Montag, 21. Januar 2013

Von Gutsnachbarn zu "Geistesnachbarn"?

Stammen Thilo Sarrazin und Erich Ludendorff von demselben Gutshof in der Provinz Posen?

Seit dem Jahr 2010 hat der Familienname "Sarrazin" in Deutschland einen anderen Klang als zuvor. Dieser Familienname findet Beachtung. Und so merkt man auch auf, wenn man in ganz anderen Zusammenhängen auf ihn stößt.

Der Geburtsort Erich Ludendorffs im Jahr 1865 war der Ort und das Gut Kruszewnia, 13 Kilometer östlich der Stadt Posen (Wiki). Und dieses Gut war schon im Jahr 1941 seit über hundert Jahren im Besitz einer Familie Sarrazin. Es lag in der damaligen deutschen Provinz Posen, die im Jahr 1920 an Polen abgetreten worden ist. Sie ist 1939 wieder an Deutschland und 1945 wieder an Polen gefallen. Damit war das schwere Leid von Millionen von Einwohnern dieser Provinz verbunden.

Abb. 1: Das Geburtshaus von Erich Ludendorff im Jahr 1865, Familienbilder (1, S. 16)
1940 - Hitler will Kruschewnia der Familie Ludendorff schenken

Vom 4. September 1940 gibt es ein Schreiben des Wehrmachtsadjutanten Hitlers an den Reichsstatthalter Wartheland (7, S. 467, Anm. 35). Darin gab Hitler Weisung
"mit Rücksicht auf die unvergeßlichen Verdienste" Ludendorffs das Gut auszubauen und zu vergrößern. Es sollte anschließend als Dotation den männlichen Erben Ludendorffs übereignet werden.
Dieses Schreiben und ein weiterer Schriftwechsel dazu liegen im Bundesarchiv vor (7, S. 467, Anm. 35). Dieser Wunsch Hitlers wurde auch noch einmal erwähnt und behandelt in einem anderen Zusammenhang.

Im Jahr 1941 machte sich ein enger Mitarbeiter von Joseph Goebbels im Propagandaministerium, ein Alfred-Ingmar Berndt (1905-1945), Hoffnungen auf ein Gut im "Wartheland" (wie es damals hieß). Nämlich auf das Gut Dornbach bei Samter (2). Das war damals nichts Ungewöhnliches, belohnte Adolf Hitler doch manche Leute "um ihrer Verdienste um die Bewegung willen" mit Gütern im Wartheland (3).

Dasselbe Gut war jedoch offenbar schon - ausgerechnet - einem 25-jährigen Gutserben Sarrazin angeboten worden als Ersatz für dessen Gut in Kruszewnia, das auf Wunsch Adolf Hitlers nun wiederum an die Familie Ludendorff "rückübereignet" werden sollte. (- Wollte er damit womöglich die Erben Erich Ludendorffs beschwichtigen, damit sie doch noch seinem Wunsch willfahren würden, nämlich den Leichnam Erich Ludendorffs in das Tannenbergdenkmal in Ostpreußen überführen zu lassen?)

Berndt hinwiederum war in der Stadt Bromberg geboren und mit seiner Familie nach 1920 ausgewiesen worden aufgrund der damaligen polnischen Minderheitenpolitik. 

Nun, im Jahr 1941 wurde von Seiten des Reichsstatthalters Arthur Greiser (1897 - 1946) in diesem Zusammenhang das folgende Schreiben versandt (2, S. 141f, bzw. 148f) (leider nur willkürliche Google-Bücher-Ausschnitte, Hervorhebungen nicht im Original):

An Herrn Ministerialdirigenten
Alfred-Ingmar Berndt
Berlin W 8
Mauerstr. 45
im Reichsgau Wartheland, 5. September 1941

Lieber Parteigenosse Berndt!

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 1. September. Mir wurde inzwischen mitgeteilt, daß Sie gestern in Posen waren; ich bedaure sehr, daß wir uns nicht gesprochen haben. Ich darf Ihnen auf Ihr Schreiben folgendes erwidern:
Von einer Anweisung des Reichsführers SS als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums oder des Reichsernährungsministers und Reichsbauernführers oder des Führers selbst, Ihnen das Gut Dornbach bei Samter zu übertragen oder zur Übertragung nach dem Kriege vorzubehalten, ist weder meinen Dienststellen noch mir etwas bekannt. Ich bin zwar seit Herbst 1939 Chef der gesamten Behörde, wozu auch meine Abteilung IV (Landwirtschaft), also die sachbearbeitende Behörde des Reichsernährungsministers gehört. Ich bin ebenso seit mehr als einem Jahr Beauftragter des Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkstums, dem hier in Posen sämtliche Dienststellen des Reichskommissars bezüglich der Einsetzung, Umsetzung und Umsiedlung und Beschlagnahme, also auch das SS-Bodenamt, unterstehen. Weder bei diesen Dienst  ...
Und:
.... halten sollen, ist durch nichts und in keiner Weise gerechtfertigt.

Sie argumentieren weiterhin in Ihrem Brief vom 1. damit, daß das Gut Dornbach dem 25-jährigen Gutsbesitzer Sarrazin übereignet werden soll. Dieses ist ein Irrtum Ihrerseits. Das Gut wird nicht einem 25-jährigen Gutsbesitzer Sarrazin übereignet. Folgende Tatsache liegt vor:
Der ruhmreiche Feldherr Ludendorff ist in Kruszewnia bei Posen geboren. Kruszewnia ist seit beinahe 100 Jahren im Besitz der Familie Sarrazin. Es ist erwiesen, daß durch die Energie und den tatkräftigen Fleiß der Familie Sarrazin der an sich kaum lebensfähige Besitz Kruszewnia zu einem einigermaßen anständigen Gutsbetrieb herausgearbeitet worden ist. Der Führer persönlich hat den Wunsch, das Gut Kruszewnia der Familie Ludendorff nach vollkommenem Umbau und einer vollkommenen Restauration anständig und schuldenfrei zum Geschenk zu machen. Dieser Wunsch des Führers ist trotz meiner Hinweise auf die Verdienste der Familie Sarrazin zum Befehl geworden. Der ...
... Sarrazin wegen ihrer politischen, völkischen und wirtschaftlichen Einstellung und Fähigkeiten sehr großzügig zu behandeln und ihr das Recht zu geben, sich einen anständigen Betrieb im Warthegau als Ausgleich für Kruszewnia auszusuchen. Von diesem Recht macht zur Zeit der Inhaber von Kruszewnia, ein über 60 Jahre alter Herr Sarrazin, Gebrauch und schlägt u. a. auch Dornbach vor. Sollte Herr Sarrazin sich auf Dornbach festlegen, was bis zur Stunde noch nicht der Fall ist ...
... mern und Nichtkriegsteilnehmern und sogar von verdienten Generälen dieses Krieges gegenüber mich auf den Standpunkt gestellt habe, daß eine Festlegung auf einen bestimmten Betrieb während des Krieges für keinen einzigen erfolgen könne, muß ich das auch Ihnen gegenüber tun. Ich rate Ihnen dringend ab, mit dieser Frage an den Führer persönlich heranzutreten; ich würde mich sonst gezwungen sehen, als verantwortlicher Beauftragter des Führers zur Durchführung seiner Befehle in Sachen Ludendorff-Kruszewnia ihm einen entsprechenden Bericht zu machen.
Mit den besten Grüßen und Heil Hitler! Ihr Greiser
Das vollständige Zitat muß noch einmal in einer Bibliothek herausgesucht werden. Seit beinahe hundert Jahren also ist das Gut Kruschewnia damals schon im Besitz der Familie Sarrazin gewesen. Das würde heißen, daß dieses Besitzverhältnis nur unterbrochen worden war durch den Kauf des Gutes um 1860 herum durch Wilhelm Ludendorff, den Vater Erich Ludendorffs, und daß es durch den Verkauf desselben nach 1871 wieder hergestellt werden konnte. Das Gut wurde von der Familie Ludendorff nach dem Krieg von 1870/71 verkauft, um ein größeres in Pommern zu kaufen, wohin die Familie dann übersiedelte (4, 5).
 
Bis 1934 - Gutsbesitzer Ignaz Sarrazin, "ein guter Katholik"

Spätestens 1881 wird ein Ignaz Sarrazin (1847-1934) als Gutsbesitzer von Kruszewnia genannt (Google Bücher). Von ihm gibt es aus dem Jahr 1887 auch eine "Patentschrift einer Neuerung an Pflanzlochmaschinen" (DHM). Auf dem Friedhof der nahegelegenen Ortschaft Schwersenz gibt es eine "Ruhestätte der Familie Sarrazin". In deren Krypta liegen begraben:
Clemens Sarrazin - geb. 12.1.1876 in Kruszewnia, gest. 25.5. 1907 in Zerniki
Maria Sarrazin geb. Versen - geb. 12.3.1849 in Marienburg, gest. 13.10.1901 in Kruszewnia
Ignatz Sarrazin - geb. 21.9.1847 in Engar, gest. 4.10.1934 in Kruszewnia
Hermann Sarrazin - geb. 10.5.1880 in Kruszewnia, gest. 15.1.1919 in Zerniki
Ignaz Sarrazin galt nach derselben Quelle als ein "guter Katholik", der sich auch bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1934 vorbildlich um seine polnischen Gutsarbeiter gekümmert haben soll.

27.10.15, Ergänzung: Es wird von einem Gregor Ignatz Sarrazin (* 13. März 1857 in Grätz, Posen; † 3. November 1915) als Großvater von Thilo Sarrazin berichtet (8). Es würde sich also um einen zehn Jahre jüngeren Sarrazin handeln, bei dem der zweite Vorname Ignatz mit "t" geschrieben wird, und der in Grätz, südwestlich der Stadt Posen geboren wurde (während Kruszewnia südöstlich der Stadt Posen liegt). Sicherlich würde man im Familienarchiv Sarrazin weiter kommen.

1940 - Eine Geburtstagsfeier in Kruszewnia

Auf diesem Gut nun war am 4. April 1940 der Geburtstag Erich Ludendorffs gefeiert worden. Darüber war in einem Verlags-Rundbrief von seiten der Witwe Mathilde Ludendorff berichtet worden (6, S. 8). Über einen weiteren solchen Verlags-Rundbrief von Mathilde Ludendorff, nämlich vom 15. September 1940, heißt es dann (6, S. 9) (Hervorhebung nicht im Original):
In einem Nachsatz wird noch eine Berichtigung der Frau von Possanner über die Geburtstätte Erich Ludendorffs gebracht. Danach leitet ein Herr Inspektor Lutterbeck seit 1905 das Gut Ludendorff. Er ist Deutscher aus Westfalen. Auch der jüngere Verwalter ist Volksdeutscher. Der Besitzer des Gutes ist ein Herr Sarrazin. Er wohnt auf einem Nachbargut und war von der Feier zu spät verständigt worden. Durch ein Versehen ist auch Fräulein Sarrazin der Zeitpunkt der geplanten Feier nicht bekannt gegeben worden.
Stammt also nun womöglich die Familie von Thilo Sarrazin von dort? Überall in der Presse wurde berichtet, daß Thilo Sarrazin am 12. Februar 1945 in Gera "auf der Flucht" geboren worden sei, und daß seine Mutter aus einer westpreußischen Gutsbesitzerfamilie stammen würde. Sarrazin sagte bei einer Gelegenheit (Welt, 23.10.2011):
Meine westpreußische Mutter war bis 1939 polnische Staatsangehörige.
Und der Vater? Auch eine polnische Internetseite beteiligte sich an den Mutmaßungen über die Herkunft von Thilo Sarrazin (Polskaweb):
Wir glauben, daß der Herr Bundesbankvorstand in Wirklichkeit bei Posen in Polen geboren wurde. 
Worauf dieser Glaube gründet, wird allerdings leider nicht mitgeteilt. (Sondern man läßt dann zahlreichen Spekulationen die Zügel schießen.)

Thilo Sarrazins Vater

Nun, der im Jahr 2010 noch lebende Vater von Thilo Sarrazin, Dr. Hans Christian Sarrazin (1914-2013) hat schon im Jahr 1937 als 23-Jähriger Gedichte veröffentlicht:
Aus dem Klappentext des Gedichtbands "Ahorndekade" von Hans Christian Sarrazin (Vater von Thilo Sarrazin), Laumann-Verlag Dülmen, 1993: "Hans Christian Sarrazin … begann 1934 mit dem Studium der Gemanistik, die er nach einigen Semestern mit der Medizin vertauschte. … Truppenarzt in Frankreich und Italien … Leiter der sozialmedizinischen Abteilung eines Knappschaftskrankenhauses und, bis heute, ärztlicher Gutachter für die Sozialgerichte. … Den ersten Druck eines Gedichtes besorgte 1937 Paul Fechter in der Deutschen Allgemeinen Zeitung. …"
Der Schriftsteller Paul Fechter (1880-1953) stammte aus Elbing in Ostpreußen. Und an anderer Stelle ist zu erfahren (FAZ, 10.10.10):
In der Tat stammt Thilo Sarrazin aus einem ausgesprochen literaturaffinen Elternhaus. Der Vater hatte erst Germanistik studiert, dann auf Medizin umgesattelt, war der Literatur aber treu geblieben, indem er nämlich selbst Literatur verfaßt hat, die Bände „Ahorndekade – Gesammelte Gedichte“ (1993) und „Die gläserne Kugel – Erzählungen“ (1995) von Hans Christian Sarrazin sind antiquarisch noch zu haben. Der Vater lebt sogar noch, sechsundneunzig Jahre alt, und ist der Auffassung, das Tempo, in dem das Buch seines Sohnes seine Auflagen erreicht habe, lasse sich nur mit „Im Westen nichts Neues“ von Remarque vergleichen.
Hans Christian Sarrazin befand sich also während des Zweiten Weltkrieges im Kriegseinsatz. Bei Kriegsausbruch war er 25 Jahre alt, bei Kriegsende 31. Aber wenn er seine Frau, eine westpreußische Gutsbesitzerin, offenbar doch in Westpreußen selbst kennengelernt hat und wenn sie von dort - oder von wo? - "geflüchtet" ist im Jahr 1945, dann lägen die Provinz Posen, ihre Hauptstadt Posen und das Gut Kruszewnia ja nicht gar zu weit ab.

Im Jahr 1941 schreibt Arthur Greiser von einem "25-jährigen Gutsbesitzer". Zu jenem Zeitpunkt war Hans Christian Sarrazin zwar schon 27 Jahre alt. Aber auf die zwei Jahre wird es den Briefschreibern womöglich nicht angekommen sein.

Was hier zusammengetragen worden ist, können nur Vermutungen sein und Anregungen zum Weiterforschen. 

Das alles wäre dann aber vielleicht nicht nur um seiner selbst willen interessant. Denn der kirchenfreie, letztlich naturalistische Denkansatz von Thilo Sarrazin, wie er etwa auch von Frank Schirrmacher verstanden worden ist - aber natürlich nicht nur von diesem -, weist in den Grundzügen mancherlei Gemeinsamkeiten mit dem naturalistischen Denkansatz von Erich und Mathilde Ludendorff auf. - Von Gutsnachbarn also sozusagen zu Geistesnachbarn?

Wie auch immer. Jedenfalls wird Thilo Sarrazin schon aufgrund seiner Eigenschaft als Vertriebenenkind der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte, ihren Geschichtsverzerrungen und Tabus mit größerer Skepsis gegenübergestanden sein, als er es ohne eine solche Herkunft getan hätte. Auch das kann einem mit solchen Betrachtungen wie den vorliegenden bewußt werden. Westpreußen und Posen, sowie alle deutschen Ostgebiete jenseits der Oder haben - nach einer tausendjährigen deutschen Geschichte - jenen tiefgreifendsten ethnischen und kulturellen Wandel schon hinter sich, den Thilo Sarrazin für Restdeutschland abgewendet wissen will. Das Deutschland jenseits von Oder, Neiße und Bayerischem Wald ist schon "abgeschafft". Restdeutschland soll nicht auch noch abgeschafft werden.
______________________
  1. Ludendorff, Mathilde (Hg.): Erich Ludendorff - Sein Wesen und Schaffen. Ludendorffs Verlag, München 1938
  2. Wulf, Joseph: Presse und Funk im Dritten Reich. Eine Dokumentation. Mohn, 1964 (Google Bücher), Rohwoldt, 1966, 1982, 1983 (Google Bücher), Ullstein, Berlin, Frankfurt/M. 1989, Ullstein Taschenbuch, 2001
  3. Bading, Ingo: Um "seiner Verdienste um die Bewegung" willen ... - Ein nationalsozialistischer Ludendorff-Gegner erhielt noch 1944 seinen Judaslohn von Adolf Hitler. Studiengruppe Naturalismus, 17.12.2011
  4. Tempelhoff, Henny von: Mein Glück im Hause Ludendorff. Verlag August Scherl, Berlin [1918]  
  5. Ludendorff, Erich: Mein militärischer Werdegang. Blätter der Erinnerung an unser stolzes Heer. Ludendorffs Verlag, München 1935 
  6. Kopp, Hans: Geschichte der Ludendorff-Bewegung. 2. Band: Die Jahre 1939 - 1976. Verlag Hohe Warte, Pähl 2002
  7. Uhle-Wettler. Franz: Erich Ludendorff in seiner Zeit. Soldat - Stratege - Revolutionär. Eine Neubewertung. Edition Kurt Vowincke-Verlag, Berg 1995
  8. guttmensch wannabe: Drei Generationen Sarrazin: Zeitzeugen der Eugenik-Bewegung, 1. Juni 2013, http://guttmensch.blogspot.de/2013/06/drei-generationen-sarrazin-zeitzeugen.html 

3 Kommentare:

guttmensch wannabe hat gesagt…

Gut recherchiert.
Ich möchte auch auf den Post „Mehr zum Thema Nostalgie“ auf dem Blog „Menschenrechte statt Eugenik“ hinweisen; Stichwort „Paul Fechter“ (http://guttmensch.blogspot.com/2012/03/mehr-zum-thema-nostalgie.html).

Ingo Bading hat gesagt…

Vielen Dank für die Bezugnahme. Meinen Kommentar bei Ihnen zu Ihrem Blogbeitrag stelle ich auch hier noch rein:

- Nostalgie?

Die Beschäftigung mit der modernen Humangenetik und IQ-Forschung erfolgt in der Regel nicht aus Nostalgie heraus, sondern aus Fortschrittsbewußtsein. Und so sehe ich auch den Beitrag von Thilo Sarrazin an.

Aufgrund der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ist die WEITERE Humanevolution immer stärker in die Verantwortung des modernen Menschen gestellt. Er muß sich darum über die modernen Erkenntnisse informieren.

Mit Rückwärtsgewandtheit per se oder plumper "Sehnsucht nach früher" ist diese Aufgabe nicht zu bewältigen. Weshalb auch aus den Reihen der christlichen oder okkult dominierten "Konservativen Revolutionäre" von heute zu diesen Diskussionen keinerlei ermunternde, zukunftsweisende Beiträge kommen. Dort herrscht weitgehend Naturwissenschafts-Ferne vor.

Sarrazin ist demgegenüber ganz anders gestrickt. Schon in jungen Jahren ist er aus der Kirche ausgetreten. - Rückwärtsgewandt? Nostalgisch? Nein.

Freilich gibt es eine breite Strömung der Geschichte des naturalistischen Denkens und der Hintergrundpolitik-Kritik in Deutschland, die mehr Beachtung verdiente. Denn - tatsächlich - ist mit dieser Strömung sehr viel Mißbrauch und Schindluder getrieben worden. Andererseits gibt es aber zum naturalistischen Denken und zur Hintergrundpolitik-Kritik heute einfach keinerlei Alternative mehr.

Könnte man nicht auch von Sehnsucht nach immer gültigen Werten sprechen? Oder wären solche immer gültigen Werte ausgerechnet in jener Zeit nicht gelebt worden oder wäre ihnen nicht Ausdruck verliehen worden, an deren Anfangspunkt die Jahreszahl 1933 und an deren Endpunkt die Jahreszahl 1945 steht?

Wer sich so ausgiebig mit Literatur beschäftigt wie Will Vesper oder Paul Fechter, der hat diese Sehnsucht nach immer gültigen Werten. Was immer er auch sonst noch tun mag.

Eine differenziertere Betrachtung würde da sicherlich zu überraschenden Ergebnissen kommen. Mit diesen beiden Leuten habe ich mich selbst noch nicht näher beschäftigt. Sie standen aber beide, wenn ich mich nicht irre, im freundschaftlichen Verhältnis zu Agnes Miegel. Und von ihr bin ich jederzeit bereit, die Behauptung zu verteidigen, daß in ihrem Leben die Sehnsucht nach immer gültigen Werten eine viel größere Rolle gespielt hat, als die allzu zeitverhafteten Umstände, in denen auch DIESES Leben dieser Sehnsucht treu zu bleiben versuchte.

Ingo Bading hat gesagt…

Womöglich gehen die Parallelen noch weiter:

Die Grundschullehrerin Ursula Sarrazin hat das Buch über Erfahrungen rund um ihren Schuldienst in Berlin "Hexenjagd" genannt. Eine Grundschullehrerin und Anhängerin jener Mathilde Ludendorff, die ihre Lebenserinnerungen nannte "Statt Heiligenschein oder Hexenzeichen - Mein Leben", Maren P., hat gerade im Endeffekt ähnliche Erfahrungen hinter sich:

http://www.adelinde.net/6428/an-ihren-fruchten-sollt-ihr-sie-erkennen-matth-716/

Ursula Sarrazin und Maren P. sind allerdings bei weitem nicht die einzigen Grundschullehrerinnen, die ihren Schuldienst aus der Sicht auch modernen naturalistischen Denkens sehen. Philipp Möller, Pressesprecher der Giodano Bruno-Stiftung, gehört sicherlich auch zu diesem wachsenden Personenkreis:

http://www.amazon.de/Isch-geh-Schulhof-Unerh%C3%B6rtes-Grundschullehrers/dp/3404606965

158 Kundenrezensionen hat er inzwischen bei Amazon ausgelöst, von denen 111 dem Buch die Bestnote zuteilten.

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