Anatolien eindringenden Griechen befreien wollten. Letztere wurden von den Kräften der Entente (Frankreich, England) unterstützt. Diesen Kampf gegen die von ihm verabscheuten Siegermächte mitzumachen, veranlasste Hans Tröbst, in die Türkei zu gehen und sich der Armee Kemals anzuschließen. Er behielt seinen Hauptmannsrang, aber nun in türkischer Uniform im Range eines „Üsbaschi“ (Hauptmann). Er war der einzige Deutsche im Dienst der Kemalisten. Aber er durfte nicht, wie von ihm gewünscht, an die Front, weil Kemal sich nicht nachsagen lassen wollte, er habe den Krieg gegen die Griechen nur mit ausländischer Hilfe gewonnen. So bekam Hans Tröbst als Pionieroffizier das Kommando über die Eisenbahn-Bataillone, mit dem Auftrag, einen Streckenabschnitt der Taurus-Bagdad-Bahn wieder instand zu setzen. Siehe seine Bücher „Die Reise nach Anatolien“ und „Mit den Kemalisten kreuz und quer durch Anatolien“ bei Amazon.
Ludendorffs Interesse für Kemal Pascha (1920 bis 1923)
Über sein Interesse an Kemal Pascha schreibt Erich Ludendorff in seinen Lebenserinnerungen hinsichtlich des Sommers 1920 (5, S. 133):
Noch eine andere außenpolitische Frage trat in jenen Tagen scharf hervor und beschäftigte mich. In der Türkei hatte (...) Kemal Pascha mit Unterstützung türkischer Generale und gefördert von Frankreich in Angora (Ankara) für Anatolien (Kleinasien) eine Regierung gebildet, die sich im schärfsten Gegensatz zu dem völlig in der Hand Englands befindlichen Sultan in Konstantinopel befand.Daraufhin wurde von England eine griechische Armee gegen Kemal Pascha aufgeboten, die bis vor Ankara vordrang, dort dann aber nicht weiter kam. Ludendorff weiter:
Schon in den Septembertagen 1920 war klar (...), dass hier ein Staat in entschlossenem Handeln vor dem Willen der Entente nicht zurückgewichen war. Dieses Vorbild Kemal Paschas wirkte schon damals belebend auf Deutsches Wollen.1923 kehrt Hans Tröbst nach Deutschland zurück (7):
Nach seiner Rückkehr aus Anatolien nimmt Hans Tröbst wieder Kontakt zu ehemaligen Kriegskameraden und zu Ex-General Erich Ludendorff auf. Dieser trägt sich schon seit längerem wegen der politischen und wirtschaftlichen Lage in Deutschland mit dem Gedanken an einen Staatsstreich. Er fordert Hans Tröbst auf, seine türkischen Erfahrungen schriftlich niederzulegen. Sie werden in der völkischen Wochenzeitung "Heimatland" in sechs Folgen veröffentlicht unter dem Titel: "Mustafa Kemal Pascha und sein Werk".Der Medienwissenschaftler und Historiker Professor Hartwig Gebhardt schreibt über Hans Tröbst (4, S. 22f):
Im Jahr 1927 vermerkt Hans Tröbst in seinem Tagebuch, Ludendorff sei mit der Aufforderung an ihn, die Türkei-Artikel für das völkische Blatt "Heimatland" zu schreiben, "gewissermaßen die Ursache und der Anstoß [gewesen], dass ich mich der journalistischen Laufbahn zugewandt habe". Im Rückblick und mit dem Wissen um die spätere berufliche Entwicklung ist diese Feststellung verständlich, sie gibt seine Situation im Jahr 1923 dennoch nicht richtig wieder.Mario Troebst (6):
Im Sommer 1923 beginnt die völkische Zeitung „Heimatland“ mit der Veröffentlichung einer Artikelserie von Hans Tröbst, in der er über seine Erlebnisse in der Türkei und über Mustafa Kemal berichtet. Tenor: So wie Mustafa Kemal gegen die „Erfüllungspolitik“ in Konstantinopel eine Gegenbewegung in Anatolien (Ankara) organisiert hatte, solle in Deutschland der Sturz der Entente-Einflüsse von München ausgehen. Tröbst wird daraufhin von Adolf Hitler eingeladen, diesem und einigen höheren SA-Führern Vortrag über die Vorgänge in der Türkei zu halten.Nach der Lektüre der Aufsatzreihe lud Hitler ihn also unter dem Datum des 7. September 1923 ein (7):
Herr Hitler würde sich sehr freuen, wenn Sie ihm am kommenden Dienstag über Ihre Erlebnisse berichten. Auch unsere S.A. Führer wünschen Ihre sicherlich interessanten Ausführungen zu hören. Was Sie in der Türkei miterlebt haben, ist das, was auch wir einmal tun müssen, um uns frei zu machen.
Das Treffen kam dann aber doch nicht zustande (9).
Die Teilnahme von Tröbst am Hitler-Ludendorff-Putsch (9. November 1923)
Hans Tröbst berichtet weiter (7):
Am 30.10. erhielt ich vom Hauptmann Weiß, dem Schriftleiter des "Heimatland" einen Eilbrief aus München, in welchem er mir mitteilte, dass bei der außerordentlich gespannten politischen Lage meine Anwesenheit in München dringend erwünscht sei. Ich sei für die Stelle eines Chefs des Stabes beim Bunde Oberland in Aussicht genommen.In der Wohnung des Hauptmanns von Müller, dem Kommandeur des 1. Bataillons von Bund Oberland, werden dann die Putschpläne besprochen, wonach die völkisch gesinnten Mannschaften, Unteroffiziere und jüngeren Offiziere des Bundes Oberland die zögernden Münchner Reichswehr-Teile im revolutionären Schwung mit sich reißen wollten und dann auch die Münchner Polizei auf ihre Seite ziehen wollten. Hans Tröbst (7):
Und zu dieser Ausführung hatte man mich extra aus Hannover kommen lassen. Ich war reichlich erstaunt darüber, aber man eröffnete mir, meine Artikel über die Türkei im Heimatlande hätten überall einen derartigen Anklang gefunden, dass man allgemein der Ansicht wäre, ich sei der richtige Mann dazu, um auf Grund meiner Erfahrungen die Sache in die Hand zu nehmen. Ich war natürlich mit Feuer und Flamme dabei.Während des Putsches erhielt Hans Tröbst ein Schreiben "Hauptmann Tröbst spricht in meinem Auftrage. Ludendorff", mit Hilfe dessen er die zögernden bayerischen Amtsinhaber auf die Seite der Putschisten ziehen sollte. Mario Tröbst:
Am 9. November 1923 nahm er als Gefolgsmann Ludendorffs am Marsch zur Feldherrnhalle teil.
Tröbst sendet Ludendorff sein erstes Buch (9. Dezember 1924)
Hans Tröbst ging wieder zurück in die Türkei. Am 27. November 1924 veröffentlicht er als dortiger Auslandskorrespondent einen Bericht in der "Deutschen Allgemeinen Zeitung" (Fb). In dieser Zeitung arbeiteten viele Redakteure, die in früheren Jahren in der Türkei gearbeitet hatte. Einstmals als "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" das Sprachrohr der Politik Bismarcks, war sie 1920 von dem Ludendorff-Verehrer und Industriellen Hugo Stinnes aufgekauft worden und wurde Ende 1922 kurzzeitig sogar verboten, weil sie - angeblich - den Kapp-Putsch unterstützt hatte (Wiki). Neben dem Berliner Tageblatt, der Vossischen Zeitung und der Frankfurter Zeitung gehörte sie zu den international bekanntesten und renommiertesten Blättern. In ihrer Ausrichtung war sie aber konservativ-staatstragender als die anderen drei Zeitungen. In seinem Bericht nun führte Hans Tröbst den Gedanken aus, dass die Ausrottung der Armenier zum eigenen großen wirtschaftlichen Schaden der Türken geschehen sei (Fb).
Abb. 2: Brief Erich Ludendorffs an Hauptmann Tröbst, 9.12.1924 |
Am 9. Dezember 1924 bedankte sich Erich Ludendorff bei Hauptmann Tröbst für die Übersendung von dessen erstes Buch "Soldatenblut - Vom Baltikum zu Kemal Pascha". Als dessen offizielles Erscheinungsjahr war zwar 1925 angegeben, es wird aber schon im Dezember 1924 erschienen sein. Ludendorff antwortete:
München, den 9.12.24Mein lieber Hauptmann Tröbst!
Heute trafen Brief u. Buch ein, nehmen Sie für beides herzlichen Dank. Wir haben Freiheitsschaffen mehr als nötig, denn wir vergessen mit jedem Tag mehr, was Freiheit ist. Der 7.12. hat es erschreckend gezeigt.
Mit Deutschem GrußIhr Ludendorff
An dem von Ludendorff erwähnten 7. Dezember 1924 hatten Reichstagswahlen stattgefunden (Wiki). Im Nachklang zum Hitler-Ludendorff-Putsch und zum darauf folgenden Hochverrats-Prozess hatten die völkischen Parteien in der Reichstagswahl vom 4. Mai 1924 - süddeutsche NSDAP und norddeutsche "Deutschvölkische Freiheitspartei" - zusammen 6,6 % der Stimmen erlangt. Sie hatten damit 32 Reichstagsabgeordnete gestellt. Erich Ludendorff war einer von ihnen und zugleich leitendes Mitglied ihrer Reichstagsfraktion geworden. Nun, im Dezember, stand Adolf Hitler kurz vor seiner Entlassung aus der Festungshaft und er hatte sich - mit anderen süddeutschen NSDAP-Mitgliedern - bis dahin schon merklich von Ludendorff und den norddeutschen Völkischen ("Deutschvölkische Freiheitspartei") distanziert. Die Spaltung zwischen beiden sollte gleich nach seiner Entlassung aus der Festungshaft manifest werden. Dies ist einer der Gründe dafür, dass die zusammengeschlossene "Nationalsozialistische Freiheitsbewegung" unter der Führung Ludendorff und von Gräfe, die eigentlich die nord- und süddeutschen Völkischen vereinigen sollten, in der Reichstagswahl vom 7. Dezember 1924 nur noch die Hälfte der Stimmen erhalten hatte und damit nur noch die Hälfte der vormaligen Zahl von Reichstagsabgeordneten stellen konnte. (All das ist in anderen Beiträge hier auf dem Blog und andernorts schon behandelt worden.)
Heute ist zum Beispiel besser bekannt als dies Ludendorff zu seinen Lebzeiten selbst bekannt gewesen sein konnte, wie sehr er in der genannten Reichstagsfraktion von Mitgliedern von völkisch-freimaurerischen Okkultlogen umgeben gewesen ist ("Thule-Orden", "Bund der Guten" und anderen mehr). Aber Ludendorff hat auch deutlich gemacht, dass er vieles davon ahnte. Jedenfalls ist sein 1927 begonnener Kampf gegen die Freimaurerei natürlich auch von seinen Erfahrungen in der Reichstagsfraktion bestimmt gewesen.
"Ludendorff war fabelhaft jung und frisch" - Tröbst auf Besuch in München (31. März 1926)
Die Verbindung zu Ludendorff hielt Tröbst auch weiterhin aufrecht. Erich Ludendorff schrieb an Hans Tröbst in diesem Zusammenhang:
Erich Ludendorff hatte sich im Jahr 1925 von seiner ersten Frau scheiden lassen und sollte ein halbes Jahr später, am 14. September 1926, seine zweite Frau Mathilde von Kemnitz heiraten. Tröbst nun berichtet (zit. n. Facebook, 2013, Hervorhebungen nicht im Original):München-Ludwigshöhe 23.III.1926 (?)Sehr geehrter Herr Hauptmann!
Ich würde mich sehr freuen, Sie bei Ihrer Reise über München zu sehen.
Mit Deutschem Gruß
Ludendorff
31.3.1926 - Um dem Monat März einen schönen Abschluß zu geben und mich quasi für meine neue Weltreise mit einer Reserve an geistiger Nahrung zu versehen und um in diesem Lande der Schieber wenigstens einmal etwas Höhenluft zu atmen, fragte ich bei General Ludendorff an, ob ich ihn wieder einmal besuchen dürfte. Er war sehr liebenswürdig am Telefon und lud mich auf 4:00 Uhr nachmittags in seine Wohnung im Prinz Ludwigshöhe, Heilmannstrasse 5 zum Tee ein. Da solche Besuche meist Höhepunkte zu sein pflegen und eines gewissen historischen Reizes später nicht zu entbehren pflegen, werde ich mich bemühen, den genussreichen Nachmittag mit der gleichen Genauigkeit zu schildern, wie es in ähnlichen Fällen der Evangelist Lukas zu tun pflegte. Also, nun geht es los:Ich klingelte unten an der Pforte, der Diener erschien und geleitete mich ins Zimmer, wo Ludendorff bereits mit einem Herren am Teetisch saß. Ich machte ihm meine Verbeugung, der General stand auf, kam mir entgegen und gab mir die Hand, wobei er sagte: "Guten Tag mein lieber Tröbst, ich freue mich sehr, Sie mal wieder im Lande begrüßen zu können. Sie kommen aus Reval? Wollen wieder nach der Türkei? Bitte nehmen Sie doch Platz!"Dieses geschah, man reichte mir Tee, Kuchen und der General stellte den anwesenden Zivilisten, einen Herrn von Kursell vor, den bekannten Maler und Zeichner, der sich aber schon nach 10 Minuten wieder erhob und sich verflüchtigte. In diesem Zeitraum bewegte sich das Gespräch in ganz allgemeinen Bahnen, Estland, Türkei usw. usw. Kaum war Kursell weg, so wurde eine stark persönliche Note aufgelegt. Ludendorff war fabelhaft jung und frisch und hatte vor allem das manchmal etwas abschreckende, imperatorenhafte Wesen nicht mehr so ausgeprägt an sich, wie früher. Er machte mehr den Eindruck eines Mannes, der mit etwas mehr abgeklärter Ruhe über dem Ganzen schwebt als früher. Er hatte in der Vaterländischen Bewegung wohl genug Enttäuschungen erlebt, so daß er jetzt die Sache an sich herankommen lassen konnte.Mit einer gewissen Bitterkeit sprach er von Hitler, mit blutigem Hohn vom "Stahlhelm", mit Empörung von der Hetze, die Teile des alten Offizierskorps, vor allem die bayerische Generalität, gegen ihn in Szene gesetzt hatte. "Aber es liegt System darin", sagte Ludendorff, "überall arbeiten die Drahtzieher, um zu verhindern, daß ich gegebenenfalls wieder einmal eine Rolle spielen könnte."
Ludendorff lehnt Schriftsteller des "Neuen Nationalismus" ab
Besonders interessant mag man empfinden, was Hauptmann Tröbst dann weiter berichtet:
Wir sprachen über Schauweckers Buch "Der feurige Weg", der in besonders realistischer und krasser Form das "Schreckliche" im Krieg schildert. Ludendorff lehnte dieses und ähnliche Bücher ab, die Kost sei zu stark für das Volk, dadurch erzöge man erst recht Pazifisten. Einen charakteristischen Stil und Inhalt könne man der Menge höchstens nach einem gewonnenen Kriege bieten. Ich erwähne dies Urteil Ludendorffs hier, weil ich das Gleiche einige Wochen vorher dem Herausgeber dieser Bücher, Ernst Jünger, geschrieben hatte, er wollte sich aber von mir nicht überzeugen lassen.
Seit Ernst Jünger im Sommer 1939 sein Buch "Auf den Mamorklippen" veröffentlicht hatte, konnte jeder wissen, der es bis dahin noch nicht gewusst oder geahnt hatte, dass er und sein Bruder Freimaurer waren und eng mit Jesuiten zusammen arbeiteten (8). Da Ernst Jünger mit Erich Ludendorff etwa 1928 noch ein Gespräch über die Freimaurerei hatte, in dem er ihm seine eigene intime Kenntnis dieses Freimaurerbundes und die in seinem Buch "Mamorklippen" enthaltene, wenig glaubwürdige Kritik dieses Bundes nicht mitteilte, ist klar, dass auch er gegenüber Erich Ludendorff ein sehr doppeltes Spiel gespielt hat. Er spielte jenes doppelte Spiel, das auch alle, die in den Fußstapfen von Ernst Jünger heute im politischen Raum tätig sind, ganz offensichtlich spielen. Also Alain de Benoist, Karlheinz Weißmann, Dieter Stein, Götz Kubitschek und unzählige andere in den heutigen Reihen der identitären Reconquista-Katholiken und -Freimaurer. In diesen Reihen wird ja auch niemals und in keiner Weise über die geheimpolitischen Hintergründe von Ernst Jünger und seinen Freunden aufgeklärt oder das auch nur irgendwie kritisch behandelt. Man betreibt in diesen Kreisen eine unglaubliche Verdummung der Anhängerschaft. Übrigens ist auch der im Zusammenhang mit diesen Ausführungen stehende Brief von Ernst Jünger an Hans Tröbst vom 7. Januar 1926, in dem Jünger die Veröffentlichung von Schauweckers Buch rechtfertigt, zugänglich. - Aber nun wieder die Schilderung von Hans Tröbsts Ludendorff-Besuch:
Wir sprachen weiter über die heute noch lebenden oder vegetierenden Reste der alten, aktiven Offizierskorps von 1914. Ich drückte meine Verwunderung darüber aus, daß so viele von diesen Leuten, die früher so tüchtig etc. gewesen seien, jetzt auf einmal zu einem guten Teil unter die Schieber gegangen seien. Bei diesen Worten sprang der General auf und war für einen kurzen Augenblick wieder das, was ich an ihm liebe und bewundere: Der Imperator! Der Ausdruck seiner Augen, seiner Stirn läßt sich in so einem Moment nicht beschreiben, beide scheinen zu wachsen und größer zu werden. "Sehen Sie," rief er, "das ist es, was ich immer gesagt habe! Es war die Erziehung der Könige von Preußen, die aus diesen Männern etwas einst gemacht hat, das hat Jahre lang vorgehalten, allmählich kommt aber der ursprüngliche Mensch wieder zum Durchbruch!"
Am 9. November 1923 "liefen die Nationalsozialisten weg"
Und weiter berichtet Hauptmann Tröbst:
In dieser Art redeten wir noch zwei Stunden auf das Angeregteste miteinander, interessant war für mich, daß die Leute im Deutschen Herrenclub (früher angeblich Bristol) drauf und dran sind, das Reich mit einer neuen Verfassung oder einem neuen Putsch zu beglücken. Ludendorff steht allen diesen Dingen ablehnend gegenüber und auch ich glaube, daß man nicht auf Grund eines "Mobilmachungsplanes" einen Umschwung oder eine Besserung herbeiführen kann. Wir redeten dann noch vom "Reichsbanner" und dem "Rotfrontkämpferbund" und Ludendorff sagte, daß beide, wenn einmal scharf geschossen werden würde, genauso "laufen" würden, wie die Natiosozis in München am 9.11.23. Auch darin gebe ich ihm Recht, früher hat er und offen gestanden auch ich es nicht geglaubt. Da ich es aber selber erlebt habe, bin ich eines Besseren belehrt worden.
Gegen 6:00 Uhr verabschiedete ich mich, Ludendorff brachte mich durch das Haus, die Vorhalle, den Garten bis an das Straßentor und sagte: "In Kleinasien empfehle ich Ihnen den Herrn von Prosch unter ihre spezielle Obhut zu nehmen, ein selten anständiger Mensch. Und wenn Sie wieder durch München kommen, melden Sie sich immer bei mir an, ich werde mich immer freuen, Sie bei mir zu sehen!" Ich bewegte diese Worte in meinem Herzen und trollte mich von dannen. Einen Trost habe ich von diesem Besuch mit nach Hause gebracht. Ludendorff wird am 9.4.1926 61 Jahre alt. Er sieht aus wie 40, Spannkraft besitzt er wie ein Dreißiger. Ich hoffe und glaube, daß seine Laufbahn noch nicht abgeschlossen ist ...
Tröbst entscheidet sich, Berufs-Journalist zu werden (Herbst 1926)
Hauptmann Tröbst wurde danach Auslandskorrespondent in der Türkei wurde aber schon im Herbst 1926 ausgewiesen. Der Historiker Gebhardt schreibt noch einmal zusammen fassend (4, S. 251f):
Seine Ausweisung im Herbst 1926 führte nicht nur zur Aufgabe des Lebensumfeldes in Anatolien und zur Übersiedlung nach Griechenland, sondern auch zu dem Entschluss, künftig ausschließlich als Journalist zu arbeiten. Die Berufsentscheidung hatte Auswirkungen auf das Verhältnis zu seinem bisherigen Milieu. An seinen Kontakten zu Ludendorff lässt sich das ablesen. Wie geschildert, hatte Ludendorff ihm 1923 Zugang zur völkischen Bewegung Münchens verschafft. Der Staatsstreichversuch im November desselben Jahres war zwar gescheitert und damit auch Tröbsts Hoffnung auf eine Rückkehr in die Reichswehr, doch betrachtete und akzeptierte er Ludendorff auch weiterhin als eine führende Persönlichkeit der politischen Rechten in Deutschland. Als er ihn im September 1925 brieflich um einen politischen Rat bat, antwortete Ludendorff umgehend. „Ludendorff schrieb mir einen langen Brief, sehr interessant", teilte Tröbst sichtlich stolz einem seiner deutschen Bekannten in der Türkei mit. Auf der Rückreise von Reval in die Türkei besuchte Tröbst im März 1926 Ludendorff in München und hatte mit ihm ein zweistündiges Gespräch unter vier Augen, dessen Verlauf Tröbst, voll der Bewunderung für den Ex-General, in seinem Tagebuch aufgezeichnet hat.Im Jahr 1927 verwandelte sich Tröbst's Ludendorff-Bewunderung in Skepsis. Der Historiker Gebhardt schreibt über das dem Jahr 1927 (4, S. 251f):
Im folgenden Jahr aber - er war inzwischen in Belgrad und Vertragsjournalist des Scherl-Verlags - hatte sich seine Bewunderung in skeptische Distanz verwandelt. Einen im Tagebuch eingeklebten Zeitungsausschnitt, in dem Ludendorff wegen seiner politisch-weltanschaulichen Ansichten kritisiert wurde, kommentierte Tröbst mit den im Vergleich zu seinen früheren Äußerungen über Ludendorff überraschend despektierlichen Worten „Si tacuisses" und „Mehr Reserve, lieber Erich!"
"Die Deutsche Wochenschau" (Dezember 1927)
Im Herbst 1927 veröffentlichte er sein großes Aufsehen erregendes Buch "Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse". Es löste die größte Austrittswelle aus den Freimaurerlogen in ihrer ganzen Geschichte aus. Alle Reaktionen auf dieses Buch in der deutschen Presse behandelte Erich Ludendorff in der Wochenzeitung "Deutsche Wochenschau", womit er zusammen mit seiner Frau Mathilde Ludendorff zu den Hauptautoren dieser Zeitung wurde, die zugleich Mitgliederzeitung des "Tannenbergbundes" war. Hans Tröbst scheint Ende 1927 noch kritische Worte über diese Zeitung an Erich Ludendorff geschrieben zu haben, denn dieser antwortete an an einem 29. Dezember - wohl eher des Jahres 1927 als des Jahres 1928 - wie dem nächsten Foto zu entnehmen ist:
Geehrter Herr Hauptmann!
Ich kann Ihnen nur empfehlen, die Deutsche Wochenschau zu studieren. Da werden Sie sehen, daß die Vergangenheit doch nicht umsonst war. Ohne die Deutsche Wochenschau zu kennen, kann sich heute niemand mehr ein Bild über Deutschland machen.
Mit Deutschem Gruß
Ludendorff
Erich Ludendorff war inzwischen auch aus der Kirche ausgetreten und begann nach und nach auch kritische Artikel über das Christentum zu veröffentlichen.
Abb. 3: Briefe Erich Ludendorffs an Hauptmann Hans Tröbst |
Der Historiker Gebhardt schreibt (4, S. 251f):
Danach hat es nur noch einen kurzen und zudem unerfreulichen Kontakt zwischen den beiden gegeben. Tröbst schickte Ludendorff Ende 1929 einen seiner in der Politischen Wochenschrift veröffentlichten Artikel mit kritischen Bemerkungen über Politik und Zustand der rechtsstehenden Organisationen, auf den Ludendorff "äußerst empört" reagierte. Zunehmend distanziert gestaltete sich das Verhältnis Tröbsts auch zu anderen Personen aus seinem früheren, meist soldatischen Umfeld. ... Obwohl er sich noch lange bemühte, zumindest gelegentliche Briefkontakte aufrechtzuerhalten, empfand er schließlich selbst die Unterschiede. ...Soweit die bislang zugänglichen Zeugnisse zum Verhältnis dieses Hauptmanns Hans Tröbst zu Erich Ludendorff. Man darf sehr gespannt sein auf eine vollständige Darstellung der Entwicklung des Verhältnisses zwischen beiden. Ein Briefumschlag ist adressiert "bei Hans von Wolzogen" in München. Somit steht zu vermuten, dass Tröbst auch in guten Beziehungen zu diesem vormaligen Sekretär von Richard Wagner stand und dem Herausgeber der Zeitung der Wagnerianer, der "Bayreuther Blätter" (wenn es sich nicht um den gleichzeitig lebenden Filmregisseur Hans von Wolzogen handelte). Über das Lebensende seines Großvaters im Jahr 1939 in Ostasien berichtet Mario Troebst:
Hans Tröbst ging 1934 nach Mandschuko, weil er den Fernen Osten als interessantes journalistisches Arbeitsgebiet ansah. Nach dem sogenannten Mukden-Zwischenfall hatte 1931 Japans Invasion der Mandschurei begonnen, und 1932 hatte Japan dort seinen Satellitenstaat Mandschuko errichtet. Dairen wurde für Hans Tröbst zur Basis für seine Berichterstattung aus Fernost. Die Umstände seines Todes im Alter von nur 48 Jahren sind ungeklärt. Der deutsch-jüdische (!) Familienhausharzt Dr. Zilz diagnostizierte Herzinfarkt nach starkem Alkoholgenuß. Gerüchte sprachen von Vergiftung durch Chiang Kai-Shek-Anhänger, weil Hans Tröbst sich in einem Bericht kritisch über Chiang geäußert hatte. Hans Tröbst starb, als sich seine Frau mit dem sechsjährigen Sohn auf Urlaub in Rumänien befand. (...) Der Sarg war mit einer Hakenkreuzfahne bedeckt. Hans Tröbst wurde eingeäschert und die Urne nach Deutschland übergeführt. Sie befindet sich auf dem Familiengrab in Heisede, Ortsteil Sarstedt bei Hannover.
veröffentlicht 3.4.2015,
zuletzt ergänzt: 7.8.16, 6.5.2017)
- Tröbst, Hans: Soldatenblut. Vom Baltikum zu Kemal Pascha. R.F. Koehler, Leipzig 1925 (330 S.) (GB)
- Tröbst, Hans: Stecowa. Phantastisches und Übersinnliches aus dem Weltkrieg. Mit 6 Federzeichnungen von A. Paul Weber. Tradition W.Kolk, Berlin 1932
- Tröbst, Hans; Leipold, Artur: Das Posensche Pionier-Bataillon Nr. 29 und seine Kriegsformationen Reserve-Pionier-Bataillon 33, Pionier-Kompagnie 107, 361 und 401, Pionier-Bel.-Tr. 10 und 29. o.O., o.D.
- Gebhardt, Hartwig: Mir fehlt eben ein anständiger Beruf. Leben und Arbeit des Auslandskorrespondenten Hans Tröbst (1891 - 1939). Materialien zur Sozial- und Kulturgeschichte des deutschen Journalismus im 20. Jahrhundert. Edition Lumière, 2007 (348 S.) (GB)
- Ludendorff, Erich: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung. Meine Lebenserinnerungen von 1919 bis 1925. Ludendorffs Verlag, München 1940, 1941
- Strese, Ruedi: „Frei will ich leben und frei will ich sterben“ – Die Lebenserinnerungen des Hans Tröbst. Mario Troebst im Gespräch über seinen Großvater. Auf: NORTEXA, 3. August 2016, http://www.nortexa.de/frei-will-ich-leben-und-frei-will-ich-sterben-die-lebenserinnerungen-des-hans-troebst/
- Tröbst, Hans: Hitler-Putsch "Hauptmann Tröbst spricht in meinem Auftrage." Ludendorff. Herausgegeben von Mario Troebst. Selbstverlag Kindle Edition 2013 (88S.) [Band 10 von: "Ein Soldatenleben in 10 Bänden 1910 - 1923"]
- Bading, Ingo: Bolschewisierung Osteuropas - Ernst Jünger wusste schon 1939 um dieses freimaurerische Kriegsziel - Der Roman "Auf den Mamorklippen". Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, 25. Oktober 2016, http://studgenpol.blogspot.de/2016/10/bolschewisierung-osteuropas-ernst.html
- Weber, Thomas: Wie Adolf Hitler zum Nazi wurde. Vom unpolitischen Soldaten zum Autor von "Mein Kampf". Ullstein Buchverlage, Berlin 2016 (GB)
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