Sonntag, 8. November 2015

Ludendorff-Anhänger - was war ihnen wichtig?

In diesem Beitrag sollen ganz vermischte Zeugnisse sozusagen aus dem "Alltag" der Geschichte Ludendorff-Bewegung zusammengetragen werden, kennzeichnende oder weniger kennzeichnende Lebenszeugnisse und Erinnerungen "ganz gewöhnlicher" Ludendorff-Anhänger.

Zwei Tannenberger verabreden sich zu einer Alpenwanderung (1931)

Die folgende Postkarte aus dem Jahr 1931 wurde im Auktionshandel verkauft: 

Abb. 1: Rückseite der Postkarte
Ihr Text lautet:
Herrn Roland Rittershaus, Dresden, Strehlener Pl. 2
Ludwigsburg, d. 3.7.31
Lieber Herr Rittershaus!

Zugleich mit Ihrer Karte habe ich Nachricht von zu Haus. Mein Entschluß: Ich wandere mit Ihnen in den Alpen! Paß und Schuh muß ich mir noch besorgen. Aber Bergstock genügt doch, kräftiger Eichenstock. Ich erwarte also umgehend Ihren Plan. Sie können mit 10 Tagen (Wochentagen) max. rechnen. Mit Treffpunkt 12.7. früh bin ich einverstanden. Finanziellen Voranschlag aber bitte nicht zu großzügig. Im allgemeinen ist das Leben dort unten nicht billig. Augenblicklich habe ich nur wenig Zeit, ich gehe auf Ihre nächste Nachricht brieflich ein.
Mit besten Grüßen, Ihr Rudolf Thürmer
Muß jetzt zu einem Vortrag v. T.B. nach Cannstatt.
Womöglich ist dieser Roland Rittershaus 1907 geboren worden (Computergenealogie a, b).

Abb. 2: Vorderseite der Postkarte
Es bestanden also innerhalb der Mitglieder des Tannenbergbundes Freundschaften, die sich über so weite Entfernungen erstreckten, wie hier zwischen Ludwigsburg und Dresden. Dies geht auch aus der folgenden Postkarte hervor, die im Auktionshandel angeboten wird (Akpool):

Abb.: Postkarte - "Deutsche Mahnworte" von Mathilde Ludendorff (1934)
 "Wie schön ist diese Erde!" (1934)

Am 15. Oktober 1934 schreibt eine Grete Skerstupp aus Königsberg in sehr ordentlicher Handschrift an eine Frida Bussa in Leipzig auf die Rückseite der eben gebrachten Postkarte mit den "Deutschen Mahnworten" von Mathilde Ludendorff:
Für Fräulein Frida Busse, Leipzig, Steinstr. 51
Königsberg, 15. Gilbhard 1934
Liebe Friedel!
Ich habe Dir auf Deinen Brief nicht geantwortet, weil ich nie Zeit hatte. Ich habe aber die Platten gut zurück bekommen, besten Dank. Vielleicht schreibe ich Dir mal einen Brief, wann weiß ich noch nicht. Wie geht es Dir? Für einen kurzen Gruß wäre ich dankbar. Der Sommer ist um, er war sehr reich für mich an schönen Fahrten und tiefen Erlebnissen. Wie schön ist diese Erde!
Grete Skerstupp
An den letzten beiden Sätzen ist erkennbar, dass die Schreiberin tatsächlich von den philosophischen Büchern Mathilde Ludendorffs beeinflusst ist. Es wäre interessant zu wissen, von welchen "Fahrten" sie hier schreibt. Der Familienname Skerstupp war - laut Internetrecherchen - offenbar ein recht geläufiger in Ostpreußen. Es ist sicherlich auffallend, dass hier erneut eine Brieffreundschaft von Königsberg bis Leipzig reicht. Sogar die Gemeinsamkeit der Zeitknappheit besteht in beiden Briefwechseln.

Abb.: Rückseite der vorherigen Abbildung (Königsberg, 15./16. Oktober 1934)
Erblindet und vertrieben (April 1945)

Abb.: "Füllhorn - Zeitschrift für die Jugend"
1966 berichtet der Ludendorff-Anhänger Martin Wellßow (geb. 1926) aus Hannover in der Jugendzeitschrift „Füllhorn“ über sein Leben als ein Mensch, der mit 16 Jahren Soldat wurde und als solcher in den Endkämpfen von Berlin 1945 sein Augenlicht verlor (1):
Zwischen Feld und Wald bin ich auf einem ostpommerschen Bauernhof mit seinem festumrissenen Lebenskreis aufgewachsen. (…) Als es bereits Krieg (…) war, bin ich mit dem Fahrrad (…) an manchem Abend unterwegs gewesen, um (…) an den Zusammenkünften der damaligen Jugendgruppen teilzunehmen. (…) Obwohl ich 1939 erst 13 Jahre zählte, wurde mein Jahrgang 1944 zu den Soldaten einberufen. (…) Ich muss bekennen, dass neben mir so viele Kameraden den Einsatz letztlich nur aus dem Bewusstsein heraus billigten, Volk und Heimat zu schützen. Mein Vetter schrieb mir im März 1945, kurz bevor er 18-jährig fiel, nach einem Gegenangriff aus Schlesien: „Wenn Du dieses hier sehen könntest! Wir wollen und müssen alles dran setzen, unsere liebe Heimat wieder frei zu bekommen.“ All unsere Anstrengungen blieben bei der Übermacht der Feinde jedoch nutzlos.
Die Einheit, der ich seinerzeit angehörte, befand sich im Einsatz auf der Insel Wollin. Wir wurden Mitte April 1945 dort abgelöst und über von Flüchtlingstrecks verstopfte Straßen und angeschlagene Eisenbahnanlagen zum Kampf in den Raum Berlin gebracht. Bereits am Tage nach unserem ersten Einsatz ereilte mich am 23. April 1945 mein Schicksal. Eine Granate der Stalinorgel zerplatzte in unmittelbarer Nähe. Die vielen kleinen Splitter brachten mir eine Menge Wunden bei. (…) Die Augen und das Ellenbogengelenk des linken Armes erwischte es so, dass alle ärztliche Kunst nichts mehr helfen konnte. (…) Mit Hilfe eines Leichtverwundeten kam ich zurück und fand mich einige Tage später im Lazarett wieder. Schmerzen spürte ich kaum. Die größte Sorge war, nicht dem Feind verwundet in die Hände zu fallen. (…) Kurz bevor am 8. Mai 1945 das zuletzt so ungleiche Ringen sein Ende fand, überholten uns in Mecklenburg die Feinde.
Abb.: Erschienen 1990 und 2000
Er berichtet dann von seinen ersten Geh- und Spazierversuchen als Blinder. Und die weiteren Erzählungen berichten davon, wie er nach und nach ins Leben zurückfand, sogar eine feste Anstellung fand, ein Haus bauen, heiraten und Familie gründen konnte. Eine weitere Erzählung berichtet von seinem Blindenführhund (2).

Zwischen 1990 und 2001 veröffentlichte Martin Wellßow wie Internetangaben zu entnehmen ist, auch Erinnerungen an seine ostpommersche Heimat und das dortige Bauerndorf Lettnin (3, 4).

  1. Wellßow, Martin: Im Kriege erblindet. In: Füllhorn – Zeitschrift für die Jugend, Schriftleiter Hans-Günther Strick, Folge 8, 15.8.1966, S. 239-249
  2. Wellßow, Martin: Mein Blindenführhund „Waldo“. In: Füllhorn – Zeitschrift für die Jugend, Schriftleiter Hans-Günther Strick, Folge 10, 15.10.1966
  3. Wellßow, Martin: Erlauschtes und Erlebtes: Erinnerungen an eine unbeschwerte Jugend in der ostpommerschen Heimat. Selbstverl., 1990, 2000 (55 S.)
  4. Wellßow, ‎Ella; Wellßow, Martin: Lettnin. Ein pommersches Bauerndorf im Kreis Pyritz. Eine kleine Dorfchronik nach vorhandenen Unterlagen und Aufzeichnungen aus dem Gedächtnis. Selbstverl., 2001 (57 S.)
Nichts darauf geben, was "die Leute denken" (Breslau, 1930er Jahre)

Eine Stadt- und Landschaftsplanerin der Stadt Hamburg hat im Dezember 2013 ein Buch über die Familiengeschichte ihrer Breslauer Großmutter Charlotte und deren drei Schwestern veröffentlicht (1). Beruhend auf überlieferten Familienbriefen, auf persönlicher Bekanntschaft und auf Familien-Erzählungen berichtet sie über das Leben der vier Töchter des Breslauer Polizeibeamten Karl und seiner Frau Anna. Der Name der Familie wird leider nicht genannt (Bötticher?). Die älteste Schwester, die intelligente, belesene, strebsame Elfriede (1894->1945), wird um 1930 herum Ludendorff-Anhängerin werden. Über ihre Jugend wird berichtet (1, S. 48):
Inzwischen ist sie Anhängerin der neuen Reformbewegung geworden. Körperliche Bewegung an der frischen Luft und vegetarische Ernährung sind ihr ebenso wichtig wie Fragen zur Rolle der Frau in der Gesellschaft.
Und (1, S. 18f):
Sie kann sich sehr aufregen, wenn sie von Ungerechtigkeiten hört und davon, was Frauen angetan wird. Sie will alles anders machen, besser machen, sich nicht anpassen an das, was sich schickt, nichts darauf geben, was "die Leute denken". Elfriede liest viel, um sich weiter zu bilden und sie interessiert sich besonders für die aufkeimende Frauenbewegung. Hier findet sie Gedanken, die ihr gefallen, die sie aufsaugt und die sie als Leitlinie für ihr Leben anerkennt. (...) Elfriede will im Leben etwas erreichen und auf eigenen Beinen stehen. Sie will einen Beruf erlernen und sich nicht auf ein Leben als Ehefrau und Mutter vorbereiten. (...) Sie redet mit dem Vater und ist hartnäckig. Karl steht der Frauenbildung aufgeschlossen gegenüber und mit seinem Beamtengehalt kann er es sich leisten, seiner zielstrebigen und lernwilligen Tochter den weiteren Schulbesuch und eine gute Ausbildung zu ermöglichen.
Natürlich wird hier im Rückblick der Gesamteindruck von einem Menschenleben geschildert. Ob vieler dieser Persönlichkeitsmerkmale sich nicht erst im Laufe der Jahre - insbesondere nach Bekanntschaft mit dem Schrifttum der Ludendorff-Bewegung - ergeben haben, muss hier dahin stehen.

Jedenfalls besucht Elfriede zwei Jahre lang mit Erfolg das Lehrerinnenseminar und wird dann noch vor 1914 Erzieherin auf einem abgelegenen, schlesischen Rittergut. Dort erzieht sie die drei Söhne eines Freiherrn von Durant. Dieser schätzt ihre Arbeit sehr. Natürlich verfolgt sie dort auch die politischen Ereignisse jener Zeit, etwa die schweren Auseinandersetzungen um die Abtrennung Oberschlesiens vom Deutschen Reich. Mit dem Herrn von Durant ist sie sich in der ablehnenden und empörten Beurteilung dieser politischen Entwicklungen nach 1918 einig. 

1919, also mit 25 Jahren, wird sie auf einer Tanzveranstaltung von zwei "eleganten Herren" betrunken gemacht. Und sie wird dann von einem der beiden vergewaltigt. Als sie schwanger ist und ein uneheliches Kind bekommt, wird sie von dem Rittergutsbesitzer entlassen. Auch in einer Gerichtsverhandlung gegen den Vergewaltiger kann sie nichts erreichen. Es ist nahe liegend, dass ein solches Schicksal die persönlichen Lebensansichten radikalisieren kann. Elfriede kehrte nach Breslau zurück, nahm für sich und ihre Tochter Ursel ein möbliertes Zimmer und fand Arbeit als Hausverwalterin. Ein besonders häuslicher Mensch soll Elfriede aber nicht gewesen sein (1, S. 50):
"Haushalt kostet nur Zeit. Die kann man doch lieber für Kunst und Kultur nutzen. Da tickt die Uhr, meine Liebe. Man muss Prioritäten setzen," erklärt Elfriede der Schwester.
Nicht zuletzt wohl auch deshalb wird ihre Tochter Ursel vom Jugendamt in eine Pflegefamilie gegeben:
Da kein Vater für Ursel vorhanden ist, wird ein Amtsvormund eingesetzt, der Ursels Schicksal von nun an bestimmt.
Schließlich kommt Ursel aber zu einer der Schwestern von Elfriede. In der Familienüberlieferung scheint auf die Einzelheiten der Chronologie nicht so genau geachtet worden zu sein. Jedenfalls kann erst von der Zeit etwa zehn Jahre später, also frühestens ab 1928 die Rede sein, wenn es über Elfriede heißt (1, S. 48f):
Als sie auch noch aus der Kirche austritt, kann sie niemand in der Familie mehr verstehen. Sie stößt auf die Bücher von Mathilde Ludendorff und wird bald eine ihrer glühendsten Anhängerinnen. Mathilde Ludendorff ist Lehrerin, Ärztin und Schriftstellerin und zu dieser Zeit in Deutschland bereits durch ihre Schriften und Vorträge sehr bekannt. Sie hat die völkische Bewegung der "Deutschen Gotterkenntnis" begründet und veröffentlicht zusammen mit ihrem Mann Texte, in denen sie ein politischen Wirken der von ihr so genannten "überstaatlichen Mächte" des Judentums, der Jesuiten und der Freimaurer behauptet und die Verschwörung des Judentums proklamiert. Überall in Deutschland hält sie Vorträge, in denen sie ihre Vorstellungen verbreitet. Elfriede ist begeistert von diesen Ideen und besucht von nun an alle Vorträge, die Mathilde Ludendorff hält und lernt sie schließlich persönlich kennen. Die beiden Frauen verstehen sich und Elfriede darf die fanatische Rednerin auf einigen ihrer Vortragsreisen begleiten. 
Mathilde Ludendorff hat den hier erwähnten "Kampf gegen die überstaatlichen Mächte" erst im Jahr 1927 begonnen. Somit werden sich diese Ausführungen erst auf die Zeit frühestens ab 1928 beziehen. Dass Mathilde Ludendorff auf Vortragsreisen weibliche Begleitpersonen gehabt hätte, ist nicht bekannt. Die Tochter Ursel wird Rotkreuz-Schwester und 1945 vielfach von russischen Soldaten vergewaltigt. Ihre Mutter Elfriede wird in Ruhe gelassen. Zu beiden stößt noch das sechsjährige Kind einer anderen Mutter, Hiltraud, um die sie sich nun in den folgenden Jahren kümmern (1, S. 245):
Beinahe zwei Jahre haben Elfriede, Ursel und Hiltraud gehungert und gelitten, ehe sie endgültig vertrieben werden. Am 7. Juni 1946 kommen sie mit einem Transport im niedersächsischen Einbeck an.
Soweit Ausschnitte aus dieser Familiengeschichte.
  1. Boetticher, Martina: Charlotte und ihre Schwestern. Geschichte einer Familie von 1900 bis 1955. BoD - Books on Demand, 04.12.2013 (260 S.) (GB)

Ein 82-jähriger, einstiger Sozialdemokrat aus Ulm (1958)

1957 wurde die Wochenzeitung der Ludendorff-Bewegung "Volkswarte" gegründet. Dort erschienen regelmäßig Karikaturen des Zeichners Hans-Günther Strick.

Abb.: Hans Günther Strick - 100 Jahre SPD - Karikatur - in: Volkswarte, 31.1.1958
Anfang 1958 nahm er das Hijacking der Sozialdemokratischen Partei nach 100 Jahren Geschichte auf das Korn. Die Verchristlichung dieser Partei, die ja heute ausgeprägter ist als jemals - heute darf es noch nicht einmal einen laizistischen Arbeitskreis innerhalb der SPD existieren - hat Hans-Günther Strick schon 1958 treffend aufgespießt. In dem Nachlass von Strick (in den USA) findet sich noch eine Zuschrift an Franz von Bebenburg, den Herausgeber der Zeitschrift, von einem 82-jährigen Ludendorff-Anhänger, die angeregt wurde durch genau diese Karikatur und die ein lebhaftes Bild seiner Biographie gibt.

Abb.: Brief von Josef Elbs in Ulm an Franz von Bebenburg, 1.2.1958
Der Schmied und Eisenbahner Josef Elbs (1878- >1958) aus Ulm, der in seiner Jugend als Sozialdemokrat um die 12-stündige Arbeitszeit gekämpft hat, erinnerte sich in diesem Brief angesichts der Strick'schen Karikatur an seinen Kampf um bessere Arbeitsbedingungen vor dem Ersten Weltkrieg und an seine ehrenamtliche Tätigkeit in freireligiösen Vereinigungen in den 1920er Jahren. Er lud auch schon in dieser Zeit den späteren Autor der Ludendorff-Bewegung Konstantin Wieland zu kirchen- und christentumskritischen Vorträgen nach Ulm ein. 1930, also mit etwa 52 Jahren, suchte er - nach seinen eigenen Worten - "was Besseres" und schrieb
an Frau Dr. Mathilde Ludendorff, die schrieb mir einen sehr schönen Brief und verehrte mir das Buch Unsterblichkeitswille. Im Jahr 31 trat ich in den Tannenbergbund und zum Deutschvolk.
Im Rahmen des ersteren hielt er dann nach - so schreibt er - zahlreiche Vorträge gegen den drohenden neuen Weltkrieg, vor dem Erich und Mathilde Ludendorff warnten. Seit dieser Zeit war er - offenbar bis wenige Jahre vor 1958 - "Ordner", das heißt Veranstalter der Vorträge der Ludendorff-Bewegung in Ulm. Seitdem er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben könne, würden in Ulm auch keine Veranstaltungen mehr stattfinden, so schreibt er ("alles tot"). 
  
Abb.: Brief von Josef Elbs in Ulm an Franz von Bebenburg, 1.2.1958
Soweit übersehbar, ist Franz von Bebenburg auf den schönen Vorschlag des 82-jährigen Josef Elbs, nämlich Bildpostkarten von der außerordentlich treffenden Karikatur zu drucken, nicht eingegangen.

Heinrich A. - Ein Ludendorff-Anhänger in Konzentrationslagern


Der Rentner Heinrich A. (geb. 1894) aus L. in Schleswig-Holstein hatte 1954 Entschädigung beantragt wegen der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus erlittenen Unrechts. Dieser Antrag ist  abgelehnt worden. An einem Gerichtsentscheid des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1961 ist aber auch diese Ablehnung wiederum aufgehoben worden (1). In diesem Gerichtsentscheid wird als Eigendarstellung des Heinrich A. vorgetragen (2):
Er sei als Ludendorff-Anhänger und wegen Verunglimpfung der Hakenkreuzflagge im Jahre 1933 verhaftet und sodann in verschiedene Konzentrationslager, und zwar u.a. nach Fuhlsbüttel, Sachsenhausen, Neuengamme und Farge überführt worden. Zuletzt sei er auf dem Dampfer "Cap Arcona" gewesen, er sei einer der Überlebenden nach dem Untergang dieses Schiffes. Die in den Lagern erlittenen Mißhandlungen hätten ihn in seiner Gesundheit so erschüttert, daß er nicht mehr arbeitsfähig sei. (...)
Er sei vom April 1934 bis zum Oktober 1934 im Konzentrationslager Fuhlsbüttel bei Hamburg, vom April 1937 bis zum Juli 1941 im Konzentrationslager Oranienburg und vom November 1943 (später berichtigt: November 1942) bis zur Kapitulation im Konzentrationslager Neuengamme und im Nebenlager Farge bei Bremen inhaftiert gewesen. In diese Lager sei er wegen seiner Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus eingewiesen worden. Er habe für den Tannenbergbund Schriften verteilt, aber nicht dessen gesamte Bestrebungen gebilligt. Er habe ferner auf ein am Boden liegendes nationalsozialistisches Transparent getreten und gegen Hitler agitiert. Durch den Aufenthalt im Konzentrationslager habe er sich erhebliche Schäden an Körper und Gesundheit zugezogen. (...)
Als Anlaß für seine letzte Inhaftierung in Neuengamme habe er glaubhaft ein in einer Gastwirtschaft geführtes Gespräch angegeben, in dem er sich dahin geäußert habe, daß der Krieg bereits zu 3/4 verloren sei. Da seine gegnerische politische Einstellung der Geheimen Staatspolizei bereits bekannt gewesen sei, dürfte seine in diesem Gespräch geäußerte negative Beurteilung der Kriegslage wiederum nur als Ausfluß seiner gegen den Nationalsozialismus gerichteten politischen Überzeugung beurteilt worden sein.
Diese Eigendarstellungen konnten zumindest in einem Punkt anhand unabhängiger Quellen überprüft werden. In dem Urteil heißt es weiter (2):
Nachdem dann die Strafakten beigezogen worden waren, aus denen sich ergibt, daß der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts in Hamburg vom 3. März 1942 wegen Diebstahls zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt worden war und die Strafe am 9. November 1942 verbüßt hatte, und außerdem eine Auskunft der Polizeibehörde von Hamburg eingegangen war, daß der Kläger am 9. November 1942, also im unmittelbaren Anschluß an die Strafverbüßung, als Asozialer in polizeiliche Vorbeugungshaft genommen worden sei, stellte der Kläger die seiner dritten Verhaftung zugrunde liegenden Vorgänge wie folgt dar:
Er habe verhindern wollen, als Soldat eingezogen zu werden, und deshalb den Diebstahl begangen, so daß er dann verurteilt worden sei. Vorher habe er in einer Gastwirtschaft defaitistische Äußerungen getan. Auf dieses Gespräch hin sei zwar zunächst nichts veranlaßt worden. Nach der Strafverbüßung sei er jedoch sofort zur Geheimen Staatspolizei überstellt worden, und dort sei ihm der Inhalt des in der Gastwirtschaft geführten Gesprächs vorgehalten worden.
Wie dieser Fall seinen Abschluß gefunden hat, scheint nicht überliefert zu sein sein (1).
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  1. Martin Rath: "Waren Erich und Mat­hilde Luden­dorff Anti­fa­schisten?" Entschädigung wegen erlittener KZ-Haft, Legal Tribune Online, 03.05.2020, https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/cap-arcona-ludendorff-kz-hitler-nationalsozialismus-tannenbergbund/
  2. Bundesgerichtshof - Urt. v. 12.04.1961, Az.: IV ZR 191/60 - Landesentschädigungsamt gegen Heinrich A., https://research.wolterskluwer-online.de/document/4c390e13-a679-4645-be19-731db4ba8b5f

Die Beerdigung von Mathilde Ludendorff (1966)

Im April 2016 erhalten wir folgenden Bericht von einem noch lebenden Ludendorff-Anhänger zugesandt:
1961 war ich als junger Landwirtschaftsmeister Verwalter auf einem Betrieb in Württemberg. Im Mai 1961 hörte ich in den Nachrichten, dass „Eine Ludendorff-Bewegung“ verboten ist. Diese Nachricht wurde gleichzeitig dazu benutzt, das Gedankengut von Erich und Mathilde Ludendorff in den hässlichsten Farben zu schildern. Da sowohl meine Frau als auch ich von der „Ludendorff– Bewegung“ nichts wussten, wurde durch das Verbot und die hässliche Berichterstattung („freie Presse“!) unser Interesse geweckt, sich mit dieser Bewegung etwas näher zu befassen. Wir zogen von Württemberg ins Osnabrückerland. Dort lernten wir dann Familien kennen, die der Weltanschauung Ludendorff verbunden waren und waren mit diesen befreundet.
Mitte Mai 1966 feierte ich mit einigen Freunden meinen Geburtstag. Die erzählten nun, dass Frau Dr. M. Ludendorff am Donnerstag, den 12. Mai verstorben sei und die Trauerfeier am Freitag, dem 20. Mai 1966, stattfinden würde. Spontan wurde von uns beschlossen, dass wir zur Trauerfeier nach Tutzing fahren. Am Freitagmorgen (den 20.05.1966) sind wir dann in aller Herrgottsfrühe von Bad Rothenfelde in Richtung Tutzing losgefahren. Als wir dann in Tutzing ankamen, hatte die Trauerfeier schon angefangen. Wie ich mich erinnere, las Herr Oberlandesgerichtsrat i.R. Edmund Reinhard aus einem Buch, welches der General E. Ludendorff über seine Frau Mathilde Ludendorff geschrieben hatte, vor. Es waren schon unwahrscheinlich viele Menschen dort als wir eintrafen.
Mein Begleiter kannte einige der Trauergäste und so konnten wir näher an den Sarg in dem großen Garten eintreten. Plötzlich kam mein Begleiter zu mir, und fragte, ob ich den Sarg mittragen wolle. Ich war ergriffen über diese Ehre, dass ich dieser großen deutschen Frau diesen Dienst erweisen durfte. Wir trugen mit vier jungen Männern den Sarg aus dem Garten durch das Tor zur Straße und stellten ihn auf einen Wagen, der wohl von einem Beerdigungsinstitut gestellt worden war. Nun sollte der Wagen zu dem Neuen Friedhof in Tutzing, am Starnberger See zum „Feldherrn-Grab“ gefahren werden. Die vier Männer vom Beerdigungsinstitut zogen den Wagen mit dem Sarg der Verstorbenen. Wir vier Träger liefen (je zwei links und zwei rechts) neben dem Sargwagen. (...) Dann folgte der Trauerzug. Vorne als erste Person Frau Stahl. (...) Die gesamte Trauerfeier war für mich sehr ergreifend und auch schön.
Wir bitten diese Einsendung als Anregung für andere Leser dieses Blogs anzusehen, ebenfalls Erinnerungen einzusenden.

Ein Holzhändler und Sägewerker (1979)

Als kennzeichnend könnte man auch folgende Todesanzeige empfinden (in der Zeitschrift "Mensch & Maß", 9.12.1979):
Bernhard Schürmann (...) Unerschütterlich blieb er seiner Weltanschauung, der "Gotterkenntnis Ludendorff", treu, die ihn von allen politischen Irrwegen abhielt. Seinem Beruf als Holzhändler und Sägewerker war er mit Leib und Leben verschrieben. So liebte er die Farbenpracht des Herbstwaldes, daß man sich keinen schöneren Abschiedsschmuck für ihn denken kann als fallendes Herbstlaub. So liebte er die Verwachsenheit, Bodenständigkeit und das Knorrige der deutschen Eichen, die ein Teil seiner selbst wurden. (...) Seine Selbstlosigkeit und Bescheidenheit waren seine Größe. (...) Klara Schürmann und Kinder
Dieser Beitrag ist nach und nach weiter zu ergänzen. Der in diesem Beitrag ebenfalls zunächst kurz behandelte Ludendorff-Anhänger Wilhelm Knake hat inzwischen --> einen eigenen Blogbeitrag erhalten.

/Erstveröffentlichung 22.5.15, 
ergänzt am 8.11.15 um den Abschnitt zu Martin Wellßow, 
am 1. und 2.1.16 um den Abschnitt zu der Breslauerin Elfriede,
am 31.1.16 um den Abschnitt zu Josef Elbs.
am 17.8.20 um den Abschnitt Heinrich A. /

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