"Deutsche, wühlt in der Geschichte!" (Erich Ludendorff)

Samstag, 17. September 2016

Das steil absinkende Niveau der Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung

Einige Worte zu dem Autor Dr. Josef Haas

Hier auf dem Blog ist über die merkwürdige Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung, die Zeitschrift "Mensch & Maß", spätestens seit dem Jahr 2011 mancher kritische Artikel erschienen (1-3). Dabei sind seit 2013 auch mehrere in dieser Zeitschrift erschienene konkrete Artikel (4-7) kritisch besprochen, beurteilt und eingeordnet worden. Es war da - immer wieder - auf merkwürdige Dinge hinzuweisen. Zuletzt im Mai 2015.

Im Jahr seither - bis zum August 2016 - strotzte die Zeitschrift "Mensch & Maß" weiter von merkwürdigsten Dingen und Unmöglichkeiten. Um sie alle zu behandeln, ist die Zeit zu schade. Leser, die einigermaßen ihre Sinnen beeinander haben und nicht nur von Ressentiment, Verbitterung und Haß zerfressen sind, haben das längst selbst gemerkt. Viele werden es gar nicht mehr bemerken können, da sie - mit viel Recht - diese Zeitschrift längst abbestellt haben werden.

Viele Aufsätze der letzten Monate in dieser Zeitschrift - und zwar dem oberflächlichen Eindruck nach zunehmend mehr - stehen im Niveau derart niedrig, dass man es kaum glauben kann. Auf dieser Ebene jedenfalls bewegt sich neuerlich ein Aufsatz des Autors Josef Haas (8). Bei der Lektüre desselben fragt man sich mit zunehmendem Nachdruck, warum Autoren gerade dieser "untergehenden" Zeitschrift (denn die Leserzahlen sind doch stark rückläufig wie man annehmen darf) die "Stirn" haben, das Unmöglichste vom Unmöglichen zu veröffentlichen in derselben. Warum gerade in dieser? Finden sie keine andere? Warum werden gerade sie vom Schriftleiter dieser Zeitschrift ausgewählt?

Man ist zunehmend gezwungen, das als den groteskesten Hohn der Leserschaft gegenüber zu empfinden. Vielleicht ist das ja auch die Absicht. Der Leserschaft zu zeigen, was man ihr alles bieten kann, ohne dass sie "aufmuckt". Sollte das jedenfalls die Absicht sein, dann freilich macht man in dieser Zeitschrift alles richtig.

Das Verhalten etwa des inzwischen regelmäßig in der Zeitschrift veröffentlichenden Autors Dr. Josef Haas erinnert an das Verhalten des vormaligen Chefs des  Thüringer Verfassungsschutzes Helmut Roewer. Dieser hatte während seiner Amtszeit, in der der NSU ("Nationalsozialistische Untergrund") entstand und gefördert wurde, einmal ein merkwürdiges Bedürfnis, sich öffentlich in der Fußgängerzone von Weimar mit Erich Ludendorff auseinanderzusetzen. Indem er sich als solchen verkleidete. Es gibt halt Geheimdienstleute, die bauen zu ihren Beobachtungsgegenständen so ihre ganz besondere Haßliebe auf. Und diese muss sich dann auch irgendwann einmal - irgendwie - äußern. Immer nur Schweigen und Beobachten und schweigend reagieren (auf "das Leben der anderen") - da wird man halt auch ganz schön "gefordert". Und man muss es mal rauslassen, muss seinem Beobachtungsgegenstand irgendwann einmal zu fühlen geben, dass man auch noch "da" ist. Man hat - auch - bei Josef Haas das Gefühl, seine Artikel sind die Art und Weise, in der sich eine solche eigenartige Haßliebe dann äuußern kann, in der sie kund gibt, dass die auch noch "da" ist. Und zwar, so fühlt es sich an: schon "lange". Viel zu lange.

Otto Skorzeny ...

Abb.: "Mensch & Maß" (1981)

Da hatten wir auf unserem Paralellblog also einmal - eher aus zufälliger Anwandlung und eher in einem bloßen Seitenblick - im Jahr 2012 unsere uns selbst überraschende Hochachtung vor dem eigentlichen, nämlich dem deutschen "James Bond" zum Ausdruck gebracht. Nämlich vor dem Vorbild für die Romanfigur. Und das war Otto Skorzeny (1908-1975) (Wiki) (9). Wäre dies nicht geschehen, würden wir vielleicht auch auf den neuesten, abstoßenden Artikel von Josef Haas in "Mensch & Maß" (8) gar nicht weiter zu sprechen kommen wollen. Aber weil uns Otto Skorzeny durch den Artikel aus dem Jahr 2012 doch ein wenig ans Herz gewachsen ist, kann dieser neueste Artikel ausnahmsweise einmal nicht unkommentiert bleiben. 

Da haben also einige israelische Historiker und Zeitungen behauptet, Otto Skorzeny sei 1962 ein Auftragsmörder im Dienste des Mossad gewesen. Er habe sogar fünf Ägypter mit Paketbomben getötet. Das sind ja so die Verbrechen, für die der Mossad so seine Schuldigen suchen muss, damit ihm nicht selbst gar zu viel Schuld zugesprochen wird. Wenngleich inzwischen so viele Auftragsmorde ihm zugeschrieben werden, dass es auf einen mehr oder weniger wohl auch nicht mehr ankommen wird ...

Und jetzt ist natürlich jedermann "sehr erschüttert". Nachdem diese Behauptungen im März 2016 - geradezu wie auf Kommando - auch von den großen deutschen Tageszeitungen behandelt worden sind, wird über diese nun neuerdings auch auf dem Wikipedia-Eintrag zu Otto Skorzeny geschrieben. Aber doch immer noch mit der gebotenen Zurückhaltung und kritischen Distanz. Wo doch selbst einem Autor und Zeithistoriker wie Sven Felix Kellerhoff, dem ansonsten zutiefst zu mißtrauen ist, weil er - wie viele "Spiegel"-Historiker - in Büchern und Aufsätzen politische Morde und Geheimdienstätigkeit der Zeitgeschichte verharmlost und kleinredet, etwa nach dem Tenor:

Wenn sich die Dienste an Gesetze hielten, bräuchte man sie nicht,
wo also selbst ein solcher Autor gegenüber diesen abstrusen Behauptungen zurückhaltend bleibt und schreibt (Welt 3/2016):
Solange es die Autoren des "Haaretz"-Artikels allerdings bei vagen Schilderungen belassen, ist das kaum zu beurteilen. Zumal andere Details ihrer Story Zweifel an der Kompetenz ihrer Quellen stützen.

Selbst ein Sven Felix Kellerhoff also wahrt Distanz und Zurückhaltung in der Beurteilung dieser wahrhaft merkwürdigen Unterstellung.

... Er ist zu verabscheuen

Eine solche Distanz und Zurückhaltung ist nun freilich die Sache eines so abstoßenden Autors wie Josef Haas nicht. Sein Mund tropft vor Geifer über, es kann ihm gar nicht schnell genug gehen, nun endlich - endlich! :) - seinen schon lange gehegten Abscheu vor Leuten wie Otto Skorzeny zum Ausdruck bringen zu können. Und da läßt er sich dann gehen und schreibt:

In der Anschauungswelt der Nonkonformisten 
.... jener Nonkonformisten, nicht wahr, die Josef Haas eben bislang - sprachlos - beobachtet hat, nicht wahr?, und zu denen er keinesfalls gehörte und gehört ....
konnte sich (...) Otto Skorzeny ja sehr lange eines hohen Ansehens erfreuen.
Und wie musste man ständig innerlich aufbegehren gegen dieses Ansehen. Und konnte doch nichts sagen. Allerdings musste man es immerhin wissen, wenn man die "Nonkonformisten" beobachtet, nicht wahr? Haas also weiter ohne jede eigene innere Anteilnahme, ohne auch nur eine Spur menschlicher Enttäuschung zu zeigen, sondern mit klarer emotionaler Distanz, ja, eigentlich mit offen zur Schau getragenem Zynismus:
Und nun das! (...) Dennoch scheint diese Bluttat von Skorzeny begangen worden zu sein. (...) Hier kommen wahre Untiefen eines vermeintlichen Kriegshelden zum Vorschein, welcher sich - immer vorausgesetzt, die zionistische Presse hat nicht gelogen - ....
.... ja, ja, lieber Leser, und warum sollte sie auch lügen, nicht wahr, die - - - "zionistische Presse" (!!!) (aus der Sicht eines Nonkonformisten, bzw. "Nonkonformisten" wie Josef Haas ...) ...
durch seine verbrecherische Handlung für alle Zukunft selber moralisch diskreditiert und deswegen bei jedem noch anständig gebliebenen Deutschen jedwede Achtung oder gar Sympathie verloren hat. 
Aber darunter geht es nun gar nicht bei einem Autor wie Josef Haas. Der Geifer muss tropfen. Aber ja doch. Und dann geht es fröhlich weiter bei dem Herrn Josef Haas:
Diese totale Ächtung hat aber keinesfalls nur Otto Skorzeny verdient. Gleiches trifft auf Franz-Josef Strauß zu, den viele "Nationale" einst als "Retter Deutschlands" ansahen.

Aber natürlich, aber natürlich. Franz-Josef Strauß, eine ähnliche Ikonoe wie Otto Skorzeny. Irgendwie hat Herr Josef Haas doch nicht genau genug beobachtet. Irgendwie blieb er zu oberflächlich. Denn es stimmt schlichtweg nicht. Nicht "viele Nationale", sondern höchstens Leute wie Josef Haas, also Leute wie Armin Mohler. Oder Leute wie der damalige Münchener Erzbischof und nachmals tausendfache Pädokriminalität vertuschend habende Josef Ratzinger. Solche Leute, Herr Josef Haas, nicht wahr. Die sahen Franz-Josef Strauß als "Retter Deutschlands" an. Weil das irgendwelchen Stichwortgebern aus dem Hintergrund sehr genehm war. Das wissen wir schon. Es sind einem aber doch wenigstens Leserbriefe aus "Mensch & Maß" erinnerlich aus der Hochzeit des Franz Josef Strauß, die zeigen, dass damals in der Leserschaft dieser Zeitschrift - freilich: damals - solche Politiker keineswegs als Retter Deutschlands erachtet wurden.

Nein. Es ist schon wieder viel zu viel gesagt worden. Über einen Autor wie Josef Haas. Wer hören will und noch kann, hat schon genug gehört.

Ergänzung, 24.10.2016

Als ein Gegenbeispiel für den eben erörterten abartigen Aufsatz des Herrn Josef Haas kann neuerdings verwiesen werden auf einen in "Mensch & Maß" vom Oktober 2016 erschienen Aufsatz des Autors Gerhard Bracke (10). Dieser handelt von den Kriegseinsätzen eines Kampfbomberpiloten des Zweiten Weltkrieges. Da derselbe - ein im April 2016 verstorbener Oberstudienrat a.D. namens Wilhelm Nolte - zugleich Anhänger der Philosophie Mathilde Ludendorffs war, würde dieser Aufsatz nicht zuletzt auch gut in die Rubrik dieses Blogs passen: "Lebensläufe von Ludendorff-Anhängern". Der Aufsatz von Bracke besticht durch seine gerade, stringente Sprache, durch seine knappe, auf das Wesentliche reduzierte, ganz und gar sachliche Darstellungsart. Welten liegen zwischen einem solchen Aufsatz und dem hier zuvor behandelten Aufsatz eines - Josef Haas.

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  1. Bading, Ingo: Die Antiquiertheit der heutigen "Ludendorff"-Bewegung - Eine in Alkohol eingelegte Subkultur? Studiengruppe Naturalismus, 1012.2011, http://studiengruppe.blogspot.com/2014/10/die-naturliche-verbindung-zwischen.html
  2. Bading, Ingo: Die "mißratene Tschandala"-Rasse - Ernsthaft behandelt in "Mensch & Maß" im Mai 2015. Studiengruppe Naturalismus,  30.5.2015, http://studiengruppe.blogspot.com/2014/10/die-naturliche-verbindung-zwischen.html
  3.  Bading, Ingo: "Ludendorffs fernöstlicher" - buddhistisch-imperialistischer - "Freund" - Schreibt ein Autor von "Mensch und Maß" auch für das Muslim-Forum? Auf: Studiengruppe Naturalismus, 1. Mai 2015, http://studiengruppe.blogspot.de/2015/05/ludendorffs-fernostlicher-buddhistisch.html
  4. Gramse, Falko: Otto der Große. Erster Kaiser des "Römisch-Deutschen Kaiserreichs." In: In: Mensch & Maß, Folge 9, 15.9.2013, S 417-430, Folge 10, 15.10.13, S. 493-500, Folge 11, 15.11.13, S. 534-541, Folge 12, 15.12.13, S. 590-594, Folge 1, 15.1.14, S. 18-29, Folge 2, 15.2.14, S. 62-76
  5. Heuermann, Hartmut: Martin Luther - der Lichtgestalt dunkle Seite. In: Mensch & Maß, Folge 9, 15.9.2014, S. 452-454
  6. Scharf, Johannes: Der Zorn des Odysseus - Wie Kleists Novelle "Der Findling" noch zu lesen ist ... In: Mensch & Maß, Folge 5, Mai 2015, S. 228-238
  7. Haas, Josef: Ludendorffs fernöstlicher Freund. In: Mensch und Maß, Folge 4, April 2015, S. 202-206 
  8. Haas, Josef: Die deutsche Krankheit. In: Mensch & Maß, Folge 8, August 2016, S. 411-414 
  9. Bading, Ingo: Otto Skorzeny, der "deutsche James Bond"  - Gefürchtet und bewundert von Geheimdiensten und Revolutionären auf der ganzen Welt. - Aber warum eigentlich? Auf: GA-j!, 30.5.2012, http://studgenpol.blogspot.de/2012/05/otto-skorzeny-der-deutsche-james-bond.html
  10. Bracke, Gerhard: Einsätze beim Kampfgeschwader 51 ("Edelweiß"). In: Mensch & Maß, Oktober 2016, S. 513-518

Sonntag, 28. August 2016

Erich Ludendorff in Fotografien des Jahres 1914

Für die öffentliche bildliche Wahrnehmung der Personen Erich Ludendorffs und Paul von Hindenburgs während des Ersten Weltkrieges spielten anfangs Gemälde und Fotografien eine wohl gleichwertige Rolle. Erst etwa ab 1916 trat die Rolle von Gemälden (Schlachtenpanoramen und Portraits) mehr in den Hintergrund. Diese Entwicklung in der öffentlichen Wahrnehmung Erich Ludendorffs sollt hier auf dem Blog in fünf Beiträgen mit allen erreichbaren Fotografien Erich Ludendorffs zu jedem Jahr des Ersten Weltkrieges zusammen getragen. Da aber die Bedeutung von Gemälden in den Anfangsjahren des Ersten Weltkrieges eine ähnliche war (wie sich bei der Bearbeitung dieser Beiträge herausstellte), werden diese gleichwertig (die schon in einem früheren Beitrag gesammelt wurden) nach und nach ebenfalls hier einzuarbeiten sein. Der vorliegende Beitrag behandelt das Jahr 1914.

Fotografien als historische Quelle

Fotografien können für sich genommen das unglaublich spannungs- und abwechslungsreiche Geschehen, das es im inneren und äußeren Leben Erich Ludendorffs ab dem Kriegsausbruch am 1. August 1914 gab, nicht wieder geben. Kein Menschenleben stand wie das Erich Ludendorffs vom ersten Kriegstag an so dicht im Zentrum der entscheidensten Ereignisse dieses Krieges. Da er sehr bald als "der" Fachmann schlechthin für militärische Erfolge in Deutschland galt, für den es an keiner Stelle und durch keine andere Person einen Ersatz gab, wurde er immer wieder ins Zentrum der Ereignisse gerufen. Andererseits wäre der Krieg schnell zu Ende gewesen, hätte man ihm von Anfang an freie Hand gelassen - wie das an sich nicht völlig unrealistisch hätte sein brauchen, war doch sein Chef Generalfeldmarschall von Moltke der Jüngere von der militärischen Begabung Ludendorffs schon vor 1914 überzeugt.

Dass der Krieg also überhaupt vier Jahre dauerte, ist darauf zurück zu führen, dass es immer wieder verhindert wurde, dass Ludendorff die kriegsentscheidensten Maßnahmen treffen konnte. Das wird in der Literatur behandelt im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen der "Ermattungsstrategie" von Falkenhayns und der "Vernichtungsstrategie" Ludendorffs.

Da Deutschland aus militärischer Unterlegenheit heraus einen Zweifrontenkrieg führte, konnte jeder Mißerfolg, jede Fehlentscheidung, die deutscherseits getroffen wurde, kurz-, mittel- oder langfristig zu einer Gesamtniederlage Deutschlands führen. Dieser Umstand erklärt die hohe Nervenspannung, unter der alle Entscheidungen fast vom ersten Kriegstag an zumindest durch Ludendorff getroffen wurden und auch die hohe Arbeitsanspannung, unter denen diese Entscheidungen getroffen wurden.

All diese Dinge spiegeln sich in den Fotografien selten so konkret wieder. Die Fotografien können deshalb das Studium von Kriegserinnerungen und geschichtlichen Darstellungen nur durch den visuellen Eindruck vervollständigen, ergänzen und erläutern. Wie auch sie selbst nur durch das Studium der Ereignisse (etwa von Ludendorffs "Meine Kriegserinnerungen" [1] und den Ludendorff-Biographien von Manfred Nebelin [2] oder Franz Uhle-Wettler) vollständig verständlich werden können.

Wolfram Pyta hat sich in seiner bedeutenden Hindenburg-Biographie in seinem Kapitel über "Die mediale Selbstinszenierung Hindenburgs" nur mit den vielen Malern beschäftigt, die nach dem Sieg in der Schlacht von Tannenberg nach Ostpreußen pilgerten, um Portraits Hindenburgs - und damit zugleich fast immer auch Ludendorffs - anzufertigen (1, 2). Er geht in seiner Biographie noch gar nicht ein auf Fotografen und Portrait-Fotografen, die ebenfalls nach Ostpreußen und später Kowno pilgerten, um Portraits Hindenburgs - und damit zugleich auch Ludendorffs - anzufertigen, auch Gruppenfotos ihres Stabes. Aber natürlich spielte auch die Fotografie in der medialen Inszenierung während des Ersten Weltkrieges eine wichtige Rolle. Wenig später (ab 1917) kam auch der Film hinzu, wozu hier auf dem Blog ebenfalls schon ein Beitrag erschienen ist.

Illustrierte oder Illustrierten-Beilagen brachten in jenen Jahren ausführliche Bildberichte über das Leben der Kaiser-Familie und prominenter Persönlichkeiten und so eben auch über das Leben Hindenburgs und Ludendorffs (auch über beider Privat- und Familienleben - etwa über Geburtsort, Eltern und Geschwister). In solchen Bildberichten sind viele der bekanntesten Fotografien der damaligen Zeit enthalten, die die öffentliche Wahrnehmung beeinflussten. Es haben sich bis heute aber auch Fotografien aus dem rein militärischen Umfeld erhalten, die Soldaten anfertigten und in ihre Erinnerungsalben klebten, und die bis heute im Wesentlichen die große Öffentlichkeit gar nicht erreicht haben. Fotografien beiderlei Herkunft werden in den genannten Beiträgen zusammen getragen. 

Zunächst eroberte Ludendorff in einem militärischen Handstreich die belgische Grenzfestung Lüttich.

26. bis 30. August 1914 - Die Schlacht von Tannenberg

Sodann wurde er nach Osten gerufen. Die erste von ihm geleitete Schlacht, nämlich die von Tannenberg dauerte vom 26. bis 30. August 1914. Sie endete mit einem überwältigenden Sieg der deutschen Truppen, der den weiteren russischen Vormarsch in Ostpreußen stoppte.

Abb. 1: Erich Ludendorff und Hindenburg besichtigen nach der Schlacht von Tannenberg das Kampfgebiet (etwa 30. August 1914) (entnommen: Morgenpost)

Die Schlacht von Tannenberg steht einzigartig in der Weltgeschichte da. Sie war eine Einkreisungsschlacht gegen eine russische Armee (diejenige Samsonows) bei gleichzeitiger Rückenbedrohung durch eine zweite russische Armee, nämlich diejenige Rennenkampfs. Erich Ludendorff schreibt in seinen Kriegserinnerungen (1, S. 45):

Ich konnte mich des gewaltigen Sieges nicht aus vollem Herzen freuen; die Nervenbelastung durch Rennenkampfs Armee war zu schwer gewesen. Wir waren aber stolz auf die Schlacht. Durchbruch und Umfassung, kühner Siegeswille und einsichtige Beschränkung hatten diesen Sieg zuwege gebracht. Trotz unserer Unterlegenheit im Osten war es gelungen, auf dem Schlachtfelde den feindlichen annähernd gleichstarke Kräfte zu vereinigen. Ich dachte an General Graf v. Schlieffen und dankte diesem Lehrmeister. (...) Es blieb keinen Augenblick Zeit, mich zu entspannen.

Die durch die Schlacht in Unordnung geratenenen militärischen Einheiten mussten neu aufgestellt und für die nächste Schlacht, nämlich die an den Masurischen Seen, bereit gestellt werden.

Ab 4. September 1914 - Die Schlacht an den Masurischen Seen

Abb. 2: Das AOK der 8. Armee in Ostpreußen im September 1914 (Wiki)

Über die Schlacht an den Masurischen Seen sagt Erich Ludendorff (1, S. 48ff):

Der Vormarsch gegen die Armee Rennenkampf begann am 4. September. (...) Die Leistungen der 8. Armee waren hervorragend. Der ganze Vormarsch, der in vier Tagen weit über 100 km gewann, war ein glänzender Siegeszug dieser durch lange Kämpfe und Anstrengungen aller Art hart mitgenommenen Truppen.
Abb. 3: Der Stab der 8. Armee beobachtet den Vorgang der deutschen Truppen in der Schlacht an den Masurischen Seen, September 1914

Diese Fotografie wird von Manfred Nebelin (2, S. 123) der Schlacht bei Tannenberg zugewiesen, scheint aber doch erst in der Schlacht an den Masurischen Seen entstanden zu sein.

Abb. 4: Stab der 8. Armee während einer Schlacht in Ostpreußen, Spätsommer 1914 (Wiki)

Von dem mit abgebildeten Verbindungsoffizier der österreichisch-ungarischen Armee, Fleischmann, sagt Ludendorff in seinen Kriegserinnerungen, dieser habe auch Klatsch an den damaligen Chef der österreichisch-ungarischen Armee weiter gemeldet, was nicht immer hilfreich gewesen sei.

Abb. 5: Der Stab der 8. Armee, Ostpreußen, Spätsommer 1914 (Wiki)

Max Hofmann am Scherenfernrohr.

Abb. 6: Paul von Hindenburg am Scherenfernrohr, im Hintergrund Ludendorff - Ostpreußen, Spätsommer 1914

14. September - In Insterburg


Abb. 7: Insterburg - Hotel Dessauer Hof

Über die Zeit nach der Schlacht an den Masurischen Seen schreibt Ludendorff (1, S. 53):

Wir hatten eine Reihe neuer Quartiere. In Nordenburg kamen wir das erste mal in einen Ort, der längere Zeit im Besitz der Russen gewesen war. Die Verschmutzung war dort unglaublich. Der Markt lag voll von Unrat. Die Stuben waren widerlich verunreinigt. In Insterburg wohnten wir im Dessauer Hof, in dem gleichen Quartier, das Rennenkampf vorher verlassen hatte. Auch der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch soll erst sehr spät aus der Stadt abgefahren sein. (...) Die russische Armee hatte auf Ostpreußen schwer gelastet. Jetzt war es das stolze Gefühl, deutsches Land vom Feinde befreit zu haben. Der Jubel und die Dankbarkeit der Bevölkerung waren groß. Das Land ist nicht errettet worden, damit es unter fremdes Joch kommt. Vor solcher Schmach bewahre uns der Himmel.

Diese Worte Ludendorffs sind in den ersten Monaten des Jahres 1919 geschrieben, die Volksabstimmungen über den Verbleib Masurens und Westpreußens beim Deutschen Reich fanden erst 1920 statt. Vielleicht entstand das folgende Bild, dessen Ort und Datierung zunächst nicht bekannt sind, am 14. September in Insterburg.

Abb. 8: Der Stab OberOst im Familienkreis - vielleicht noch 1914 oder Sommer 1915? in Posen oder Ostpreußen?

Ludendorff schreibt weiter:

In Insterburg waren wir am 14. September im Vollgefühl des Sieges und großer Leistungen. Um so überraschender traf mich meine Versetzung als Chef der unter dem General v. Schubert in Breslau zu bildenden Südarmee. 

Die österreichisch-ungarische Armee war in Galizien so schwach, dass sie durch deutsche Hilfe gestützt werden musste. Ludendorff wurde nach Breslau gerufen, um dort die Leitung der 9. Armee zu übernehmen, die in Südpolen an der Seite der k.u.k.-Armee gegen die Russen vorgehen sollte. Ludendorff schreibt (1, S. 55, 57):

In dem Befehl, den ich am 14. abends in Insterburg bekam, war ausgeführt, daß zwei Armeekorps der 8. Armee die Südarmee in Oberschlesien zu bilden hätten. Das sah nur nach Abwehr und wie eine Schutzmaßnahme aus. Es genügte jedenfalls nicht, um die Lage in Galizien auch nur einigermaßen wiederherzustellen. Ich schlug (...) deshalb der Obersten Heeresleitung und auch noch General v. Moltke persönlich sofort vor, die Masse der 8. Armee (...) nach Oberschlesien und Posen zu senden. (...) Am 16. September früh traf ich in Breslau ein.

In Breslau wurde also das Armeeoberkommando 9 (Wiki) unter Hindenburg und Ludendorff zusammengestellt. 

Ab 16. September 1914 - In Breslau

Ludendorff bat seine Frau, nach Breslau zu kommen. Diese erlebte dadurch die dortigen Vorgänge der Einrichtung eines neuen Hauptquartiers und die Reaktion der deutschen Bevölkerung mit. Sie berichtet (3, S. 110 - 113):

Das Haupt-Quartier wurde später von Ostpreußen nach Schlesien herunter gezogen. (...) Als Hindenburg mit dem ganzen Stabe seiner Offiziere ankam, war das Hotel Metropole (wohl gemeint: Hotel Monopol) im Nu von einer hastig durcheinanderstürzenden Menge erfüllt. Offiziere, Ordonnanzen, Burschen: alle waren in größter Eile und in größtem Eifer. Dazwischen arbeiteten viele Postbeamte. Innerhalb von drei Stunden mussten dreißig verschiedene Telephon-Zentralen eingerichtet werden.
Draußen auf der Straße stand dicht gedrängt die Bevölkerung und tobte vor Begeisterung. Die Nationalhymne wurde gesungen und "Deutschland, Deutschland über alles". Immer wieder wurden Hindenburg und Ludendorff gerufen. Sie konnten sich nicht oft genug zeigen und wurden mit Blumen überschüttet. (...)

Gleich nach dem gemeinsamen Abendessen gingen die Herren wieder an die Arbeit, die sie bis Mitternacht festhielt. Ich sprach mit Ludendorff überhaupt nur bei diesen kurzen Mahlzeiten oder wenn er müde und abgespannt ins Zimmer trat, um sich zum Schlafen niederzulegen. Er hat während des Krieges nie Urlaub genommen. Wenn wir uns trafen, war es immer nur für Tage und Stunden.

Es handelt sich offenbar um das berühmte, auch kulturgeschichtlich bedeutsame Hotel Monopol in Breslau, das heute noch existiert (Wiki).

Abb. 9: Das Hotel Monopol in Breslau (1925)

In verschiedenen pädagogischen und anderen Zeitschriften und Schriften der Jahres 1914 und 1915 (z.B. "Abstrakte Begriffe im Denken und Sprechen des Kindes" [1914]; "Jugendliches Seelenleben im Krieg - Materialien und Berichte" [1915]; "Das Interesse der Schulkinder an den Unterrichtsfächern" [1915]) ist der folgende Bericht enthalten:

Von Hindenburgs Aufenthalt in Breslau schreibt ein Mädchen: "Noch will ich Dir erwähnen, daß dieser Tage Generaloberst von Hindenburg in Breslau im Monopolhotel gewesen ist. Als er im Auto vom Bahnhof nach dem Hotel fuhr, wurde er jubelnd begrüßt. Vor diesem hatte sich eine große Menschenmenge gesammelt, welche Hochrufe auf die Heldentaten dieses berühmten Mannes ausbrachte. Meine Schwester sagte, daß er sich einigemale am Fenster blicken ließ, um den Leuten zu danken. Du kannst Dir ja denken, daß ich es sehr bedauert habe, ihn nicht gesehen zu haben. Von den Taten dieses großen Mannes ... "

Um die Pläne des weiteren Vorgehens gegen die Russen mit General von Falkenhayn zu besprechen, fuhr Ludendorff Ende Oktober 1914 nach Berlin (1, S. 73ff):

Es war ein neuer großer Entschluß zu fassen. Er konnte, wie mir immer klarer wurde, nur darin bestehen, starke Teile der Armee mit der Eisenbahn in die Gegend von Hohensalza und Thorn zu fahren und von dort längs der Weichsel in Richtung Lodz-Lowitsch gegen die Flanke des russischen Vormarsches vorzugehen, um ihn zum Stehen zu bringen. (...) Noch Ende Oktober hatte mich General v. Falkenhayn nach Berlin gerufen. (...) Es war noch alles in der Schwebe. (...) In Berlin kam ich mir vor wie in einer anderen Welt. Der Unterschied zwischen der ungeheuren Anspannung, die ich seit Kriegsbeginn durchlebt hatte, und dem Treiben in Berlin war zu gewaltig. Es herrschte Vergnügungs- und Genußsucht. Der Ernst gegenüber der schwierigen Kriegslage fehlte. Ich gewann einen unangenehmen Eindruck und fühlte mich fremd. Als ich wieder nach Tschenstochau zurückkam und mich im Kameradenkreise befand, war ich zufrieden. (...) Am 1. November hatte Seine Majestät den Generaloberst v. Hindenburg zum Oberbefehlshaber Ost unter gleichzeitiger Enthebung von der Stellung als Oberbefehlshaber der 9. Armee ernannt. (...) Ich blieb Chef bei Generaloberst v. Hindenburg. Die Mehrzahl meiner Mitarbeiter trat zum neuen Stabe. (...) Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost wurde nach Posen verlegt. Wir nahmen Quartier im Königlichen Schloß und sind dort bis Anfang Februar 1915 geblieben. Es war eine ungemein aufreibende und arbeitsreiche Zeit. Hier bildete sich das Leben heraus, das ich bis zu meiner Verabschiedung geführt habe.

Das strategische Denken und Handeln Ludendorffs in dieser Zeit des Angriffs von Hohensalza und Thorn aus Richtung Lodz ist 1937 auch von einem Generalstabsoffizier in einer eigenen Schrift behandelt worden (5).  

Abb. 10: Kaiserschloss in Posen (zeitgenössische Postkarte)

Er erlebte diese Zeit selbst in der Nähe von Ludendorff. Er berichtet von dem genialen Plan, aus dem notwendig gewordenen deutschen Rückzug in Polen heraus dem russischen Gegner von Norden her in die Flanke zu fallen. Während die russische Führung noch siegesgewiß damit rechnete, bald Schlesien besetzen zu können und von dort in das Herz des Deutschen Reiches vorstoßen zu können, hatte Ludendorff schon die entscheidenden Gegenmaßnahmen ergriffen. Da Falkenhayn deutsche Kräfte in Flandern band, konnte kein so entscheidender Schlag gegen die Russen geführt werden wie Ludendorff schon im November 1914 im Sinn gehabt hatte (5). 

Ab November 1914 - "OberOst" wird gebildet - Im Königlichen Schloß in Posen 

Über das Ende des Jahres 1914 schreibt Erich Ludendorff (1, S. 87):

Im Schloß zu Posen entwickelte sich beim Stab ein harmonisches Leben, wir waren zusammengeschweißt durch gemeinsam getragene Sorgen, wie durch gemeinsam erworbenen Ruhm. Es bildete sich die Gewohnheit heraus, dass wir nach dem Abendessen noch eine Zeitlang zusammenblieben. Wir saßen dann um einen runden Tisch, auf dem eine Fächerpalme stand, ein Geschenk Ihrer Majestät, unserer Kaiserin, einer wahrhaft deutschen Frau, deren ich stes in tiefster Verehrung gedenke. Für mich war die kurze Stunde eine Zeit der Ruhe in der fast erdrückenden Arbeit dieser vier Kriegsmonate.

Die deutschen Truppen sollten mit Schwerpunkt in Südpolen Richtung Warschau vorgehen. Ludendorff schreibt (1, S. 77):

Je mehr ich mich in die uns bevorstehende neue Aufgabe hineindachte, je schärfer sich die Lage und die ungeheure Gefahr abzeichneten, desto klarer wurde mir der Entschluß, die in Tschenstochau beschlossene Operation falls möglich zu einem großen Vernichtungsschlage auszugestalten; der allein konnte uns endgültig retten. Es genügte nicht, den Feind nur zum Stehen zu bringen. 

Die Verstärkungen aus dem Westen - aus Flandern - kamen von dort aber schließlich sehr abgekämpft. 

10. November 1914 - Beginn der Operation auf Warschau

Ein wirklicher Vernichtungsschlag gegen die Russen wurde deshalb zu diesem Zeitpunkt immer unwahrscheinlicher (1, S. 80f):

Die Mittel, die uns zu Beginn der Operation am 10. November zur Verfügung standen, waren unvollkommen. Trotzdem mußte versucht werden, die russischen Kräfte im Weichselbogen nicht nur durch einen entscheidenden Schlag zum endgültigen Stehenbleiben und zum Verzicht auf die Fortsetzung des Vormarsches zu bringen, sondern sie vernichtend zu treffen. Dies gelang, wenn wir sie von Warschau abdrängten. Waren wir hierzu zu schwach, so mußten wir uns mit dem geringeren Ergebnis begnügen. Auch dies war ein gewaltiges.

So kam es dann auch. Die deutschen Truppen kamen bis vor Warschau, mußten dann aber Ende November wieder zurück genommen werden (1, S. 84):

Das große operative Ziel, die Vernichtung der russischen Armee im Weichselbogen, war nicht erreicht. Wir hatten nicht die nötige Kraft dazu gehabt.

In den Tagen, in denen sich dies herausstellte, werden die folgenden Fotografien von Ludendorff und seinem Stab vor dem Kaiserschloß in Posen (Wiki) entstanden sein.

Abb. 11: "Generaloberst von Hindenburg mit seinem Stab" (Berliner Illustrierte Zeitung, 29. November 1914)

Auf dem ersten, zumeist wiedergegebenen blickt Ludendorff sehr ernst.

Abb. 12: Ludendorffs Stab in Posen, Ende November 1914
(Wiki)(Bundesarchiv, Bild 146-1993-132-12A / CC-BY-SA 3.0)

Die Personen von links nach rechts: Rittmeister de la Croix, Major von Baehr, Hauptmann Moritz Fleischmann von Theissruck (östereichischer Verbindungsoffizier), Leutnant von Bismarck, Hauptmann Caemmerer, Ludendorff, Oberleutnant d. R. Markau, Hindenburg, Hauptmann Frantz, Max Hoffmann, Oberleutnant Steinide, Hauptmann von Walbow, Hauptmann von Bollrad-Bodelberg. Nur als der Fotograf einen anderen Blickwinkel wählt und den Stab offenbar durch heitere Bemerkungen zum Lächeln auffordert, löst sich unter den Beteiligten etwas die Stimmung.

Abb. 13: "Generalfeldmarschall von Hindenburg mit seinem Stabe" in Posen Ende November 1914

In der Zeitung vom 29. November 1914 wird Hindenburg noch "Generaloberst" genannt. Er war aber zwei Tage zuvor zum Generalfeldmarschall befördert worden, Ludendorff war gleichzeitig vom Generalmajor zum Generalleutnant befördert worden. (Dies blieb Ludendorffs Rang, bis er am 30. August 1916 zum "Ersten Generalquartiermeister" ernannt worden und dann als solcher tituliert worden ist.)

Abb. 14: Der Stab der 8. Armee im Schloß zu Posen, Ende November 1914

Der Stab steht auf der Treppe des früheren Haupteingangs des Schlosses im Innenhof, eine Treppe, an deren unterster Stufe heute eine Mauer grenzt (s. Wiki, a, b). Übrigens ist Ludendorff hier noch auffallend schlank.

27. November 1914 - Beförderung Ludendorffs vom Generalmajor zum Generalleutnant

Am 6. Dezember wurde Lodsch (Lodz) erobert (1, S. 85).

Abb. 15: "General v. Ludendorff - Generalstabschef in Hindenburgs Armee - Der Sieger von Lodz"
(November/Dezember 1914)

Ludendorff schreibt über die Ostfront in der Zeit zum Jahresende 1914 (1, S. 87):

Ein gewaltiger Kampf war zu Ende. Neues war im Werden! Deutschland und Österreich-Ungarn waren von der Russengefahr geretttet. Alle Pläne des Großfürsten waren gescheitert. Sein Angriff auf die Ostgrenze Preußens, der Vormarsch auf dem westlichen Weichselufer und damit alle Hoffnungen der Entente auf eine siegreiche Beendigung des Krieges im Jahre 1914 waren zusammengebrochen. (...) Auch der zweite Teil des Feldzuges in Polen war eine Tat. Die Kriegsgeschichte kennt nur wenig Ähnliches. Unsere Truppen, die seit Anfang August dauernd im Kampf oder in Bewegung waren, hatten sich über alles Lob erhaben gezeigt. Sie hatten auh jetzt wieder eine beinahe doppelte Überlegenheit besiegt. Nur mit solchen Führern und Soldaten war es uns möglich gewesen, kühne Absichten auch gegen Übermacht in die Tat umzusetzen. Ehre und ewiges Gedenken der deutschen Armee des Jahres 1914!
Auf Wikipedia heißt es aber auch schon mit Blick auf das Jahr 1915 (Wiki: Ostfront):
Während und nach dieser Operation (in Polen Richtung Warschau) entwickelte sich die erste einer Reihe von schweren Auseinandersetzungen zwischen Oberost und der neuen OHL um Erich von Falkenhayn. Hindenburg, Ludendorff und deren wichtigster Mitarbeiter Max Hoffmann warfen Falkenhayn vor, durch die Verweigerung weiterer Truppenzuführungen und die Fortsetzung der deutschen Angriffe im Westen (→ Erste Flandernschlacht) eine kriegsentscheidende Niederlage Russlands verhindert zu haben. Falkenhayn bewertete die Situation dagegen weitaus zurückhaltender und hielt allenfalls ein Zurückdrängen der russischen Truppen auf Warschau für möglich.

Diese Auseinandersetzungen zwischen Ludendorff und Falkenhayn sollten auch das Jahr 1915 bestimmen.

Anhang

Glückwünsche zur Beförderung am 27. November 1914 

[Ergänzung 10.9.2018] Auf Ebay wird im September 2018 eine Feldpostkarte Erich Ludendorffs vom 11. Dezember 1914 angeboten, gerichtet an einen "Hauptmann v. Müldner, Baden Baden, Hotel Regina".

Abb. 16: Dankeskarte Ludendorffs an Louis von Müldner, 11. Dezember 1914

Sie hat den handgeschriebenen Wortlaut:

Lieber Müldner!
Herzlichen Dank für den Glückwunsch u. Gruß
Ludendorff.

Der Familienname könnte grundsätzlich auch "Mildner" lauten. Ihn als Müldner zu lesen, wäre aber dahingehend verlockend, weil es sich dann um Louis Müldner von Mülnheim (1876-1945) (Wiki, Wyneken) handeln könnte, der hinwiederum Ludendorff als seinen Lehrer an der Kriegsakademie in Berlin kennengelernt haben könnte. Über diesen Müldner heißt es nämlich auf Wikipedia, er:

absolvierte von 1904 bis 1907 die Kriegsakademie in Berlin.
Das ist die gleiche Zeit, in der Erich Ludendorff - von 1906 bis 1908 - Lehrer an ebendieser Kriegsakademie gewesen ist. Auf Wikipedia heißt es darüber (Wiki):
Ein wesentlicher Teil der obersten Militärs der späteren Weimarer Republik - darunter der spätere Reichskanzler, der während der Röhm-Morde erschossene Kurt von Schleicher - waren Schüler Ludendorffs.
Abb. 17: Dankeskarte Ludendorffs an Louis von Müldner
- Adress-Seite

Als ein solcher Schüler könnte Müldner seinem vormaligen Lehrer Ludendorff zu der oben erwähnten Beförderung zum Generalleutnant am 27. November 1914 gratuliert haben. Zu der Adresse Baden-Baden könnte passen, was über Müldner auf Wikipedia festgehalten ist:

Bereits am 8. September 1914 erlitt er eine schwere Kopfverletzung, so daß er mehrere Monate in einem Lazarett verbringen mußte. Nach seiner Genesung kam er ab 1915 als Kompanieführer im Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 261 wieder zum Fronteinsatz. Aufgrund des erneuten Aufbruchs seiner Kopfverletzung wurde er im Herbst 1915 in den Generalstab versetzt.

Dieses Lazarett des Jahres 1914 konnte natürlich gut und gerne im Hotel Regina in Baden-Baden gelegen haben. 1916 wurde Müldner zum persönlichen Adjutanten des Kronprinzen Wilhelm ernannt, eine Aufgabe, der er bis zu seinem Selbstmord im April 1945 in Potsdam nachgekommen ist. Da der Kronprinz zeitlebens ein gutes Verhältnis zu Ludendorff behielt, könnte auch Müldner in späteren Jahren noch häufiger mit Erich Ludendorff in Berührung gekommen sein, obwohl darüber dem Autor dieser Zeilen zunächst nichts bekannt ist. 1917 wurde Müldner im übrigen zum Major befördert, weshalb er 1914 - zumal als Kompanieführer - gut Hauptmann gewesen sein konnte.


________________________________________________
  1. Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen 1914 - 1918. Verlag Mittler & Sohn, Berlin 1919
  2. Nebelin, Manfred: Ludendorff - Diktator im Ersten Weltkrieg. Siedler-Verlag, Berlin 2010
  3. Ludendorff, Margarethe: Als ich Ludendorff's Frau war. Hrsg. von Walther Ziersch. Drei Masken Verlag A.-G., München 1929 (Google Bücher)
  4. Pyta, Wolfram: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Siedler-Verlag, München 2007 
  5. von Haeften: Hindenburg und Ludendorff als Feldherren. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1937 (pdf)

Erich Ludendorff in Fotografien des Jahres 1915

In diesem Blogbeitrag sollen Fotografien Erich Ludendorffs aus dem Jahr 1915 zusammen gestellt werden. Künftig werden die hier auf dem Blog in verschiedenen Beiträgen gesammelten Fotografien noch in konkreteren Bezug zu setzen sein zum jeweiligen Kriegsverlauf und den sonstigen historischen Zusammenhängen, in denen sie entstanden sind. Sie sollten also möglichst genau nach Datum und Örtlichkeit eingeordnet und erläutert werden.

Am 2. Januar 1915 schrieb Erich Ludendorff vom Schloß in Posen an den Generalfeldmarschall von Moltke, den Jüngeren, der nach seiner Ersetzung durch von Falkenhayn in Berlin im Ruhestand lebte (1, S. 199f):

Ich habe zu meinem großen Schmerz gestern zu Euer Exzellenz nicht kommen können. Ich war bis 3 Uhr festgehalten und musste dann zu meiner schwer leidenden Frau nach Schlachtensee hinaus, um endlich auch mit dem Arzt sprechen zu können. Um 7 Uhr Abend verließ ich Berlin, um noch rechtzeitig hier zu sein. Ich darf Euer Exzellenz von Herzen wünschen, daß Euer Exzellenz sich wieder zur vollen Geltendmachung durchringen. Der Herr v. Falkenhayn ist ein Unglück für uns, er ist ein Spieler sein Leben lang gewesen und kennt nur seinen Ehrgeiz, nicht das Vaterland. ich kann Euer Exzellenz versichern, daß ich und mit mir viele Andere mit Euer Exzellenz mitfühlen aus vollem dankbaren Herzen. Ich verstehe den General von Lyncker nicht, daß er den Herrn v. Falkenhayn so stützt, sieht er denn nicht die Gefahr, die dadurch entsteht, sieht er denn nicht, wie sehr er dem Kaiser schadet. Der Reichskanzler weiß das alles und er tut nichts. Wer soll denn handeln, wenn es nicht der verantwortliche Mann macht. Ich höre so viele Stimmen aus der Armee, keiner hat Vertrauen zu diesem Mann, der uns nach Ypern geführt hat. Exzellenz kennen mein Empfinden, ich kann hassen und diesen Mann hasse ich.
Die Besprechung gestern in Berlin sollte eine Vereinbarung unserer nächsten Operationen darstellen. Viel ist nicht herausgekommen. 

Im Brief an denselben vom 9. Januar meldet er ihm, daß er zum Chef der Südarmee ernannt worden ist und in die Karpaten abreist. In den folgenden Briefen äußert Ludendorff sich immer wieder ganz abfällig über die österreichischen Generäle und Offiziere, auch über von Conrad:

Er ist ein gelehrter Offizier, kein großer Mann.

Oder:

Zudem verachte ich unsere Bundesgenossen vom Grund meiner Seele aus.
Abb. 1: Aus "Illustrierte Zeitung", Januar 1916

Mitte Februar 1915 - Das Hauptquartier wechselt nach Lötzen

Erich Ludendorff schreibt (1, S. 105):

Das Hauptquartier befand sich seit Mitte Februar in Lötzen. Für mich waren es bis Anfang April schwere Tage gewesen. Die Hoffnungen, die ich auf eine unmittelbare strategische Ausnutzung der Winterschlacht gehegt hatte, mußte ich beiseite legen. (...) Der Entscheidung gegen Rußland, und auf die kam es mir in meinem innersten Denken und Fühlen zunächst an, hatten wir uns aber doch nur um einen Schritt genähert. (...) Die einzelnen taktischen Lagen hatten meine volle seelische Spannkraft gefordert. Es läßt sich nicht alles auf dem Papier niederschreiben, das stolze Hoffen, das Zagen des Herzens, die Enttäuschung, das Durchringen zum Entschluß, Mißmut über dies und jenes. Es lassen sich nicht die Reibungen schildern, die in vielen Fällen zu überwinden waren, auch nicht das wiedergeben, was ich für die Truppen empfand, die bei ungünstigster Witterung die Anstrengungen des Winterfeldzuges zu ertragen hatten. Später erlebte ich in Lötzen bessere Tage. Unser Quartier und die Geschäftszimmer waren eng, ich habe mich aber in ihnen wohlgefühlt. Gern denke ich an jene Zeit in dem freundlichen ostpreußischen Städtchen zurück.

Wir lesen in einem Bericht der Preußischen Allgemeinen Zeitung von 2025 (PAZ2025):

Die Stadt Lötzen und der Raum um Rhein sowie Stürlack waren während der Kämpfe von den Russen zwar nicht besetzt, zeitweilig aber belagert worden, so daß man hier eine der wenigen unzerstörten größeren Ortschaften vorfand. Bereits Anfang Februar hatte man das Hauptquartier von Posen nach Insterburg verlegt, nach Beendigung der Kämpfe am 22. Februar nahm es schließlich in Lötzen seinen Sitz, wo es nunmehr acht Monate lang bleiben sollte.
Daniel Jacob, Kaufmann, Hoflieferant sowie Mitglied des Lötzener Magistrats, stellte dafür sein Geschäftshaus in der Lycker Straße 4 zur Verfügung. Im Erdgeschoß desselben war die Fernsprech- und Telegraphenzentrale, das große Danziger Zimmer im ersten Stock diente Hindenburg, Ludendorff und den Generalstabsoffizieren als Arbeitsplatz, und im zweiten Stock lagen die Diensträume der Adjutanten. Als Wohnsitz für Hindenburg und Ludendorff überließ Notar Max Hardwig ihnen seine Villa in der Bahnhofstraße. Die Offiziere des Stabes brachte man verstreut in verschiedenen Privathäusern der Stadt unter, die Mahlzeiten wurden im Hotel Kaiserhof eingenommen.
Während der acht Monate kamen zahlreiche prominente Besucher in die Stadt, darunter Angehörige des deutschen Kaiserhauses und des Hochadels. Kaiser Wilhelm II. hatte bereits am 13. Februar 1915 in Begleitung Hindenburgs die Stadt besucht, um sich ein Bild vom Fortschritt der Operationen im Rahmen der Winterschlacht in Masuren zu machen. (...)
Von Lötzen aus wurde dann die Sommeroffensive 1915 im Osten geplant, die zwischen Juni und Ende September des Jahres zu erheblichen Geländegewinnen in Russisch-Polen, Litauen und Kurland führte und damit den Rückzug der russischen Armee erzwang. Am 5. August fiel Warschau, am 18. August wurde Kowno erobert und am 18. September Wilna eingenommen. Nach diesen Erfolgen verließen Hindenburg und Ludendorff mit dem Generalstab am 20. Oktober 1915 Lötzen und verlegten ihr Hauptquartier in die verlassene Festung Kauen (Kowno). In den während des Krieges zerstörten Dörfern im Umfeld von Lötzen aber begann nun der Wiederaufbau.
Die Villa Hardwig in der Bahnhofstraße, die Hindenburg und Ludendorff als Wohnsitz gedient hatte, wurde kurz darauf vom Kreis Lötzen angekauft und als „Hindenburg-Ludendorff-Haus“ in ein Museum umgewandelt.

Wie schon im ersten Beitrag zu 1914 gesagt, kamen nicht nur Portraitmaler in Hindenburgs und Ludendorffs Hauptquartier im Osten (2), sondern auch Fotografen. 

Abb. 2: "Ludendorff - Chef des Generalstabes der Ostarmee" (Postkarte, wohl Sommer 1915)

März 1915 - Der Portrait-Fotograf Nicola Perscheid

Ein bedeutender deutscher Portrait-Fotograf der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts, der auch in den Künstlerkreisen Berlins seinen Rang als Künstler behauptete, war Nicola Perscheid (1864-1930) (Wiki). Von ihm gibt es historisch recht einflußreiche Portrait-Fotografien etwa von dem Dramatiker Gerhart Hauptmann (1914), dem Maler Max Klinger (1915) oder dem Biologen Ernst Haeckel (1918).

Abb. 3: "Generaloberst Ludendorff im Kriegsjahr 1915 - Aufnahme von Nicola Perscheid" (wohl vor März 1915)

Auf Wikipedia heißt es über Perscheid:

Nicola Perscheids Arbeit war bei seinen Zeitgenossen beliebt und geachtet. Er ist auch heute noch dafür bekannt, meisterhaft die Persönlichkeit der Dargestellten in seinen Bildern herausgearbeitet und so im fotografischen Männerportrait einen Höhepunkt erreicht zu haben.

Und auch Perscheid hat während des Ersten Weltkrieges bekannte deutsche Militärpersonen porträtiert. Etwa das "Fliegeraß" Manfred von Richthofen. Und dementsprechend dann "natürlich" auch Paul von Hindenburg (s. zum Beispiel Wikieanswers) und damit Erich Ludendorff.

Ungefähr im März 1915 entstand seine erste Portraitfotografie von Erich Ludendorff (DHM) (s. Abb. 3) Sie ist durch Postkarten recht gut zu datieren, die Verleger von ihnen verbreitet haben. Es gibt allerdings von dieser Fotografie sehr unterschiedliche Versionen. Perscheid scheint sie nachträglich bearbeitet und dadurch womöglich auch zu stark "stilisiert" zu haben, so daß Ludendorff darauf "steifer" und unnatürlicher wirkt als in der - vermutlich - ursprünglichen Fassung, die wir hier bringen.

Abb. 4: Erich Ludendorff an seinem Schreibtisch in Lötzen (in der Berliner Illustrierten Zeitung 1915)

Die Verleger brachten auch Postkarten heraus, die Gemälde zeigten "nach" dieser Porträtfotografie ("General Ludendorff nach Originalaufnahme von N. Perscheid") (3).

Im März 1916 entstand eine zweite Portraitfotografie Erich Ludendorffs durch Nicola Perscheid (siehe nächster Blogbeitrag).

1. April 1915 - Das "österreichisch-ungarische Jammervolk"

Am 1. April 1915 schreibt Ludendorff an Generalfeldmarschall Molke d. J. (1, S. 208):
Die kriegerischen Sorgen sind ja allerdings keineswegs gehoben, da Österreich immer mehr versagt und die österreichischen Generale Menschen sind, von deren Mehrzahl nur mit Verachtung gesprochen werden kann. Nicht gegen eine Überlegenheit kämpfen sie, sondern gegen eine Unterlegenheit und von dieser lassen sie sich angreifen und schlagen. (...) Ich habe überhaupt die Empfindung, daß alle unsere Stellen, auch die Diplomatie viel kräftiger mit diesem Jammervolk reden muß. (...) Weshalb sollen wir unser Schicksal mit diesem sterbenden Mann vereinigen. Von dem Hochmut und der Unfähigkeit macht man sich keinen Begriff und ich glaube nicht, daß Österreich-Ungarn je wieder ein Machtfaktor wird.
Am selben Tag schreibt er an Arthur Zimmermann (1, S. 210):
Die österreichische Truppe leistet keinen Widerstand oder richtiger der österreichische Reserveoffizier und das sind 60 bis 70 % schlägt sich nicht und läßt die Truppe im Stich. (...) Eine tiefe Erbitterung ist im Ostheer gegen die Österreicher und kann eine rücksichtsvolle Behandlung dieses Jammervolkes - verzeihen Sie den Ausdruck - nicht verstehen. (...) Ich habe da einen zu tiefen Blick in die österreichisch-ungarische vaterlandslose Verkommenheit getan. Ein Volk, das keinen Staatsgedanken hat, das den Begriff Vaterland nicht kennt, das richtet sich nicht auf, das ist verloren. (...) Den unberufenen Ratgeber spiele ich ungern, aber der tiefe leidenschaftliche Hass gegen dieses Jammervolk, die Liebe zum eigenen Lande läßt schließlich doch alle Bedenken zurücktreten.

Der Autor dieser Zeilen hat einen Großvater, der eben ein solcher österreichischer Reserveoffizier war. Nördlich von Lemberg hat er schon am 28. August 1914 eine Fußverletzung erlitten, aufgrund deren er bis 1918 nicht mehr zu ernsthaften Kriegseinsätzen kam (Stgr2014). Falls er solche oder ähnliche Zeilen je sollte gelesen haben, wird er sie mit sehr gemischten Gefühlen gelesen haben. Er wird ihnen zugestimmt haben - aber mit traurigem Herzen.

Abb. 5: Hindenburg und Ludendorff auf dem Bahnhof in Lötzen in Erwartung eines Besuchers ihres Hauptquartiers (veröffentlicht in Illustrierte am 16. März 1915)

Auf der Abbildung 2 steht Erich Ludendorff als "Chef des Generalstabes der Ostarmee" noch sehr jugendlich wirkend und verwegen in der Landschaft Ostpreußens oder Litauens (vermutlich in Kowno, wohin er von Herbst 1915 bis Hochsommer 1916 "abgeschoben" war [1, S. 178ff]). In Abb. 4 sitzt Erich Ludendorff an seinem Schreibtisch in Lötzen in Ostpreußen. Abb. 5 zeigt Erich Ludendorff beim Empfang von Besuchern des Hauptquartiers in Lötzen in Ostpreußen auf dem Bahnsteig in Lötzen.

Abb. 6: Ludendorff und Hoffmann (Wiki), 1915 oder 1916

Abb. 6 zeigt Erich Ludendorff zusammen mit seinem engsten Mitarbeiter im Osten, Max Hoffmann, der ab 30. August 1916 dort auch auf Vorschlag Ludendorffs dessen Nachfolge antrat.

Abb. 7: "Wo die deutschen Siege entworfen werden: Der Generalstab im Osten beim Kartenstudium"
(In: Die Wochenschau, 3.7.1915)

Abb. 7 zeigt einen Blick in den Kartenraum des Hauptquartiers im Osten, ganz links Erich Ludendorff. Eine wichtige Rolle spielten auch die Telegrafen, bzw. Telefone, die im Raum verteilt sind.

2. Juli 1915 - Besprechung in Posen - "Zusehen wie gewurstelt wird mit des Volkes Kraft"

Erich Ludendorff plante eine Umfassungs- und Vernichtungsschlacht gegen die Russen, die in Polen standen. Um diesen Plan zu besprechen, kamen der Kaiser und Generalfeldmarschall von Falkenhayn nach Posen (5, S. 164f). Erich Ludendorff berichtet darüber in seinen Lebenserinnerungen aus Anlass des Besuches von Lötzen im Herbst 1927 (7, S. 111f):

Wir fuhren durch die Straßen von Lötzen und an dem Hause vorbei, in dem vom Februar 1915, d. h. nach der Winterschlacht in Masuren, bis nach der Einnahme von Kowno unser Hauptquartier gewesen war. Es war natürlich, daß auch hier viele Erinnerungen blitzartig durch mein Gedächtnis zogen; vor allem weilte es bei dem ernsten Tage, den ich während der Lötzener Zeit verleben mußte. Es war dies der 2. 7. 1915 im Schloß in Posen. Hier wollte der Oberste Kriegsherr entscheiden, ob die Operation, die General v. Falkenhayn zur Fortführung der Kriegshandlung im Osten vorgeschlagen hatte, ein frontales Bedrängen der ins Wanken geratenen Front oder meine Absichten durchgeführt würden: Angriff mit dem Schwerpunkt auf und nördlich Kowno in Richtung Wilna und dann gleichzeitigem frontalen Nachdrängen weiter südlich. Der Generalfeldmarschall, der meine Ansichten vorgetragen hatte, wich indes vor den ersten Einwendungen des Kaisers zurück und meinte, welche Operation gewählt würde, wäre Gefühlssache. Der Kaiser entschied darauf natürlich für die Operation des Generals v. Falkenhayn. Zwischen mir und Generalfeldmarschall v. Hindenburg war durch sein Versagen eine ernste Spannung eingetreten. Sie glättete sich erst allmählich, nachdem ich auch die Versicherung erhalten hatte, ein solcher Vorfall würde sich nicht wiederholen.

Ludendorff schrieb noch eineinhalb Monate später, am 15. August, an Moltke d. J. (1, S. 219):

Ich schrieb nicht, weil zu viel Bitterkeit, zu viel Gift in mir aufgespeichert waren, allerdings auch noch sind. Wir wollten hier eine große Operation von Kowno herunter, um Russen tödlich zu treffen. Alles war eingeleitet, ein Teil der Truppen schon an Ort und Stelle, da kam der Befehl zur Bildung einer neuen Narewstoßgruppe und eine Zusammenkunft in Posen. (...) 8 Divisionen wollte ich haben, einige von der 9. Armee als Warschau gefallen war, einige von Mackensen, der so eng steht, daß er seine Kraft nicht verwerten kann, alles jedes wurde abgeschlagen. Wir sollen nur keinen Erfolg haben, mag sonst alles in die Brüche gehen. Mit schwachen Kräften griffen wir trotzdem Kowno an und operierten gewagt in Kurland. Sind aber zu schwach gelassen, um wirklich etwas zu machen. (...) Euer Exzellenz werden eine solche Operation von mir erwartet haben, vielleicht auch die Welt. Daß wegen Schuld anderer mein Ruf leiden muß, ist schwer für mich. Denn mein guter Name, das ist das einzige, das ich mir nehmen will, wenn Friede ist. (...) Zusehen zu müssen, wie gewurstelt wird mit des Volkes Kraft, das ist unendlich schwer. 

Erich Ludendorff schreibt dann über sein betont sorgfältiges Ausführen der Befehle der Obersten Heeresleitung. 

August 1915 - Warschau und Nowo Georgiewsk erobert

Auch wenn er dies Zurückdrängen für "Wursteln" hielt, weil es sich um ein bloß frontales Zurückdrängen der russischen Armeen handelte.

Abb. 8: "Im eroberten Nowo Grodiesk - Der Kaiser besichtigt die eroberten Gechütze"

Er erläutert damit zugleich auch das damals entstandene Gemälde des Historien- und Schlachtenmalers Erst Zimmer (Bamberg) "Der Kaiser verleiht den Helden von Nowo Georgiewsk das Eiserne Kreuz" (1, S. 119-121):

Die 9. Armee besetzte am 5. August die Hauptstadt Polens. Die Armee schied aus unserem Befehlsbereich aus und trat unmittelbar unter die Oberste Heeresleitung. (...) Für mich erwuchs hieraus keine Vereinfachung. (...) Die Einnahme von Warschau erfüllte uns mit besonderer Genugtuung. Hatten wir doch im Herbste 1914 schwer darum gerungen. Durch jene Feldzüge war die Grundlage zu den jetzigen Erfolgen gelegt, für die die Besetzung Warschaus das äußere Wahrzeichen bildete. (...) Inzwischen waren Serotzk und Segershe, auch Dombe gefallen, die Einschließung von Nowo Georgiewsk auf allen Seiten beendet. General v. Beseler war vom Generalfeldmarschall mit der Einnahme der Festung betraut worden. Die von der 9. und 12. Armee vor Nowo Georgiewsk eingesetzten Truppen wurden ihm unterstellt. Auch erhielt er eine größere Zahl schwerster österreichisch-ungarischer Steilfeuergeschütze. Die Weisungen für die Wegnahme von Nowo Georgiewsk, die einheitliche Leitung der 8. und 10. Armee, der Angriff auf Kowno, die Verhältnisse in Litauen und Kurland stellten weiterhin hohe Anforderungen an meinen Stab und mich. (...) Es kamen Meinungsverschiedenheiten mit dem General v. Falkenhayn hinzu, wie sie bei selbständigen Charakteren nur zu natürlich sind, die mir aber die besondere Verpflichtung auferlegten, von den meinigen abweichende Gedanken der Obersten Heeresleitung wenn möglich mit noch größerer Sorgfalt zur Tat umzusetzen, als übereinstimmende oder eigene.
Die Wegnahme von Nowo Georgiewsk berührte die Fortsetzung der Operationen nicht unmittelbar. Sie war eine Handlung für sich im Rücken der nach Osten vordrängenden Armeen. General v. Beseler, der Bezwinger Antwerpens, und sein überaus tatkräftiger Chef, Oberst v. Sauberzweig, bürgten dafür, daß jeder Gedanke an eine sogenannten Belagerung mit allen ihren Umständlichkeiten abgewiesen wurde. Schon eine Einschließung hätte Nowo Georgiewsk zu Fall gebracht. Die 80.000 Mann Kriegsbesatzung der Festung konnten sich nicht lange behaupten. Es ist erstaunlich, daß der Großfürst es hierauf ankommen ließ, während später Brest-Litwosk und Grodno aufgegeben wurden. Er mußte sich sagen, daß die Festung nicht zu halten und der Zustand der Werke wirklich nicht ausreichend war, schwerem Steilfeuer zu widerstehen. (...) Unsere Truppen, die im wesentlichen nur aus Landsturm und Landwehr bestanden, faßten fest zu; Nowo Georgiewsk fiel am 19. August. Seine Majestät der Kaiser besichtigte gleich darauf die Festung und dankte den Truppen. Der Generalfeldmarschall und ich waren dazu befohlen. Ich konnte mich von der verheerenden Wirkung der schweren Artillerie ebenso überzeugen, wie von der schlechten Bauart der Werke. (...) Das russische Generalgouvernement Polen war Ende August ganz in den Händen der Verbündeten. (...) Es entstand das deutsche Generalgouvernement Warschau. (...) Nowo Georgiewsk wird vielleicht die letzte Gürtelfestung gewesen sein, die nach einer Einschließung genommen wurde. Nicht daß ich an Abrüstung glaube. Über diesen Wahn wird die Welt recht bald belehrt werden.
In der Tat. Ludendorff sollte nur zu recht behalten bezüglich dieser Worte, die er in der ersten Jahreshälfte 1919 nieder schrieb. Und weiter:
Die Menschheit kommt, man mag dies bedauern, nie dahin. Aber die Zeit der Gürtelfestungen ist vorüber. Sie kann der modernen Artillerie und deren ungeheuren Munitionsmengen Gleichwertiges nicht entgegenstellen und muß erliegen. Landesbefestigungen werden nötig bleiben, sie werden aber mehr den Charakter lang ausgedehnter Grenzstellungen tragen.
Über die Belagerung von Nowo-Georgiewsk gibt es auch einen eigenen Wikipedia-Artikel (Wiki). Der Kaiser telegrafierte damals an den Reichskanzler Bethmann-Hollweg:
Dank dem gnädigen Beistand Gottes und der bewährten Führung des Eroberers von Antwerpen, Generals v. Beseler, sowie der heldenhaften Tapferkeit unserer prächtigen Truppen und der vortrefflichen deutschen und österreichisch-ungarischen Belagerungsarmee ist die stärkste und modernste russische Festung, Nowo-Georgiewsk, unser. Tief ergriffen habe ich eben Meinen braven Truppen Meinen Dank ausgesprochen, sie waren in prachtvoller Stimmung. Eiserne Kreuze ausgeteilt. Alles Landwehr und Landsturm. Es ist eine der schönsten Waffentaten der Armee. Die Zitadelle brennt, lange Kolonnen Gefangener begegneten Mir auf Hin- und Rückfahrt. Dörfer meist von Russen auf Rückzug total zerstört. Es war ein erhabener Tag, für den ich in Demut Gott danke.
Wie deutlich wurde, dachte Erich Ludendorff über dieses zwar - äußerlich erfolgreiche - "Wursteln" anders. Er sah nur, daß die russische Armee durch solche Erfolge eben immer noch nicht vernichtet und Rußland nicht friedenswillig war. Und das angesichts des schweren Ringen mit Frankreich und England an der Westfront. Das Gemälde von Ernst Zimmer findet sich auch auf dem Wikipedia-Artikel "Liste von Gemälden und Grafiken zum Ersten Weltkrieg" (Wiki). Über Ernst Zimmer (1864-1924) ist zu erfahren (AntikBayreuth):
Ernst Zimmer erlangte als Deutscher Schlachtenmaler des 1. Weltkrieges große Berühmtheit.

Seine Bilder muten allerdings ein wenig kitschig an und gehören für uns eher in die Kategorie "Kunst, Kitsch und Krempel", eine Kategorie, die aber nichtsdestotrotz für die öffentliche Wahrnehmung Erich Ludendorffs von Seiten der Zeitgenossen keineswegs vernachlässigt werden darf. Zumal für historische Vorgänge, von denen es sonst nur wenig überlieferten Fotografien zu geben scheint. Von der Einnahme von Nowo Georgiewsk wurden aber sogar Filmaufnahmen angefertigt und vorgeführt (Yt).

Abb. 9: Ernst Zimmer: "Der Kaiser verleiht den Helden von Nowo-Georgiewsk das Eiserne Kreuz" (19. August 1915)

Unter den zahlreichen Fotografien der eroberten Festung hat sich auch eine erhalten "Kaiser besichtigt eroberte Geschütze". Man darf annehmen, daß sich auf dem Foto in Begleitung des Kaisers auch Hindenburg und Ludendorff befunden haben werden neben dem General von Beseler.

Abb. 10: Prof. Anton Hoffmann - "Der Kaiser in Nowo-Georgiewsk"

Auch der Münchner Militärmaler Anton Hoffmann (1863-1938) (WikiGermanArtGallery) wohnte der Szene bei.

August 1915

Die folgende Fotografie entstand offenbar in Lötzen. 

Abb. 11: Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost, in: Illustrirte Zeitung, Leipzig, 19. August 1915 (Wiki)

Auf ihr sind abgebildet von links nach rechts (lt. Wiki): Rittmeiser Steinicke, Hauptmann v. Waldow, Hauptmann Drück, Hauptmann Hofmann, Major v. Baehr, Generalleutnant Ludendorff, Major Caemmerer, Generalfeldmarschall v. Hindenburg, Rittmeister de la Croix, Oberstleutnant Hoffmann, Oberstleutnant Rostock, Major v. Bockelberg, Rittmeister Freiherr v. Maltzahn, Prinz Joachim v. Preußen (der als Einziger die Uniform richtig trägt)

Abb. 12: "Generallt. Ludendorff - Chef d. Gen.St. O.B.O. (Hindenburg)" (undatiert, 1915 oder 1916) (Herkunft: Ebay 4/2014)

Abb. 12 zeigt den Generalleutnant Ludendorff als "Chef des Generalstabes des Oberbefehlshabers Ost (Hindenburg)" noch einmal recht jugendlich und verwegen wohl auf einem Gutshof stehen. Vielleicht auch in Kowno. Im Hintergrund sind wohl einquartierte Soldaten zu sehen. Die genauere Einordnung solcher Fotografien nach Örtlichkeit und Datum wird wohl am leichtesten über die Durchsicht von damaligen Illustrierten möglich sein.

Ab 21. Oktober 1915 in Kowno

Erich Ludendorff schreibt in seinen Kriegserinnerungen (1, S. 138f; s.a. 5, S. 191):
Um im Lande und den Armeen näher zu sein, gingen wir Ende Oktober nach Kowno. Der Generalfeldmarschall, die Herren des Generalstabes und ich fanden Unterkunft in zwei Villen, die Herrn Tillmanns gehörten, einem Deutschen, dessen Familienname unter den Deutschen Rußlands einen guten Klang hatte. Er selbst war seit Beginn des Krieges in Deutschland. Der Generalfeldmarschall, Oberst Hoffmann und ich wohnten zusammen in der einen Villa. In ihr aß auch der engere Stab. Ich habe viele Stunden in diesem Hause verlebt, es steht fest in meinem Gedächtnis. Die Geschäftszimmer des Stabes waren in dem Militärgouvernementsgebäude. (...) Die Räume waren groß, für unsere Zwecke geeignet und in dem kommenden Winter gut heizbar.

Kowno ist der Typ einer russischen Stadt mit niedrigen, unansehnlichen Holzhäusern und verhältnismäßig breiten Straßen. Von den Höhen, die die Stadt eng umschließen, hat man einen interessanten Blick auf die Stadt und den Zusammenfluß des Njemen mit der Wilija. Jenseits des Njemen liegt der Turm eines alten deutschen Ordensschlosses als ein Zeichen deutscher Kulturarbeit im Osten. (...) Ich hörte dort auf fremder Erde zum ersten Male als Kirchenlied die schöne, alte Weise:
Ich hab mich ergeben
mit Herz und mit Hand
Dir Land voll Lieb' und Leben
mein deutsches Vaterland.
Ich war tief ergriffen. Dies Lied sollte jetzt sonntäglich in allen Kirchen gesungen werden und fest in jedes deutschen Mannes Herz eingegraben sein.

Am 12. Dezember 1915 besuchten der Kaiser und sein Sohn, Prinz Oskar, Wilna, wo eine Parade der 10. Armee abgehalten wurde. 

12. Dezember 1915 - Parade der 10. Armee vor Kaiser Wilhelm II. in Wilna

Bei diesem Anlass entstand eine Fotografie, die sich in der Fotosammlung des Kaisers Wilhelm II. im Haus Doorn findet. Auf dieser Fotografie sind zu sehen "Prinz Oskar, Exzellenz Wegner, Exzellenz von Müller und General Ludendorff".

Abb. 13: Generalleutnant Ludendorff (E. Hoenisch, Hofphotograph, Leipzig)

Eine weitere Portraitfotografie aus dem Jahr 1915 stammt von dem Hoffotografen E. Hoenisch aus Leipzig (s. Abb.). Im Vergleich zu den Folgejahren gibt es Fotografien von Erich Ludendorff aus dem Jahr 1915 nicht sehr viele. Die bildliche Darstellung Ludendorffs (und Hindenburgs) erfolgte im Jahr 1915 in der deutschen Öffentlichkeit in wohl mindestens gleicher Wertigkeit über volkstümliche Darstellungen, die hier auf dem Blog schon in einem anderen Beitrag gesammelt worden sind (3).

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  1. Zechlin, Egmont: Ludendorff im Jahre 1915. Unveröffentlichte Briefe. In: ders.: Krieg und Kriegsrisiko. Düsseldorf 1979, S. 192ff
  2. Pyta, Wolfram: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Siedler-Verlag, München 2007
  3. Bading, Ingo: Künstler porträtieren Erich Ludendorff. Studiengruppe Naturalismus, 2012, http://studiengruppe.blogspot.com/2012/01/kunstler-portratieren-erich-ludendorff.html
  4. Bading, Ingo: Ludendorff-Verehrung zwischen "Kunst, Kitsch und Krempel". Studiengruppe Naturalismus, 10.3.2013, http://studiengruppe.blogspot.com/2013/03/ludendorff-verehrung-im-bereich-von.html 
  5. Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen 1914 - 1918. Verlag Mittler & Sohn, Berlin 1919
  6. Nebelin, Manfred: Ludendorff - Diktator im Ersten Weltkrieg. Siedler-Verlag, Berlin 2010 
  7. Ludendorff, Erich: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volkschöpfung. Meine Lebenserinnerungen, Bd. II, 1926 bis 1933. Verlag Hohe Warte, Stuttgart 1951

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