Sonntag, 24. April 2016

"Der leidenschaftliche Schwung ihrer Rede"

Erich und Mathilde Ludendorff als Redner und auf Vortragsreisen

In einem anderen Beitrag wurden inzwischen schon die Vortragsreisen Erich Ludendorffs nur allein im Jahr 1926 dokumentiert (7). Und in einem weiteren eine Vortragsreise beider im Januar 1928 in Württemberg (8). In dem vorliegenden Beitrag sollen alle erreichbaren Zeugnisse zusammen gestellt werden von Vortragsreisen von Erich und Mathilde Ludendorff in ganz Deutschland, also sowohl Fotografien wie Berichte.

Abb. 1: Mathilde Ludendorff, etwa 1927 (aus der Bild- und Spruch-Postkarte "Froh sei die Heimkehr zum Deutschen Glauben ...")

Welche Wirkung konnte Mathilde Ludendorff als Rednerin haben?

Schon am 3. Februar 1929 wurde in der Verbandszeitung des Tannenbergbundes, der "Deutschen Wochenschau" in dem Bericht "Ludendorff und Frau Ludendorff in Heilbronn und Ulm" festgehalten (zit. n. 8):

Lange vor Beginn der Versammlung war der Gartensaal der Harmonie in Heilbronn gedrückt voll. (...) Die Versammlungsteilnehmer kamen aus allen politischen Parteien und Verbänden und ganz besonders fiel die große Anzahl der Jungbauern auf. Es mögen 400 gewesen sein. (...) Die Versammlung verlief ruhig und würdig. Nach dem Vortrag konnten dem Schirmherrn und seiner Gemahlin die Führer der Jungbauern vorgestellt werden. (...) Die Vortragsreise in Württemberg endete am 16. 1. in Ulm. (...) Die Polizei verhinderte "aus Sicherheitsgründen" die Ausgabe von mehr als 1500 Karten (Fassungsvermögen 2000). (...) Jeder fühlte, da oben steht der Mann, in dessen Kopf die gewaltigen Schlachtenpläne des Weltkrieges reiften. (...) Der anschließende Vortrag seiner Gemahlin (...) begeisterte Männer und Frauen in gleichem Maße und man bedauerte, daß man ihren Worten nicht noch länger lauschen durfte.

Man hört hier insbesondere heraus die starke Wirkung von Mathilde Ludendorff als Rednerin. Von solchen Eindrücken über Erich und Mathilde Ludendorff als Redner gibt es von Zeitgenossen noch viele. Und sie sollen hier nach und nach gesammelt werden. Der eben geschilderte Eindruck wird noch bekräftigt von einem Eindruck nicht aus der Anhängerschaft selbst heraus, sondern wie er 1932 in einer Schrift über den Tannenbergbund (5) von Seiten des Pfarrers Dr. Kurt Hutten (1901-1979) (Wiki) über Mathilde Ludendorff als Rednerin festgehalten wurde (zit. n. 6, S. 31):

... Sie war außerdem eine glänzende Rednerin - in einer Versammlung 1932 in Stuttgart konnte ich den General Ludendorff und seine Frau hören; sie stellte ihn weit in den Schatten und faszinierte die Versammlung mit der Klarheit und dem leidenschaftlichen Schwung ihrer Rede.

Der Lebenslauf von Kurt Hutten ist im übrigen ein nicht ganz uninteressanter Lebenslauf in der protestantischen Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts. Hutten hat in den 1930er Jahren und danach viel über Fragen rund um den religiösen Aufbruch der damaligen Zeit zwischen Neuheidentum, Deutschen Christen und Bekennender Kirche publiziert. 1928 hatte er in Tübingen auffallender Weise bei dem Religionswissenschaftler Jakob Wilhelm Hauer promoviert. Er hat dann viele Jahre mit den völkischen "Deutschen Christen" sympathisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er dann ... - nun: nichts weniger als der langjährige Leiter der "Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen", jene Zentralstelle, die heute zum Thema Ludendorff und völkische Religiosität wohl zumeist weniger wohlwollende Töne von sich hören läßt als ihr erster Leiter.

Herbst 1929 - Berlin-Charlottenburg

Christliche Gemeinden fühlten sich durch die Vorträge von Mathilde Ludendorff oft scharf angegriffen und versuchten sich zu wehren. Einen Eindruck davon erhält man auf der Internetseite der Evangelisch-Lutherischen Dreikönigsgemeinde Frankfurt am Main-Sachsenhausen in einer dort wiedergegebenen Predigt von Pfarrer Thomas Sinning (geb. 1957 in Frankfurt am Main) (DreiKö) aus dem Jahr 2008 (9):

Ein katholischer Christ namens August Biermann berichtete folgende Begebenheit. „Im Herbst 1929 ließ eine gewisse Mathilde Ludendorff Flugblätter verteilen und hielt Versammlungen, um das katholische Volk zum Austritt aus der Kirche zu bewegen. Diese Flugblätter wurden auch in unserer Pfarrei verteilt und riefen zu einer Versammlung in den Hohenzollernfestsälen. Tagesordnung: Austritt aus der Kirche.
An einem Sonntag war ich zum Hochamt in der Charlottenburger Herz-Jesu-Kirche. Pfarrer Lichtenberg bemerkte zum Schluß seiner Predigt: "Mathilde Ludendorff hat zu morgen, Montag Abend, 20 Uhr, eine Versammlung in den Hohenzollernfestsälen anberaumt mit dem Motto: ,Austritt aus der Kirche'. Wir gehen alle hin." Montag Abend war der Saal schon eine Viertelstunde vor Beginn der Versammlung beinahe überfüllt. Es waren etwa tausend Menschen anwesend. Ein Beauftragter von Mathilde Ludendorff eröffnete die Versammlung und hielt eine Rede, die mit Schmach und Hetze über den Papst und die Kirche erfüllt war. Der zweite Redner sprach ebenso und forderte zum Austritt aus der Kirche auf.
Da meldete sich Pfarrer Lichtenberg zur Diskussion. Er erhielt fünf Minuten Redezeit. Ruhig und souverän bestieg er die Bühne und begann: "Ich habe bloß fünf Minuten Redefreiheit, ich will mich kurz fassen." Er korrigierte dann sachlich, was an den Beiträgen der Vorredner falsch und verleumderisch war. Er forderte sie auf, wenn sie wieder in der Öffentlichkeit sprechen würden, sich zuerst die katholische Glaubenslehre anzusehen, damit sie nicht wieder Lug und Trug in die Welt posaunten. Dann schaute er auf seine Uhr und sagte: "Nun haben wir noch zwei Minuten Zeit, jetzt singen wir das Te Deum". Wie aus einem Mund erscholl das Lied: "Großer Gott, wir loben dich". Wenn ich an diesen Abend zurückdenke, dann muß ich sagen, nirgendwo, auch in keiner Kirche, habe ich das Te Deum so herzlich, so stürmisch und bekenntnisfroh gehört wie hier. Mathilde Ludendorff verließ über den hinteren Bühnenausgang eilig den Saal."
Der Pfarrer schließt daran die Lehre an:
Dieser Pfarrer und seine Gemeinde haben nicht unweise, sondern weise gehandelt. Denn hier haben die Christen mit ihren Lobgesängen und geistlichen Liedern mehr bewirkt als durch verbales Argumentieren möglich gewesen wäre.

Der hier handelnde katholische Pfarrer Bernhard Lichtenberg (1875-1943) (DHM) war Pfarrer der Herz-Jesu-Gemeinde in Berlin-Charlottenburg von 1913 bis 1930. Er war auch Mitglied der Zentrumspartei. Über ihn findet sich auf der Internetseite des Berliner "Deutschen Historischen Museums" folgende Angabe (DHM):

1929 In einem Schreiben an Reichspräsident Paul von Hindenburg protestiert er gegen die antikirchliche Agitation des "Tannenbergbunds" unter Erich von Ludendorff.

Er forderte also - offenbar - den Staat zum Einschreiten auf. Das hat Pfarrer Thomas Sinning nicht erwähnt. 1932 bis 1941 ist Lichtenberg Dompfarrer, bzw. -propst an der Berliner St. Hedwigskirche gewesen und hat dann sehr vorbildlich öffentlich und unauffällig gegen den nationalsozialistischen Terror und die nationalsozialistische Mordmoral gearbeitet. Im Jahr 2011 hat auch ein katholischer Pfarrer, Professor Dr. Georg May aus Bingen diese Vorgänge im Jahr 1929 aufgegriffen (10):

Vor allem aber kämpfte er für seine Kir­che. Es gab damals in Deutsch­land einen Mann namens Erich Luden­dorff. Gene­ral Luden­dorff war der Gene­ral­stabs­chef von Hin­den­burg im Ers­ten Welt­krieg gewe­sen. Nach dem Kriege betä­tigte er sich als welt­an­schau­li­cher Agi­ta­tor gegen die katho­li­sche Kir­che, die er mit Schmä­hun­gen über­häufte. Was tat Lich­ten­berg? Er schrieb dem Reichs­prä­si­den­ten Hin­den­burg einen Brief, in dem er ihn um Schutz vor den Tira­den von Luden­dorff bat.

Es sollte noch einmal heraus gesucht werden, wie sich dieselben Geschehnisse aus der Sicht des Ehepaares Erich und Mathilde Ludendorff und ihrer Anhänger ausnahmen.

Mai 1930 - In Schleswig-Holstein

Im weiteren vorwiegend eine Zusammenstellung von Fotografien, die in jener Zeit entstanden vor oder nach den eigentlichen Vorträgen.

Abb. 2: Tannenbergbund-Tagung auf dem Aschberg in Schleswig-Holstein am 31.5./1.6.1930 (aus: 1, S. 45)

Über die Veranstaltung auf dem Aschberg in Schleswig-Holstein Mai/Juni 1930 ist hier auf dem Blog ebenfalls schon ein eigener Aufsatz erschienen (Stud. Nat. 6/2015).

Juni 1930 - In Niedersachsen

Die Vortragsreise wurde am Folgetag, dem 2. Juni 1930 fortsetzt mit einer Vortragsveranstaltung in Seelenfeld in Westfalen. 

Abb. 3: Tannenbergbund-Tagung in Seelenfeld, 2.6.1930 (aus: 1, S. 46)

Links abgebildet ist der Lehrer Ludwig Peithmann (1887-1960), einer der Organisatoren dieser Tagung. Rechts von Erich Ludendorff geht wie auf Abb. 1 Major a. D. Hans Georg von Waldow. In der "Geschichte der Ludendorff-Bewegung" (von Hans Kopp, Bd. 1, S. 99) heißt es:

In Seelenfeld gründeten damals der Bauer Büsching und der Lehrer Peithmann die erste Ahnenstätte für Deutschgottgläubige. (...) "Mit einer Bauernmassenversammlung in Seelenfeld", berichtet Mathilde Ludendorff, "schloß diese Reise ab."

An der Tagung in Seelenfeld nahmen 2.000 Menschen teil.

Mai 1931 - In Mittweida, Thüringen

Am 12. Mai 1931 (zu Himmelfahrt) fand eine "Bundesführertagung" des Tannenbergbundes in Mittweida in Thüringen statt (Kopp 1975, S. 102f):

Das bleibende Ergebnis dieser Tagung war die Einrichtung einer Ludendorff-Buchhandlung in Berlin, der ersten Ludendorff-Buchhandlung.

Hiervon hat sich eine Fotografie erhalten.

Abb. 4: Bundesführertagung des Tannenbergbundes in Mittweida in Thüringen

Diese ist zunächst nur kleinformatig.

Dezember 1932 - In Berlin

Abbildung 5 zeigt Teilnehmer an einer Landesverbandstagung des Tannenbergbundes am 3. und 4. Dezember 1932 (1, S. 50). 

Abb. 5: Landesverbandstagung des Tannenbergbundes am 3. und 4. 12. 1932 (1, S. 50)

Rechts von Erich Ludendorff steht Robert Holtzmann (Landesführer Nordostdeutschland), der sitzende Mann ist ein Herr Swoboda (Landesführer Groß-Berlin). Links von diesem steht Major Wilhelm von Wedelstaedt (gest. 1950) (Gauführer Niederlausitz).

In Bispingen bei Soltau (undatiert)

Das Foto aus Abbildung 6 ist auf der Rückseite handschriftlich beschriftet mit den Worten:

General Ludendorff und Frau in Bispingen vor einer uralten kleinen Kirche.

Womöglich verwechselt diese Beschriftung die hier abgebildete neugotische Backsteinkirche von Bispingen mit der urtümlichen, mittelalterlichen Feldsteinkirche ebendaselbst. 

Abb. 6: Mathilde Ludendorff und Erich Ludendorff vor der Kirche in Bispingen bei Soltau, undatiert (Herkunft: Ebay, Herbst 2014)

Auf Wikipedia heißt es über Bispingen im Süden der Lüneburger Heide:

Zahlreiche Hügelgräber, Urnenfelder und prähistorische Funde beweisen, dass sich in diesem Raum bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit Menschen ansiedelten. (…) Ein Gräberfeld in Volkwardingen enthält bronzezeitliche Hügelgräber.

Eine weitere Aufnahme von "einem Besuch in der Lüneburger Heide" ist ebenfalls undatiert und auch ohne konkretere Ortsangabe. 

Abb. 7: "General Ludendorff und Frau Dr. M. Ludendorff bei einem Besuch in der Lüneburger Heide"
[Privataufnahme]" (in: Das Wikingerschiff, 2/1938, S. 44)

Zu sehen sind drei Männer in Jäger- oder Försteruniform. Das Foto ist enthalten in der Ausgabe vom Februar 1938 von "Das Wikingerschiff - Monatsschrift für unsere Deutsche Jugend", die "dem Andenken des Feldherrn Ludendorff gewidmet" ist.

In Pommern (undatiert)

Das Foto in Abbildung 8 ist entstanden in Ückerhof (Wiki), einem Dorf in Hinterpommern, gelegen etwa 40 km südöstlich von Stettin und etwa 15 km östlich von Pyritz, 1 km nördlich des Plönesees.

Abb. 8: Mathilde und Erich Ludendorff "zu Besuch beim Siedelbauern Anton Bücheler am Ulenhof in Ückerhof (Pommern)" (3)

1910 zählte das Dorf knapp 100 Einwohner.

Februar 1933 in Hamburg

Das Foto in Abbildung 9 ist ebenfalls enthalten in "Das Wikingerschiff - Monatsschrift für unsere Deutsche Jugend" von 1938. 

Abb. 9: "General Ludendorff und Frau Dr. M. Ludendorff in Hamburg am 19. 2. 1933
[E. Ziese, Wandsbek]" (in: Das Wikingerschiff, 2/1938, S. 39)

Es ist offenbar angefertigt worden von der Verfasserin des parallelen Aufsatzes Elly Ziese aus Wandsbek bei Hamburg.

1948 - Lübeck - "Die bestbesuchte Veranstaltung seit Monaten"

In der Zeitung "Die Welt" vom 21. Oktober 1948 wird berichtet (12):

Vor ausverkauftem Haus sprach Frau Dr. Mathilde Ludendorff am Montagabend über den "Segen der Gotterkenntnis". Sie wolle ihre Lehre keinem Andersgläubigen aufzwingen und niemand bedrängen, da sich ihre "Gotterkenntnis" nur an die Suchenden wende, die nicht mehr an die herrschende Gotteslehre glauben könnten. Der Vortrag Mathilde Ludendorffs war die am besten besuchte Veranstaltung Lübecks seit der Währungsreform.

Die Währungsreform war im Juni 1948 durchgeführt worden. Am 24. Oktober 1948 wurde in der "Welt am Sonntag" sogar noch viel ausführlicher über diesen Vortrag berichtet. Es sei zitiert möglichst unter Weglassung polemischer Anteile (12):

In Lübeck hielt sie in einem der größten Säle der Stadt ihren feierlichen Einzug. (…) Sie durchscheritt den ganzen langen Saal, und nun kam das Verblüffende: das Publikum, etwa 1000 Personen, erhob sich spontan von den Sitzen. (…) Auch solche Sätze konnten registriert werden: "Als ich zwanzig Jahre nach Erscheinen meiner Werke dann zur Astrophysik und zur Atomphysik hinüberschaute …." In reichem Maße verwendete sie die schmückenden Beiworte "hehr", "edel" und "heilig". Sie sprach stehend mit einer Gestik der Hände, die einer erfahreneren Vortragskünstlerin alle Ehre machen würde. (…) Im Lübecker Kolosseum finden Meisterkonzerte mit berühmten Künstlern statt, die den Saal vielleicht halb füllen. (…) Mathilde Ludendorff aber schaffte es, daß am Montag um 14 Uhr der Saal (…) in seiner ganzen Größe gefüllt war. So etwas hat Lübeck seit der Währungsreform noch nicht erlebt. Und dabei wurde noch nicht einmal eine größere Reklame gemacht. Für die Zusammensetzung des Publikums war typisch, daß das älteste Element überwog. Aber auch ganz junge Menschen waren da.

Da gebeten worden war

von Beifallsbezeugungen abzusehen,

hätte man nicht das Ausmaß der Zustimmung des Publikums erfahren können. Der Artikel liest sich als ob der Verfasser vor 1945 ähnliche Berichte für den SD (Sicherheitsdienst) verfaßt hätte, die dann in allgemeine Lageberichte über die Stimmungslage der Bevölkerung eingeflossen sind. Vielleicht hat er nach 1945 einfach weiter gearbeitet wie das ja eher der Regel- als der Ausnahmefall gewesen ist bei Regimewechseln des 20. Jahrhunderts. In der Ausgabe vom 7. November wurden dazu noch drei Leserbriefe veröffentlicht, in denen es der damals üblichen persönlichen Herabsetzungen gegenüber Mathilde Ludendorff recht wild hagelte (12). Fast wirkt das so als seien da Menschen doch sehr besorgt gewesen ob der Wirkung, die von solchen Vorträgen ausgehen könnte und als ob man diese Wirkung nur durch solche hagelnden persönlichen Herabsetzungen abmildern könne.

1948/49 - Weitere Vorträge beunruhigen "das System"

Am 18. Dezember wird in der "Welt" berichtet, daß die nichtliberalen Parteien der Bremer Bürgerschaft sich gegen das öffentliche Auftreten von Mathilde Ludendorff in Bremen ausgesprochen hätten. Zwei liberale Parteien der Bürgerschaft hätten sich allerdings für die Versammlungs- und Pressefreiheit von Mathilde Ludendorff ausgesprochen (12), ein Standpunkt, den der Bremer Senat dann auch einige Monate später nach rechtlicher Prüfung bestätigte (siehe unten). Von ähnlichen Stellungnahmen berichtet aber dann am 25. Mai 1949 die "Hamburger Freie Presse" auch in Bezug auf Frankfurt am Main (12). Vom 27. Mai 1949 gibt es einen längeren Artikel des "Hamburgischen Weltwirtschafts-Archivs", in dem es - unter Weglassung arg polemischer Passagen - heißt (12):

Die Vortragstätigkeit Dr. Mathilde Ludendorffs fordert immer heftigere Proteste heraus. (…) Wenn das so weitergeht, wird die Witwe des Generalquartiermeisters (…) der Zahl ihrer Anhänger nach Aussicht auf einen Sitz im deutschen Bundesparlament haben. Parteien und Länderparlamente fordern ein Auftrittsverbot für Frau Dr. Ludendorff. (…) Es hat wie die überfüllten Säle (…) von Lübeck bis Stuttgart zeigen, nichts genützt.
In einem Dossier-Anhang zu diesem Artikel heißt es über Mathilde Ludendorff (12):
Hielt die Gedächtnisansprache bei einer "Tannenberg-Feier" im August 1947. (…) Tritt seit Herbst 1948 in den Westzonen Deutschlands als bei ihren Anhängern sehr erfolgreiche Vortragsrednerin auf, verursachte damit heftige Proteste von Länderparlamenten und Parteien.

Am 17. Juni 1949 wurde dann - man fühlt richtig das "Endlich" der herrschenden Klasse - von der baldigen Klageerhebung gegen Mathilde Ludendorff durch die Spruchkammer München berichtet (12). Von der erfolgten Klageerhebung ist dann in der "Welt" vom 3. September 1949 die Rede. Vom Spruchkammerverfahren erwartete man also die Einstellung der Redner-Tätigkeit Mathilde Ludendorffs, die ja dann auch wirklich für vier Jahre erfolgt ist. Am 13. August 1949 wird berichtet, daß der Bremer Senat geprüft habe, ob Mathilde Ludendorff der öffentliche Auftritt verboten werden könne, daß solches aber nicht im Einklang mit der Verfassung stünde (Niederdeutsche Zeitung, 13.8.49), denn (12):

Es habe sich auch kein Beweis dafür ergeben, daß die religionsphilosophischen Lehren von Frau Mathilde Ludendorff noch in einem Zusammenhang mit den Bestrebungen des früheren Tannenbergbundes stehen.

Die Badische Zeitung vom 3. September 1949 hielt in einem längeren Artikel über das "Haus Ludendorff" fest (12):

Bereits 1947 ließ man sie in der Stuttgarter Liederhalle öffentlich sprechen, und schon vorher war es ihr durch die Behauptung, sie habe gegen Hitlers Rassetheorien gekämpft, geglückt, von der Property Control der amerikanischen Militärregierung die Aufhebung der Beschlagnahme ihres Verlagsgrundstückes in der Romanstraße in München zu erlangen. 

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  1. Duda, Gunther: Ein Kampf für Freiheit und Frieden. Ludendorffs Tannenbergbund 1925 – 1933. Verlag Hohe Warte GmbH, Pähl 1997
  2. Kopp, Hans: Geschichte der Ludendorff-Bewegung. Erster Band: 1925 - 1939. Verlag Hohe Warte, Pähl 1975
  3. Lichtbild von Else Scheidt. Beilage zur Monatsschrift "Deutschjugend" und "Heiho", Folge 4/1934, herausgegeben von Fritz Hugo Hoffmann, Frankfurt (Oder), gedruckt bei Karl Pfeiffer jun., Landsberg (Warthe)
  4. Das Wikingerschiff - Monatsschrift für unsere Deutsche Jugend. Druck und Verlag: "Das Wikingerschiff" (Lengerich i. Westf.) (Schriftleitung Frau Luise Raab-Goltz, Berlin-Pankow, Maximilianstraße 16), 5. Jahrgang 1938 (388 S.), Nr. 2, dem Andenken Erich Ludendorffs gewidmet
  5. Hutten, Kurt: Um Blut und Glauben - Evangelium oder völkische Religion? Steinkopf , Stuttgart 1932 (126 S.)
  6. Schnoor, Frank: Mathilde Ludendorff und das Christentum. Eine radikale völkische Position in der Zeit der Weimarer Republik und des NS-Staates. Dr. Hänsel-Hohenhausen, Egelsbach u.a. 2001
  7. Bading, Ingo: 1926 - Ein Jahr des Umbruchs im Leben Erich Ludendorffs Eine Art Chronologie zu einem wenig behandelten - aber vielleicht bedeutungsschwersten - Jahr im Leben Erich Ludendorffs. Stud. gr. Naturalism., 25. März 2016, http://studiengruppe.blogspot.de/2016/03/1926-ein-jahr-des-umbruchs-im-leben.html
  8. Bading, Ingo: "Wir verlebten schöne Stunden in diesem Hause" - Das Ehepaar Ludendorff in Wildberg im Schwarzwald im Jahr 1929. Stud.gr. Nat., 11. Juli 2017, http://studiengruppe.blogspot.de/2017/07/wir-verlebten-schone-stunden-in-diesem.html 
  9. Sinning, Pfarrer Thomas: Predigt: 18. Sonntag nach Trinitatis - Eph. 5, 15-21. Gehalten am 21.09.2008 im Kantatengottesdienst mit der Kantate „Nach dir Herr, verlanget mich“ BWV 150 in der Bergkirche, Frankfurt am Main
  10. May, Georg: Bernhard Lichtenberg – ein Kämpfer für Gott. Predigt, 17.7.2011, Bingen
  11. Kock, Erich: Er widerstand: Bernhard Lichtenberg, Domprobst bei St. Hedwig, Berlin. Morus-Verlag GmbH, 1996 (238 S.) (GBücher) 
  12. Zeitungsartikel über Mathilde Ludendorff. In: Pressemappe 20. Jahrhundert der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW). http://webopac.hwwa.de/PresseMappe20E/Digiview_MID.cfm?mid=P011697

Samstag, 23. April 2016

Erich Ludendorffs militärwissenschaftliche Schriften über einen neuen Krieg (1930 bis 1937)

Ende der 1920er und in den 1930er Jahren machten sich viele Menschen auf der Nordhalbkugel Gedanken über einen neuen Weltkrieg. In vielen europäischen Staaten bündelten sich diese Gedanken zunächst in Hinblick auf das Jahr 1932, später auf das Jahr 1941. Einer der frühesten Hintergrundpolitik-Kritiker weltweit - und bis heute sicher der namhafteste - Erich Ludendorff, zugleich der bedeutendste Militär seiner Epoche, hat sehr frühzeitig in diese nur zum Teil öffentliche, zum größten Teil hinter verschlossenen Türen stattfindende Debatte eingegriffen. Und zwar  mit mehreren Veröffentlichungen. Zunächst mit seinem Buch "Kriegshetze und Völkermorden in den letzten 150 Jahren",  das zuerst 1928 erschien und bis 1939 zahlreiche Folgeauflagen erlebte (1).

Sodann mit seinem Buch "Weltkrieg droht auf Deutschem Boden" aus den Jahren 1930 und 1931 (2).

Und schließlich mit seinem Buch "Der totale Krieg" aus dem Jahr 1935.

Abb. 1: Buch-Werbeblatt für Ludendorffs Schrift "Weltkrieg droht auf deutschem Boden", etwa 1930

In den Jahren 2008 und 2010 behandelte der polnische Historiker Bogdan Musial Präventivkriegspläne der Sowjetunion für das Jahr 1932 oder später (2, 3) und bestätigte dabei sehr deutlich die Sorgen, die Erich Ludendorff schon 1929/30 in seinen Aufsätzen und in seinem Buch sehr konkret geäußert hatte.

Der vorliegende Beitrag soll dazu dienen, nach und nach ein rundes Bild rund um diese Debatten nach heutigem Wissens- und Forschungsstand zu erarbeiten und dabei die Beiträge Erich Ludendorffs in diese sachgemäß einzuordnen.

Abb. 2: Werbeplakat von Hermann Rehwaldt, um 1930

So bietet es sich zum Beispiel an, einmal die Prognosen aus Ludendorffs Buch aus dem Jahr 1930 über den Verlauf eines künftigen Weltkrieges zu vergleichen mit dem tatsächlichen Verlauf zwischen 1939 und 1945. In groben Zügen hatte Erich Ludendorff diesen Verlauf schon im Jahr 1930 richtig vorausgesagt.

Er hatte nämlich unter anderem ausgeführt, daß der Krieg enden würde mit einer Eroberung Osteuropas durch die Sowjetunion bis zu einer Linie, die sich von der Ostsee bis zur Adria ziehen würde. Sodann daß er die Verwüstung ganzer Städte und Landstriche mit sich bringen würde, sowie die Umvolkung ganzer Provinzen und Landesteile. Eben: "Weltkrieg auf deutschem Boden".

Abb. 3: Werbeplakat von Lina Richter, um 1930

Franz von Papen - Kriegshetzer seit 1927

Der Katholik, das Herrenclub-Mitglied, der Reichskanzler, der jungkonservative, antibolschewistische Kreuzritter, Monarchist und Steigbügelhalter Adolf Hitlers Franz von Papen (Wikip.) - er ist im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher 1946 in allen Punkten freigesprochen worden. Es geschah dies unter anderem auf Fürsprache des sich in seinen Erinnerungsbüchern Satanismus-nah äußernden Hans Bernd Gisevius.

Und doch war von Papen einer derjenigen, die zwischen 1927 und 1932 den Interventionskrieg gegen Rußland forderten und zu diesem Zweck Adolf Hitler an die Macht verhalfen (Wikip.):

Papen war ein enger Freund des für seine antisowjetischen Pläne bekannten Industriellen Arnold Rechberg. Am 31. Juli 1927 schrieb Papen an den Zentrumspolitiker und Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank Hans Graf von Praschma:
„[Es] scheint mir eins das Vordringlichste der europäischen Politik: Die Beseitigung des bolschewistischen Brandherdes“.
In einem Antwortbrief vom 12. August 1927 stimmte Praschma dem ausdrücklich zu. Am 10. Juni 1932, zehn Tage nachdem Papen Reichskanzler geworden war, hielt er im Deutschen Herrenklub, dem unter anderem 100 führende Industrielle und Bankiers, 62 Großgrundbesitzer und 94 ehemalige Minister angehörten, im Beisein der Naziführer Göring, Röhm und Goebbels, eine Rede, in der er sein Projekt einer gegen die Sowjetunion gerichteten deutsch-französischen Koalition vorstellte und er rief dazu auf, daß sich alle Staaten unter der Parole „Tod dem Bolschewismus“ zusammentun sollten. In mehreren Gesprächen mit französischen Politikern unterbreitete Papen sein antisowjetisches Bündnisangebot. Seine Pläne scheiterten jedoch und die sowjetische Regierung wurde von französischer Seite über von Papens Aktivitäten informiert.

Diese Vorgänge sind selbsterklärend. Wichtig ist, daß von Papen über diese Pläne auch mit französischen Politikern zumindest hatte sprechen können.

Abb. 4: Ludendorffs Volkswarte, 10. Januar 1932

Starb Josef Pilsudski 1935 eines natürlichen Todes?

Mit diesen französischen Politikern sprachen in jener Zeit auch polnische Politiker über den bevorstehenden Ausbruch eines mitteleuropäischen Krieges (4, 5).

Der polnische Staatschef Josef Pilsudski (1867-12.5.1935) (Wiki) forderte ihnen gegenüber 1933 wiederholt einen Präventivkrieg gegen Deutschland (Wikip.). Zu diesem Zweck wurde 1932 ein polnisch-sowjetischer Nichtangriffspakt abgeschlossen.

Nachdem die Westmächte einen Präventivkrieg schlußendlich doch ablehnten, schloß Polen mit Deutschland 1934 einen Nichtangriffspakt ab. Dieser half dann dabei mit, daß sich Naziregime in Deutschland festigen konnte.

Abb. 5: "Der totale Krieg" von E. Ludendorff, 1936 (OA. 1935)

Als Pilsudski im Mai 1935 starb, wurden über die Todesursachen die unterschiedlichsten Angaben in den Zeitungen gebracht. Ein Ludendorff-Anhänger, der Amtsrichter Dr. Rudolf Sand aus Bonn-Bad Godesberg, hat diese damals gesammelt und an Ludendorff gesandt. Als Antwort schrieb Ludendorff am 26. Mai 1935 (7):

Auch über diesen Tod herrscht Dunkel - es ist ein eigenartiger "Zufall"- wir können nur immer wieder in unseren Kreisen aufklären. Das neue Buch meiner Frau ist für alle Deutschen, namentlich auf für unsere Rechtsgestaltung wichtig - es lebe die Freiheit
Ludendorff

Dieses neue Buch war wohl "Der ungesühnte Frevel an Luther, Lessing, Mozart und Schiller", dessen Neuauflage - das 40. bis 43. Tausend - am 20. Mai 1935 in der Halbmonatszeitschrift der Ludendorff-Bewegung ("Quell") angekündigt worden war. Ein halbes Jahr nach Erhalt dieser Berichte von Rudolf Sand hat Ludendorff dann seine Zweifel an den offiziell genannten Todesursachen von Josef Pilsudski öffentlich geäußert. Er schrieb in der Ausgabe vom 20. Februar 1936 seiner Halbmonatsschrift "Quell" (zit. n. 7):

Schon vorher waren in Polen Morde vorgekommen, die den Belangen (...) freimaurerischer Politik entsprachen, da "Deutschfreunde" die Opfer waren. Der auch für die "hohe" Politik "zur rechten Zeit" eintretende Tod Pilsudskis hat mich eigenartig berührt, nicht minder die getrennte Beisetzung von Herz, Kopf und Gebeinen Pilsudskis. Verbreitet wurde zwar, solche unerhörte Zerstückelung seines Leichnams entspräche - für mich überraschenderweise - seinen Wünschen, aber sie erinnert auch an die Schändung des Leichnams Schillers durch seine freimaurerischen Gegner. Außerdem erscheint es mir nicht ausgeschlossen - doch habe ich noch keine feststehenden Beweise dafür -, daß Pilsudski selbst Freimaurer war, der indes in seiner Politik mit Deutschland freimaurerischen Wünschen nicht mehr folgte.
Der Abbau der auf ein Zusammengehen mit Deutschland hinzielenden Politik Pilsudskis in Polen ist typisch freimaurerisch. (...) Das Kabinett wurde durch Polen ersetzt, deren Haltung gegen Deutschland eine ganz andere war, als sie Pilsudski tatsächlich (...) vertrat.

In den Folgemonaten beobachtete Ludendorff in seiner Zeitschrift immer wieder sehr genau das  Ringen deutschfreundlicher mit deutschfeindlichen Kräften in der Regierungsspitze Polens (ausführlich behandelt und dokumentiert in: 7). So schreibt er am 20. November 1936 (zit. n. 7; Hervorh. n. i. Orig.):

Marschall Rydz-Smigly, der als Deutschenfreund nicht anzusprechen ist, erhielt den Marschallstab und erhielt damit ganz ausgesprochen die Stellung, die Marschall Pilsudski innehatte, der indessen größten Wert auf gute Beziehungen zu Deutschland legte. Mein Werk "Weltkrieg droht auf deutschem Boden" hatte günstig auf ihn eingewirkt.

Bekannt ist ja heute, daß Pilsudski just in den Jahren 1932 und 1933 im Zusammenwirken mit dem französischen Generalstab sehr konkrete Präventivkriegsabsichten gegenüber Deutschland hegte. Womöglich wußte oder ahnte er aber auch von den gleichzeitigen Kriegsplänen Stalins (2). Da könnte es durchaus Anlaß gegeben haben, daß ihn das Buch des vormaligen bedeutendsten Generals des Ersten Weltkrieges, der bei einem kommenden Krieg nicht nur eine Vernichtung Deutschlands, sondern auch Polens durch die Sowjettruppen voraussagte, nachdenklich gemacht hat. Interessant ist jedenfalls auch folgende Angabe über Pilsudski auf Wikipedia (Wiki):

Verheiratet war er in erster Ehe mit Maria Juszkiewiczówna. Da diese geschieden war, trat er vor der Eheschließung (...) zur evangelisch-lutherischen Kirche über. Während des Ersten Weltkrieges kehrte er zur römisch-katholischen Kirche zurück. Mit seiner späteren Gefährtin Aleksandra Szczerbińska hatte er zwei Töchter, Wanda und Jadwiga. Er heiratete Aleksandra erst nach dem Tod der ersten Ehefrau.

Darin könnte sich ja doch zumindest eine gewisse kritische Distanz oder doch nur geringe Gebundenheit gegenüber der römisch-katholischen Kirche und ihren (politischen) Interessen widerspiegeln.

Auf welche sonstigen Morde an "Deutschenfreunden" in Polen sich Ludendorff in seinem Artikel bezogen hat, müßte noch einmal gesondert herausgesucht werden. 

Gut bekannt ist ja heute jedenfalls die Ermordung des polnischen Generals Sikorski (Wiki) durch die Churchill-Regierung im Jahr 1943. Welche Churchill danach dann in einer typischen zynischen Gaunersprache mit Roosevelt besprechen sollte. Und zwar weil sich Sikorski den Nachkriegsplänen der "demokratischen" Westmächte, nämlich der Sowjetisierung Europas bis an die Elbe, in den Weg gestellt hatte, unter anderem, indem er beharrlich auf die Täterschaft der Sowjetregierung an den Morden von Katyn hinwies. (Welche Verruchtheit der Westmächte übrigens aus diesen Vorgängen zu schließen ist, ist im Grunde gar nicht mit Worten zu kennzeichnen.) 

Auch hinsichtlich des Flugzeugabsturzes in Smolensk (Wiki) im Jahr 2010, bei dem der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński und zahlreiche andere ums Leben gekommen sind, wird ja von vielen Seiten ein politisches Attentat angenommen.

Abb. 6: "Der totale Krieg" von Erich Ludendorff, 1937 (OA. 1935)

Wie sehr auch die sowjetische Regierung und der Marschall Tuchatschewski in jenen Jahren mit dem Ausbruch eines großen europäischen Krieges rechneten, geht aus den Veröffentlichungen des Historikers Bogdan Musial hervor (4, 5). 

Der ukrainische Hungerholocaust der Jahre 1931/32 wurde vor allem deshalb ausgelöst, weil die Sowjetunion fieberhaft aufrüstete und zu diesem Zweck Devisen brauchte, die sie sich durch Getreideverkäufe im Ausland besorgte.

Abb. 7: "Kriegshetze und Völkermorden in den letzten 150 Jahren" von E. Ludendorff, 1937 (OA. 1928)

Ludendorff durchschaute die Kungeleien der politischen Gruppierungen um Franz von Papen und Adolf Hitler sehr früh. Er warnte deshalb seit 1929 vor dem Ausbruch eines neuen großen europäischen Krieges (2). Er schrieb (2, S. 7):

Die Machtsysteme lassen das Gewitter eines neuen Weltkrieges sich über der Erde zusammenballen. Die erzählende Kriegsliteratur über den letzten Weltkrieg und über den kommenden Weltkrieg nimmt bereits seit einigen Jahren an Umfang zu. "Sybillen" treten, wie vor 1914, auf, um ihn zu "prophezeien". Überall, an den Börsen sowohl wie in den ärmsten Hütten, wird mit erschreckender Wahrscheinlichkeit von dem kommenden Weltkrieg gesprochen. Die Militärmächte treffen ihre Vorbereitungen. Regierungen und Volksvertretungen erhalten die passende Zusammensetzung.
Nach den Reichstagswahlen vom September 1930 setzte er an dieser Stelle als Anmerkung hinzu (2, S. 7):
Vor dem Weltkriege erhielt der Deutsche Reichstag durch die Wahl von 110 Sozialdemokraten die Zusammensetzung, die für die Sabotierung des Sieges des Deutschen Heeres besonders günstig war. Heute senden die überstaatlichen Mächte in Ausnutzung des Deutschen Freiheitsdranges Nationalsozialisten in großer Zahl in den Reichstag, um das Hereinführen Deutschlands in den Krieg zu ermöglichen.
Wahrlich eine seherische Aussage. Und weiter im Haupttext (2, S. 7):
Die Deutsche Presse aller Richtungen bringt fortgesetzt Nachrichten über Kriegsvorbereitungen und Kriegshetze. Sie ergänzen mir die Mitteilungen, die ich hierüber unmittelbar erhalte.
Abb. 8: "Der totale Krieg" von E. Ludendorff auf Griechisch, 1938

Daß zu diesen überstaatlichen Mächten, die die NSDAP vom Ausland aus finanzierten, unter anderem die großen Bankhäuser der Wallstreet gehörten, ist schon früh vermutet worden (8-11).

Frankreich sollte durch den Aufstieg der Hitler-Bewegung in Deutschland veranlaßt werden, sich den Plänen der Wallstreet gefügiger zu zeigen, wie schon in einem Buch im Jahr 1933 geschrieben wurde, das vom Verlag bald zurückgezogen wurde und nur in wenigen Exemplaren zur Auslieferung gekommen war (10):

Im Tausch dafür sollte dann Frankreich für den Fall eines deutschen Angriffs amerikanischen und englische Unterstützung zugesagt werden.

Bis heute jedoch sind jene, die Deutschland schon seit 1930 mit Hilfe der Hitler-Bewegung in einen neuen Weltkrieg stürzen wollten, darunter die Kreise rund um den jungkonservativen Franz von Papen, nicht als die eigentlich Schuldigen am Zweiten Weltkrieg in den Vordergrund gestellt worden. Vielmehr wurde ein Franz von Papen in Nürnberg freigesprochen.

Vielmehr wurde die gesamte Schuld am Zweiten Weltkrieg "dem deutschen Volk" aufgelastet  - ein Vorgehen, das der heute gängigen Definition von "Rassismus" entspricht. Und es wurden nur nationalsozialistische "Vordergrund-Politiker", Symbol-Figuren in Nürnberg verurteilt. Ein so wichtiger Hintergrundpolitiker wie Werner Best konnte lebenslang in Deutschland leben, ohne verurteilt zu werden.

Abb. 9: "Kriegshetze und Völkermorden in den letzten 150 Jahren" von E. Ludendorff, 1939 (OA 1928)

Diese Helfer Hitlers, die wenig oder nie verurteilt worden sind bis heute, ja, die den Blicken der Öffentlichkeit sogar bis heute zumeist sorgsam entzogen geblieben sind, weil sie nach 1945 ebenso fröhlich weiter politisch aktiv gewesen sind wie bis 1945, müssen von einer alternativen Öffentlichkeit und Geschichtsschreibung noch viel deutlicher herausgehoben werden, als das bis heute geschehen ist.

Als gutes Beispiel kann auch Ernst Achenbach dienen, der 1933 bei den deutschen Industriellen Spenden für die NSDAP sammelte, in den 1950er Jahren bei den deutschen Industriellen Spenden für die FDP sammelte, und der den Bundespräsidenten Walter Scheel begleitete zum Abschluß von was ....? Zum Abschluß der Ostverträge 1970. Was für ein Lebensgang. Solche Biographien waren über die Epochenjahre 1933 und 1945 und 1970 hinweg möglich.

"Der totale Krieg" (1935)

In diesen ganzen Zusammenhang ist dann auch das das Buch Erich Ludendorffs "Der totale Krieg" einzuordnen. Von der Geschichtswissenschaft wird dieses Buch heute zumeist noch ganz isoliert gesehen und nicht in das Gesamtwirken Erich Ludendorffs eingeordnet. Von daher werden heute in der Geschichtswissenschaft ganz lächerliche Thesen über Erich Ludendorff vertreten. In einer Ebay-Anzeige vom April 2016 wird über dieses Buch ausgeführt (von Anbieter "shrimp-box", eBay-Mitglied seit 24. Sep. 2000):

Verkaufe antiken Klassiker: 1. Auflage von "Der totale Krieg" von General Ludendorff von 1936 Theorie und Praxis 1943-1945. General Ludendorff ist als Held von Lüttich und als maßgeblicher Kopf der erfolgreichen Tannenberg- und Masurenschlacht im Jahre 1914 unzertrennlich mit der deutschen Militärgeschichte verbunden. Dem Nachdruck dieser Ludendorffschen Schrift aus dem Jahre 1935 sind im Anhang Dokumente aus den Jahren 1943 bis 1945 beigegeben, welche die tatsächliche, vom Verfasser prophezeite Metamorphose des Krieges illustrieren: Sie verdeutlichen, wie in der entscheidenden Phase des Zweiten Weltkrieges auf deutscher Seite Ludendorffs Diktum vom Totalen Krieg als dem kürzesten Krieg beschworen wurde. Nach der angelsächsischen Doktrin, den bewaffneten Kampf nicht nur gegen die feindliche Streitmacht, sondern auch gegen den feindlichen Staatsbürger zu führen, blieb es allerdings in der Folge der sich überstürzenden Ereignisse den US-Amerikanern überlassen, diese These in bis heute gültiger Art zu belegen: Mit den singulären US-Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 wurde der Krieg auf eine Stufe der Totalität gehoben, die selbst heute, nach fast 70 Jahren, unübertroffen ist.

Wenn man davon absieht, daß man dieses Zitat auch als eine Rechtfertigung von Goebbels'schem Maulheldentum lesen könnte, lesen sich diese Worte ansonsten sehr informiert. Es wäre sicherlich nicht uninteressant, den Anhang des hier erwähnten Nachdrucks einmal durchzusehen. 

Natürlich wäre das Buch "Der totale Krieg" im vorliegenden Beitrag noch viel umfangreicher zu erörtern und einzuordnen, als es allein durch dieses Zitat hier zunächst in einem ersten Zugriff geschehen soll.

________________

  1. Ludendorff, Erich: Kriegshetze und Völkermorden in den letzten 150 Jahren im Dienste des "allmächtigen Baumeisters aller Welten". Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse, Teil II. Selbstverlag (Fortschrittliche Buchhandlung) München 1928 (174 S.); Ludendorffs Volkswarte Verlag, München 1930 (51. - 60. Tsd., 160 S.); Ludendorffs Verlag, München 1931 (61. - 70. Tsd., 172 S.); 1934; Erg. u. neu bearb. 1935 (76.-80. Tsd., 188 S.); Ergänzt u. neu bearb.. 1936 (81.-85 Tsd., 191 S.); Erg. u. neubearb. vom Verf. 1939 (91. - 93. Tsd., 228 S.); 1940 (94. - 96 Tsd., 228 S.); Faksimile der im 76. - 80. Tsd. erschienenen Ausgabe. Archiv-Edition, Viöl/Nordfriesland 1999
  2. Ludendorff, Erich: Weltkrieg droht auf Deutschem Boden. Ludendorffs Volkswarte Verlag München 1930 (93 S.) (51.-80. Tsd., 101.-150. Tsd.); 1931 (151.-200. Tsd., 201.-250. Tsd.); Faksimile-Verlag, Bremen 1985 (93 S.) (Unveränderter Nachdruck der Ausgabe München, Ludendorffs Volkswarte-Verlag, 1931); Archiv Edition, Verl. für Ganzheitliche Forschung, Viöl 2004 (Faksimile der 1930 im 51. bis 80. Tausend im L. Volkswarte-V. erschienenen Aus. 93 S.)
  3. Ludendorff, Erich: Der totale Krieg. Ludendorffs Verlag, München 1935 (130 S.)
  4. Musial, Bogdan: Kampfplatz Deutschland. Stalins Kriegspläne gegen den Westen. Propyläen, Berlin 2008
  5. Musial, Bogdan: Stalins Beutezug. Die Plünderung Deutschlands und der Aufstieg der Sowjetunion zur Weltmacht. Berlin 2010
  6. Neue Archivfunde belegen: Polen plante 1932 Krieg gegen Deutschland. In: Junge Freiheit, 04/2007, zit. n.: Politik.de, 26.1.2007
  7. Werner, Walther (Pseudonym?): Erich Ludendorff über die polnisch-deutschen Beziehungen 1936/37. In: MuM, 9.4.1979, S. 289-294 [zitiert einen Brief Ludendorffs an Rudolf Sand aus dem Jahr 1935]
  8. Carmin, E.R.: Das schwarze Reich. Geheimgesellschaften. Templerorden, Thule-Gesellschaft, Das Dritte Reich, CIA. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2002 (zuerst 1997)
  9. Bading, Ingo: Die Wallstreet kaufte Hitler - Allen Dulles, der CIA und seine Verbindungsleute in Deutschland erledigten alles weitere. GA-j!, 25.12.2010
  10. Warburg, Sidney: De geldbronnen van het National-Socialisme. Drie gesprekken met Hitler. Vertaald door J.G. Schoup. Amsterdam 1933; zit. nach Carmin (siehe 6.), S. 223f
  11. Deschner, Karlheinz: Der Moloch. „Sprecht sanft und tragt immer einen Knüppel bei euch!“ Zur Amerikanisierung der Welt. Weitbrecht, Stuttgart 1992

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