Samstag, 7. Mai 2016

Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937

Zu dem Tag des 3. Oktober 1937, an dem Erich Ludendorff seine letzte öffentliche Ansprache hielt, sind hier auf dem Blog schon zwei Beiträge erschienen, beide mit zahlreichen Fotografien von diesem Anlaß (1, 2). Sie sollen hier mit weiteren Fotografien ergänzt werden.

Abb. 1: Erich Ludendorff, April 1937


Zu seinem 72. Geburtstag am 9. April 1937 hatte Erich Ludendorff persönliche Gedenkblätter ausstellen lassen und diese unterschrieben. Solche Gedenkblätter rahmten sich Ludendorff-Verehrer ein und hängten sie sich an die Wand (Abb. 2). Andere Versionen dieser Fotografie werden noch heute verkauft (Abb. 1) (Amazon / 2019).

Abb. 2: Gedenkblatt anlässlich des 9. Aprils 1937

Auf einer Buchmesse (welcher?) war der Ludendorffs Verlag im Jahr 1937 ebenfalls vertreten.

Abb. 3: Ludendorffs Verlag auf einer Buch-Ausstellung, 1937

Im "Sommer 1937" ist eine Fotografie entstanden, die vom "Scherl Bilddienst" verbreitet wurde.

Abb. 4: Erich Ludendorff vor seinem Haus in Tutzing, Sommer 1937 (Herkunft: Ebay, Mai 2016)

Rückseitig ist sie beschrieben:
General Erich Ludendorff. Neueste Aufnahme des Generals, aufgenommen im Sommer 1937 vor seinem Heim in Tutzing am Starnberger See.
Vermutlich ebenfalls im Jahr 1937 entstand die folgende Fotografie.

Abb. 5: Eine 24-köpfige Besuchergruppe bei dem Ehepaar Ludendorff in Tutzing, vielleicht 1937
Sie wurde uns im Juni 2016 von Seiten eines Bloglesers zugesandt, der die Fotografie eingelegt fand in einem alten Buch, zu dem sie aber gar nicht gehörte. ("Der Fotoabzug ist sehr tonig, dunkel. Mit der Reproduktion habe ich es ansehnlicher machen können und auch um 30% vergrößert.") Für Hinweise, wer hier als Besucher in Tutzing abgebildet ist und aus welchem Anlaß sie das Ehepaar Ludendorff besuchten, wären wir - wie immer - dankbar. In der 24-köpfigen Besuchergruppe finden sich vier Frauen.

Zu den nachfolgenden Fotografien hieß es in der Zeitschrift "Am Heiligen Quell Deutscher Kraft" vom 20. Januar 1938 - wenige Tage nach dem Tod Erich Ludendorffs und nach dem Staatsakt für ihn (1):
So sahen die Freunde am 3. 10. zum letzten Male den Feldherrn. Trotz seiner schweren Krankheit, die zu jenen Tagen bereits ihre dunklen Schatten voraus warf, sahen sie den Feldherrn, so wie sie ihn kannten - straff und lebendig, ernst und doch auch manchmal lächelnd und sich freuend, wenn ihm Erfolgreiches vom Kampf erzählt wurde. So sahen ihn auch die wenigen, die sein Krankenlager besuchen konnten. Immer wieder galten seine Fragen dem Kampf und dem Verlag. - Gütig und jedem stets für den kleinsten Dienst dankend, war er bis zu seiner Todesstunde nicht der Kranke, sondern der Feldherr, der klar und gefasst seine letzten Entscheidungen traf.
Abb. 6: Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937 in Tutzing
Und weiter:
An der zu Ehren Frau Dr. M. Ludendorff am Nachmittag des 3. 10. 1937 veranstalteten Feierstunde im Vier-Jahreszeiten-Saale München konnte der Feldherr nicht teilnehmen.

Abb. 7: Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937 in Tutzing
Und:
Noch  in seiner letzten Ansprache musste er sich, wie so oft in seinem Leben, gegen Verleumdung und Schmähung seiner Person wenden. Dieses letzte mal gegen den "Osservatore Romano", die Zeitung des Papstes, die von einem angeblichen Nachdruck von Büchern und Schriften des Ludendorff-Verlages in Moskau zu berichten wusste.

Abb. 8: Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937 in Tutzing


Abb. 9: Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937 in Tutzing


Abb. 10: "Ich stelle fest - der 'Osservatore Romano', das Blatt des Papstes,lügt!" - Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937 in Tutzing


Abb. 11: "Ich stelle fest - der 'Osservatore Romano', das Blatt des Papstes, lügt!" - Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937 in Tutzing

Dass so viele unterschiedliche Bildbeiträge allein zum Jahr 1937 hier auf dem Blog erscheinen, ist unter anderem auch dem Umstand geschuldet, dass das Wirken beider Ludendorffs auch noch im Jahr 1937 außerordentlich vielschichtig war. Einerseits stand Erich Ludendorff im spannungsvollsten Verhältnis zu Adolf Hitler und zur Führungsschicht des Dritten Reiches, was mit Morddrohungen aus dieser Führungsschicht heraus verbunden war, während sie zugleich ihre weltanschaulichen Bemühungen unglaublich dicht vorantrieben, indem sie im Sommer 1937 gleich zwei mit zahlreichen Vorträgen voll gefüllte Tagungen abhielten.

Abb. 12: Mathilde Ludendorff (1937)
Und zum dritten gab es eher "familiäre" Ereignisse wie den 60. Geburtstag Mathilde Ludendorffs, bei dessen Anlaß sie schon jene Ansprache hielt, die dann auch zu ihrer Beerdigung verlesen werden sollte. Und zur gleichen Zeit hatte schon die tödliche Krankheit Erich Ludendorffs begonnen.  

________________________________________________
  1. Bading, Ingo: "Ein Jahrhundert nach meinem Tode ..." Das "Vermächtnis" Mathilde Ludendorffs (1937 / 1966).  Studiengruppe Naturalismus, 9. Dezember 2012, http://studiengruppe.blogspot.de/2012/12/ein-jahrhundert-nach-meinem-tode.html
  2. Bading, Ingo: Eine Sammlung von Fotografien Erich und Mathilde Ludendorffs unbekannter, vielleicht Hamburger (?) Herkunft. Studiengruppe Naturalismus, 7. Mai 2016, http://studiengruppe.blogspot.de/2016/05/eine-sammlung-von-fotografien-erich-und.html
  3. Der Abschied. Die letzte Ansprache des Feldherrn. In: Am Heiligen Quell Deutscher Kraft, Folge 20, 20.1.1938; Lichtbildseiten nach S. 796
  4. Bading, Ingo: Neue Dokumente zur Landesverrats-Affäre von 1937 Fühlungnahme zwischen NS-Parteikreisen und Erich Ludendorff nach dem März 1937. Studiengruppe Naturalismus, 25.9.2011
  5. Die Feier des sechzigsten Geburttages Mathilde Ludendorffs. In: Quell, Folge 14, 20.10.1937, S. 542 - 551
  6. Der 60. Geburtstag Frau Dr. Mathilde Ludendorffs. Fotoseite. In: Quell, Folge 14, 20.10.1937, hinter Seite 552

Eine Sammlung von Fotografien Erich und Mathilde Ludendorffs unbekannter, vielleicht Hamburger (?) Herkunft

Fotografien der frühen 1920er Jahre bis 1937

In einem Beitrag vom Januar 2012 sind hier auf dem Blog schon wenig bekannte Photographien Erich Ludendorffs aus der Zeit zwischen 1917 und 1925 zusammengestellt worden. Im selben Jahr 2012 wurden von Seiten eines Hamburger Antiquariats etwa 30 zum Teil bekannte Postkarten und Photographien, zum Teil aber auch seltene und unbekannte, offenbar private Photographien von Erich und Mathilde Ludendorff zum Verkauf angeboten. Die Herkunft derselben wurde nicht angegeben. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass es sich sich um die recht umfangreiche Lichtbild-Sammlung eines vormaligen Ludendorff-Anhängers, bzw. Ludendorff-Verehrers gehandelt hat.

Da es sich vielleicht um eine recht vollständige Sammlung handelt, die aufgrund der Zusammenstellung auch etwaige Rückschlüsse auf den Sammler und damit auf die Entstehungsumstände mancher Fotografien erlauben könnte, soll dieses Konvolut hier im folgenden chronologisch für sich dokumentiert werden, ohne zunächst mit Fotografien anderer Herkunft vermischt zu werden.

Da sich darunter auch viele seltene Fotografien offenbar von der Erzieher- und Rednertagung in Tutzing Ende Juli, Anfang August 1937 finden, sollen zu diesen beiden Tagungen auch zugleich noch weitere Mitteilungen aus den Quellen gegeben werden. - Die Schwerpunkt-Jahre des folgenden Beitrages sind - entsprechend der Fotografien des Konvoluts - die Jahre 1924, 1933, 1935 und 1937.

Es waren 2012 vom Anbieter mehrere Fotografien auf einem Link eingestellt worden, diese nicht mehr vorhandenen Internetseiten werden im folgenden mit römischen Zahlen gekennzeichnet. - - - Es findet sich in dem Konvolut zunächst die Postkarte eines schon in einem früheren Beitrag eingestellten bekannten Gemäldes Erich Ludendorffs aus dem Ersten Weltkrieg (über Karten gebeugt) (VII). Sodann eine wohl eher seltene Photographie Erich Ludendorffs sitzend in Uniform mit Generalstabsstreifen (VII). 

1924 (?) - Erich Ludendorff in Schleswig-Holstein (?)

Abb. 2: Erich Ludendorff , eventuell zusammen mit Ernst von Reventlow (?) in Schleswig-Holstein (?), etwa 1924 (?)
Sodann findet sich eine sicher seltene Photographie  (VIII, hier Abb. 2) von Erich Ludendorff in Zivil in Mantel und mit Hut neben einem Mann mit Melone. Handelt es sich bei dem letzteren um den Reichstagsabgeordneten Ernst von Reventlow (1869-1943), der vermutlich auch in den Abbildungen 28 und 29 eines anderen Blog- Beitrages abgebildet ist? Die Aufnahme ist in freier, offener, flacher, etwas welliger Landschaft entstanden. Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass es sich um einen Ort in Ostholstein handelt. Ernst von Reventlow war ja in Schleswig-Holstein beheimatet. Beide arbeiteten von 1923 bis 1925 zusammen. Ludendorff steht mit dem Mann in Melone vor einer merkwürdigen Art von Denkmal, einem viereckigen, eingetieften Monument oder Brunnen auf einer Anhöhe in der Landschaft. Ganz hinten könnte auch eine Personengruppe locker in Formation und in Unifrom "angetreten" sein.

Auf den folgenden fünf Photographien (Abb. 3 - 7) sind die Menschen "sommerlicher" gekleidet. Sie entstanden womöglich alle auf derselben Veranstaltung, von der aber einstweilen ebenfalls weder Zeit noch Ort bekannt sind. Auf allen fünf scheint Ludendorff gleich bekleidet zu sein.

Abb. 3: Ludendorff spricht mit angetretenen Angehörigen eines Kampfbundes (0) 
Ludendorff in Zivil und Hut begrüßt angetretene junge Männer in Zivil und Kampfbund-Uniformen (0) (Abb. 3).

Abb. 4: Ludendorff spricht mit einem Herren am Rande einer Veranstaltung (4) 
Ludendorff mit Spazierstock und Hut spricht mit einem Mann am Rande einer Veranstaltung (IV) (hier Abb. 4).

Abb. 5: Erich Ludendorff spricht, wohl frühe 1920er Jahre (in Ostpreußen?)
Ludendorff in Zivil spricht auf einem Podest, im Hintergrund Birken (IIIII), hier Abb. 5 - 7).

Abb. 6: Erich Ludendorff spricht, wohl frühe 1920er Jahre


Abb. 7: Erich Ludendorff spricht, wohl frühe 1920er Jahre
Es finden sich dann darunter die bekannten Photographien "Ludendorff verlässt nach dem Urteil das Verhandlungsgebäude 1. IV. 24" (2 Fotos, Postkarten) (V), die hier nicht eingestellt werden brauchen.

Abb. 8: Erich Ludendorff im Mantel mit Hut vor einer Efeuwand
Eine Porträt-Photographie Ludendorffs findet sich darunter in Zivil in Mantel mit Hut, vielleicht zu ähnlicher Gelegenheit entstanden wie Abbildung 2 (VI, hier Abb. 8).

Ab 1933 - Das Haus in Tutzing

Es finden sich dann mehrere Postkarten oder Photographien von dem Wohnhaus Erich und Mathilde Ludendorffs in Tutzing, das sie seit Anfang 1933 bewohnt haben, und wo in den 1930er Jahren auch Tagungen und Versammlungen stattgefunden haben.

Abb. 9: Blick vom Haus Ludendorff in Tutzing auf den Starnberger See und die Alpen (2)
So ein Photo, das den "Blick vom Haus Ludendorff" auf den Starnberger See zeigt (II, Abb. 9).
Abb. 10: Gartenseite des Hauses Ludendorff in Tutzing mit antiker Statue im Vordergrund (2)
So eine Photografie, das im Vordergrund eine griechische Statue zeigt.

Abb. 11: Eingangsbereich des Hauses Ludendorff in Tutzing mit Brunnen ("Im Garten Ludendorff") (5)
Und eine, die den Eingangsbereich des Hauses zeigt mit dem dortigen Brunnen.

9. April 1935 - Der 70. Geburtstag Erich Ludendorffs

Mehrere Photographien, entstanden auf der Feier des 70. Geburtstages von Erich Ludendorff, sind schon in einem früheren Beitrag verwendet worden (dort die Abbildungen 13, 14 und 16, das sind: von Blomberg und Ludendorff vor aufgestelltem Rundfunkmikrofon [X], von Blomberg, von Fritsch und Ludendorff vor aufgestelltem Rundfunkmikrofon [X], Mathilde und Erich Ludendorff, sowie im Vordergrund aufgestelltes Rundfunkmikrofon [X], Erich Ludendorff in Uniform und Mathilde Ludendorff auf der Gartenterrasse [VI]). Hier sei nur eine weitere Photographie, offenbar von diesem Tag eingestellt (Abb. 12).

Abb. 12: Erich Ludendorff in Uniform mit Papier in der Hand spricht mit einem Mann auf seiner Gartenterrasse in Tutzing (wohl 9.4.1935) (VI)
Erich Ludendorff in Uniform mit Papier in der Hand spricht mit einem Mann auf seiner Gartenterrasse (VI).

Abb. 21: Erich und Mathilde Ludendorff steigen in einen Wagen ein, außerdem Asko oder Hanno von Kemnitz (III)

28. bis 30. Juli Erzieher-Tagung in Tutzing

Über die Tagung in Tutzing vom 2. bis 5. August schreibt Erich Ludendorff im Tagungsbericht, anknüpfend an seine Aussprache mit Adolf Hitler vom 30. März 1937 (2, S. 383):
Gleich nach der Besprechung am 30. 3. beschloss die Schöpferin Deutscher Gotterkenntnis, Frau Dr. Mathilde Ludendorff, am 28., 29., und 30. 7. für Erzieher, am 2., 3., 4. und 5. 8. für Deutsche, die andere Volksgeschwister in geschlossenen Zusammenkünften in kleineren oder größeren Kreisen zu den Werken über Deutsche Gotterkenntnis hinführen wollen, Tagungen abzuhalten, damit für Deutsche Gotterkenntnis so gewirkt werden kann, wie es dieser voll entspricht. Freudig pflichtete ich bei.
In der Folge vom 20. Mai 1937 findet sich die "Bekanntmachung" von Erich Ludendorff, dass die "Deutsche Gotterkenntnis (Haus Ludendorff)" nach einem Erlass des Reichs- und des Preußischen Ministers des Innern an die nachgeordneten Behörden, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechtes vom 8. Mai 1937 "zu den in Abs. 3a des RdErl. v. 26. 11. 1936 (...) erwähnten Weltanschauungsgemeinschaften" gehört, "deren Eintragung in amtliche Listen, Register usw. in gleicher Weise wie bei den Religionsgesellschaften auf die Erklärung des Beteiligten hin erfolgen muss." Und darunter setzt Mathilde Ludendorff die "Bekanntmachung" (S. 153):
1. Vom 28. bis 30. 7. 1937 werde ich in Übereinstimmung mit dem Feldherrn an mich herangetragenen Bitten entsprechen und für Lehrer und Erzieher, die, auf dem Boden der Deutschen Gotterkenntnis meiner Werke stehend, Unterricht in Deutscher Lebenskunde nach dem im Jahre 1931 erschienenen Lehrplan erteilen möchten, eine dreitätige Zusammenkunft in Tutzing abhalten. (...) Kenntnis des Buches "Des Kindes Seele und der Eltern Amt" wird bei meinen Vorträgen und der Aussprache vorausgesetzt.

2. Nach einer Pause von 2 Tagen wird dann vom 2. bis 5. 8. eine viertätige Zusammenkunft mit Rednern stattfinden, die Vorträge zur Einführung in die Gotterkenntnis meiner Werke halten wollen. Es ist natürlich Voraussetzung, dass sich die anmeldenden Redner bereits als zur Gotterkenntnis zugehörig angemeldet haben, dem Verlage bzw. seinen Generalvertretern und der Zweigstelle bekannt sind und die Notwendigkeit einsehen, dass der Inhalt ihrer Vorträge der Genehmigung bedarf. Die Auswahl der Redner behält sich der Feldherr vor.
Abb. 22: Erich Ludendorff steigt in einen Wagen ein, daneben Asko oder Hanno von Kemnitz
In seinen Lebenserinnerungen berichtet Erich Ludendorff ausführlich um die Vorgänge rund um die Morddrohungen gegen ihn und seine Frau im Zusammenhang mit der Landesverrats-Affäre des Sommers 1937 aus den Kreisen der NSDAP heraus, initiiert von Adolf Hitler selbst und von Joseph Goebbels (siehe auch die entsprechenden Beiträge hier auf dem Blog). Dann schreibt er über die beiden Tagungen (III, S. 183):
Mitten in diesem Ringen konnte meine Frau in Tutzing die von ihr beabsichtigten Tagungen für Erzieher und Redner der "Deutschen Gotterkenntnis (Ludendorff)" abhalten. 
Die Vorträge Mathilde Ludendorffs auf dieser Erziehertagung wurden wenig später in der Schrift "Unsere Kinder in Gefahr" veröffentlicht. Die Vorträge Mathilde Ludendorffs auf der Rednertagung sind für viele Jahrzehnte nur als Manuskript von Redner zu Redner weiter gereicht worden. Eine allgemeine Veröffentlichung war nicht erwünscht. (Wohl weil die Zuhörerschaft sonst die Redner zu leicht an den Maßstäben dieses Manuskriptes hätte messen können.)

Abb. 23: Mathilde Ludendorff steigt aus einem Wagen aus (IV)
Aus Anlass dieser beiden Tagungen sind wohl die folgenden Lichtbilder entstanden (Abb. 21 - 24): Erich und Mathilde Ludendorff steigen in einen Wagen ein, im Hintergrund Sohn Asko oder Hanno von Kemnitz (III, hier Abb. 21). Erich Ludendorff steigt in einen Wagen ein, im Hintergrund Stiefsohn Asko oder Hanno von Kemnitz (VII, Abb. 22). Auf Abbildung 23 steigt Mathilde Ludendorff aus einem Wagen aus, ein Herr hält ihr die Tür auf (IV). Diese Fotografien sind zum Teil auch enthalten in der Zeitschrift "Quell" vom 20. August 1937. Dort heißt es als Erläuterung zu diesen Lichtbildern:
Die Schöpferin der Deutschen Gotterkenntnis Frau Dr. Ludendorff hielt in Tutzing, dem idyllischen Ort am Starnberger See, vom 28. - 30. 7. und vom 2. - 5. 8. 37 Tagungen ab.

Abb. 24: Erich Ludendorff begrüßt von einem Herren (Franz August Stötzer?), dahinter Mathilde Ludendorff und ein Wagen (VII)
Womöglich handelt es sich bei dem Herren rechts auf Abb. 24 auch um einen engeren Mitarbeiter im Verlag (Franz August Stötzer?). In dem Tagungsbericht, der kurz danach in der Zeitschrift erschien, schreibt Erich Ludendorff, nachdem er über den Inhalt der Vorträge Mathilde Ludendorffs auf der Erziehertagung berichtet hatte (s. "Unsere Kinder in Gefahr") unter anderem (S. 385):
Fragen, die die Anwesenden stellten und die Philosophin beantwortete, zeigten die rege Anteilnahme und das Verständnis, mit denen die Zuhörer den Ausführungen (...) gefolgt waren. Der dritte Tag war der Aussprache der Erzieher über den "Lehrplan für Lebenskunde" gewidmet. (...) Eine besondere Aufmerksamkeit wurde den Lehr- und Lesestoffen für diese Kinder geschenkt. 30 Lehrer erklärten sich bereit, an dem Sammeln geeigneter Lehr- und Lesestoffe mitzuwirken.
Der hierfür gesammelte Unterrichtsstoff wurde später veröffentlicht.

2. bis 5. August 1937 - Redner-Tagung in Tutzing

Über die Rednertagung berichtet Erich Ludendorff unter anderem:
Die zweite Tagung galt denen, die im Rahmen des Verlages andere Deutsche in Deutsche Gotterkenntnis einführen wollen. 
Von sechs Vorträgen berichtet Erich Ludendorff berichtet,
die den Deutschen zugehen werden, die im Rahmen des Verlages wirken wollen.
Abb. 13: Mathilde Ludendorff und Erich Ludendorff mit Blumenstrauß vor der Wohnungstür ihres Hauses
Es war also nicht geplant, diese Vorträge der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es handelte sich um die bis heute nur als 100-seitiges Manuskript gedruckten "Richtlinien für die Redner". Über die darin enthaltenen Vorträge schreibt Erich Ludendorff:
In atemloser Stille lauschten die Zuhörer den einzelnen Vorträgen und Weisungen. Sie herrschte auch, wenn die vortragende Deutsche Frau ihre Ausführungen schloss. Nichts machte eindringlicher als diese Stille und die tiefe Ergriffenheit, die empfindbar war, das Unwesen des Beifalls bei Vorträgen fühlbar. (...)
Der letzte Tag der Tagung, der 5. 8., war eine besondere Feierstunde. Frau Dr. Mathilde Ludendorff (...) sprach dann zu den Zuhörern, wie sie zu Deutschen sprechen würde, die durch sie zu den Werken Deutscher Gotterkenntnis hingeführt werden sollten. Sie hatte Einzelgebiete aus ihrem Werke "Das Gottlied der Völker. Eine Philosophie der Kulturen" gewählt.(...) Sie sprach in ihrer vollendeten Weise in zwei Vorträgen, die auch gedruckt werden, über: "Die Menschenseele als Hort der Kultur" und "Der Sturz der Religionen und der Sieg der Erkenntnis".
Hierbei handelt es sich um die Vorträge, die in der Schrift "Höhenwege und Abgründe" veröffentlicht wurden.

Abb. 14: Mathilde und Erich Ludendorff vor der Wohnungstür ihres Hauses
In seinen Lebenserinnerungen schreibt Erich Ludendorff über die Rednertagung höchstens wenige Wochen danach (Bd. III, S. 183):
Ich habe ganz besonders nur Vorträge in mäßigem Umfange gewünscht. Einmal, weil der Redner dann eindringlicher sprechen kann, und dann, um nicht in nationalsozialistischen Kreisen und auch bei dem Führer und Reichskanzler Eifersucht zu erregen. Mir liegt an äußerem Zulauf nichts, sondern nur an innerer Festigkeit der sich zur Deutschen Gotterkenntnis Bekennenden.
Auch sagte er in einer Ansprache (2, S. 283):
Nicht weil ich "im Banne meiner Frau stehe", sondern um nach meinem ernsten Ringen nach Klarheit über die Ursachen des Zusammenbruchs am Ausgang des Weltkrieges und über die Notwendigkeit, solches Unheil durch eine unantastbare Grundlage für die Lebensgestaltung des Einzelnen und des Deutschen Volkes für die Zukunft auszuschließen, trete ich für die rettende Tatsächlichkeit Deutscher Gotterkenntnis ein. (...) Die Philosophie ist durch Mathilde Ludendorff keine Teilwissenschaft geblieben, sie wurde durch sie zur Vollendung geführt und erhielt dadurch die weltanschauliche und lebensgestaltende Kraft für die, die die große Gabe nehmen, so wie sie ist.
Ein Zeugnis für einen bald nach dieser Tagung abgehaltenen Vortrag in Freudenstadt findet sich in Form einer Eintrittskarte, die Anfang 2017 auf Ebay zum Verkauf angeboten wurde (Abb. 14a).

Abb. 14a: Vortrag in Freudenstadt am 25. September 1937 von Rechtsanwalt Erich Siegel - "Lebensgestaltung des Volkes nach Deutscher Gotterkenntnis"
Der darin erwähnte Vortragende, Rechtsanwalt Erich Siegel aus Geißlingen, hatte schon am 1. Februar 1935 einen Vortrag mit dem Titel "Rasseerwachen und Deutsche Gotterkenntnis" in Bremen "in der Union" gehalten. Er war veranstaltet worden von der Ludendorff-Buchhandlung in Bremen. Am 13. September 1935 hatte er dort "im Casino" einen Vortrag zum Thema gehalten "Was setzt Ludendorff an die Stelle des artfremden Christentums?" (s. Fritz Peters "Bremen 1933 bis 1945 - Eine Chronik. Dogma 2012, S. 72, 86, s. Google Bücher). Siegel war spätestens seit 1934 ein Autor des Ludendorff-Verlages. Der in der Eintrittskarte (Abb. 14a) angegebene "Sternensaal" in Freudenstadt hatte 300 Plätze (KinoWiki).

Ob nun die beiden Abbildungen 13 und 14 - Mathilde Ludendorff und Erich Ludendorff - mit Blumenstrauß in der Hand -  vor ihrer Wohnungstür in Tutzing (I, Abb. 13, sowie VIII, Abb. 14) Ende Juli, Anfang August 1937 oder am 3. Oktober 1937 entstanden sind, muss einstweilen offen bleiben. (Mathilde Ludendorf bezeichnete sich am 3. Oktober 1937 als übernächtigt, da die todbringende Krankheit Erich Ludendorffs schon zwei Tage zuvor sich angekündigt hatte, vielleicht findet sich das auf Abbildung 14 wieder.)

3. Oktober 1937 - Die Feier des 60. Geburtstages Mathilde Ludendorffs

Die Fotografien Erich Ludendorffs auf der Gartenterrasse des Hauses in Tutzing werden entstanden sein am 3. Oktober 1937, als der 60. Geburtstag Mathilde Ludendorffs daselbst gefeiert wurde und als Erich Ludendorff dazu eine Ansprache hielt. Zu diesem Tag ist hier auf dem Blog schon ein Beitrag erschienen (8) und wird zeitgleich noch ein weiterer erscheinen (9). Es fällt auf, dass im Konvolut aus diesem Anlass keine Fotografie von Mathilde Ludendorff enthalten ist, obwohl doch sie die Gefeierte war.

Abb. 15: Erich Ludendorff mit Stiefsohn (Hanno oder Asko von Kemnitz) und einem älteren Herren
Auf Abbildung 15 ist Erich Ludendorff zu sehen mit einem der Söhne Mathilde Ludendorffs (wohl Hanno von Kemnitz) und einem älteren Herren, der ihn womöglich zu sprechen wünschte (III).

Abb. 16: Erich Ludendorff, offenbar im Gespräch mit einem seiner beiden Stiefsöhne
Erich Ludendorff im Gespräch mit einem Mann auf der Gartenterrasse seines Hauses, wohl ebenfalls Hanno von Kemnitz (I, Abb. 16). Dann folgen vier Photographien von einer Ansprache Erich Ludendorffs. Es ist nahe liegend, dass sie alle vier bei gleicher Gelegenheit entstanden sind (Abb. 17 - 20) (IVIII).

Abb. 17: Erich Ludendorff spricht (auf der Gartenterrasse seines Hauses in Tutzing)

Abb. 18: Erich Ludendorff spricht (auf der Gartenterrasse seines Hauses in Tutzing) 


Abb. 19: Erich Ludendorff spricht (auf der Gartenterrasse seines Hauses in Tutzing)


Abb. 20: Erich Ludendorff spricht (auf der Gartenterrasse seines Hauses in Tutzing) 
Eine bekanntere Photographie, die - so die Angabe - entstanden ist, als Ludendorff in seiner Ansprache die Worte sagte "Ich stelle fest, der 'Osservatore Romano', das Blatt des Papstes, lügt!" befindet sich auch in der Sammlung (III, IV), braucht aber hier nicht eingestellt zu werden.

Abb. 25: Erich Ludendorff, wohl zusammen mit seiner Tochter Ingeborg und mit Mathilde Ludendorff
Es findet sich dann noch eine Photographie, die aus weiterer Entfernung gemacht worden ist und offenbar Erich Ludendorff bei einem Spaziergang zeigt, begleitet links und rechts von je einer Dame, wahrscheinlich seine Stieftochter Ingeborg und ihre Mutter Mathilde Ludendorff (5, Abb. 25). Außerdem findet sich noch eine weitere Porträtaufnahme Erich Ludendorff in der Sammlung (VI), sowie ein schon bekanntes von Erich und Mathilde Ludendorff in München, das wohl eines der letzten Lebendfotos von Erich Ludendorff war (IV). Außerdem findet sich eine Photographie von der Aufbahrung des Sarges Ludendorffs im Dezember 1937 (0).

Es wäre gut, wenn sich Leser melden würden, die etwas über den Entstehungsort und die Entstehungszeit vieler hier eingestellter Fotografien sagen können. - Abschließend seien noch Abbildungen der Hefte eingestellt, in denen die Vorträge dieser Tagungen veröffentlicht wurden.

Veröffentlichung der Tagungsbeiträge von 1937

Abb. 26: Mathilde Ludendorff - "Unsere Kinder in Gefahr" - Vorträge der Erziehertagung, Ende Juli 1937
Es wäre interessant zu erfahren, in welcher Stückzahl die "Richtlinien" (für Redner) erschienen sind.

Abb. 28: Mathilde Ludendorff - "Richtlinien - gegeben auf der Tagung in Tutzing 1937" (für Redner)
Sie sind offensichtlich nicht für den allgemeinen Buchhandel erschienen und tauchen deshalb auch nur ganz vereinzelt einmal im Antiquariatsbuchhandel auf. In deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken sind sie gar nicht vorhanden. Sie wurden bis heute unter den Rednern selbst weitergegeben, hatten also bis heute fast den Status einer "Geheimschrift".

Abb. 27: "Höhenwege und Abgründe" - Zwei Vorträge Mathilde Ludendorffs (1937)

Nur die letzten beiden - beispielhaften, einführenden - Vorträge der Redner-Tagung erschienen noch im gleichen Jahr in einer Schrift, betitelt "Höhenwege und Abgründe".
___________________________________
  1. auf Weitze.net; die damaligen URL's: 0IIIIIIIVVVIVIIVIIIIXX
  2. Ludendorff, Erich: Tutzinger Tagungen für Deutsche Gotterkenntnis. In: Quell - Ludendorffs Halbmonatsschrift, Folge 10, 20.8.1937, S. 383-389 
  3. Hoyer, Richard: Frau Dr. Mathilde Ludendorff als Rednerin. In: Quell - Ludendorffs Halbmonatsschrift, Folge 13, 5.10.1937, S. 505 - 508
  4. Ludendorff, Mathilde: Unsere Kinder in Gefahr. 6 Vorträge, gehalten auf der Erziehertagung in Tutzing, 28. bis 30. Heuerts 1937. Ludendorffs Verlag, München 1937 (Scribd); 1938 (13. - 17. Tsd.)
  5. Ludendorff, Mathilde: Richtlinien gegeben auf der Tagung in Tutzing vom 2. bis 10. Ernting 1937. ohne Verlag, 1937. Einband: Leinen. Beschreibung: Maschineschrift, Großf..; auch unter dem Titel "Richtlinien für die Redner" in gelben Papierumschlag [als Schreibmaschinen-Manuskript in Antiqua] (100 S.)
  6. Ludendorff, Mathilde: Höhenwege und Abgründe. Zwei Einführungsvorträge in Deutsche Gotterkenntnis, gehalten auf der Tagung in Tutzing vom 2. - 5. Erntings 1937. Ludendorffs Verlag, München 1937; 1938 (11. - 15. Tsd.) 
  7. Ludendorff, Mathilde: Vorträge zur Hochschulwoche 1955 für Gotterkenntnis (L). Verlag Hohe Warte, Pähl 1955 (123 S.)
  8. Bading, Ingo: "Ein Jahrhundert nach meinem Tode ..." Das "Vermächtnis" Mathilde Ludendorffs (1937 / 1966). Studiengruppe Naturalismus, 9. Dezember 2012, http://studiengruppe.blogspot.de/2012/12/ein-jahrhundert-nach-meinem-tode.html
  9. Bading, Ingo: Die letzte Ansprache Erich Ludendorffs am 3. Oktober 1937. Studiengruppe "Naturwissenschaftsnahes Philosophieren seit 1900", 7. Mai 2016, http://studiengruppe.blogspot.de/2016/05/die-letzte-ansprache-erich-ludendorffs.html
  10. Siegel, Erich (Rechtsanwalt): Die deutsche Frau im Rasseerwachen.  Ihre Stellung im Recht und ihre Aufgabe im Staat. Ludendorffs-Verlag, München 1934 [Heft 1 der 1.Schriftenreihe]
  11. Siegel, Erich (Rechtsanwalt): Die rechtliche Stellung des unehelichen Kindes und seiner Eltern. Ludendorffs-Verlag, München 1935 [7. und 8. Heft der 2. Schriftenreihe]
  12. Siegel, Erich: Zehn Jahre Ringen - Zum Geburttag des Feldherrn.

Sonntag, 1. Mai 2016

"Aus weiter Ferne komm ich her ..."

Aus weiter Ferne komm ich her ...
Aus weiter Ferne komm ich her,
ich bring euch gute, neue Mär,
der guten Mär bring ich so viel,
davon ich singen und sagen will. 
Ich weiß im Walde einen Baum, 
man sieht die höchsten Zweige kaum. 
Am Fuße spinnen Nornen still 
Und jede etwas sagen will.
Die erste Norne nennt sich Skuld, 
sie sitzt am Brunnen, der voll Schuld, 
denn Schlagen wimmeln ohne Zahl 
in diesem Bronnen überall.
Werdandi heißt die zweite Norn, 
sie hütet fein den reinen Born 
der Wissen schenkt und weise macht, 
trinkt man aus ihm in stiller Nacht.
Die dritte Norn Frau Urda heißt, 
mit goldnem Seil den Weg sie weist 
zum heiligsten der  Bronnen hin, 
auf dem zwei Schwäne Kreise ziehn.
Drei Wurzeln tragen stolz den Baum, 
sie ragen in den Weltenraum. 
Die eine führt nach Nebelheim 
Und trägt in sich den Todeskeim.
Denn hört, der Neidwurm Niedertracht 
Benaget sie bei Tag und Nacht, 
gefährdet so durch Zeit und Raum 
den allerschönsten, hohen Baum.
Die zweite Wurzel führet weit 
Ins Riesenheim für alle Zeit. 
Sie stützt den Baum mit starker Kraft, 
ein Bronnen ihr Erquickung schafft.
Die dritte Wurzel führt dorthin 
Wo Götter nach Walhalla ziehn. 
Sie führt hinweg von Raum und Zeit 
Und endet in der Ewigkeit.
Zu Ende ist nun meine Mär,
ich weiß vom Baum nichts Neues mehr,
... 
                                    Herta Fritzsche 

Die Autorin der Ludendorff-Bewegung Herta Fritzsche und ihre Familie

Der Wortlaut dieses Gedichtes wird gesungen nach der Melodie "Vom Himmel hoch, da komm ich her". Dies ist ein Weihnachtslied, das Martin Luther 1535 gedichtet hat. Es wird vermutet, daß er es für seine Kinder dichtete (Wiki). Die angeführte Neudichtung dieses alten Liedes stammt von Herta Fritzsche (1904-1962). Von ihr und ihrer Familie soll der folgende Blogartikel handeln.

Abb. 1: Deutsche Weihnacht - Grafik von Erwin Klein (Osnabrück) (ohne Jahr)
Der Dissener Kinderchor singt Lieder zur Wintersonnenwende - Langspielplatte

Das zitierte Lied ist auch enthalten auf einer Langspielplatte (1) aus den 1980er Jahren, in der es von einem Kinderchor gesungen wird. Mit vielen anderen nichtchristlichen Weihnachtsliedern. Der Text des Liedes ist abgedruckt auf der inneren Umschlagseite  des Albums dieser Schallplatte. Und wer diese Schallplatte von Kindheit an kannte und sie jeweils in der Weihnachtszeit auf dem Wohnzimmertisch liegen sah, für den haben sich ihr Umschlagbild und der angeführte Liedtext eng zu einer gefühlsmäßigen Einheit miteinander verflochten. Beide sprechen das Gemüt an, insbesondere von Kindern. Das Umschlagbild stellt jenen Weltenbaum dar, der im Lied besungen wird, das Bild wird also durch das Lied gut erläutert. Es stellt dar seine drei Wurzeln, an denen drei Brunnen entspringen, an denen drei Nornen sitzen (Abb. 1)*)**).

Unter vielen Nichtchristen ist es schon seit langem üblich geworden, unter dem Weihnachtsbaum einen solchen Brunnen zu gestalten. Etwa, indem man einen runden Spiegel außen mit Rinde und Moos umgibt und auf diesen zwei Schwäne setzt. Das Lied bringt den in der vorchristlichen, skandinavischen Edda-Dichtung enthaltenen heidnisch-germanischen Mythos von der Weltenesche in ein eindrucksvolles, fassliches Gedicht. Noch heute wird ein Auszug desselben auf entsprechenden Internetseiten angeführt (s. z.B. Baldur).

Das Gotterleben der Menschenseele

Die Nachdichtung im Gedicht ist deutlich geleitet von der Deutung, die diesem "Welteneschen-Mythos" von Mathilde Ludendorff gegeben wird in der Einleitung ihres Buches "Des Menschen Seele" (14). Hier wird auf wenigen Seiten eine umfassende mythologische Deutung dieses vorchristlichen Mythos gegeben aus der Sicht ihrer Psychologie und Philosophie. Nach dieser Deutung ist die Weltenesche ein Sinnbild für Gotterleben der Menschenseele. Dieses Gotterleben wird von drei starken Wurzeln getragen. Es wird von drei Quellen, bzw. Brunnen befruchtet. Und zwar - in der Sprache der Philosophie von Mathilde Ludendorff: zum ersten von dem unvollkommenen Selbsterhaltungswillen, der aufgrund seiner Unvollkommenheit auch so menschliche Eigenschaften wie Neid und Niedertracht mit sich bringt, Eigenschaften, die das Gotterleben des Menschen auf das Schwerste gefährden, die das Überleben dieses ansonsten starken Baumes bis zum Äußersten erschüttern können.

Zum zweiten von dem Erkenntnis- und Wahrheitsstreben der menschlichen Vernunft, also der "reine Born, der Wissen schenkt und weise macht". Und zum dritten vom Gotterleben des gottahnenden Ichs der Menschenlebens selbst, dem "heiligsten der Bronnen", "auf dem zwei Schwäne Kreise ziehen". Nämlich ein weißer und ein schwarzer, Zeichen für Leben und Sterblichkeit der Menschenseele. (Vorbehaltlich sei festgehalten, dass nach dieser philosophischen Deutung natürlich der Walhalla-Jenseits-Glaube der Germanen als ein Irrtum bezeichnet wird.)

Wer nun war diese Herta Fritzsche?

"An Herta Fritzsche kann ich mich noch gut erinnern: eine vornehme, edle Erscheinung. Ihren Vorträgen mit ihren Märchenbetrachtungen wurde mit Spannung zugehört."

So die Erinnerungen einer Zeitzeugin, die wir zu ihr befragt haben. Schon vor Jahren hat diese Frau Herta Fritzsche durch einen Zufallsfund die Aufmerksamkeit der Historiker auf sich gezogen. Und zwar jener Historiker, die sich mit der Geschichte der Ludendorff-Bewegung beschäftigen (2, 3). Nachdem uns die Gedenkrede auf den Tod ihres Ehemannes Curt Fritzsche (1888-1965) in die Hände gefallen ist (4, 5), soll im folgenden versucht werden, ein umfassenderes Bild vom Leben des Ehepaares Fritzsche zu geben. Wie immer sind künftig auch Ergänzungen vorgesehen und erwünscht.

Beide Eheleute stammten aus Leipzig und haben sich dort kennengelernt. Als sie im Jahr 1925 heirateten, war Carl Fritzsche 37 Jahre alt, Herta Fritysche, geborene Cyriacus, 21 Jahre alt. Der Mann war während des Ersten Weltkrieges Aufklärungsflieger gewesen und hatte als solcher viele Orden erhalten. Ihm waren, wie wir noch hören werden, die Erinnerungen an diese Kriegserlebnisse wichtig. Im Zivilberuf war er Jurist (4):

Dieser überaus glücklichen Ehe entsprangen drei Töchter: Gertrude, Waltraud und Adelheid.

Gertrude wurde 1927 geboren, Waltraud 1930 und Adelheid nach 1935. 1931 stieß das Ehepaar zur Ludendorff-Bewegung. Und etwa 1933 ist es aus der Kirche ausgetreten (4). Herta Fritzsche wurde "ständige Mitarbeiterin" der Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung, sicherlich des "Quell" (2).

März 1935 - "Es ist herrlich, mit all den gleichgesinnten Menschen zusammen arbeiten zu können"

Einen Eindruck von den Gefühlslagen, mit der die 31-jährige Mutter Herta Fritzsche im März 1935 in der Ludendorff-Bewegung mitgearbeitet hat, gibt ein Brief, den sie in diesem Monat an ihre ehemalige Klassenlehrerin, eine Dr. Johanna Winkler (1877-1964), geschrieben hat, und dem - nach seinem Wortlaut - schon Briefe vorausgegangen waren. Dieser Brief wurde 1991 sondererbarerweise "zufällig" in einem Container der Leipziger Müllabfuhr gefunden (2, 3). Und er gab Anlass zu einer Veröffentlichung in einem "Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte" im Jahr 1997 (2, 3). Über diesen Brief wurde dann 2013 in einer Doktorarbeit berichtet (3, S. 307):

Das Credo der Anhängerinnen und Anhänger der Deutschen Gotterkenntnis fasste die spätere Kinder- und Jugendbuchautorin Herta Fritzsche 1935 in einem Brief an ihre ehemalige Klassenlehrerin folgendermaßen zusammen, in dem sie sich als "Neuheidin" und "Anhängerin der Ludendorffbewegung" präsentierte: "(...), wir sind innerlich alle miteinander fest verbunden, ohne Eide, ohne Kirche, ohne Zeremonie, allein durch die Allgewalt der Idee und des Glaubens, der uns im Blute liegt und der mit uns geboren wird."

Im weitgehend vollständigen Wortlaut handelt es sich um folgenden Brief (2):

Leipzig, am 18. Lenzing 1935
Sehr geehrtes, liebes Fräulein Doktor Winkler!
Ich habe mich so sehr über Ihren Brief gefreut, weil Sie schrieben, dass meine Zeilen Ihnen in einer mutlosen Stunde trostreich waren. Ich kann Ihnen nur immer wieder versichern, dass Ihre Stunden für mich außerordentlich wertvoll waren. Ich erlebte förmlich all die herrlichen deutschen Sagen, die Sie uns nahe brachten; wenn Sie von Runen sprachen gleich raunen, dann war ich z. B. nicht mehr in der Klasse 1b oder 2a, sondern im deutschen Wald, und damals schon brannte in mir der Wunsch, mich mit Edda, Runen und Sagen näher beschäftigen zu können. All die heldischen Gestalten der alten Mären begeisterten mich wild, ich wurde von mancher Klassenkameradin mitleidig angesehen: das Kind liest noch Märchen, hieß es dann und doch war das "Kind" damals innerlich schon viel reifer als die Spötter. Meine Vorliebe für altdeutsche Literatur war keine Jungmädchenschwärmerei. Als ich heiratete, hatte ich genügend Zeit, mich mit meiner Liebhaberei zu beschäftigen. Zunächst kam die Edda an die Reihe. Zunächst die Simrocksche Ausgabe, dann die von Gorsleben, zum Schluss teilweise die Übersetzung von Genzmer. Die letzte sagte mir in ihren Versen aber nicht so zu. Dann erwischte ich Bücher über Runenkunde, das war zum Teil ein entsetzlich okkulter Blödsinn, ein Körnchen Wahrheit steckt ja aber .... (...) ... mich mit der Bedeutung einzelner Runen beschäftigte, kamen mir die Kenntnisse von der deutschen und der germanischen Lautverschiebung sehr zu gute, die wir von Ihnen in der 1. Klasse erhielten!
- Am Umbruch der Zeit nahm ich natürlich ebenfalls regen Anteil, die brennenden Religionsfragen veranlassten mich, mich einmal eingehend mit der Christenlehre zu beschäftigen, was ich bis dahin noch nicht getan hatte. Der Erfolg war, dass ich mich von der Christenlehre innerlich und äußerlich lossagte, denn ich konnte nicht glauben, was ich da glauben sollte und meine Auffassungen von Moral und Sitte waren ganz andere als die, die das Christentum lehrt.
Ich weiß nicht, wie Sie über mein Antichristentum denken werden, denn ich erinnere mich, dass Sie anlässlich einer Klassenweihnachtsfeier die ganze Weihnachtsgeschichte auswendig hersagten, und Sie erstaunt waren, dass keine von uns das konnte. Jetzt bin ich Neuheidin und Anhängerin der Ludendorffbewegung, seit vier Jahren. Im Anfang gab es ja manche düstere Stunde, denn Heide sein war gleichbedeutend mit gottlos sein. Nur schwer konnte man die Schmäher überzeugen, dass gerade das Gegenteil der Fall war: dass das christliche Gottempfinden unser Gottempfinden nicht befriedigte. Heute ist unsere einst kleine Schar schon mächtig angeschwollen. Das Heft, das ich Ihnen schickte, wird von unserer Geistesrichtung herausgegeben, ich bin ständige Mitarbeiterin. Es ist herrlich, mit all den gleichgesinnten Menschen zusammen arbeiten zu können, wir sind innerlich alle miteinander fest verbunden, ohne Eide, ohne Kirche, ohne Zeremonie, allein durch die Allgewalt der Idee und des Glaubens, der uns im Blute liegt und der mit uns geboren wird.
Über all dem habe ich noch garnicht von meinen beiden süßen Mädelchen erzählt. Meine Große ist acht Jahre alt, die Kleine fünf. Beide haben die Vorliebe für Märchen von ihrer Mutter geerbt, ich kann ihnen garnicht oft genug erzählen, alle hören sie gern, die alten lieben Volksmärchen und auch die selbst erdachten. Die Große heult immer an den tragischen ....

Abb. 2: Kinderbuch von H. Fritzsche

Herta Fritzsche veröffentlichte in den 1940er und 1950er Jahren mehrere Kinder- und Jugendbücher, über die hier noch einmal genauer referiert werden sollte. Sie erschienen zumeist im Verlag Bischof & Klein in Lengerich/Westfalen (s. Karlsruher Virtueller Katalog), dessen Verlagsleiter Hans Klein ebenfalls Anhänger der Philosophie von Mathilde Ludendorff war (9).

Ein Familienschicksal in Kriegs- und Nachkriegszeit

Der Ehemann wurde 1939 wieder zum Kriegsdienst eingezogen, wieder zu Luftwaffe, versah aber aufgrund seines Alters vornehmlich Stabsdienste. In der Grabrede auf ihn heißt es (3):

Ende des 2. Weltkrieges geriet er in englische Gefangenschaft, aus der er sich dann nach Westdeutschland entlassen ließ. In Lengerich fand er eine neue Heimat, wohin dann auch später seine Familie nachkam. Viele von Ihnen wissen, dass das Ehepaar Fritzsche nach einem wechselvollen und besonders nach dem Kriege sehr entbehrungsreichen Leben mit all seinen Höhen und Tiefen sich wieder neu finden musste und dass es in den Nachkriegsjahren für sie sehr schwer und opferreich war, wieder festen Fuß zu fassen und bestehen zu können. In diesen ersten Nachkriegsjahren, ohne einen festen und dauerhaften Beruf, ohne festes Einkommen und einen leeren Tisch für die Familie, - damals reifte auch in den Töchtern der Entschluss, statt steter Arbeitslosigkeit und Unsicherheit (...) lieber ins Ausland zu gehen.

Es war das für die Eltern sicher ein schweres Geschehen, ihre Kinder nach Amerika gehen zu sehen. Der Großvater des Autors dieser Zeilen - ebenfalls Flüchtling aus der Sowjetzone - erlebte dasselbe auch mit zwei seiner Töchter. Er freute sich aber in den ärmlichen 1950er Jahren, dass es seine Töchter dort besser hatten, als wenn sie in Deutschland geblieben wären. So vielleicht auch das Ehepaar Fritzsche.

Abb. 3: Vortrag von H. Fritzsche (1958)

Aufmerksamkeit erregt auch die Formulierung, dass sich das Ehepaar nach dem Krieg "neu finden musste". Auf die Thematik der über viele Kriegs- und Nachkriegsjahre getrennten Familien ist die Zeitgeschichtsforschung ja erst in den letzten Jahren aufmerksam geworden. Es trat aber noch ein weiterer Schicksalsschlag dazu. Über die zweite, damals 22-jährige Tochter wird berichtet (4):

Einem tragischen Tod fiel Waltraud im Jahre 1952 zum Opfer.

Ihre Urne wurde 1953 auf der Ahnenstätte Seelenfeld bestattet. Die Ludendorff-Bewegung hatte mehrere "Ahnenstätten" begründet, da es in jenen Jahren nicht immer gewährleistet war, dass man als Nichtchrist auf christlichen Friedhöfen begraben werden konnte. Einige dieser Ahnenstätten existieren noch heute, so auch die in Seelenfeld. In der Grabrede auf Carl Fritzsche heißt es (4):

Wir werden nie die innigen Worten vergessen, die beide Eltern für ihre so hart im Leben getroffene Tochter fanden und die uns damals in tiefstem Mitgefühl zu Herzen gingen.

1955 wanderte - wie es schon anklang - die erste der beiden anderen Töchter nach Kanada aus (mehr zu ihr siehe unten). 

"Die Kinderseele - ein Kleinod der Schöpfung"

Herta Fritzsche war nach 1945 soweit übersehbar ähnlich innerhalb der Ludendorff-Bewegung tätig wie davor. Dabei lebte und wirkte sie - soweit übersehbar - vor allem aus dem Umgang mit Kindern heraus und für diesen. All dies sollte noch einmal gründlicher aufgearbeitet werden. Im folgenden nur einige erste Zufallsfunde. Die Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung "Der Quell" berichtete 1955 wohl über die Jugendzeitschrift "Das Füllhorn" (S. 671):

Für die Kleinen bringt Herta Fritzsche das Märchen von Goldruns Spindel.

1958 berichtet dieselbe Zeitschrift (S. 460):

Der Verlag "Hohe Warte" hat durch Frau Hermi Heitmanns Märchenbuch "Deutsche Volksmärchen, ihr Widerhall in der Kinderseele, ihre Sinnbilder und eine Deutung" eine nachhaltige Anregung gegeben. Das wurde erkennbar, als Frau Herta Fritzsche/Lengerich auf der Grundlage von Frau Heitmanns Buch im Holstenlande in diesem Jahre ihren Märchenvor....

(Nur als Google-Bücher-Ausschnitt zitiert, sollte noch vervollständig werden.) (Hermi Heitmann könnte Hermi Kettler sein, von der gleich noch mehr die Rede ist.) Im gleichen Jahrgang wird angekündigt der Vortrag (S. 960):

Frau Herta Fritzsche "Ahnenweisheit in unseren Volksmärchen und ihre Bedeutung für die heutige Zeit".

Am 18. Januar 1959 hat Herta Fritzsche im Rahmen der Ludendorff-Bewegung auch einen Vortrag gehalten über "Die Kindesseele - ein Kleinod der Schöpfung" (lt. Zeitschrift "Der Quell", 1959, S. 48).

Um 1960 - "Gottahnen und Gotterkennen in unserem Volke"

Innerhalb des "Bundes für Gotterkenntnis (Ludendorff)" gab es damals mehrere "Arbeitsgemeinschaften", so eine für "Wirtschaftsfragen", eine für "Wehrfragen" und auch eine für "Lebenskunde". Letztere förderte den Lebenskunde-Unterricht der Kinder in vielen Städten nach Feierabend oder an den Wochenenden, bzw. auf zweiwöchigen Ferienlagern im Sommer. Auch in der letzteren Arbeitsgemeinschaft arbeitete Herta Fritzsche mit.

Vom 31.3. bis 3.4.1959 veranstaltete diese Arbeitsgemeinschaft in Tutzing eine Erziehertagung. Auf dieser hielt Herta Fritzsche (laut Mitteilungsblatt dieser Arbeitsgemeinschaft von April 1959) einen Vortrag über die sogenannte "Ura-Linda-Chronik". Diese Ura-Linda-Chronik liest sich zwar für manche sehr eingängig. Sie wird von der Forschung aber bis heute - und wohl auch mit viel Recht - als eine Fälschung angesehen. Was bis heute einige wenige Ludendorff-Anhänger nicht davon abhält, sie als eine historische Original-Urkunde zur vorchristlichen germanischen Religionsgeschichte zu erachten. (Zuletzt der Inhaber des Lühe-Verlages Harm Menkens in einer Veröffentlichung.) In ihrer Schrift "Gottahnen und Gotterkennen in unserem Volke", die vermutlich zu ähnlicher Zeit erschienen ist, spielt die Ura-Linda-Chronik auf den ersten Seiten ebenfalls eine große Rolle. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass diese Schrift nicht im Verlag Hohe Warte, sondern im Selbstverlag erschienen ist. (Darüber, welche Meinung Mathilde Ludendorff zur Ura-Linda-Chronik hatte, ist dem Autor dieser Zeilen einstweilen nichts bekannt.) In dieser Schrift schreibt Herta Fritzsche (S. 4):

Der Ober-Bibliothekar Dr. Douma in Leeuwarden, Holland, in dessen sich alles Schrifttum über die Chronik befindet, teilte mir persönlich mit, dass bisher wohl noch nicht der lückenlose Beweis der Echtheit der alten Chronik erbracht werden konnte, aber auch ebenso wenig der lückenlose Beweis einer Fälschung! Und darum nehme ich für mich das Recht in Anspruch, die in der Chronik mitgeteilten Mythen als ältestes schriftliches Zeugnis der Menschen unseres Blutes ohne Bedenken heranzuziehen.

Nun, dies "ohne Bedenken" zu tun, verbieten ja schon die Ausführungen, die sie zuvor getätigt hatte. Wie dem auch sei. In ihrer Schrift vergleicht sie den Schöpfungsmythos der Ura-Linda-Chronik mit dem Schöpfungsmythos und dem Mythos von der Weltenesche Yggdrasil in der Edda. Sie kommt auch auf den Kaiser Ludwig den Frommen zu sprechen. Über diesen heißt es auf Wikipedia (Wiki):

Ludwig dem Frommen wurde in der Neuzeit manchmal vorgeworfen, für den Untergang germanischer Überlieferungen verantwortlich zu sein.
Abb. 4: Herta Fritzsche - Ins Märchenland

Diesen Vorwurf hat auch Mathilde Ludendorff wiederholt in ihren Schriften gegen ihn erhoben. Ebenso tat dies Herta Fritzsche. Auf Wikipedia wird dazu als heutiger Forschungsstand mitgeteilt:

Solche Behauptungen entbehren aber jeder Quellengrundlage. Es gibt lediglich einen einzigen Satz bei dem Ludwig-Biografen Thegan, Gesta Hludowici, Kap. 19, wo es heißt: „Die heidnischen Lieder [oder: Gedichte], die er [Ludwig] in seiner Jugend gelernt hatte, verachtete er und wollte sie weder lesen noch hören noch lehren.“ Dabei ist nicht einmal sicher, ob Thegan germanische Heldenlieder gemeint hat, wie sie Karl der Große laut Einhards Vita Karoli Magni, Kap. 29, hatte sammeln lassen – die „heidnischen Gedichte“ könnten sich genauso gut auf antike lateinische Gedichte beziehen wie z. B. Vergils römisches Nationalepos Aeneis, das mit Sicherheit in Ludwigs Jugend in seinem Unterricht behandelt worden war (...). Vor allem aber spricht Thegan in der zitierten Stelle nur von Ludwigs persönlicher Geringschätzung dieser carmina („Lieder“ bzw. „Gedichte“, worum auch immer es sich dabei handelte); nirgends jedoch, auch nicht in anderen Quellen, ist die Rede von irgendwelchen Anweisungen Ludwigs zu deren Vernichtung. Ebenso wenig verbürgt ist freilich eine durch Ludwig durchgeführte Sammlung und Sicherung germanischer Überlieferungen (wie bei seinem Vater Karl), da Ludwig der Fromme unbestritten in der „Verchristlichung“ des Frankenreiches eine seiner wichtigsten Aufgaben sah.

Also wird man weiterhin fragen dürfen, warum die von Karl dem Großen gesammelten germanischen Heldenlieder dann nicht bis auf unsere Zeit überliefert worden sind. Herta Fritzsche jedenfalls schrieb um 1960 in ihrer Schrift:

Als ich in Frankfurt a. M. im Januar 1959 im Kaisersaal das Bild Ludwigs des Frommen an der Wand hängen sah, betrachtete ich es lange Zeit und sagte dann: "So sah er also aus, der all das wertvolle Schriftgut unserer Ahnen verbrennen ließ!"

Einem besonders langen Betrachten eines solchen Gemäldes hätte man allerdings keineswegs so viel Bedeutung zusprechen müssen wie sie es hier tut, handelt es sich doch um keine historische Abbildung, sondern um ein Phantasie-Gemälde, das um 1840 herum von dem Maler Jakob Jung geschaffen wurde (s. Bildindex). Von Ludwig dem Frommen gibt es höchstens eine "idealisierte" zeitgenössische Darstellung (s. Wiki). Man kann sich bei diesen Dingen dem Eindruck einer gewissen gar zu großen Naivität und Gutgläubigkeit auf Seiten von Herta Fritzsche nicht ganz entziehen. Sei dem aber nun wie ihm wolle. Weiter berichtet sie:

Der junge Student, der im Saale die Bilder der Kaiser und Könige erklärte, erwiderte lächelnd: "Manche Germanisten sind Ludwig dem Frommen sehr dankbar, dass er es tat, denn nun brauchen sie nicht soviel davon zu lernen." Ich konnte darauf nur antworten: "Es gibt aber auch viele Deutsche, die ihm sehr gram sind um diese Tat!"

In ihrer Schrift kommt Herta Fritzsche abschließend auf die Philosophie von Mathilde Ludendorff zu sprechen und sagt:

Noch niemals wurden die Fragen um Gott und seine Schöpfung so überzeugend beantwortet wie es in der gewaltigen Schau der Philosophin geschehen ist.

1959 - Als Lagerleiterin

Abb. 5: Tochter Gertrude heiratet

Im Sommer 1959 war Herta Fritzsche auch als Lagerleiterin eines Lagers in Mönchröden bei Coburg tätig. Da sie an der anschließenden Erziehertagung Anfang Oktober in Syke bei Bremen nicht teilnehmen konnte, wurde dort ihr "Lagerbericht" verlesen. Und die Organisatorin der Ferienlager, Frau Hermi Kettler, sagte dann in der allgemeinen Aussprache über die Lager (10):

Die Lager müssen von einer Zentrale (Frau Kettler) aus belegt werden. Der einzelne Lagerleiter kann nur vorverhandeln. Der Fall "Mönchröden" zeigt, welche Schwierigkeit entsteht, wenn ein Leiter ohne Frau Kettlers Einverständnis handelt.

Hier hatte es also offenbar eine "Eigenmächtigkeit" gegeben. Im Zusammenhang mit der Planung für die Lager im Folgejahr heißt es (10):

Das Lager "Mönchröden" steht nur im September zur Verfügung. Diese Zeit ist für uns ungünstig. Frau Kettler will durch Herrn Kopp anfragen lassen, ob wir dort im Juli belegen können. Bei Absage verzichten wir für 1960 bedauernd auf Mönchröden. Für Juli 1961 könnte vielleicht belegt werden, um nicht die Beziehungen zu diesem Heim ganz abzubrechen.

(Der bayerische Lehrer Hans Kopp wurde zu jener Zeit Leiter der "Arbeitsgemeinschaft für Lebenskunde", nachdem der holsteinische Lehrer Dr. Werner Preisinger aus dieser Leitung ausgeschieden war.)

"Hunderte von Freunden" bei der Urnenbeisetzung

Drei Jahre später schon starb Herta Fritzsche sehr plötzlich mit 57 Jahren an einem Gehirntumor. In der Grabrede auf ihren Mann heißt es (4):

Ihre Urne haben wir unter großer Beteiligung von hunderten von Freunden aus dem ganzen Bundesgebiet beigesetzt (...), wobei noch ihr Gatte selbst die Gedenkrede hielt.

Einiges über den Ehemann Curt Fritzsche

Abschließend noch einiges zum Leben ihres Ehemannes Curt Fritzsche. Er wurde 1888 in Leipzig geboren. Er hatte drei Brüder und hat Jura in Leipzig und Dresden studiert. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, war er 26 Jahre alt. Anlässlich seiner Beisetzung wurde 1965 gesagt (5):

Er meldete sich freiwillig zur Luftwaffe, wo er als Oberleutnant an mehreren Kriegsschauplätzen tapfer und sehr erfolgreich gekämpft hat und schon 1915 als einer der ersten Flugzeug-Aufklärer galt. (...) Oft hat er uns von diesen Zeiten und von seinen vielen Erlebnissen erzählt und leuchtenden Auges auch von seinen Erfolgen, vor allem im 1. Weltkriege. Er war noch die alte Generation, deren vorbildliche Eigenschaften in Liebe zu Volk und Heimat, in Treue, Zuverlässigkeit und Pflichterfüllung bis zum letzten gipfelten. (...)
Er gehörte zu den wenigen und seltenen Offizieren, die ihrem Feldherrn des 1. Weltkrieges, Erich Ludendorff (...), auf seinen neuen und revolutionären Erkenntniswegen treue Gefolgschaft leisteten und mit einer Unbedingtheit, die nichts gemein hat mit blindem Gehorsam, sondern einer wohlerzogenen, zum Erkennen gereiften heiligen Überzeugung entspringt. (...) Diesem völkischen Freiheitskampf für Recht und Wahrheit (...) blieb unser Freund mit jugendlicher Begeisterung treu bis zum letzten Atemzuge. (...)
Wenn er uns von seinen Taten und Erfolgen erzählte, war immer eine gewisse Bescheidenheit dabei. Er übertrieb nie und ließ auch die Leistungen anderer gelten, konnte aber seine Begeisterung für Mut und Tapferkeit nicht verhehlen. Mit besonderem Stolz erwähnte er dann wohl auch einmal seine Orden, die ihm für bewiesene Treue und Tapferkeit verliehen wurden und die auch heute hier nicht fehlen sollen, wie es sein ausdrücklicher Wunsch war.

Weiter heißt es über Curt Fritzsche (4):

Unübertrefflich war sein Familiensinn. Seine Liebe galt immer seiner Sippe, den Kindern und seinem deutschen Vaterlande.

Und (4): 

Im 2. Weltkrieg meldete er sich wieder zur Luftwaffe, war als Beobachter bei den Aufklärern zunächst in Rußland stationiert, kam aber dann später zur Nachtjagdfliegerei und befand sich lange Zeit bei der Feldfliegerabteilung 300 in Holland, wo er seines Alters wegen zwar nicht mehr fliegen durfte, dafür aber als Major beim Stabe seinen Dienst versah.

Nach dem Tod seiner Frau konnte er seine beiden Töchter 1963 noch einmal in Amerika besuchen. In der Grabrede auf ihn heißt es (4):

Es waren für ihn die schönsten Tage seines Alters, so hat er uns oft berichtet, wenn er zu uns kam, seine vielen Photos zeigte und von seinen Erlebnissen sprach. Er gedachte dabei immer seiner dankbaren Kinder und Schwiegersöhne, die ihm dieses schöne Alterserlebnis noch hatten möglich gemacht.

Ein Jahr nach seiner Amerikareise starb auch Curt Fritzsche (4). Die Trauerfeier wurde von dem "Freundeskreis Minden", also den örtlichen Anhängern der Philosophie Mathilde Ludendorffs, im April 1965 in dem Dorf Seelenfeld in der Diele eines Bauern gehalten (4).

Die Kinder in Amerika

Über die beiden Töchter wurde in der Gedenkrede gesagt (4):

Gertrude Mensch, die älteste Tochter, lebt heute mit ihrem Mann und Tochter Ursula in Kanada; die jüngste Adelheid, gen. Heidi Botzke mit ihrem Mann in USA.

Gertrude Mensch wurde eine "renommierte Vertreterin ihrer Berufsgruppe", nämlich der Physiotherapeuten für Behinderte nach Aussage des Springer-Verlages (Springer), in dem noch 2013 eine Neuauflage eines ihrer diesbezüglichen Bücher erschien (13). Sie war mit ihrem Ehemann, dem Leipziger Gunter Mensch (1926-2011), 1955 nach Kanada ausgewandert (11). Aus ihrer Ehe ging die Tochter Ursula hervor. Gunter Mensch ging mit 35 Jahren noch einmal an die Universität und wurde Zahnarzt. Später schrieb er den monatlichen Rundbrief des örtlichen Rotary-Clubs, dem er angehörte (11). Er starb 2011. (2013 wurde als Adresse angegeben: "Gertrude Mensch 94 Aldercrest Ave. Hamilton, Ontario L9B1L4 Canada".) (Von ihrer Schwester findet sich im Internet die Adressangabe: Adelheid E Botzke age: ~79 Related to: Heidi Botzke, 80. Lothar Botzke. Has lived in: Batavia, OH Maineville, OH Morrow, OH.)

Ob sich wohl bei einer dieser Töchter ein Nachlass ihrer Eltern erhalten hat? Und ob sich in diesem dann auch Briefwechsel mit anderen Ludendorff-Anhängern, bzw. mit Mathilde Ludendorff finden?


______________________________________________________

Abb. 6: Deutsche Weihnacht - Langspielplatte
*) Diese Schallplatte (1) ist zwar bei einem der größten und traditionsreichsten deutschen Schallplattenhersteller, Teldec, hergestellt worden, scheint aber dennoch sehr selten zu sein, denn lange konnte dieses Stück aus Kindertagen nicht wieder gefunden werden, bis wir - dankenswerter Weise - (im August 2016) durch einen freundlichen, 81-jährigen Leser eine Abbildung derselben zugeschickt erhalten haben (Abb. 1 und 6).
**) Ergänzung am 3.10.16: Nachdem gestern in einem Artikel in "Die Welt" etwas mißdeutend auf diesen Abschnitt des vorliegenden Blogartikels Bezug genommen wurde (s. Claudia Becker: Gerwald Claus-Brunner † - Eine Kindheit zwischen Schlägen und Verschwörungswahn. In: Die Welt, 02.10.2016, https://www.welt.de/vermischtes/article158505653/Eine-Kindheit-zwischen-Schlaegen-und-Verschwoerungswahn.html), sei zum Welteneschen-Mythos insgesamt noch auf den diesbezüglichen Wikipedia-Artikel verwiesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Yggdrasil. Dort heißt es, was auch Mathilde Ludendorff in ihrer philosophischen Deutung (14) wichtig ist: "Nach der Edda ist Yggdrasil der Thingplatz der Götter." 
- - - Exkurs: Übrigens heißt es auf diesem Wikipedia-Artikel auch: "In den schamanischen Kulturen des eurasischen Nordens finden sich ähnliche Vorstellungen des Weltenbaums, wie sie von Yggdrasil berichtet werden. Das Selbstopfer Odins an Yggdrasil, sein enger Bezug zur Ekstase und sein achtbeiniges Pferd Sleipnir sind Merkmale, die dem klassisch sibirischen Schamanismus sehr nahestehen." (Somit wird die Götterfigur Odin auch selbst aus diesem kulturellen Bereich stammen. Und damit wäre eine Frage geklärt, die einstmals vor allem von dem Religionshistoriker Bernhard Kummer aufgeworfen worden war, der der Ludendorff-Bewegung und Mathilde Ludendorff nahe gestanden hatte, und der die Ansicht vertreten hat, der Völkerwanderungsgott Wotan-Odin, sei ursprünglich kein typischer germanischer Gott gewesen. Siehe dazu seine Schrift von 1967: "Gott Odin, sein Chronist und sein Gefolge - Ein missionsgeschichtliches Problem und eine politische Gefahr". Diese wissenschaftlichen Ansichten wandten sich schon vor 1945 gegen die Odin-, bzw. Wotans-Verehrung innerhalb der SS und die damit verknüpfte Behauptung, schon die heidnischen Germanen hätten Männerbünde gekannt. Aber all das ist ein Thema, das in einen ganz anderen Fragenkreis gehört als in den hier im Blogartikel behandelten.)


___________________________________________________________
  1. Deutsche Weihnacht. Der Dissener Kinderchor unter Leitung von Gisela Kühl singt Lieder zur Wintersonnenwende. Langspielplatte. Zusammenstellung und Leitung: Gertrud Claus. Grafik von Erwin Klein (Osnabrück). Herausgegeben vom Verlag Walter Claus, Rothenfelde-Strang. Aufnahme und Herstellung: Teldec Schallplatten GmbH, ohne Jahr
  2. Graf, Gerhard (Hrsg.): Das Bekenntnis einer Neuheidin. Ein Brief aus der Ludendorffbewegung im Jahre 1935. In Herbergen der Christenheit. Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte 21/22 (1997/98), S. 267-269 (GB)
  3. Spilker, Annika: Geschlecht, Religion und völkischer Nationalismus. Die Ärztin und Antisemitin Mathilde von Kemnitz-Ludendorff (1877-1966). Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2013
  4. Tiemann, F. W.: Gedenkrede für den verstorbenen Syndikus a.D. Dr. jur. Curt Fritzsche am 25.4.1965 in Seelenfeld.
  5. Tiemann, F. W.: Trauerfeier und Urnenbeisetzung am 25.4.1965 in Seelenfeld für Dr. jur. Curt Fritzsche. (Bericht an die Kinder in den USA, 3 Seiten)
  6. Fritzsche, Herta: Ahnenweisheit in unseren Volksmärchen. Selbstverlag, Lengerich o.J. (24 S.)
  7. Fritzsche, Herta: Gottahnen und Gotterkennen in unserem Volke. im Selbstverlag der Verfasserin, Lengerich/Westf., Druck Hans Mihm, Kassel o.J. [zw. 1959 und 1962] (16 S.)
  8. Ins Märchenland - ein kleines Märchen für die Kleinen erzählt von Herta Fritzsche nach Bildern von Dorothea Müller. Verlag Bischof & Klein, Lengerich/Westfalen o.J. [nach 1945]
  9. Bading, Ingo: Hans Klein (1892-1962) - Ein Verleger in Lengerich/Westfalen.Studiengruppe Naturalismus, 2. Januar 2016, http://studiengruppe.blogspot.de/2016/01/eine-zeitgemaere-form-der-religiositat.html
  10. Paulitz, Frau: Niederschrift über die Tagung der Arbeitsgemeinschaft für Lebenskunde in Syke vom 9. bis 14. Oktober 1959 (27 Seiten)
  11. In Memory of Dr. Gunter Mensch April 20, 1926 - June 3, 2011. Orbituary (Dignitymemorial)
  12. Mensch, Gertrude; Ellis, Patricia M.: Physical Therapy Management of Lower Extremity Amputations. Lippincott Williams and Wilkins, 1986, 1987 (365 S.)
  13. Mensch, Gertrude; Kaphingst, Wieland: Physiotherapie und Prothetik nach Amputation der unteren Extremität. Springer-Verlag, 1997, 2013
  14. Ludendorff, Mathilde: Des Menschen Seele. (EA 1923) Verlag Hohe Warte, Pähl 2006 (Archive), S. 59-69

Beliebte Posts