Abb. 1: Walter Frank
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Anhand seiner Person bietet sich einmal erneut die Möglichkeit, die nach vielerlei Richtungen hin nicht ganz leicht auszulotende Stellung Erich Ludendorffs im Dritten Reich in Augenschein zu nehmen. Das Verhältnis eines Menschen wie Walter Frank zu Ludendorff ist bei der Auslotung dieser Stellung jedenfalls mitzuberücksichtigen.
Soweit möglich soll im folgenden die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Walter Frank und Erich Ludendorff seit Ostern 1922 nachgezeichnet werden. Dabei sollen auch die zeittypischen Mißverständnisse, die auf Seiten Franks vorlagen und seine im Grunde sehr oberflächlichen Bestrebungen, ihm selbst als zu arg erscheinende Widersprüche zwischen Hitler und Ludendorff "glattzubügeln", nicht verschwiegen werden.
Für die Arbeit des von Walter Frank geleiteten Instituts sollen zunächst einige Beispiele gegeben werden, um seine auch heute noch durchaus ernstzunehmende wissenschaftliche Bedeutung herauszustellen. Und zwar sollen dabei vor allem Historiker genannt werden, die auch noch nach 1945 in der deutschen oder österreichischen Geschichtswissenschaft Bedeutung erlangen sollten. In diesem Institut erhielten Forschungsaufträge (1, S. 549f):
"Dem Gedächtnis des Feldherrn Ludendorff"
Erich Ludendorff wird in diesem Band ausgesprochen häufig behandelt, nämlich sowohl in dem 1. wie in dem letzten, 41. Aufsatz dieses Bandes, sowie dazwischen in dem 15., 19., 25. und 39.. Diese Aufsätze bilden im folgenden die Hauptquelle, aus der heraus die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Frank und Ludendorff dokumentiert wird. Sie erwecken fast den Eindruck, als ob auch Walter Frank einmal der Gedanke gekommen sein könnte, über Erich Ludendorff eine wissenschaftliche Biographie zu schreiben. Nicht zuletzt der Freitod Franks am 9. Mai 1945 hinderte ihn daran.Ich schreibe diese Vorrede auf der Rückfahrt vom Grabe des Generals Ludendorff. Dem Gedächtnis des Feldherrn widme ich diese Blätter.
Frank schreibt in dem genannten Band (4, S. 231-234): Seit der ersten persönlichen Begegnung mit Ludendorff als 17-Jähriger zu Ostern 1922 in Erfurt
hat Erich Ludendorff über mein Denken und Leben Macht bewahrt. Als junger Student besuchte ich ihn zum ersten Mal auf Ludwigshöhe, vierzehn Jahre später, im April dieses Jahres, sprach ich ihn zum letzten Mal in Tutzing. In all diesen Jahren bin ich als freier Mann zu ihm gekommen und in manchen Fragen, die ihm wichtig waren, einen anderen, einen eigenen Weg gegangen. Auch dieser Band erweist es. Aber in all den Jahren auch, mitten in seiner zu mancher Stunde fast völligen Vereinsamung, habe ich mich als ein freier Gefolgsmann des Feldherrn Ludendorff gefühlt. So darf ich auch dieses Buch als eine Huldigung auf sein Grab legen.
daß nur das, was am General irdisch gewesen wäre, nun tot sei, daß sein Name aber ewig sein würde in der deutschen Geschichte und daß das Reichsinstitut es als eine heilige Pflicht betrachten werde, "die weltgeschichtliche Größe des deutschen Feldherrn und deutschen Kämpfers Erich Ludendorff der Nachwelt vor Augen zu stellen als ewige Mahnung".
Als im Juli dieses Jahres der erste Historikertag des neuen Deutschlands in der alten Erfurter Universität eröffnet wurde, da sprach ich von dem ersten Erlebnis, durch das Erich Ludendorff mir ins Bewußtsein getreten war. In Reih und Glied, im kleinen Saal einer kleinen Stadt, stand um Ostern 1922 eine nationale Jugendorganisation, die ihren Ehrenvorsitzenden, den General Ludendorff, erwartete. Durch den Saal ging das Kommando: "Achtung - General Ludendorff!" Durch die Menschengasse kam, in Zivil, der General. Ich hatte ihn, den damals Haß umtobte, noch niemals gesehen, niemals ein Buch von ihm oder über ihn gelesen. Jetzt sah ich aus nächster Nähe seinen Kopf - den mächtigen Kopf eines nordischen Wikingers, gebändigt durch preußische Zucht. Und ich wußte plötzlich, daß dieser der große Feldherr unseres Volkes im großen Krieg gewesen war, daß auf ihm allein vier Jahre lang Glück und Unglück, Sieg und Niederlage, Segen und Fluch unserer Geschichte geruht hatten; daß in seiner Gestalt Tannenberg und Masuren, Rumänien und Flandern, Deutschlands kämpfender Wille in vier ehernen blutigen Jahren durch die jungen Menschen dieses Saales schritt.Kurze Zeit später gab ihm ein Aufsatz, in dem ich mit dem damals in der Jugend umstrittenen Problem von "Geist" und "Macht", von "Weimar" und "Potsdam" rang, den Anlaß, mir zu schreiben. Ich sandte ihm einen Versuch über Bismarck, den ich gearbeitet hatte. In seiner Antwort sprach er über Bismarck und schloß mit dem Satz: "Und über der ganzen Persönlichkeit etwas, was nicht wiedergegeben werden kann, die Größe, der Kuß der Gottheit." (...)
Daß er (Ludendorff) das geniale Gehirn und der gigantische Wille der Armee im Großen Krieg gewesen ist, wird heute kein Kenner mehr bestreiten. (...) Mit Hannibal hat er sich selbst in privaten Briefen verglichen.
Wenige nur vermochten damals den Glauben festzuhalten, daß sie am blutigen Freitag mehr als eine Parteiepisode, daß sie eine nationale Tragödie erlebt hätten. Wenige nur vermochten dem erschütternden Erleben einen tieferen Sinn zu geben.Jener Feldherr war ihnen - und er blieb es ihnen auch später, als sie nicht mehr alle seine Wege mitzugehen vermochten - die genialste soldatische Persönlichkeit, in der sich die Tradition der kaiserlichen Armee und ihr heroischer Kampf in vier Jahren des Großen Krieges verkörperte. (...) Durch diese beiden Soldaten (- Ludendorff und Hitler) gewannen auch die Jüngeren die lebendige Verbindung mit dem großen umwälzenden Ereignis des Krieges. Eine Fackel, die an diesem Feuer entzündet worden war, wurde weitergegeben von einer Generation zur anderen.
Das Schicksal führte Ludendorff auf die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen. (...) Wir hoffen, daß Ludendorffs Laufbahn noch nicht zu Ende ist.1926 hätte es ja tatsächlich für viele so aussehen können, als ob Ludendorffs Laufbahn zu Ende ist. Schon 1927 wurde mit der Veröffentlichung seines Buches "Vernichtung der Freimaurerei" klar, dass dem nicht so war. In dem kurzen 19. Aufsatz, einer Rezension - "Vermächtnis Bismarcks? Oncken und Ludendorff (August 1930. Deutsches Volkstum, Hamburg)" (4, S. 113f) - stellt Frank 1930 die rückhaltlose Unterstützung auch des Niederlagen erlebenden Generals Foch durch den die französische Politik leitenden George Clemenceau mit dem zeitgleichen Verhalten der deutschen Politiker und Historiker Erich Ludendorff gegenüber vergleichend nebeneinander. Der 25. Aufsatz seines Aufsatzbandes - "Um General Ludendorff (Juni 1931. Deutsches Volkstum, Hamburg)" (S. 156-159) - verteidigt Ludendorff gegen das damals gerade erschienene Ludendorff-Buch von Carl Tschuppik.
Arbeiten Franks über Adolf Stoecker (1927), Boulanger (1930) und Carl Peters
Frank promovierte 1927 mit einer Arbeit über den Berliner Hofprediger Adolf Stoecker (352 Seiten). Dann verfaßte er die schon erwähnte Arbeit über den französischen General Georges Boulanger (1837-1891) und über den französischen, antidemokratischen Nationalismus zwischen 1871 und 1918 (656 Seiten): "Das Buch ist in den Jahren 1928/30 in Paris, vor allem in der Nationalbibliothek, vorbereitet worden." (3, S. 14) Unterstützt wurde Frank von der "Notgemeinschaft deutscher Wissenschaft". Während des Zweiten Weltkrieges bearbeitete Frank dann den Nachlaß des deutschen Kolonialpolitikers Carl Peters und arbeitete an dessen wissenschaftlicher Biographie. Auch diese ist bis heute unveröffentlicht geblieben. Ebenso sind Tagebücher Walter Franks offenbar bis heute nicht von der Geschichtswissenschaft ausgewertet worden (1, S. 12). Auch wäre es ja sicherlich interessant, den Briefwechsel zwischen Frank und Ludendorff vollständig dokumentiert zu haben, aus dem im folgenden nur ein kleines - aber interessantes - Bruchstück zitiert werden kann.
In dem 15. Aufsatz "Schwert und Feder (Januar 1930. Deutsches Volkstum, Hamburg)" (4, S. 94 - 101) behandelt Frank unter anderem anhand der 1928 erschienenen Lebenserinnerungen des Prinzen Max von Baden das Verhältnis zwischen der deutschen politischen und militärischen Führung im Ersten Weltkrieg (also sinnbildlich der "Feder" und dem "Schwert"). Darin schreibt er über Ludendorff:
Der General Ludendorff ist die stärkste und (...) entscheidende Persönlichkeit des großen Krieges gewesen. Der "Kopf" der Armee (...) ist zugleich der Zentralpunkt, um den sich (...) die Gestirne der Kanzler und ihrer Trabanten bewegen. (...) Auf den Schultern des deutschen Feldherrn lag die ganze Atlaslast der Verantwortung, in grauenvoller Vereinsamung stand dieser Mann dem Schicksal gegenüber.
Aber Frank hat auch Einwände. Diese richten sich insbesondere gegen den Anteil Mathilde Ludendorffs an dem Freimaurerkampf ihres Ehemannes:Zornglühend sprang er aus der Deckung, unter das Feuer der frohlockenden Feinde: der hohen Finanz, der Großpresse des Boulevards, der Macht des liberalen Bildungsphilistertums ...
Wie sollte man z.B. den Kampf gegen die Freimaurer gewinnen, indem man Goethe angreift? Man kann die Weltmacht der Halbbildung und des Liberalismus nicht treffen, wenn man die Bildung im tiefsten Sinne abweist.
Abb. 2: Karikatur auf Erich Ludendorff aus dem Oktober 1937, zunächst unbekannter Herkunft |
Er kommt also, das wird auch deutlich, von einer Auseinandersetzung mit Ludendorff und seiner auch aktuelleren Geisteswelt "nicht los".Ist es Willkür, wenn die Gedanken über Schwert und Geist sich immer wieder um Ludendorffs Persönlichkeit gerankt haben? Wir halten es vielmehr für eine innere Notwendigkeit. ...
Ich schrieb über die Augusttage des Jahres 1914, in denen General von Moltke im Angesicht der in Ostpreußen drohenden Katastrophe den General Ludendorff von Lüttich nach Koblenz rief:>>Augenzeugen haben erzählt, wie der General Ludendorff damals im Auto im Großen Hauptquartier ankam und vor die Generalstabskarte geführt wurde; wie man ihm die Lage erkärte; wie aller Blicke angstvoll fragend an seinem unbeweglichen Gesicht hingen; und wie der dann das Monokel aus dem Auge fallen ließ und ruhig sagte: "Die Sache ist nicht einmal so schlimm, als ich dachte." Wie ein Aufatmen ging es durch alle diese Soldaten. Die magische Kraft eines großen Willens zwang sie in ihren Bann. Ein Imperator hatte die Zügel ergriffen.<<
Nun, das hätte immerhin als deutliche Worte empfunden werden können an Genossen in seiner Partei, die - oft schon seit 1924 - gänzlich anders über Erich Ludendorff dachten und ihm gegenüber handelten. Frank wird sich womöglich gar nicht bewußt gewesen sein, dass zu diesen Genossen Adolf Hitler selbst gehörte, der sich zu keiner Zeit scheute, auch mit den niederträchtigsten Mitteln gegen seine Gegner zu arbeiten (siehe andere Beiträge hier auf dem Blog).Und ich fügte hinzu: >>Nie, solange unser Volk nicht auf den Herrenstolz großer Nationen verzichtet, wird es aufhören dürfen, Erich Ludendorff als dem großen Feldherren seines größten Krieges zu danken. Keine Politik des Tages, kein Geschehen der jüngsten Zeit (...) kann jemals die nationalsozialistische Bewegung hindern, vor Erich Ludendorff, dem Imperator des Krieges, in Ehrfurcht die Fahnen zu senken.<<
Auf die Jetztzeit des Jahres 1935 kommend schrieb Frank in diesem 39. Aufsatz seiner Aufsatzsammlung - betitelt "Erich Ludendorff. Zum 70. Geburtstag des Feldherrn (1. April 1935. Wille und Macht, Berlin)" (4, S. 223-226) - dann weiter (Hervorh. n. i. O.):
Warum hat sich in diesen Jahren (nach 1923) der General Ludendorff von Adolf Hitler getrennt?War es nicht im Grunde nur deshalb, weil sein Soldatentemperament die harten Notwendigkeiten der praktischen Politik nicht immer erkannte? Weil er (...) zu wenig sah, wie (...) die Meisterschaft echter Staatsmannschaft darin besteht, auch auf verschlungenen Pfaden zum niemals vergessenen und verleugneten Ziel zu gelangen?Mancher mag sich noch einer Karikatur erinnern, die im Jahre 1932 in "Ludendorffs Volkswarte" erschien: Adolf Hitler kniet in gläubigem Warten vor einer Sphinx, die die Züge des Reichswehrministers General von Schleicher trägt. Und die Sphinx spricht hohnlächelnd also: "Ich werde dich solange warten lassen, bis du schwarz geworden bist!" (...)Auch General Ludendorff wird heute, wenn er auf die Zeit seines politischen Gegensatzes zu Adolf Hitler zurücksieht, groß genug sein, um einzusehen, daß er sich getäuscht hat. (...) Wie kam es (aber), daß auch in den Zeiten, wo die Kritik des Generals Ludendorff an der Politik Adolf Hitlers gerade denen, die beide Männer zu ehren gedachten, bitter in die Seele schnitt, der General Ludendorff in der Anhängerschaft der NSDAP. niemals gehaßt wurde wie die anderen Kritiker?
Da Ludendorff öffentlich also nicht ausreichend deutlich diese damals sicherlich weit verbreitete Meinung zurückweisen konnte, die Frank hier äußerte, nämlich daß er sich "getäuscht" hätte über Hitler und über die nationalsozialistische Bewegung, täuschte sich eben auch Frank weiterhin - sowohl über Ludendorff wie womöglich über die NS-Bewegung selbst.
Irgendwie empfand das Volk, daß dieser Kritiker (Ludendorff), auch wenn er irrte, aus tiefster innerer Ehrlichkeit und aus der Besessenheit seiner Idee heraus kämpfte, und daß diese Idee, auch wenn er selbst es damals nicht wahr haben wollte, von der Adolf Hitlers nicht sehr fern war.
Es war eine Tat, die vom ganzen deutschen Volk mit innerster Ergriffenheit aufgenommen wurde, als an jenem historischen 16. März (1935) der deutsche Wehrminister im Angesicht des Führers und der gesamten Regierung "dem Manne, dessen Kraft wie Atlas eine Welt auf seinen Schultern trug, dem Feldherrn Ludendorff" huldigte.
In demselben Geist senken sich heute, am 70. Geburtstag Erich Ludendorffs, in Ehrfurcht die Fahnen des neuen, aufsteigenden Reiches vor dem Imperator des Großen Krieges. (...)
Aber wer kann es hindern, daß aus dem Rauschen dieser Fahnen dem General Ludendorff zugleich der Wunsch eines ganzen Volkes, und am meisten der Wunsch der Jugend, entgegenklingt: Der Wunsch, daß er, der Siebzigjährige, noch das "junge Herz" haben möge, dessen er sich einst, vor zehn Jahren mit Recht rühmte. Der Wunsch, daß der große Feldherr den Weg finde zum großen politischen Führer unseres Volkes. Der Wunsch, daß die beiden Männer, die einst an der Feldherrnhalle in dunkler Zeit gemeinsam dem Tod entgegenschritten, noch einmal im Angesicht eines erneuerten, wiederauferstehenden Volkes gemeinsam einherschreiten möchten - in die deutsche Zukunft hinein.
Die größte Bedeutung des großen Deutschen auf Preußens Königsthron für unsere Zeit liegt in seiner klaren Haltung gegen Priesterherrschaft und Christenlehre.
Besuch von Frank in Tutzing (April 1937)
Im April 1937, nach jener spannungsvollen Unterredung Ludendorffs mit Adolf Hitler am 30. März 1937, an derem Ende Hitler sich bei Blomberg über dessen "rechtzeitiges" Kommen bedankte - da Hitler durch dieses Kommen einen Vorwand hatte, das immer spannungsvoller werdende Gespräch zwischen ihnen beenden zu können, das also nur nach außen hin eine "Versöhnung" darstellte wie auch das nachherige Geschehen zeigen sollte -, nach dieser Unterredung sagte sich auch der Kopf der deutschen Geschichtswissenschaft Walter Frank (wieder) bei Erich Ludendorff zu einem persönlichen Besuch an und wurde von Ludendorff in Tutzing empfangen.
Als im Juli dieses Jahres der erste Historikertag des neuen Deutschlands in der alten Erfurter Universität eröffnet wurde, da sprach ich von dem ersten Erlebnis, durch das Erich Ludendorff mir ins Bewußtsein getreten war. ...Im Nachgang zu diesem Historikertag findet sich in der von Erich Ludendorff herausgegebenen Zeitschrift "Am Heiligen Quell Deutscher Kraft" - in der Folge 9 vom 5. August 1937 - folgende recht beißende Notiz unter den "Antworten der Schriftleitung":
Erfurt. - Sie wundern sich, daß der Telegrammwechsel zwischen dem Präsidenten des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands, Walter Frank, und dem Feldherrn am 5. 7. d. J., dem Eröffnungtage der Historikertagung in Erfurt, nicht veröffentlicht worden ist, wie das auch Professor Walter Frank wollte. Sparen Sie Ihre Verwunderung für anderes auf, sonst kommen Sie aus dem Verwundern nicht heraus.
Frank: Ludendorff "... segnet im Sterben das Werk Adolf Hitlers" (21. Dezember 1937)
Am 20. Dezember 1937 starb Erich Ludendorff. In dem einen Tag nach dem Tod Ludendorffs erschienen Gedenkartikel auf ihn, aus dem schon zitiert worden ist, schrieb Frank außerdem (4, S. 231-234):
Im Jahre 1935 hat die neuerstandene deutsche Wehrmacht dem Feldherrn Ludendorff gehuldigt. Im Frühjahr 1937 fanden sich der Führer und der Feldherr zu freundlicher Aussprache zusammen.
Vor fünfzehn Jahren sahen wir den Feldherrn zum ersten Mal, durch eine Gasse nationaler Jugend schreitend, in einem kleinen Saal in einer kleinen Stadt. Und zum ersten Mal, mitten in dem Haß der Kanaille, der ihn umbrandete, klang es in unserer Seele, unvergeßlich und unser eigenes Werden prägend für immer: "Achtung - General Ludendorff!"Nun werden wir ihn zum letzten Mal sehen, als Toten. An seinem letzten Weg wird ein ganzes Volk die Gasse bilden. Hinter seinem Sarg wird der einherschreiten, der sein Testament vollstreckt und der dem ganzen Deutschland die ewige Parole geben wird:
"Achtung - General Ludendorff!"
Schluß
Walter Frank hat das religiöse Anliegen seines langjährigen Förderers Alfred Rosenberg im Wesentlichen so beurteilt, wie es heute ganz allgemein - und damals auch von dem Ehepaar Ludendorff - beurteilt worden ist (1, S. 938f). Ihm bedeutete auch der deutsche Schriftsteller Hans Grimm sehr viel. Er faßte eine Persönlichkeit wie den französischen General Boulanger nach vielen Richtungen hin angemessener auf als viele Historiker vor und nach ihm. In der Beurteilung des christlichen deutschen Mittelalters - und damit der heidischen Germanen - schloß sich Walter Frank statt an den kirchenfreien Nordisten, Religionshistoriker und Ludendorff-Sympathisanten Bernhard Kummer an den ein "dämonisches" Germanenbild vertretenden Otto Höfler an (2), ein Germanenbild, das besser kompatibel war zu dem Germanenbild, das in der SS gefördert wurde. Walter Frank blieb selbst auch Christ.
Aus all dem, was in diesem Beitrag geschildert werden konnte, geht hervor, dass Frank von den schweren und tiefen Spannungen, die zwischen Erich Ludendorff und Adolf Hitler seit 1924 bis in den Spätherbst 1937 bestanden haben und wie sie in mehreren Beiträgen dieses Blogs in den letzten Jahren dokumentiert worden sind, nur wenig scheint mitbekommen zu haben. Oder dass er, wenn er etwas davon mitbekommen hat, sie größtenteils verdrängt hat. Dass auch so wahrgenommen werden konnte, war ein zu berücksichtigender Teil der Wirklichkeit des Dritten Reiches.
Als ein vorläufiges Ergebnis der vorliegenden Untersuchung kann womöglich formuliert werden: Erich Ludendorff war bis zu seinem Tod ein Machtmensch, der sich der Tatsache bewußt war - und diese auch soweit als ihm immer möglich ausspielte - dass er innerhalb der NSDAP und ihrer Gliederungen viele Sympathisanten und Anhänger hatte, wenn auch Sympathisanten oft nur "oberflächlicherer" Art. Jedenfalls war Ludendorff offenbar auch jederzeit gewillt, diesen Machtfaktor mit in Anschlag zu bringen. Weshalb er solche eher oberflächlichereren Sympathisanten auch nicht noch - sozusagen - mutwillig zusätzlich vor den Kopf gestoßen haben mag, insbesondere nach 1933.
Und womöglich hat die zugleich mit Ludendorff sympathisierende Wehrmachtspitze (in dieser vor allem Ludwig Beck) diesen Faktor oberflächlicherer Ludendorff-Sympathisanten innerhalb der NSDAP - aus ihrem Verhaftetsein in sehr traditionellem Denken - nicht ausreichend und nach jeder Richtung hin vollständig in Anschlag gebracht.
Ludendorff war sich natürlich bewußt, dass die Sympathie vieler dieser Ludendorff-Verehrer in der NSDAP zu nicht geringen Teilen auf Mißverständnissen und Unkenntnis seiner Weltanschauung beruhte. Aber auf die stieß er ja sowieso, wohin immer er blickte (auch in der Wehrmachtführung). Dass er mit solchen Ludendorff-Verehrern dennoch in ganz gutem persönlichen Verhältnis stehen konnte, wird sicherlich durch ein solches Beispiel wie Walter Frank ganz gut illustriert.
Wie angeführt, war einer der Schüler Walter Franks Professor Walther Hubatsch. Dieser hat noch in den 1960er Jahren ein Buch in dem der Ludendorff-Bewegung nahestehenden Pfeiffer-Verlag in Hannover herausgebracht. Er hat sich nach 1945 auch noch einmal - in bislang unveröffentlichten Schriftwechseln (vorliegend im Landesarchiv von Schleswig-Holstein in Kiel) - zu der Stellung Ludendorffs im Dritten Reich geäußert. Es wäre sicher von Interesse, diese zumal im Anschluß an den vorliegenden Beitrag kennenlernen und auswerten zu können.
- Heiber, Helmut: Walter Frank und sein Reichsinstitut für die Geschichte des neuen Deutschlands. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1966
- Frank, Walter: Historie und Leben. Rede zur Eröffnung des Erfurter Historikertages am 5. Juli 1937. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1937 [Schriften des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands]
- Frank, Walter: Nationalismus und Demokratie im Frankreich der dritten Republik (1871 bis 1918). Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1933
- Frank, Walter: Geist und Macht. Historisch-politische Aufsätze. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1938
- Ludendorff, Erich und Mathilde: Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945. Dokumente zur deutschen Religions- und Geistesgeschichte 1933 bis 1945. Verlag Freiland, Süderbrarup 2004
- Müller, Klaus-Jürgen: Generalobers Ludwig Beck. Eine Biographie. Hrsg. mit Unterstützung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Potsdam. Ferdinand Schöningh, Paderborn u.a. 2008, 2. durchgesehene Auflage 2009