Samstag, 19. September 2015

Ludendorff regt die Veröffentlichung der Schrift "Protestantische Rompilger" an

Tagebuch-Einträge von Alfred Rosenberg zwischen den Jahren 1936 bis 1938

Im Jahr 2004 ist eine Dokumentation der halbmonatlich erschienenen Stellungnahmen Erich und Mathilde Ludendorffs zum Kirchenkampf während des Dritten Reiches erschienen (1). Zu dieser Dokumentation ist auf dem Blog im Januar 2013 etwa folgendes gesagt worden, was hier zunächst wiederholt werden soll:

Eine 2004 erschienene Dokumentation stellt auf etwa 200 Seiten jeweils fast tagesaktuelle Stellungnahmen Erich und Mathilde Ludendorffs zum Kirchenkampf, bzw. allgemeiner zu allen Fragen rund um die "Glaubenskrise im Dritten Reich" zusammen und zur damit verbundenen ersten großen Kirchenaustrittswelle in Deutschland (ab 1935). Darin enthalten sind vor allem auch alle bislang nicht in Buchform veröffentlichte Aufsätze zu Themen im Zusammenhang von Kirchen- und Christentumskritik.

Abb.: Protestantische Rompilger (1937)
Allerdings lag der Fokus dieser Dokumentation nicht auf der Dokumentation zur Auseinandersetzung mit der katholische Kirche. Im Anhang dieses Bandes (S. 317 - 320) wurden unter "Nachweise zu in diesem Band nicht ausführlich behandelten Themen" außerdem fünf Aufsätze zum Themenbereich "Aufklärung über den christlichen Hexenglauben", 20 Aufsätze zum Themenbereich "Kampf gegen den Gotteslästerungs- bzw. Ketzer-Paragraph 166", acht Aufsätze zu "Kirchensteuer-Fragen", 14 Aufsätze zum Themenbereich "Kampf gegen die Teilnahme-Pflicht der Kinder am christlichen Religionsunterricht", vier Aufsätze zum Themenbereich "Skandal-Prozesse gegen die katholische Kirche: Devisenvergehen und § 175" und elf Aufsätze zum Themenbereich "Auseinandersetzung um die (bibelkritische Schrift) 'Das große Entsetzen - Die Bibel nicht Gottes Wort!" angeführt.

Dieser Band aus dem Jahr 2004 ist schon seit mehreren Jahren beispielsweise auf dem Wikipedia-Artikel zu Mathilde Ludendorff verzeichnet. Im "Karlsruher Virtuellen Katalog" ist er mindestens neun mal für den deutschsprachigen Raum katalogisiert. (Nämlich als Bestand der Nationalbibliotheken von Leipzig und Frankfurt am Main, der Universitätsbibliothek Gießen, der Erzbischöflichen Dombibliothek Köln, der Bibliothek der Evangelischen theologischen Fakultät Tübingen, der Fachbereichsbibliothek Geschichte der Universität München, der Landesbibliothek Kiel, der Universitätsbibliothek Greifswald und der Bibliothek des Konservatismus Berlin. Hinzu gekommen sind inzwischen auch die Bibliothek der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin.)

Diese Dokumentation aus dem Jahr 2004 enthält - und das soll Thema des vorliegenden Blogbeitrages sein - Lücken. Diese werden anhand einer neuen Veröffentlichung (2) erkennbar. Im vorliegenden Blogbeitrag soll deshalb nach und nach ergänzt werden, was man an Zeitzeugnissen entdeckt, die inhaltlichen in diesen Band gehören, dort aber noch nicht veröffentlicht worden sind. Also Ergänzungen, die sinnvollerweise in etwaige Neuauflagen einzuarbeiten wären.

Das lange Verschlossenhalten von Rosenbergs Tagebuch (1945 bis 2015)

Und zu diesen gehört zunächst ein Tagebuch-Eintrag von Alfred Rosenberg vom 19. August 1936. Die Überlieferungsgeschichte der Tagebücher von Alfred Rosenberg ist eine auffällige (2, S. 29ff). Auszüge derselben wurden während der Nürnberger Prozesse zugänglich gemacht (4). Der Hauptteil der Rosenberg'schen Tagebücher kam aber dann - unzulässigerweise - für lange Jahrzehnte in den Privatbesitz (!) des Anklägers Robert Kempner und blieb deshalb bis zum Jahr 2015 unveröffentlicht. Nur gut belesenen Fachleuten war bekannt, dass Kempner schon 1948 Auszüge aus diesen Tagebücher veröffentlicht hatte (3). Diese zum Verständnis der geistigen Entwicklungen im Dritten Reich sicher nicht unwichtige Veröffentlichung aus dem Jahr 1948 ist noch heute - zum Beispiel - nicht auf dem Wikipedia-Artikel zu Alfred Rosenberg verzeichnet.

Und selbst in der Veröffentlichung der Rosenberg-Tagebücher aus dem Frühjahr dieses Jahres fehlen nach Einschätzung der Herausgeber immer noch wichtige Bestandteile derselben. Nämlich Einträge zwischen Herbst 1941 und erster Hälfte 1942. Und auffallender Weise ist dies genau jener Zeitraum, in dem nach der heutigen - strafrechtlich geschützten - wissenschaftlichen Meinung innerhalb der deutschen Führungsspitze der Plan zur Ausrottung der europäischen Juden konkrete Gestalt angenommen hat. Welche Stellungnahmen und Hinweise es gibt in Bezug auf Alfred Rosenbergs Sichtweise auf die Judenmorde wird in der Einleitung sehr detailliert erörtert (2, S. 40-116), allerdings kann sich auch diese Darstellung an den entscheidenen Stellen nicht auf Tagebuch-Einträge stützen. Doch all das ist nicht das Thema des vorliegenden Blogartikels.

Es kann aber noch hinzugefügt werden, dass diese Tagebucheinträge von Alfred Rosenberg insgesamt einen weitaus weniger lamentierenden Eindruck machen, als seine schon lange bekannten Aufzeichnungen aus dem Nürnberger Gefängnis (1, S. 295-301; nach: 5). Die sicher nicht ganz unbedeutsame Kritik Rosenbergs an der Politik seines kulturpolitischen Rivalen und erklärten Gegners Josef Goebbels oder auch an der Politik des Gauleiters Erich Koch in der Ukraine ist schon in diesen Tagebuch-Blättern durchgängig enthalten. In ihnen wird Goebbels auch als verantwortlich erklärt für die Reichskristallnacht des Jahres 1938. Das Stichwort "Reichskristallnacht" fällt in der Rosenberg-Biographie von Ernst Pieper vier mal. Nirgendwo aber wird erörtert, dass Rosenberg die Reichskristallnacht laut eines schon 1956 veröffentlichten Tagebucheintrages abgelehnt hat! Da ein Zitat dieses Tagebuch-Eintrages derzeit offenbar auch sonst nirgendwo im Internet oder auf "Google Bücher" zu finden ist, soll es hier einmal ebenfalls gebracht werden. Rosenberg gibt ein Gespräch mit Heinrich Himmler über Josef Goebbels wieder, das wahrscheinlich im Dezember 1938 stattgefunden hat, und über das Rosenberg anfangs schreibt (2, S. 266f; 4):
Zunächst erzählte er (Himmler) die ganze Angelegenheit von Fritsch und von Blomberg und machte sein persönliches Unbeteiligtsein klar.
Nun, über das "Unbeteiligtsein" von Himmlers Gestapo denken wir allerdings - im Gegensatz zu hochgerühmten Spiegel- und Ifz-Historikern - ein wenig anders (siehe unsere Ausführungen über das Gestapo-Weisswaschbuch "Der Sturz der Generäle" auf dem Parallelblog). So "unbeteiligt" waren Heinrich Himmler und seine Gestapo ganz bestimmt nicht. Weiter gibt Rosenberg dann das Gespräch unter anderem folgendermaßen wieder:
Ich: Die Sache mit dem Judenprogrom war doch ebenso staatsschädigend. Dr. Goebbels hat nur auf Grund einer allgemeinen Anordnung des Führers gleichsam in seinem Namen die Aktion geboten. Görings Gegenbefehl kam zu spät. Schaden an Volksgut: fast 2 Winterhilfswerke: 600 Millionen!
Himmler: Ja; alles wird jetzt auf andere geschoben.
Ich: Für alles das, was Goebbels macht, müssen wir bezahlen. Es ist furchtbar.
Es würde wirklich zu weit führen, hier den Versuch einer weitergehenden Bewertung und Einordnung dieses Zitates zu unternehmen. Es soll nur als einer von vielen Hinweisen aufzeigen, dass zahlreiche Einzelheiten im Leben von Alfred Rosenberg, womöglich eine ganze, ihn eher entlastende Seite seiner Persönlichkeit, von der wissenschaftlichen Literatur bislang offenbar gar nicht zur Kenntnis genommen worden ist und deshalb gar nicht scheint aufgearbeitet zu sein. - Es stellt sich allerdings die Frage: Sollte das lange Verschlossenhalten der Gesamtheit der Tagebücher von Alfred Rosenberg genau diesem Zweck dienen?

Ab 1935 - "Ein Nachlassen der rein kirchlichen Kräfte"

Laut der eingangs genannten Dokumentation kennzeichnete Erich Ludendorff die Jahre 1933 und 1934 als "Jahre schwärzester pfäffischer Reaktion" (1, S. 3). Die Kirchenbeamten beider großer christlicher Kirchen sprühten vor Begeisterung für den nationalsozialistischen Staat und fühlten in diesem Aufwind für ihre eigenen Anliegen. Das Ermächtigungsgesetz für Adolf Hitler war ja auch mit Hilfe des katholischen Zentrums und vieler liberaler Protestanten beschlossen worden. Ihm folgte das Reichskonkordat mit der katholischen Kirche. In diesen Jahren traten denn auch weitaus mehr Deutsche wieder erneut in die christlichen Kirchen ein, als gleichzeitig aus diesen austraten.

Doch die dabei aufgekommenen scharfen Auseinandersetzungen zwischen den "Deutschen Christen" innerhalb der evangelischen Kirche einerseits und der "Bekennenden Kirche" andererseits, der heftige Streit zwischen ihnen führte - gemeinsam mit dem Antisemitismus, der auch auf das jüdische Christentum selbst ausgeweitet wurde und mit dem damals üblichen sonstigen Betonenen eines "heldischen", heidnisch-"germanischen Menschentums - in Deutschland dazu, dass sich immer mehr Nationalsozialisten geradezu angewidert von den christlichen Kirchen abwandten. Für die meisten von diesen wurde Alfred Rosenberg der Stichwortgeber, dessen Buch der "Mythos des 20. Jahrhunderts" dadurch plötzlich in den Mittelpunkt der weltanschaulichen Auseinandersetzungen innerhalb des Dritten Reiches geriet und dementsprechend von beiden christlichen Kirchen in jenen Jahren außerordentlich scharf bekämpft worden ist.

Aufgrund all dieser viele Zeitgenossen auch überraschenden Entwicklungen stellte Erich Ludendorff für das Jahr 1935 "ein Nachlassen der rein kirchlichen Kräfte" (1, S. 3) fest. Und die Jahre zwischen 1936 und 1938, in denen es zur bis dahin größten Kirchenaustrittsbewegung in der deutschen Geschichte gekommen ist (erst ab 1968 wurden wieder Zahlen ähnlichen Umfangs erreicht), kennzeichnete Erich Ludendorff sogar dahingehend, dass in ihnen der Nationalsozialismus das "Erwachen der deutschen Volksseele" insbesondere in Hinsicht auf weltanschaulich-religiöse Fragen "fördern" würde (1, S. 3).

Erich und Mathilde Ludendorff und die damalige Ludendorff-Bewegung waren diejenigen, die von vielen Zeitgenossen als jene angesehen wurden, die die beschriebenen Entwicklungen durch ihre Veröffentlichungen und ihre Mund-zu-Mund-Propaganda am rührigsten voran trieben.

Rosenberg meint, das Ehepaar Ludendorff hätte eine gute Schrift herausgebracht (August 1936)

Am 5. August 1936 veröffentlichte das Ehepaar Ludendorff - "entsprechend der heutigen Kampflage im Freiheitsringen" wie Erich Ludendorff schrieb - in ihrer Zeitschrift "Am Heiligen Quell Deutscher Kraft" jene Aufsätze, die dann auch als Sonderdruck unter dem Titel "Das große Entsetzen - die Bibel nicht Gottes Wort" veröffentlicht worden sind (1, S. 219). Der Bischof Otto Dibelius nahm zu dieser Schrift Stellung, ebenso gab es zahlreiche andere gegnerische Stellungnahmen. Erich Ludendorff antwortete auf diese in der gleichen Zeitschrift in der Ausgabe vom 20. Oktober 1936.

Zuvor allerdings, noch im August, schrieb er einen Brief an Alfred Rosenberg. Dessen abfällige Urteile in den "Nationalsozialistischen Monatsheften" des Jahres 1931 über Erich und Mathilde Ludendorff waren keineswegs vergessen. Eben so wenig die abfälligen Urteile Mathilde Ludendorffs über Rosenbergs Buch "Mythos" aus dem Jahr 1931 (1, S. 29-33). Ob der Wortlaut des Briefes von Erich Ludendorff an Alfred Rosenberg erhalten ist, ist einstweilen nicht bekannt. Alfred Rosenberg scheint aber durch diesen Brief insbesondere auch dazu angeregt worden zu sein, nun seine Schrift "Protestantische Rompilger" herauszugeben, die aus einem dem Haus Ludendorff sehr ähnlichen, außerordentlich polemischen, kämpferischen, antikatholischen und antichristlichen Geist heraus geschrieben worden war, und die ähnlich auflagenstark werden sollte wie sein Buch "Mythos des 20. Jahrhunderts" und seine Schrift "Dunkelmänner", und die einen ähnlichen Aufschrei in der protestantischen Welt auslösen sollte wie die beiden Vorgängerschriften. Jedenfalls spiegelt sich dieser Brief Erich Ludendorffs folgendermaßen in Rosenbergs Tagebuch-Eintrag vom 19. August 1936 wieder (zit. n. 2, S. 193f; auch in: 3):
Ich war erstaunt, heute einen Brief von Ludendorff zu erhalten. Unter Hintanstellung "persönlicher Bedenken" übersendet er mir das gemeinsam mit seiner Frau gemachte neue Erzeugnis "Die Bibel nicht Gottes Wort". Ich habe die Schrift gelesen, sie ist bedeutend besser als Mathildens sonstige Elaborate, die an Schwulst und Geschmacklosigkeit schwer zu übertreffen sind.
Er hält diese Schrift also - soweit man sieht - für gelungen. Es folgen dann noch einige Mathilde Ludendorff herabsetzende Ausführungen über sie als "Jugendstil-Philosophin" und über den von ihr "erhobenen philosophischen Regenschirm", der nicht zu Erich Ludendorff passen würde.

Zur Neufassung des Gotteslästerungsparagraphen § 166

Rosenberg schreibt dann weiter: Er - Ludendorff -
ficht jetzt als Sektierer für "die größte Philosophin des deutschen Volkes". Ludendorff hat - nicht unberechtigte - Furcht, dass der § 166 für Konfessionsschutz in beabsichtigter Form durchgebracht würde. Als ich damals diese schlau ausgeklügelte Fassung zu Gesicht bekam, die uns den Schutz unserer geschworenen Gegner aufbürden und uns selbst den Mund stopfen sollte, da habe ich sofort bei Heß geharnischten und begründeten Einspruch eingelegt. Die Frage wurde dann bearbeitet und in ausführlicher Begründung der Ablehnung an die Kirchenparagraphen-Kommission geschickt. Eine Zeitlang darauf fand dann bei Heß noch eine Sitzung statt, um den Standpunkt der Partei festzulegen. Ich schickte Ziegler mit unserem Vorschlag hin und dieser wurde dann auch einmütig angenommen. Es kann demnach nur einen Schutz der religiösen Überzeugung des Volkes geben, nicht Ausnahmen zugunsten einiger Konfessionen, die ihrerseits frech genug sind, alles zu beschimpfen, was ihren abgestandenen Kram nicht mehr als der Weisheit letzter Schluss gelten lassen kann.
Hier gebärden sich die protestantischen Priester beinahe noch herausfordernder als die römischen. In meinem Schreibtisch liegt seit fast einem Jahr ein Manuskript über sie unterm schmerzhaften Titel "Protestantische Rompilger". Möglich, dass ich es jetzt noch fertigschreiben und herausgeben werden, um den schnatternden Pfuhl noch weiter aufzuregen.
Die Auseinandersetzungen rund um die Neufassung des Gotteslästerungsparagraphen 166, die Erich Ludendorff bis zu seinem Lebensende im Dezember 1937 ein wesentliches Anliegen gewesen ist und um derentwillen er unter anderem auch an Hermann Göring schrieb, müssten noch einmal in einem eigenen Artikel zusammenfassend dokumentiert werden (siehe auch: Wiki).

Rosenberg erhält den "deutschen Nobelpreis" (September 1937)

Auf dem Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg wird am 7. September 1937 bekannt gegeben, dass Alfred Rosenberg - mit vier weiteren Nominierten - den in diesem Jahr gestifteten "deutschen Nobelpreis" verliehen bekommt, den "Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft". Die Entscheidung über die Nominierten hatte Hitler - zunächst nur vorläufig - am 3. September getroffen, sie sich aber bis zum 7. September vorbehalten (Wiki). Diese Verleihung an Rosenberg war eine der vielen Gesten Hitlers gegenüber dem Papst in Rom und gehört in die Abfolge der schwankenden Entscheidungen Hitlers während des Jahres 1937 in seiner Haltung gegenüber der katholischen Kirche hinein. Hierbei spielte sich auch vieles eher im politischen Hintergrund ab, von dem die große Öffentlichkeit damals kaum Kenntnis erhielt (siehe "Mordpläne Hitlers gegen Ludendorff"). Alfred Rosenberg, der - zumindest laut seines Tagebuches - von diesem Hintergrundgeschehen nur wenig scheint mitbekommen zu haben, zeigte sich über die Verleihung des Nationalpreises in seinem Tagebuch emotional außerordentlich bewegt. Er schrieb nach dem Parteitag in sein Tagebuch (2, S. 242-244):
Als entscheidendes Zeichen dieser Tage wurde von Partei und Ausland die Auszeichnung für mich durch Verleihung (als erstem unter den Lebenden) des Nationalpreises empfunden. Mit Recht. (...) Mit mir verknüpft sich nun einmal der Begriff des erbittertsten Kampfes gegen Rom. (...) Wenn der Führer auch amtlich sich zurückhalten musste, so hat er mich doch den Kampf führen lassen. Die Herausstellung meiner Person war somit Reichs-Programm geworden; die "privaten Ansichten" zur Grundlage der ganzen Revolution des Führers erklärt worden. (...) Ein päpstliches Organ hat die Preisverleihung an mich als Schlag ins Gesicht des Hl. Vaters erklärt. Dieser H. Vater hat dann auch vor deutschen Pilgern "mit Kummer" erklärt, es sei schrecklich, dass einer, der alles Katholische angreife, "zum Propheten des Reiches" erklärt worden sei.
Hitler hätten Tränen in den Augen gestanden als er Rosenberg die Verleihung des Nationalpreises an ihn - wohl Anfang September - mitgeteilt hätte. Weiter schreibt Rosenberg unter anderem:
Die Gauleiter haben zum Teil geheult. (...) Der gute Röver sagte dem Führer: "Das ist der schönste Tag meines Lebens." (...) Zur gleichen Zeit erschienen die "Protestantischen Rompilger". Ich hatte sie früher dem Führer zugeschickt: ob sie schon tragbar wären. Der Führer: Es ist ja sowieso jetzt schon alles gleich. - Und so laufen sie jetzt - zu Hunderttausenden und haben die ganze Pastorenbande in heftigste Unruhe versetzt. Viele allerdings schreiben mir mit freudigster Zustimmung.
Auch die Wirkungsgeschichte dieser sehr scharfen Schrift soll an dieser Stelle nicht erörtert werden (aber siehe: Wikipedia).
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  1. Ludendorff, Erich und Mathilde: Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945. Dokumente zur deutschen Religions- und Geistesgeschichte 1933 - 1945. Der Kampf um die geistige Führung zwischen dem Haus Ludendorff, dem Nationalsozialismus und den Kirchen. Zusammengestellt und erläutert von Erich Meinecke. Freiland-Verlag, Viöl 2004 
  2. Matthäus, Jürgen; Bajohr, Frank (Hg.): Alfred Rosenberg - Die Tagebücher von 1934 bis 1944. S. Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 2015
  3. Kempner, Robert M. W.: Der Kampf gegen die Kirche. aus unveröffentlichten Tagebüchern Alfred Rosenbergs. In: Der Monat, Jg. 1, 1948, Nr. 10, S. 26-38
  4. Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs 1934/35 und 1939/40. Hrsg. und erläutert von Hans-Günther Seraphim nach der photographischen Wiedergabe der Handschrift aus den Akten des Nürnberger Prozesses. Musterschmidt, Göttingen 1956 
  5. Großdeutschland, Traum und Tragödie. Rosenbergs Kritik am Hitlerismus. Selbstverlag H. Härtle, München 1970 [enthält die letzten Aufzeichnungen Rosenbergs aus dem Nürnberger Gefängnis 1946]

Donnerstag, 17. September 2015

Die Arbeit der Bismarck-Museen in Friedrichsruh und Schönhausen

Als Maßstäbe für die Arbeit des Ludendorff-Achivs in Tutzing

Dieser Blog leistet eigentlich jene Öffentlichkeitsarbeit, die das testamentarisch vorgesehene Ludendorff-Archiv in Tutzing für sich als Aufgabe erkennen könnte. Dabei ist schon in verschiedenen Zusammenhängen die Rede gewesen von Aufgaben, die ein testamentarisch vorgesehenes Ludendorff-Archiv in Tutzing auch in Bezug auf die Sicherstellung von Sachgütern für sich sehen könnte (Familiensilber wird verkauft 1/2012, Ludendorffs Möbel 12/2012, Ludendorff-Archiv 12/2012, Kitsch, Kunst und Krempel 3/2013). Eine Reaktion von Seiten der Verantwortlichen des Ludendorff-Archivs in Tutzing auf unsere nun fünfjährige Blogarbeit hat es so gut wie keine gegeben bislang. Dieser Verein veranstaltet ja auch - wie dieses Jahr im Bayrischen Fernsehn berichtet wurde - "Tage der Offenen Tür" mit geschlossenen Türen.

Wenn man aber nach allgemeineren Maßstäben suchen sollte, anhand deren sich die Arbeit auch eines Ludendorff-Archivs in Tutzing messen lassen könnte, könnte es durchaus sinnvoll sein, einmal ein Buch in die Hand zu nehmen, das 1990 im "Reprintverlag im Zentralantiquariat der DDR" erschienen ist (1). Es gibt eine liebevolle Übersicht über die "Bestände des früheren Bismarck-Museums in Schönhausen (Elbe)". Ein Museum, für das sich laut dieses Buches noch 1945 sowjetische Offiziere interessierten, und das eine Fülle von "Kult und Kitsch um den Reichsgründer" mit großer Sorgfalt ausstellte, und dessen Bestände sofort nach der Wende noch im Jahr 1990 erneut so liebevoll der Öffentlichkeit präsentiert worden sind (1).

Auch in Bezug auf die Person Erich Ludendorffs werden womöglich künftige Generationen mehr als eine heutige Generation danach fragen, ob die Arbeit des von Erich und Mathilde Ludendorff testamentarisch vorgesehenen Ludendorff-Archivs in Tutzing, das bis heute fortbesteht - und das ausdrücklich im Sinne von Mathilde Ludendorff ganz genauso arbeiten sollte wie etwa das von ihr hochgeschätzte Schopenhauer-Archiv in Frankfurt am Main - vor einem Maßstab bestehen kann, den im Jahr 1990 der "Reprintverlag im Zentralantiquariat der DDR" setzte bei der liebevollen Dokumentation nur allein schon von "Kult und Kitsch rund um den Reichsgründer" Otto von Bismarck.

In diesem damaligen Band sind dokumentiert die hölzerne Wiege Bismarcks (1, S. 16), es sind Stühle, Schreibtische, Wohnschränke aus dem Besitz Otto von Bismarcks dokumentiert (1, S. 18, 64f, 98f), es ist sein Arbeitszimmer dokumentiert (1, S. 76), es ist seine Aktentasche dokumentiert (1, S. 27), seine Zigarrentasche (1, S. 33), seine Uniform aus der Schlacht von Königgrätz (1, S. 34), die Schreibfeder, mit der Bismarck 1871 den Friedensvertrag mit Frankreich unterzeichnete (1, S. 39), es sind völkerkundliche Geschenke von Forschungsreisenden aus Afrika dokumentiert (1, S. 81-84), es sind sogar Hundehalsbänder und -freßnäpfchen von Bismarcks Hunden dokumentiert (1, S. 118) - um nur einige wenige Beispiele herauszugreifen. Es sind auch zahllose, wertvolle Geschenke dokumentiert, die Otto von Bismarck von allen Seiten zugekommen sind als Dank für seine politische Tätigkeit. So erhielt er ein Trinkhorn, eine gußeiserne Frauenfigur, eine Nachbildung der Siegessäule (1, S. 40, 42)  und des Niederwalddenkmals (1, Abb. 89) von Kaiser Wilhelm I..

Er besaß das berühmte Gemälde von Anton von Werner "Kaiserproklamation von Versailles" (1, Abb. 40), einen Tafelaufsatz aus Glas als Geschenk der böhmischen Glashütte Theresienthal (1, Abb. 69), die Petschaft Kaiser Wilhelms I., die Kaiser Wilhelm II. Bismarck 1895 zum Geburtstag schenkte (1, Abb. 85). Und in diesem Band sind auch unzählige zeitgenössische Postkarten dokumentiert mit Fotografien und Zeichnungen der Person Bismarck in unterschiedlichen Zusammenhängen und von der näheren Umgebung Bismarcks oder mit huldigenden Gedichten auf Otto von Bismarck und auf seine Taten.

Für all diese Museumsbestände und ihre Dokumentation könnte auf parallele Erscheinungen hingewiesen werden, wie sie für Erich Ludendorff dokumentiert werden könnten (Familiensilber wird verkauft 1/2012, Ludendorffs Möbel 12/2012, Ludendorff-Archiv 12/2012, Kitsch, Kunst und Krempel 3/2013). Auch er erhielt Geschenke von Kaiser Wilhelm II.. In der Ludendorff-Gedenkstätte in Tutzing scheint das jedermann kalt zu lassen. Soweit man das zumindest mitbekommt. Denn es müßten ja doch zumindest Spendengelder eingeworben werden, wollte man solche Nachlass-Stücke für die Gedenkstätte in Tutzing sicherstellen.

Die Bismarck-Stiftung als eine von mehreren "Politikergedenkstiftungen"

Wie arbeiten nun heute die Bismarck-Museen in Friedrichsruh und Schönhausen an der Elbe? Dazu im folgenden einige wissenswerte Bemerkungen.

Die deutsche Geschichte etwa seit 1800 ist immer wieder von bedeutenden Persönlichkeiten bestimmt gewesen. Da war etwa der Freiherr vom Stein, da war zwischen 1862 und 1898 Otto von Bismarck, die Zeit von 1890 bis 1918 ist von Kaiser Wilhelm II. und seiner Frau Augusta bestimmt gewesen, zwischen 1914 und 1937 in unterschiedlichem Ausmaß von Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff. Repräsentanten des demokratischen Deutschland waren schließlich etwa  Friedrich Ebert, Theodor Heuß, Konrad Adenauer oder Willy Brandt.

Für einige dieser Persönlichkeiten der deutschen Geschichte wie etwa für Friedrich Ebert, für Theodor Heuß, für Konrad Adenauer oder auch für Willy Brandt gibt es heute staatseigene, also bundeseigene "Politikergedenkstiftungen". Diese widmen sich der geschichtlichen Aufarbeitung ihres Wirkens. Seit 1996 gehört zu diesen bundeseigenen Politikergedenkstiftungen auch die Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh bei Hamburg. Ihr gehören so berühmt-berüchtigte Kuratoriumsmitglieder an wie etwa Henry Kissinger.

Wenig öffentliche Aufmerksamkeit für das Bismarck-Museum in Friedrichsruh?

Wer von Schleswig-Holstein kommend Hamburg östlich umfahren will, um auf die A 24 Richtung Berlin zu gelangen, und dabei auf die Autobahnauffahrt Schwarzenbeck bei Hamburg zielt, wird allerdings nirgendwo daran erinnert (Stand: 2009), dass näher als die Stadt Schwarzenbeck zu dieser Autobahnauffahrt Friedrichsruh und der Sachsenwald liegen, jene Orte und Gegenden, die wie keine zweiten heute mit der Erinnerung an den Namen Otto von Bismarck verbunden sind (Wiki):
Nach dem Sieg über Frankreich und der Reichsgründung 1871 erhielt Otto von Bismarck den Sachsenwald als Schenkung von Kaiser Wilhelm I. aus seinem Besitz als Herzog von Lauenburg. Bismarck ließ darin eine unmittelbar an der Eisenbahnstrecke Hamburg-Berlin gelegene Gaststätte zum Herrenhaus ausbauen. Noch heute wohnen seine Nachkommen hier.
Das von Bismarck ausgebaute Herrenhaus selbst ist allerdings 1945 von alliierten Bombern - obwohl als Lazarett gekennzeichnet - zerstört worden. Jahrzehnte lang machte Friedrichsruh auf den Besucher einen eher heruntergekommenen, fast verwahrlosten Eindruck. An einen Otto von Bismarck wollte nach 1945 kaum jemand erinnert sein, auch nicht westlich der Elbe.

Abb. 1: Die Ruinen des alten Schlosses in Friedrichsruh und der Neubau im Jahr 1950 (a)
Seit 1996 aber hat sich in diesem Friedrichsruh, dem Lebensmittelpunkt Otto von Bismarcks in seinen letzten 27 Lebensjahren - also zwischen 1871 und 1898 - viel getan. Denn 1996 ist vom Deutschen Bundestag die "Otto von Bismarck-Stiftung" eingerichtet worden, die in dem dafür endlich renovierten Bahnhofsgebäude von Friedrichsruh ihren Sitz gefunden hat. In diesem Gebäude unterhält die Stiftung neben Archiv, Forschungsbibliothek und Arbeitsräumen auch eine moderne, sehenswerte Ausstellung "Otto von Bismarck und seine Zeit". Sie kann kostenlos besichtigt werden und kann - wie 2009 erlebt - auch ansonsten geschichtlich wenig bewanderte Besucher zu überraschten Ausrufen hinsichtlich der Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit des Politikers Otto von Bismarck veranlassen.

Seit 2007 und 2009 betreut diese Stiftung auch das Bismarck-Museum an seinem Geburtsort in Schönhausen an der Elbe und des seit 1951 in Bismarck'schem Familienbesitz befindliche Bismarck-Museum in Friedrichsruh. Ebenso arbeitet die Bismarck-Stiftung mit zahlreichen anderen Stiftungen und Vereinen zusammen wie etwa den anderen bundeseigenen Politikergedenkstiftungen (für Adenauer, Willy Brandt, Theodor Heuß und Friedrich Ebert), dem Bismarck-Museum in Bad Kissingen oder dem Brandenburg-Preußen Museum in Wustrau.

Abb. 2: Ausstellung "Bismarck und seine Zeit" (Friedrichsruh)
Das abfällige Reden von "Devotionalien"

Heute wird gern und häufig abfällig über "Devotionalien" und über "Devotionalienhandel" gesprochen. Angesichts der Fülle der Geschenke, die Otto von Bismarck über die Jahre und Jahrzehnte hinweg aus allen Teilen Deutschlands in der Begeisterung und Dankbarkeit für sein politisches und geschichtliches Wirken dargebracht worden sind, stellt sich offenbar bis heute für die Familie von Bismarck die Frage: Was macht man mit all diesen vielen "Devotionalien", die sich im Besitz der Familie befinden? Sind sie wertlos? Soll man sie dem Müll übereignen oder durch Verkauf in alle Winde zerstreuen lassen? "Ist das Kunst oder kann das weg?"

Abb. 3: Familien-eigene Ausstellung in Friedrichsruh
Die Familie von Bismarck hat sich - wie einem Schild an der Außenwand des von ihr schon 1951 eingerichteten Museums zu lesen ist - für etwas anderes entschieden. Es steht dort (s. Abb 3.):
Seit 1951 beherbergt das "Alte Landhaus", zuvor Traditionsgasthaus in Friedrichsruh, eine bedeutende Sammlung von persönlichen Erinnerungsstücken und teils sehr wertvollen Devotionalien aus dem Besitz der Familie von Bismarck.
Die seit dieser Zeit im Wesentlichen unveränderte Ausstellung wird seit dem 1. Juli 2009 von der (...) bundeseigenen Otto-von-Bismarck-Stiftung organisatorisch betreut. Die Stiftung ist bemüht, den Erinnerungs- und Lernort Friedrichsruh lebendig zu erhalten. ...
Die Familie von Bismarck hat auch 1998/99 mitgeholfen, das Forsthaus Friedrichsruh zu renovieren und dort eine unter Denkmalschutz stehende Gaststätte einzurichten:
Zahlreiche Einrichtungsgegenstände des alten Reichskanzlers unterstreichen die gediegene Atmosphäre des Forsthauses.
Auch in diesem weitläufigen Restaurant findet man heute so die eine oder andere "Bismarck-Devotionalie", die die Atmosphäre des Hauses bestimmt. Die Bismarck-Stiftung hat übrigens auch eine Facebook-Seite, über die man regelmäßig Aufkunft über die Aktivitäten erhält, wenn man dies nicht über ihre offizielle Internetseite selbst tun möchte.

Und wo gibt es Erinnerungen an Paul von Hindenburg, respektive Erich Ludendorff?

Wie eben schon deutlich wurde, haben die bundeseigenen Politikergedenkstätten bislang den zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik ausgelassen, nämlich Paul von Hindenburg. Es wäre naheliegend, für ihn heute Gedenkräume einzurichten in der "Hindenburg-Villa" in Hannover in der Bristoler Straße, in jener Villa, die von Hindenburg 1919 bis 1925 als Hauptwohnsitz genutzt hat (ab). (Übrigens scheint es in der Stadt Marienburg in Westpreußen noch heute oder heute wieder ein "Hindenburg-Zimmer" zu geben.) Hindenburgs Familienbesitz, das Gut Neudeck in Ostpreußen, ist 1945 zerstört worden ebenso wie Bismarcks Familienbesitz Varzin in Pommern. (Erich Ludendorffs Geburtshaus in Kruszewnia bei Posen in der ehemaligen Provinz Posen hingegen ist bis heute erhalten.)

Abb. 4: Bismarck-Büste im Forsthaus Friedrichsruh
Das Gut Neudeck in Ostpreußen, von Hindenburg bewohnt bis 1934 (a), ist 1945 zerstört worden und später bis auf die Grundmauern abgeräumt worden. Heute erinnert dort nichts mehr an das frühere Gut.

Abb. 5: Bismarck-Museum Friedrichsruh
Im Arbeitszimmer des Reichspräsidenten von Hindenburg in Neudeck in Ostpreußen hingen an der Wand ein Porträt von Bismarck über Eck neben einem Porträt von Erich Ludendorff (a).

Abb. 6: Hindenburgs Arbeitszimmer in Neudeck in Ostpreußen
All diese Gedenkstätten, Museen, Archive und ihre Arbeit lassen jedenfalls weiterhin mit vielen Fragen auf das Ludendorff-Archiv in Tutzing blicken. Wie erkennbar geworden sein dürfte, konnte es sich im Jahr 1990 sogar ein ehemaliger DDR-Verlag erlauben, liebevoll an Otto von Bismarck zu erinnern, ohne dass man sich dazu gar zu stark mit dem Weltbild oder mit dem geschichtlichen Wirken Otto von Bismarcks identifizieren musste. Sollte das einem Erich Ludendorff gegenüber heute so ganz und gar unmöglich sein? "Tage der geschlossenen Tür" hat es im Leben Erich und Mathilde Ludendorffs jedenfalls nur außerordentlich seltene gegeben. Der 9. April 1935 war in der Tat ein solcher "Tag der geschlossenen Tür" für - Adolf Hitler. Erich Ludendorff weigerte sich, ihn an diesem Tag in seinem Haus zu empfangen. Zugleich aber war es ein Tag der offenen Tür für den Generalfeldmarschall von Blomberg, den Generalfeldmarschall von Fritsch, für den deutschen Kronprinzen und für so viele andere Erich Ludendorff sehr willkommene Menschen. Auch Journalisten aus dem In- und Ausland hat Erich Ludendorff damals Interviews gegeben.

1924/25 - Ob da wohl nicht ein Pferdefuß drin versteckt ist?

Um hier gleich ein Beispiel für die Verehrung Erich Ludendorffs in der Bevölkerung zu bringen. Wie Bismarck sind auch ihm im Laufe der Jahre die unterschiedlichsten möglichen und unmöglichen Geschenke gemacht worden. Und es sind offenbar auch solche, die dann im Auktionshandel kursieren. So hat man nicht nur in der klassischen griechischen Antike gerne einmal Trinkgefäße in der Form eines Pferdehufes gebildet ... (s. Abb. 7)

Abb. 7: Eine attische, rotfigurige Tasse in Form eines Kuhhufes, 470/460 v. Ztr. (heute im Metropolitan Museum of Art)
... Auch aus dem 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es viele präparierte Pferdehufe von gestorbenen Pferden, die zu verschiedenen Schmuck- und Gebrauchsgegenständen umgearbeitet wurden. Insbesondere zu Aschenbechern (abcd). Aber auch zu: NadelkissenNähkästchenTintenfässern oder auch einfach nur als Wandschmuck. Ob man sich damit gerne auch möglichst lebhaft den Umstand hatte vor Augen führen wollen, dass in so manchem Ding "ein Pferdefuß versteckt" sein kann, muss einstweilen dahingestellt bleiben. Als "Kuriosa" muss man solche Gegenstände heute auf jeden Fall empfinden.

Jedenfalls scheint auf bislang nicht zu klärende Weise ein solcher präparierter Pferdehuf 1924/25 in den Besitz Erich Ludendorffs gekommen zu sein. In diesem Fall zu einem Feuerzeug umgearbeitet (Abb. 8, 9). Vom Kaiser selbst war ihm ja schon ein Aschenbecher geschenkt worden aus der kaiserlichen Majolika-Fabrik in Cadinen (siehe früherer Beitrag). Hier nun vielleicht ein dazugehöriges Feuerzeug. (Erich Ludendorff war kein Raucher, machte daraus aber auch "kein Dogma", wie der Ludendorff-Anhänger Erich Limpach berichtete.)

Abb. 8: Ein Pferdehuf als Feuerzeug
Ein solches Feuerzug nun, auf dem der Name "Ludendorff" mit der Jahreszahl "1924-25" eingraviert ist, ist in Großbritannien zum Verkauf angeboten worden (1). Natürlich kann dieser Gegenstand auch einfach nur ein Ausdruck von Ludendorff-Verehrung unter Anhängern Erich Ludendorffs in der damaligen Nationalsozialistischen Freiheitsbewegung gewesen sein, ganz ohne dass Erich Ludendorff damit je etwas persönlich zu tun gehabt haben muss.

Abb. 9: "LUDENDORFF . 1924/5"
Das Feuerzeug selbst scheint von der amerikanischen Feuerzeugfirma "Ronson" hergestellt worden zu sein. Diese wurde 1886 gegründet und existiert bis heute. Es könnte sich natürlich auch um den Huf eines treuen Reitpferdes von Erich Ludendorff handeln. Offiziere besaßen zumindest bis 1914 eigene Reitpferde. Der Leibbursche musste diese versorgen. Erich Ludendorff berichtet in Briefen an seine Eltern vor 1914 (siehe Biographie von M. Nebelin) über mancherlei Sorgen bezüglich seiner Pferde. Diese mussten ja auch bei Umzügen mitgenommen werden (Unterbringung, Krankheiten). Noch 1937 denkt er bei Behandlung vieler Unsitten unter der Studentenschaft an einen eigenen morgendlichen Ausritt in Jena (2, S. 20):
Unwillkürlich musste ich daran denken, wie ich einst in Jena gelegentlich einer Generalstabsreise, als ich um 5 Uhr morgens wegritt, junge Studenten noch beim Biere betrunken auf dem Marktplatz gröhlend sitzend sah.
Ein malerisches Bild im übrigen, das fast an die Zeit Goethes in Jena erinnert, der die Zeilen dichtete:
Und ich reite froh in alle Ferne 
Über meiner Mütze nur die Sterne.
Dieser Huf könnte Ludendorff auch von seinem Leibburschen geschenkt worden sein. Doch hätte der nicht wissen sollen, dass Erich Ludendorff kein Raucher war? Oder verbrachten die letzten Pferde Ludendorffs ihre Altersjahre auf einem Gut, dessen Gutsbesitzer nach dem Tod eines dieser Pferde Ludendorff dieses Geschenk machte? Am 6. Mai 1922 ist Erich Ludendorff ja auch als Zuschauer des Reit- und Fahrturniers in Eisenach fotografiert worden.
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  1. Breitenborn, Konrad: Bismarck. Kult und Kitsch um den Reichsgründer. Aus den Beständen des früheren Bismarck-Museums in Schönhausen (Elbe) und dem Archiv der ehemaligen Stendaler Bismarck-Gesellschaft. Reprintverlag im Zentralantiquariat der DDR, Leipzig 1990 
  2. Ludendorff, Erich: Auf dem Weg zur Feldherrnhalle. Lebenserinnerungen an die Zeit des 9. 11. 1923. Ludendorffs Verlag, München 1937

Ein Groschenroman-Autor nimmt Mathilde Ludendorff in Schutz (1938)

Der Hamburger Autor Hanns-Claus Roewer veröffentlichte Schriften über Erich Ludendorff (1935 bis 1938)

Etwa zwischen 1935 und 1938 sind drei wenig verbreitete, kleine Hefte erschienen über Erich Ludendorff und die Ludendorff-Bewegung, und zwar folgende:
  • Roewer, Hanns-Claus: Ludendorff und die neue Wehrmacht. W. Nölting, Hamburg; Franz Winter, Leipzig 1935 (15 S.)
  • Revor, John (d. i. Hanns-Claus Roewer): Ludendorff als Feldherr, Politiker und Mensch. Eine Würdigung nach geschichtlichen Quellen im Lichte absoluter Objektivität. Uhlenhorst-Verlag, Hamburg o. J. (um 1934/35?) (16 S.)
  • Revor, John (d. i. Hanns-Klaus Roewer): Ludendorffs deutsche Gotterkenntnis. Heiden- oder Christentum? Für und wider das Haus Ludendorff! Uhlenhorst-Verlag, Brenner, Hamburg, o. J. (15 S.)
Abb. 1: John Revor - Ludendorffs deutsche Gotterkenntnis (o.J.)
Die beiden letzteren erschienen unter Pseudonym. Deshalb konnten diese Hefte von den Zeitgenossen wahrscheinlich gar nicht ihrem eigentlichen Autor zugeordnet werden. Bei diesem handelte es sich um Hanns-Claus Roewer (1901-1969). Er schrieb unter Pseudonymen wie "Johannes" oder "John Revor". Seine Veröffentlichungen - zumeist Groschenromane (in der Sprache der damaligen Zeit) - erschienen auch unter Namen wie "Hans Klaus Roewer", "Hans Claus Roewer" oder "H. C. Roewer". Hanns-Claus Roewer war offensichtlich Hamburger. Er wurde in Hamburg geboren und starb auch dort. Er hat Geschichten im Hamburger Dialekt veröffentlicht, sowie einen Stadtführer für Hamburg. Er hat in den Bereichen Drama, Roman, Film und Novelle veröffentlicht. Sein Schwerpunkt lag aber eindeutig auf der Veröffentlichung von Groschenromanen, von denen er bis in die 1960er Jahre alljährlich drei bis vier Stück veröffentlichte. Eine ganz vorläufige Bibliographie findet sich unten zusammen gestellt, erarbeitet anhand von Internetangaben (1-62).

1935 brachte Hanns-Claus Roewer auch eine der ersten Bildergeschichten über die Micky-Maus im deutschsprachigen Raum heraus. Ob nun die genannten drei wenig verbreiteten Schriften über Erich Ludendorff in der Publizistik der Ludendorff-Bewegung selbst jemals besprochen worden sind, wäre noch einmal zu überprüfen. Bis auf weiteres wird es wohl ein wenig rätselhaft bleiben müssen, warum ein Autor, der über sein Leben hinweg im Wesentlichen mit heiteren Groschenromanen seinen Lebensunterhalt bestritten hat, sich zwischen 1935 und 1938 ausgerechnet so ernsten Themen wie der Christentums-Kritik, sowie Erich Ludendorff und der Ludendorff-Bewegung und ihren weltanschaulichen Grundlagen zugewandt hat.

Abb. 2: John Revor - Ludendorff als Feldherr, Politiker und Mensch (o.J.)
Im Geist von "Schwarz-Weiß-Rot" im Jahr 1938?

Man wird die drei Schriften am eheste als "vom Zeitgeist ergriffene" verstehen können. Zusätzlich könnte im vorliegenden Beitrag noch der Arbeitsthese nachgegangen werden, dass es sich bei diesen drei Schriften auch um Auftragsarbeiten gehandelt haben könnte. Die dritte genannte Schrift ist auf dem Umschlagbild schwarz-weiß-rot umrandet. Diesen Umstand wird man ungewöhnlich nennen müssen für die Hochzeit des Nationalsozialismus. Identifizierten sich doch mit "Schwarz-Weiß-Rot" weniger die Nationalsozialisten, sondern eher frühere Sympathisanten mit der DNVP, also die "Deutschnationalen", denen wohl in der Regel auch ein großer Teil der Offiziere der Reichswehr bis 1933 nahe gestanden hatte, und mit denen jene unter diesen Offizieren weiter sympathisiert haben werden, die dem Nationalsozialismus weiterhin kritisch und distanziert gegenüber standen oder deren Haltung sich diesbezüglich sogar verstärken sollte.

Hier auf dem Blog ist schon verschiedentlich darauf hingewiesen worden, dass es nach den Morden des sogenannten "Röhm-Putsches" vom 30. Juni 1934 und nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 2. August 1934 viele Versuche von seiten der Wehrmachtführung gegeben hat, den General Erich Ludendorff als ein Gegengewicht gegen die Übermacht Adolf Hitlers und seiner Partei in Deutschland in Stellung zu bringen.

Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass diese drei Schriften über Erich Ludendorff und seine Gotterkenntnis auch aus dem Umfeld solcher Bestrebungen heraus entstanden sein könnten. Das Bemerkenswerte vor allem der dritten dieser drei Schriften ist, dass diese in ihrer Annäherung an die Philosophie Mathilde Ludendorffs sogar noch weiter geht, als sich dazu selbst ein - Erich Ludendorff so offen und aufnahmebereit gegenüberstehender - General wie Ludwig Beck verstehen wollte. Roewer geht mit dieser Schrift auch sehr deutlich hinaus über jene "Synthese"-Versuche zwischen Christentum und Ludendorffscher Weltanschauung, wie etwa ein Wilhelm Breucker sie Erich Ludendorff gegenüber in Vorschlag gebracht hatte (siehe dazu früheren Beitrag hier auf dem Blog).

"Der General und seine hochherzige Gattin"

Schon der Schrift "Ludendorff als Feldherr ...", deren bibliographische Datierung "1934/35" womöglich doch eher auf das Jahr 1936 zu verlegen sein wird, konnte man anmerken, wie sehr ihr Autor mit der Erkenntnis ringt, dass Erich Ludendorff nach den Maßstäben der damaligen Zeit als ein rundum vorbildlicher Mensch zu gelten hätte. Ludendorff, so ruft man sich bei der Lektüre derselben in Erinnerung, war damals - zumal auch unter "deutschnationalen" Christen - politisch und weltanschaulich von allen Seiten so umstritten, dass sich diese Erkenntnis erst gegen eine Vielzahl von Vorbehalten und Vorurteilen auch in diesem Autor selbst nach und nach durchsetzen musste. Und zwar indem er sich zunächst einmal vor allem an Nachschlagewerke und allgemein anerkannte Werke der Kriegsgeschichte hielt. Zu dieser Erkenntnis gelangt der Autor sichtlich "notgedrungen". Schon in dieser Schrift schreibt Hanns-Claus Roewer aber auch mit Hochachtung vor Mathilde Ludendorff (S. 13):
Die Anschauungen des Hauses Ludendorff, die von dem General und von seiner hochherzigen Gattin in gleicher Weise getragen wird, verdient mit Recht Kulturarbeit genannt zu werden. Allein schon die Prägung des Wortes von den "Überstaatlichen Mächten" stellt eine Kulturtat dar. (...) Mit seiner Kampfansage gegen jene überstaatlichen Mächte knüpft Ludendorff zugleich an die Ideen und Gedankengänge jener Männer an, die bereits im Zeitalter der Aufklärung einen erbitterten (...) Kampf gegen Rom und seine Trabanten (...) führten. Was jene Männer wie Paul Lagarde, Nietzsche und viele andere mehr vielleicht nur zum geringeren Teil erkennen konnten, hat sich in Ludendorffs Gedankenwelt prismenartig zusammengedrängt.
Im weiteren spricht er dann schon in dieser Schrift von "Karl dem Sachsenschlächter", vom Gang nach Canossa, von dem geschichtlichen Ringen zwischen dem deutschen Volk und "Rom" einigermaßen auf der Linie eines typischen Kirchen- und Christentumskritikers.

All dies ist deshalb so bemerkenswert, weil die zumeist sehr konservativ-christlich eingestellte Wehrmacht-Generalität mit der christentumskritischen und weltanschaulichen Seite der Person Erich Ludendorffs am meisten Schwierigkeiten gehabt hat. Und ganz diesen Schwierigkeiten entsprechend betont denn Hanns-Claus Roewer in seiner dritten Schrift auch zunächst das "deutschnationale" Christentum, wie es sich noch in den "Kriegserinnerungen" von Erich Ludendorff wiederspiegelt (S. 5). Er betont dies in anderer Art, als Erich Ludendorff selbst auf sein vormaliges Christentum in späteren Lebensjahren verwiesen hat. Vor allem aber betont er (S. 4), dass
das Haus Ludendorff sich ohne Zweifel um den Kampf einer deutschen Wiedergeburt und besonders des deutschen Glaubenslebens verdient gemacht hat. Soviel man auf der einen Seite die Verdienste des Generals und seiner Gattin Mathilde anerkennt, genau so ist man auf der Gegenseite eifrig bemüht, das Ansehen des Generals und sein Ringen um die Wiedergeburt der deutschen Seele in Mißkredit zu bringen.
Dass eine solche Schrift aus der Sicht eines vermutlich "deutschnationalen" Autors etwa im Jahr 1938 überhaupt entstehen konnte, kann nur daran liegen, dass eben auch traditionell christlich und konservativ eingestellte Menschen sich so ihre eigenen Gedanken machten über den damaligen Kirchenkampf und über die seit 1935 einsetzende bis dahin größte deutsche Kirchenaustrittsbewegung. Diese Entwicklungen konnten es auch "deutschnational" eingestellten Menschen womöglich erleichtern, Erich Ludendorff in seiner weltanschaulichen Entwicklung zu folgen.

"Was ist Wahrheit?"

Hanns-Claus Roewer verweist im weiteren auf die Gemeinsamkeit der damaligen nichtchristlichen Glaubensbewegungen rund um das Haus Ludendorff, rund um Jakob Wilhelm Hauer und rund um Arthur Dinter (S. 7). Den Worten Roewers glaubt man entnehmen zu können, dass er noch kurz vor der Niederschrift derselben selbst Christ gewesen ist, schreibt er doch so unvermittelt auf einen christentumskritisches Zitat von Erich Ludendorff:
Allerdings, die 100 % Christen werden fragen: "Was ist Wahrheit?" Diese Frage (...) gehört zum eisernen Rüstzeug aller Christen. Dann plötzlich werden alle Philosophen alter und neuer Zeit herangezogen und dienen als Kronzeugen, dass es keine Wahrheit gebe, bis man dann wieder mit kühnem Schwung auf vielen Umwegen dabei landet, dass die einzigste Wahrheit in der Bibel verankert liege, eben jenem Buch, welches die historische Existenz des Christus nicht einmal beweist, eher noch in Frage stellen kann.
Einen Satz weiter schreibt Hanns-Claus Roewer ganz im damaligen Ton der Zeit - aber natürlich auch in Übereinstimmung mit Erich Ludendorff:
In unendlicher Gedankenlosigkeit hat sich die Lüge des Christentums durch die Jahrhunderte geschlichen ...
Er schreibt dann wiederum von "Karl dem Sachsenschlächter" und ähnlichen Dingen. Man glaubt hindurch zu spüren, dass ihm das alles eigentlich nicht ureigenstes, persönlichstes Anliegen ist, um das er selbst gerungen hat, sondern dass er vornehmlich einem Zeitgeist folgt, einer Zeitstimmung folgt bei diesen Ausführungen. Im weiteren nimmt Hanns-Claus Roewer dann die Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs gegen christliche Kritik in Schutz. Er bringt dann ein längeres Zitat von ihr selbst:
Dass wir Gott erkennen können, beweist uns das eigene Leben und der Glaube aller Völker in überreichlichem Maße, und ich erwähnte mit Absicht Beispiele aus dem Negervolke, auf das die entwurzelten Christenvölker gewöhnlich mit Dünkelhaftigkeit herabblicken. Wenn jemand bestreitet, dass es Gotterkennen gibt, so befindet er sich im Gegensatz zu den Tatsachen, die jeder gottwache Mensch in sich erlebt, die jedes wahre Kunstwerk mit überwältigender Klarheit kündet. Was ihm an dem Inhalt meiner Werke also nur ungewohnt sein kann, und was ihm zu dem Irrwahn verlockte, dass die Grenzen der Vernunft ein Gotterkennen unmöglich macht, ist nur der Umstand, dass die Gotterkenntnis meiner Werke über das Einzelerkennen früherer Zeiten zu einer Gesamterkenntnis gelangt ist, die sich im vollen Einklang mit der Tatsächlichkeit befindet und die Grundfragen des Lebens daher beantworten konnte. Gesamterkenntnis der großen Grundfragen des Lebens wurde in unserer Zeit möglich, weil die Naturforschung bis zu den Grenze der Vernunft gelangt war, und die Philosophie das Gebiet, auf dem die Vernunft allein angwandt werden darf, erkannt hatte. ... Gott mit der Vernunft begreifen ist unmöglich, Gott durch die Synthese des Gotterlebens in uns mit Wissen der Vernunft zu erkennen, ist dagegen möglich.
Damit sollen zunächst erste Leseeindrücke wiedergegeben sein. Die hier geäußerten Vermutungen dazu, wie Hanns-Claus Roewer dazu gekommen ist, diese drei Schriften zu schreiben, müssen einstweilen allerdings pure Spekulation bleiben. 

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  1. Roewer, Hanns-Claus: "Murz" der Kater und die Mickymäuschen. Seltsame Abenteuer. Ein Märchen mit Moral. Uhlenhorst, Hamburg 1935 [Sehr seltene frühe Mickymausiana]
  2. Die Verlorene. Novelle. 1935
  3. Hanns-Claus Roewer: Familie Hummel. Ein lustiger Gegenwartsroman aus Hamburg.1935
  4. Roewer, Hanns-Claus: Piepenreimers und Consorten. Roman aus dem Hamburg unserer Tage. W. Nölting, Hamburg 1935
  5. Tagebuch meiner Geliebten. 1935
  6. Röwer, Claus Hanns: Hamburg, Deutschlands Tor zur Welt! - Führer (Guide) der großen Stadtrundfahrt. Köbner &Co, Hamburg-Altona, o.J. (1930er/1940er Jahre)
  7. Jümmers op'n Teppich blieven. Deftige Sooken tom Vorlesen. Nölting, Hamburg [1936]. - 48 S.
  8. Pst! Nicht so laut! Und andere Glossen über die Zeitgenossen. 1938
  9. Roewer, Hans Klaus: Um ein Stück Papier. Kriminalroman. 1938 (252 S.)
  10. Revor, Revor: Helen contra Laing. Kriminalroman. Auffenberg, Berlin-Wilmersdorf 1939 (255 S.)
  11. Revor, Revor: Chiefinspector Leslie. Kriminalroman. Auffenberg, Berlin-Wilmersdorf 1939 (255 S.)
  12. Urlaub mit Hindernissen. 1940 [Kelter-Romane Band 119]
  13. Roewer, Hanns-Claus: Hamburger Grog. Deftige Begebenheiten aus der alten und neuen Hansestadt. Arthur Sudau, Berlin 1943; H. G. Schulz, 1952 (3. Aufl.)
  14. Schicksalsnacht. Novelle. 1947
  15. Alles im Leben ist Abschied. 1947
  16. Die Schwestern Passati. Schicksalsroman aus dem Artistenleben. Mardicke/Marken-Vlg. 1950 [Güldensee Romanhefte-Serie Nr. 40]
  17. Falsches Geld und echte Liebe. Ein heiterer Roman. 1950
  18. Double für die Toskani. Roman. 1950
  19. Als der Komet am Himmel. Roman. 1950 [Lore Romane Band 78]
  20. Kinder der Manege. Mardicke, 1951
  21. Adam contra Eva. 1951
  22. Der Mann mit dem Tick. 1951
  23. Gezählte Tage. 1952 [Güldensee-Romane]
  24. Wie die Alten sungen. Roman. 1952 [Lore Romane Band 170]
  25. Das himmelblaue Himmelbett. Ein lustigerer Eheroman. 1952
  26. Der Klub der Ehebrecher. 1953
  27. Versiegelte Lippen. Ein Schicksalsroman aus der Jetztzeit. 1954
  28. Unsere Guste macht das schon. Kelter, 1954
  29. Das himmelblaue Himmelbett. 1954
  30. Hannes mit den Strampelhöschen. Kelter, 1955
  31. Hyronimus bekommt Besuch. Kelter, 1955
  32. Ilsa und der Taschenmann. 1955
  33. Fritz Krause hat vermietet. Ein lustiger Roman. 1955
  34. Meiers Trude aus Buxtehude. 1956
  35. Der Vatertag. Ein lustiger Roman. 1956
  36. Kaffee, Krach und Kabeljau. 1956
  37. Ehekrach in Buxtehude. Ein lustiger Roman. 1956, 1960
  38. Mein Mund musste schweigen. 1957
  39. Lügen haben kurze Beine. Ein heiterer Roman. 1957
  40. Johannes - die Perle eines Mannes. Ein lustiger Roman. 1957
  41. Eifersucht ist eine Leidenschaft. 1957
  42. Liedertafel Harmonie. 1957
  43. Roewer, Hanns-Claus: Wovon soll der Schornstein rauchen? Ein lustiger Roman. Verlag C.S. Dörner & Co., Düsseldorf 1957, 1958
  44. Der Casanova der Elbchaussee. 1958
  45. Nachts sind alle Katzen grau. Ein lustiger Roman. 1958
  46. Otto und die Tugendrose. Ein lustiger Roman. 1958
  47. Die Petersilienhochzeit. 1959
  48. Vater werden ist nicht leicht. 1959
  49. Das Glück kam aus Klein-Kleckersdorf. Ein lustiger Roman. 1959
  50. Die verpumpte Braut. 1959
  51. Eine Tochter fiel vom Himmel. 1960
  52. Die Unschuld vom Lande. 1960
  53. Conchita durch drei. 1960
  54. Das Geheimnis der kalten Mamsell. 1960
  55. Oskar in der feinen Schale. 1960
  56. Auguste Pechvogel. 1960
  57. Lockruf des Lebens. Ein Roman von der Wasserkante. 1960
  58. Freitag der Dreizehnte. 1960
  59. Fritze Krause hat vermietet. 1961
  60. Der Schmugglerkönig von St. Pauli. 1961
  61. ... und ganz ohne Feigenblatt. 1962
  62. Roewer, Hanns-Claus: 100 Jahre H.F. Crone Söhne. 1867-1967. Hamburger Kartonagen-Werk. Die Geschichte eines Familienunternehmens. Have, Hamburg, 1967

Donnerstag, 10. September 2015

Die Grafikerin und Malerin Lina Richter (1875-1969) (II)

Nachdem in einem früheren Beitrag schon vornehmlich die politische und religionskritische Grafikerin Lina Richter (1875-1969) als Illustratorin der Kampfschriften der Ludendorff-Bewegung behandelt worden ist, sollen in diesem neu zusammen gestellten zweiten Teil Werke vor allem der Malerin Lina Richter vorgestellt werden. 

Abb.: Bergwald - Gemälde von Lina Richter (1934)
Es soll also hier die liebevollere, gemütvolle, friedlichere Seite dieser Künstlerin dokumentiert werden. Dazu wird der ursprüngliche Blogartikel in zwei Teile geteilt und werden einige Abschnitte des ersten Teiles mit in diesen zweiten übernommen.

Abb.: Hochgebirge - Gemälde von Lina Richter (1934)
Die drei ersten hier eingestellten Gemälde wurden in den "Tannenberg-Jahrweisern" des Ludendorff-Verlages der Jahre 1934 und 1938 veröffentlicht.

Abb.: Das Wettersteingebirge bei Klais - Gemälde von Lina Richter (1938) 
Sie zeigen Lina Richter als Landschaftsmalerin. In einem Brief vom 14. Juni 1953 an ihre Kinder erwähnt Mathilde Ludendorff über ihre Tätigkeit zum Erhalt ihres Hauses als Gedenkstätte über ihren Tod hinaus aus Anlass des Auszuges der drei dort bis dahin einquartierten Flüchtlingsfamilien, um deretwillen sie viel Inventar bei ihren Kindern ausgelagert hatte:
Den Kramer von Tante Lina hänge ich über mein Bücherbrett.
Ob es sich dabei um das zweite hier eingestellte Gemälde handelt, ist einstweilen nicht bekannt.

1934 - "Mutterfreuden - Mutterleiden"

Aber auch in menschlichen Zusammenhängen konnte sie sich friedvolleren Lebensbereichen voll zuwenden als Künstlerin. 1934 brachte sie eine Kunstmappe heraus mit dem Titel "Mutter". Mathilde Ludendorff schrieb die begleitenden Worte (Quell, 20.12.1934, S. 699):
In cyklischer Folge reihen sich Gedanken und Bilder über: Junge Liebe - Mutterschaft - Mutterfreuden - Mutterleiden - Der Tod als Vollender - aneinander. (...) Als guter Freund und zweites Ich geleitet der Tod die müde gewordene Mutter "still und friedreich aus dem Nicht-mehr-Schaffen in das Nicht-mehr-Sein".
Abb.: Ein Blatt aus der Kunstmappe "Mütter"
Diese Bilderfolge macht also deutlich, wie wesentlich für Lina Richter - ebenso wie für ihre Schwester Mathilde Ludendorff - das Gedenken an den eigenen Tod war als endgültiger Abschluss und als Vollendung des eigenen, persönlichen, niemals wiederkehrenden Daseins. Ja, wie der Gedanke an den Tod zu einer Art "zweitem Ich" werden kann.

Abb.: Adler über Gebirgsspitzen - Zeichnung von Lina Richter
Spätestens 1955 entstand die Zeichnung eines Adlers, der über Gebirgsspitzen auffliegt, eine Zeichnung, die zum Schmuck der Urkunden verwendet wurde, die die Aufnahme von neuen Mitgliedern in den "Bund für Gotterkenntnis" bestätigte.

1938 - "Des Deutschen Kindes Wunderland"

Das hinderte sie aber sicherlich nicht, so lebensfröhlich wie in ihrer Jugend zu bleiben. Vielleicht, nein wahrscheinlich, war dieses zweite Ich, das Todwissen, gerade erst die Voraussetzung für Lebensfröhlichkeit und für ein starkes Stehen im Leben.

Abb.: "Des Deutschen Kindes Wunderland - Erzählungen und Bilder" (1938)
Womöglich vor allem auch in Gedanken an ihre eigenen beiden Töchter (oder gar schon Enkelkinder?) gab Lina Richter 1938 zwei Kinderbücher heraus, "Des Deutschen Kindes Wunderland" und "Freunde des Kindes in Wald und Flur".

Abb.: "Des Deutschen Kindes Wunderland - Erzählungen und Bilder" (1938)
Zu diesen beiden Kinderbüchern ist zunächst nichts weiter zu sagen. Einen Eindruck von ihnen geben die folgenden Abbildungen.

Abb.: "Des Deutschen Kindes Wunderland - Erzählungen und Bilder" (1938)


Abb.: "Des Deutschen Kindes Wunderland - Erzählungen und Bilder" (1938)


Abb.: "Des Deutschen Kindes Wunderland - Erzählungen und Bilder" (1938)


Abb.: "Des Deutschen Kindes Wunderland - Erzählungen und Bilder" (1938)
Unter den Verlagsmitteilungen des Ludendorffs-Verlages heißt es im November 1938 über das Ende des Monats neu erscheinende Buch von Lina Richter (Quell, 20.11.1938):
... Auch die Gedichte und Geschichten sind von Lina Richter verfasst.
Abb.: "Freunde des Kindes in Wald und Flur - Erzählungen" (1938)
Und eine Folge später heißt es unter anderem (S. 528):
In sechs mit gemütwarmen, zarten und künstlerischen Bildern belebten Geschichten erlebt das Kind die Schicksale einer Schneeflocke, die Reisen einer Frau Schwalbe, das Wesen des Regenbogens, das Werden eines Schmetterlings und eines Schneckenhäuschens und das Geheimnis der Frühlingsapfelblüte. (...) Schon Vierjährige können den Inhalt fassen und auch für Zwölfjährige ist er noch nicht zu "kindlich".

Abb.: "Freunde des Kindes in Wald und Flur - Erzählungen" (1938)
In der Folge vom 5. Februar 1939 wird der zweite Band angekündigt. Und in der Folge vom 7. April 1939 heißt es:
Mit Malvorlagen zum Selbstausmalen durch die Kinder.
Es wird auch eine sehr positive Besprechung des Buches im "Kosmos" (Wien) von Professor Georg Müller gebracht. Und auch eine Elly Ziese schreibt eine Besprechung dieses Buches (S. 39). 

Abb.: Haus Ludendorff, Zeichnung von Lina Richter, 1933 oder später (7)
Um das Jahr 1947 war Lina Richter bei ihrer Schwester Mathilde Ludendorff in Tutzing anwesend, als diese einen Besuch erhielt und über den Fortgang der Vorbereitungen für das Spruchkammerverfahren gegen sie unterrichtet wurde. Dieses begann dann erst Ende 1949 (das ist noch genauer herauszusuchen).

Die beiden Teile dieses Blogbeitrages können bislang kein abgerundetes Bild vom Leben und Schaffen von Lina Richter geben. Es ist auch nicht bekannt, ob Enkel- oder Urenkelkinder oder wer immer sonst einen etwaigen Nachlaß von Lina Richter hütet. Das Ludendorff-Archiv in Tutzing, das Tage der Offenen Tür mit geschlossener Tür abhält (siehe anderwärts) scheint auch nicht sehr hilfreich zu sein, um in diesen Fragen weiterzukommen. Es ist schon seit langem nicht mehr recht erkennbar, welche Aufgaben dieses Ludendorff-Archiv für sich sieht. Außer - "Maulwurfsarbeit". 

Lina Richter starb 1969, drei Jahre nach ihrer Schwester Mathilde Ludendorff. Ihr folgte 1971 die dritte Schwester, die Pianistin Frieda Stahl. Der Verleger Franz von Bebenburg hielt allen drei Schwestern die Grabrede. Das ist im Grunde alles schon lange her!
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  1. Mütter - Ein Mappenwerk von Lina Richter und Mathilde Ludendorff. 2 Mappen mit je 5 Kunstreproduktionen mit Begleitworten von Mathilde Ludendorff . Ludendorffs Verlag, München 1934  (besprochen in: Quell, 20.12.1934)
  2. Richter, Lina: Des Deutschen Kindes Wunderland. Freunde des Kindes in Wald und Flur. Erzählungen. Bd. 1: Mit 10 farbigen Abbildungen und Buchschmuck. Ludendorffs Verlag, München o.J. [19384. Tausend (38 S.) (Ebay-Angebote 4.8.2012, 23.9.2013; Bd. 21939 (40 S.)
  3. Ludendorff, Mathilde: Schöpfunggeschichte. 1. Das Schöpfunglied in heiligen Nächten. 2. Das Werden des Weltalls. Ludendorffs Verlag GmbH, München 1940 – nur dichterischer Teil mit 12, z.T. farbigen Illustrationen (ohne Angabe der Künstlerin, sicherlich Lina Richter) 
  4. Ludendorff, Mathilde: Schöpfunggeschichte. 19. - 20. Tausend. Verlag Hohe Warte, Pähl 1954 [Der Seele Ursprung und Wesen, Erster Teil] – wohl erstmals dichterischer und Prosateil in einem Band; mit Schwarz-Weiß-Illustrationen, zum Teil neue („Dieses Bild und alle folgenden wurden von Lina Richter nach wissenschaftlichen Werken geschaffen.“)
  5. v. Be.: Worte zur Totenfeier Lina Richters (1875-1969). In: Mensch und Maß, Folge 12, 23.6.1969, S. 564 – 566
  6. v. Be.: An der Totenbahre Frieda Stahls. (1885-1971) In: Mensch und Maß, Folge 21, 9. 11. 1971, S. 1003 – 1007, 960
  7. Richter, Lina: Tutzing Haus Ludendorff. Zeichnung, 1933 oder später