Freitag, 31. März 2017

Ein "deutscher Kolonialstaat" auf der Krim - Angestrebt von Erich Ludendorff?

Der Plan, die verfolgten Rußlanddeutschen auf der Krim anzusiedeln (Frühjahr 1918)

Der bessarabiendeutsche katholische Pfarrer Immanuel Winkler (1886-1932) (Wiki) war während des Ersten Weltkrieges Pfarrer in der Nähe von Odessa und setzte sich für die Interessen der weit über das russische Reich verteilt lebenden Rußland-Deutschen ein. In diesem Zusammenhang führte er auch mindestens ein persönliches Gespräch mit Erich Ludendorff. Dieses Gespräch und die damit zusammenhängenden Pläne sind in der Geschichtswissenschaft ausgewertet worden (1-4), bzw. werden weiter ausgewertet (5). Sie sind auch als Zeugnis für die Weltherrschaftspläne der Hohenzollernmonarchie und des deutschen Generalstabs im allgemeinen, sowie Erich Ludendorffs im Besonderen gedeutet worden (1), bzw. als Vorläufer der imperialistischen Politik des Dritten Reiches zwischen 1941 und 1944 (u.a.: 5).

Abb. 1: Buchveröffentlichung von 2010 - Sie wäre für diesen Beitrag noch auszuwerten - Der Umschlag zeigt den Hetman Skoropadsky bei der deutschen Obersten Heeresleitung im Jahr 1918, zusammen mit Erich Ludendorff (und dem Militärdarsteller der damaligen Zeit Hindenburg)

Gründe genug für uns, auf die damit zusammenhängenden Fragen hier auf dem Blog einmal einzugehen. Dies geschieht hier in einem Blogartikel, der - wie viele andere - nach und nach auszubauen ist.

Auf Wikipedia heißt es über die Zeit nach der russischen Märzrevolution 1917 und über die Zeit unmittelbar nach der Besetzung der Ukraine und der Halbinsel Krim auf Befehl Ludendorffs durch die deutschen Truppen unter Generalfeldmarschall von Eichhorn (Wiki):

Es kam überall zu Versammlungen. So auch in Odessa, wo es am 18. März 1917 zu einem provisorischen Organisationskomitee und am 28. März zu einem „Allrussischen Bund russischer Deutscher“ kam. Das Odessaer Komitee entsandte mehrere „Agitatoren“, die in größeren Orten Versammlungen durchführen und die Gründung von Ortskomitees vorantreiben sollten.
Während sich Johannes Schleuning, Vertreter der Wolgakolonisten, für den Schutz des Deutschen Reiches und das Recht auf eine Rückwanderung nach Deutschland einsetzte, setzte sich Pastor Immanuel Winkler, in der Zwischenzeit Vorsitzender des Zentralkomitees des „Allrussischen Verbandes russischer Bürger deutscher Nationalität“ in Odessa, für die Schaffung einer Kronkolonie Krim-Taurien, in der alle Kolonisten Südrußlands (Südukraine, Bessarabien, Krim) unter dem Schutz des Deutschen Reiches anzusiedeln waren, ein. Außerdem forderte Winkler für die Kolonisten die Aufnahme in den Reichsverband, d. h. die Verleihung der Staatsangehörigkeit des Deutschen Reiches. Diesen Plan stellte Winkler dem Siedlungspolitiker und ehemaligen Staatssekretär Friedrich von Lindequist, dem Ersten Generalquartiermeister der Obersten Heeresleitung (OHL) Erich Ludendorff und Regierungsvertretern in Berlin (März 1918) vor.

Friedrich von Lindequist - Kolonialpolitiker mit Anwandlungen von Menschlichkeit?

Abb. 2: Fr. v. Lindequist

Zunächst: Wer war Friedrich von Lindequist (1862-1945) (Wiki) (6). Er war 1905 bis 1908, in der Zeit unmittelbar nach den fürchterlichen Herero-Kriegen Gouverneur der deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia). Mathilde Ludendorff hat in ihrer Schrift "Verschüttete Volksseele" aus dem Jahr 1935 die Kolonialpolitik der europäischen Mächte in Afrika scharf gegeißelt und als Ausdruck "verschütteter Volksseele" auf Seiten der handelnden, verchristlichten Europäer gekennzeichnet. Da sie die Volksseele in sich selbst nicht mehr würden sprechen lassen, würden sie auch das Sprechen der Volksseele in den von ihnen mißhandelten Afrikanern nicht mehr wahrnehmen. 

Womöglich könnte von diesem Phänomen Friedrich von Lindequist zumindest teilweise ausgenommen werden. Heißt es doch auf Wikipedia schon über seine Amtsübernahme (Wiki):

Zuvor hatte er zur Bedingung gemacht, daß von Trotha (sein Vorgänger) auch das Kommando über die Schutztruppe entzogen werden müsse, was dann auch geschah. Lindequist sah in der kompromißlosen Haltung von Trothas einen wichtigen Grund für die Eskalation des (Herero-)Aufstands.

Aber auch er selbst wollte offenbar 1906 einen ganzen Herero-Stamm nach Samoa deportieren (FDJ). Dazu ist es nicht gekommen. Über das Ende seiner Gouverneurs-Tätigkeit heißt es (Wiki):

Am 20. Mai 1908 schied Lindequist offiziell aus dem Amt aus. Angeblich gab er seinen Posten mit Hinweis auf die Ausrottungspolitik den Afrikanern gegenüber unter Protest zurück und wollte sich als Spargelbauer auf Gut Macherslust bei Eberswalde zurückziehen. "Dabei wird jedenfalls kein Blut vergossen, es sei denn ich schnitte mir in meinen eigenen Finger", soll er gesagt haben.

Es könnte also so sein, daß er zumindest zeitweise Anwandlungen von Menschlichkeit und Volksseele (im Sinne von Mathilde Ludendorff) gehabt hatte.*)

Ein Gespräch von Lindequist's mit Erich Ludendorff (31. Mai 1918)

Am 31. Mai 1918 hatte Erich Ludendorff nun mit diesem Friedrich von Lindequist eine Besprechung über das Schicksal der Schwarzmeer-Deutschen. Ludendorff telegrafierte darüber an seinen Untergebenen, den Oberbefehlshaber Ost, General Hoffmann in Kowno in Litauen (zit. n. 2, S. 536ff; Hervorhebung nicht im Original):

Bei der Besprechung mit dem Staatssekretär a. D. von Lindequist am 31. 5. habe ich folgende Ausführungen gemacht: Die Deutschen in Südrußland können verlangen, daß das deutsche Reich sich ihrer annimmt. Die Errichtung einer deutschen Kolonie in der Krim ist nicht möglich. Die Kolonie wäre im Kriegsfall ohne Verbindung mit dem Mutterlande und könnte daher nicht gehalten werden. Die jetzt bestehende Absicht der Rückwanderung nach Deutschland wird voraussichtlich später doch nur ein Teil von ihnen ausführen. Der zurückbleibende Teil wird sich, nachdem in Rußland überall das nationale Empfinden der einzelnen Völkerschaften geweckt ist, ohne besonderen Schutz nicht halten können. Wir müssen daher danach trachten, dieses Deutschtum dort zu stärken. Dies läßt sich nur dadurch erreichen, daß wir die zurückbleibenden zusammenlegen. Für diesen Zusammenschluß kommt in erster Linie das Gebiet der Krim nach seiner Lage am schwarzen Meer in Betracht. Werden die Deutschen aus Südrußland (Bessarabien, Cherson, Wolhynien, Wolga, Kaukasus) dorthin übergesiedelt, so kann hier ein Staatengebilde entstehen, in dem der deutsche Einfluß vorherrscht und [das] den deutschen wirtschaftlichen Interessen am Schwarzen Meer die erforderliche Sicherheit bietet. Als selbständiger Staat kann die Krim nicht bestehen, auch nicht, wenn Taurien damit vereinigt würde. Taurien wird zurzeit von der Ukraine beansprucht; doch wird die Ukraine dahin zu bringen sein, den Zusammenschluß Tauriens mit der Krim anzunehmen. Der selbständige Staat Krim-Taurien bedarf der Anlehnung an einen größeren Nachbarstaat. Dazu müßte er zu einem Staatenbund mit der Ukraine vereinigt werden. Es wäre somit politisch die Zustimmung der Ukraine dazu anzustreben, daß
1. Taurien und die Krim zu einem selbständigen Staat vereinigt,
2. in diesen Staat die in Südrußland (einschließlich Bessarabien, Kaukasus) verbleibenden Deutschen übergesiedelt,
3. dem deutschen Reich in diesem Staate wirtschaftliche Vorteile und die Benutzung von Sebastopol als Stützpunkt für die deutschen Seestreitkräfte im Schwarzen Meer zugestanden werden und
4. dieser Staat mit der Ukraine zu einem Staatenbunde vereinigt wird, sodaß er zu der Ukraine in demselben Verhältnis stehen würde, wie etwa Bayern zu Preußen.
Die Verleihung des deutschen Staatsbürgerrechts an alle Deutschen in Südrußland würde den deutschen Einfluß in dem Staat Krim-Taurien schmälern, da es sich von der Regierung und der Volksvertretung ausschlösse [sie]. Dagegen muß den Deutschen, die zur Rückwanderung fest entschlossen sind, die Erwerbung des deutschen Staatsbürgerrechts schon jetzt durch Maßnahmen der deutschen Regierung erleichtert werden. Die wehrpflichtigen Leute könnten dann in das Heer eingestellt werden. Die Rückwanderung und die Übersiedlung muß organisiert werden unter deutscher staatlicher Aufsicht. Außer den Deutschen aus Südrußland kommen für die Rückwanderung die Deutschen aus dem übrigen Rußland, Polen, Sibirien und endlich die Übersee-Deutschen in Betracht. Den einzelnen Kategorien müssen in Deutschland und den neuerworbenen Gebieten (Lothringen, polnischer Grenzstreifen, Litauen, Baltenland) abgegrenzte Gebiete zugeteilt werden. Die Bestimmung dieser Gebiete ist abhängig von den klimatischen Verhältnissen und den wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die Rückwanderer bisher leben, und auch von ihrer Religion. Es wäre verfehlt, evangelische Rückwanderer nach Litauen, katholische nach Estland zu bringen. Es muß angestrebt werden, daß bei der Neuansiedlung die Mitglieder der Gemeinden möglichst zusammenbleiben.
Die Zahl der Rückwanderer läßt sich vor der Hand nicht bestimmen. Exzellenz v. Lindequist rechnet aus Rußland und Sibirien auf etwa 1 1/2 Millionen Seelen = 300000 Familien, davon 1/5 Katholiken. Dazu käme die ganz unbestimmte, aber jedenfalls recht bedeutende Zahl der Rückwanderer von Übersee. Es läßt sich auch voraussehen, daß in Deutschland selbst ein nicht unerheblicher Teil von Leuten, die früher auf dem Lande gesessen haben und in die Städte gezogen sind, auf das Land zurückstreben werden. Hieraus ergibt sich, daß die neuen Gebiete kaum ausreichen werden, um die Rückwanderer aufzunehmen. Wir müssen auch innerhalb Deutschlands Land bereitstellen. Hierbei denke ich vor allem an den Besitz, der durch Kriegsgewinn erworben ist, während ich die Erhaltung angestammten Besitzes unbedingt befürworten möchte. Um die Rückwanderung in geordneten Bahnen durchzuführen und den einzelnen Rückwanderern sagen zu können, wann sie auf die Überführung rechnen können, bedarf es gleichfalls baldiger Vorbereitung. Aus allem geht hervor, daß wir nicht zögern dürfen, eine Stelle zu errichten, in der alle für die Rückwanderung in Betracht kommenden Fragen und Vorbereitungen einheitlich bearbeitet werden. Eine Nebenfrage bedarf der Regelung: unter den Rückwanderern ist eine nicht unerhebliche Zahl von Mennoniten [sie], unter den etwa 50 000 Seelen aus Sibirien schätzungsweise 1000, unter den Rückwanderern aus Taurien schätzungsweise 20000, unter den 500000 Wolgadeutschen etwa 20 000. Die Dienstpflicht mit der Waffe wird von ihnen gefordert werden müssen. Ist das nicht zu erreichen, so würde die Zuwanderung von Mennoniten abzulehnen sein. Ob die Übersiedelung der in Südrußland verbleibenden Deutschen nach der Krim und evtl. nach Taurien staatlich von uns zu organisieren ist, vermag ich nicht zu übersehen. Verzichten können wir auf eine organisierende Stelle nicht. Soll die Übersiedelung durch eine nichtamtliche Stelle erfolgen; so muß diese jedenfalls mit der staatlichen Rückwandererstelle eng zusammenarbeiten. Euere Exzellenz bitte ich, mir möglichst bald eine Äußerung zukommen lassen zu wollen, damit Generalfeldmarschall v. Eichhorn den Deutschen in Südrußland klare Auskunft geben kann. 1. A. gez. Ludendorff.

In Übereinstimmung mit diesem Dokument schreibt Erich Ludendorff in seinen Kriegserinnerungen 1919 (7, S. 531f):

Ich bin im Osten so weit gegangen, als ich in Rücksicht auf unsere militärische und kriegswirtschaftliche Lage für unbedingt notwendig hielt. Napoleonische Welteroberungspläne bewegten mein Hirn nicht. Mein sorgenvolles Ringen ließ phantastische Geistesflüge gar nicht aufkommen. Ich wollte in der Ukraine und im Kaukasus kein Gebiet erobern; ich beabsichtigte nur, uns das zuzuführen, was wir so dringend brauchten, um überhaupt leben und den Krieg führen zu können. (...) Nur in dem Schutz und der Pflege des Deutschtums ging ich über diese nächstliegenden militärischen Erfordernisse hinaus und verfolgte Zukunftsgedanken. Militärische Kraft kostete das nicht. Ich wollte das Deutschtum stärken und sammeln und dadurch mächtiger machen. Bekannte hatten mir eine namhafte Summe zur Verfügung gestellt. Ich verwertete sie zur Stärkung der deutschnationalen Presse in Österreich. Meinem Lieblingsgedanken, der Ansiedlung der in Rußland versprengten Deutschen neben unseren Soldaten in den Ostgebieten, ging ich dauernd nach. Ich nahm mich in diesem Sinne des Deutschtums gegenüber der Reichsregierung an. Gedanken wie die Gründung eines deutschen Kolonialstaates am Schwarzen Meer lehnte ich als phantastisch ab. (...) Ich strebte die Vereinigung der Esten und Letten, deren Kultur deutsch war, in einem Staat unter deutscher Führung, bei voller Scheidung der beiden Stämme, an.

Wollte Ludendorff einen "deutschen Kolonialstaat" auf der Krim?

Nach der Lektüre des oben gebrachten Original-Dokumentes kann man nicht sagen, daß Erich Ludendorffs Ausführungen in seinen Kriegserinnerungen falsch wären, in denen er sagt:

Gedanken wie die Gründung eines deutschen Kolonialstaates am Schwarzen Meer lehnte ich als phantastisch ab.

Das sagt er ja auch schon einleitend am 31. Mai 1918. Es scheint dieser Umstand aber in der Literatur doch sehr leicht verwischt zu werden, wenn es in dieser etwa heißt (8, S. 384):

Um die Krim gegenüber dem Ausland nicht als Kolonie erscheinen zu lassen, sollte diese, ähnlich wie die Ukraine, offiziell den Status eines unabhängigen Staates erhalten.

Ist ein selbständiger Staat Krim-Taurien im Staatenverbund mit der selbständigen Ukraine, die beide in einem freundschaftlichen Verhältnis zu Deutschland stehen, "ein deutscher Kolonialstaat"? Hier werden doch unserer Ansicht nach die Quellen über Gebühr strapaziert. Das ist nicht nötig und zumindest einseitig.

Auch ist deutlich erkennbar, daß Erich Ludendorff die Rücksiedlung der Rußlanddeutschen an die Grenzen des Deutschen Reiches bevorzugte und nur jene auf der Krim sammeln wollte, die das nicht wollten. Hätte er tatsächlich - und sei es unter der Tarnung von Selbständigkeit - einen Kolonialstaat gründen wollen, so hätte er doch genau anders herum argumentieren müssen. 

Im übrigen: Insgesamt scheinen das alles doch noch sehr vage Pläne gewesen zu sein. Alle Beteiligten mußten sich bei ihnen angesichts der ganzen Ungeklärtheit der Gesamtsituation ihrer völligen Vorläufigkeit bewußt sein. Und soweit man Ludendorff versteht, wollte er zunächst einmal nur so viel Verhandlungsmasse sichern, wie ihm überhaupt nur möglich war und sinnvoll erschien. Wobei er eben realistisch die Möglichkeiten einschätzte und nicht zum "Phantasten" wurde.

Auch würde man dazu gerne noch einmal die Gespräche kennen lernen, die er diesbezüglich mit dem General Skoropadskyj (1873-1945) (Wiki) führte, mit dem er sich ja - offenbar - ganz gut verstand, und der ja einem selbständigen Staat auf der Krim auch nicht gerade sehr freundlich gegenüber stand.

Insgesamt ist eines jedoch deutlich: Wäre es dauerhafter zur Ludendorff'schen Lösung gekommen, wäre es nie zur Sowjetherrschaft in der Ukraine gekommen und hätte es damit auch zum größten Völkermord der Weltgeschichte, nämlich dem an den Ukrainern 1931 bis 1933 (Wiki) nicht kommen können. Auch wäre doch nur allzu offensichtlich den Rußlanddeutschen das schwere Schicksal erspart geblieben, das ihnen während des Zwanzigsten Jahrhunderts zugefügt worden ist. Ob diese Umstände wohl ausreichend gewürdigt werden in den gegenwärtigen Einordnungen durch die Geschichtswissenschaft?

Auf die halbherzigen - bzw. selten bis nie ehrlich gemeinten - "Versuche", "Absichten" der Westalliierten zu setzen, die Ukrainer und die anderen osteuropäischen Völker und Volksgruppen vor der Sowjetherrschaft zu bewahren (zwischen 1917 und 1945), hat ja nun einmal - wie die Weltgeschichte gezeigt hat - nicht gar zu viel geholfen (9).

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*) Übrigens ist über sein Lebensende in der Nähe von Eberswalde, 50 Kilometer nordöstlich von Berlin zu erfahren (6):
Eberswalde war seit dem 24.04.1945 von den Russen besetzt. Am 25.06.1945 schieden Friedrich und Dorothea von Lindequist auf ihrem Gut Macherslust durch Freitod aus dem Leben. (...) Wir suchen noch Hinweise zu den Todesumständen und dem Begräbnisort des Ehepaares und sind für Hinweise dankbar.
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  1. Fischer, Fritz: Griff nach der Weltmacht. 1961
  2. Baumgart, Winfried: Ludendorff und das Auswärtige Amt zur Besetzung der Krim 1918. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, Neue Folge, Bd. 14, H. 4 (Dezember 1966), pp. 529-538, http://www.jstor.org/stable/41042951?seq=1#page_scan_tab_contents, bzw. https://publications.ub.uni-mainz.de/opus/volltexte/2011/2674/pdf/2674.pdf
  3. Eisfeld, Alfred: Deutsche Kolonien an der Wolga 1917-1919 und das Deutsche Reich, Harrassowitz, 1985 (177 S.) [Veröffentlichungen des Osteuropa-Institutes München: Reihe Geschichte], http://wolgadeutsche.net/bibliothek/Eisfeld_DeuKolonien.htm
  4. Eisfeld, Alfred: Die Russlanddeutschen. Langen Müller, 1999 (221 S.)
  5. Görlich, Frank: Fluchtpunkt Transnistrien. Grenzüberschreitende Biographen und historische Kontinuitäten zwischen Erstem Weltkrieg und nationalsozialistischer Ostexpansion. Dissertationsvorhaben. https://www.tu-berlin.de/fakultaet_i/zentrum_fuer_antisemitismusforschung/menue/ueber_uns/mitarbeiter/doktoranden/goerlich_frank/
  6. Ender, Ulrich: Friedrich von Lindequist. Arikel von 2013 auf: http://www.namibiana.de/namibia-information/who-is-who/autoren/infos-zur-person/friedrich-von-lindequist.html
  7. Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen. Mittler & Sohn, Berlin 1919
  8. Nebelin, Manfred: Ludendorff - Diktator im Ersten Weltkrieg. Siedler, München 2010
  9. Bading, Ingo: Wie kam Stalin in die Mitte Europas? Kriegsziele der westlichen Demokratien seit 1941. 1993, 2011, http://www.lulu.com/shop/ingo-bading/wie-kam-stalin-in-die-mitte-europas-kriegsziele-der-westlichen-demokratien-seit-1941/ebook/product-17483517.html

Donnerstag, 23. März 2017

Eine "Verleumdungsschrift" gegen Erich Ludendorff "von noch nie da gewesener Wildheit"?

Neuerscheinungen zu Erich Ludendorff

Eine - sehr überraschende - Ludendorff-Biographie von Perry Pierik ist erschienen (März 2017)


Heute am 23. März 2017, entdecken wir, daß aus der Feder des niederländischen Verlegers und Autors Perry Pierik im November 2016 eine 600 Seiten lange Biographie Erich Ludendorffs erschienen ist, also offenbar ein auffallend ausführliches Werk (1).

Neuerscheinung März 2017
600-Seiten,
Perry Pierik hat schon vor Jahren eine kleine, recht brauchbare, sachliche und weitgehend neutrale Darstellung zur Schlacht von Tannenberg veröffentlicht. Sie umfasste 100 Seiten. Als Pierik und der Autor dieser Zeilen sich vor einigen Jahren zu gleicher Zeit für den Briefnachlass des engen Ludendorff-Mitarbeiters Hermann Rehwaldt interessierten, kam der Autor dieser Zeilen in sehr freundlichen, persönlichen Kontakt und Austausch mit Pierik. Dieser war bis heute lose aufrecht erhalten geblieben und war bislang auch von Offenheit, Vertrauen und Freundschaftlichkeit getragen gewesen.

Aber, was nun schon ziemlich verrückt ist: Schon der Umschlagtext zu dem Inhalt der neuen Ludendorff-Biographie von Pierik ernüchtert geradezu maßlos. Die Zeichnung eines solchen Ludendorff-Bildes hatten wir am allerwenigsten durch den bislang von uns sehr geschätzten Verleger Perry Pierik erwartet. Es wird uns aber erst jetzt bewusst, dass wir aufgrund fehlender Niederländisch-Kenntnisse uns eigentlich noch nie besonders umfangreich mit seiner verlegerischen und schriftstellerischen Tätigkeit beschäftigen konnten, um zu einem umfassenderen und differenzierteren Urteil über seine Arbeit kommen zu können. Das interessiert uns jetzt allerdings doch ein wenig mehr ...

Denn dieser Umschlagtext überrascht außerordentlich und frappiert in mehr als nur einem Teil und in mehr als nur einem Aspekt. Er häuft eine solche Fülle von Unsachlichkeit und Undifferenziertheit über Erich Ludendorff, dass man wirklich gespannt ist, was da noch "draufgesetzt" werden könnte. Noch nicht einmal die Anklagen und das Urteil im Spruchkammerverfahren gegen Mathilde Ludendorff ab 1949 waren in ihren Schuldvorwürfen so weit gegangen wie hier offenbar nun Perry Pierik! Was treibt diesen Menschen an, in einer so viele Jahrzehnte später erschienenen Biographie noch einmal, wieder einmal - - - "alle Schuld auf Ludendorff" zu werfen? Als müsse es unbedingt eine Unheilsgestalt des 20. Jahrhunderts geben. Was treibt Pierik an? Will er etwa andere Unheilsgestalten mit dieser Schuldüberhäufung - - - entlasten? - - -

Treibt ihn schlechtes Gewissen? In diesem Zusammenhang entdecken wir erst und machen uns bewusst, dass Pierik zwischenzeitlich auch eine Biographie über den okkultgläubigen "Geopolitiker" Karl Haushofer herausgebracht hat. Diesen haben wir selbst ebenfalls auf unseren Blogs behandelt. Wir hatten diesbezüglich auch mit einem anderen Haushofer-Forscher schon Kontakt gesucht (s. Amazon-Rezension), da wir ja entdeckten, dass Haushofer auf den Einfluss von Okkultlogen auf die Politik sogar in aller Öffentlichkeit Mitte der 1930er Jahre hingewiesen hat, was noch gar nicht in die Haushofer-Forschung eingeflossen ist (siehe unser Parallelblog). Geopolitik ganz allgemein ist ein weiteres Steckenpferd von Perry Pierik ... Über Vladimir Putin hat er ein Buch herausgebracht. Wird mit solchen Anhaltspunkten allmählich eine bessere quasi ideologische - oder gar hintergrundpolitische - Einordnung eines der erfolgreichsten rechtskonservativen Verleger der Niederlande möglich?

Manches an dem im folgenden zu zitierenden Umschlagtext kommt einem auch bloß schon so dümmlich vor, dass man fast denken muss, Pierik habe sich noch nicht einmal besonders viel Mühe in seinen 600 Seiten gegeben beim Zusammentragen aller möglicher Vorwürfe, die alle in die Richtung gehen, ausgerechnet Erich Ludendorff hätte an der Herbeiführung der Praktizierung nationalsozialistischer Mordmoral im 20. Jahrhundert großen Anteil gehabt. All das wissen wir vorderhand nicht, da wir die neue Ludendorff-Biographie noch nicht gelesen haben. Aber mit diesem umfangreichen Werk kommt Perry Pierik offensichtlich auch dem Dresdner Historiker Manfred Nebelin zuvor, der ebenfalls angekündigt hatte, seine bislang vorgelegte Ludendorff-Biographie bis zum Jahr 1918 in einem zweiten Buch bis zu Ludendorffs Lebensende 1937 fortsetzen zu wollen. War es Pierik wichtig, Nebelin zuvor zu kommen? Wollte Pierik "Stimmung" machen? Wenn man das Niederländisch der Verlagsankündigung recht versteht, wird da gleich ganz fröhlich und undifferenziert als wichtiger Aspekt der Biographie Erich Ludendorffs nach dem Ersten Weltkrieg in den Vordergrund gestellt (Uitgeverijaspekt) (Pierik-Zitate im folgenden grün):
Ludendorff arbeitete direkt mit den Mördern von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zusammen, er stand den Mördern von Walter Rathenau nahe, er war Anführer in zwei Staatsstreichen, dem Kapp-Putsch und dem Feldherrnhallen-Putsch und er paktierte ein weiteres mal, diesmal gegen Hitler im Jahr 1935.
Es ist sicherlich von Wert, dass hier einmal herausgestellt wird, dass Erich Ludendorff von der Wehrmachtführung von 1933 bis mindestens 1935 wiederholt einen Staatsstreich gegen Hitler erwartete und sie in vertrauten Gesprächen wiederholt dazu aufforderte. Dass aber hier die Nähe zu den politischen Morden der frühen 1920er Jahre herausgestellt wird, ohne im gleichen Zusammenhang darauf hinzuweisen, was heute ja sogar auf Wikipedia steht (Wiki), nämlich dass Todesurteile zu diesen Morden in jenen freimaurerischen Okkultlogen gefällt worden sind (durch Ludwig Müller von Hausen) und von ihnen die Ausführung dieser Urteile Ordensmitgliedern anbefohlen wurde, die und deren Geheimgerichtsbarkeit ja niemand geringerer als Erich Ludendorff, nachdem er ihr Treiben erkannt hatte, sofort - ab 1927 - auf das Schärfste bekämpft hat, dieser Umstand könnte einmal erneut aufzeigen, wie notwendig die Veröffentlichung meines eigenen noch unveröffentlichten Manuskriptes zu diesem Thema ist mit dem Arbeitstitel "Wie wurde Erich Ludendorff Geheimpolitik-Kritiker?"

In diesem Manuskript wird nämlich deutlich, wie ahnungslos sich Erich Ludendorff in den von Okkultlogen durchzogenen völkischen Kreisen der frühen 1920er Jahre bewegte, wie er bis zu seinem Lebensende 1937 noch mancherlei Ahnung bekam über seine vormalige Ahnungslosigkeit (dargelegt in seinen Lebenserinnerungen), wie der volle Umfang des "Umstelltsein" Ludendorffs von Angehörigen von Okkultlogen innerhalb der völkischen Bewegung der 1920er Jahre aber erst durch die mannigfaltigen Erkenntnisse der historischen Forschung der letzten Jahrzehnten vollständig überblickt werden kann. Erich Ludendorff hatte bis 1937 davon nur die Spitze des Eisberges erkannt und durchschaut! Und schon mit dem Erkennen der Spitze dieses Eisberges war er damals seinen nichtsahnenden Zeitgenossen weit voraus. Ludendorff wusste ja zum Beispiel gar nicht, dass jener Ludwig Müller von Hausen, der ihn - Ludendorff - (nach seinen Lebenserinnerungen) erstmals über das Wirken der Freimaurerei aufklärte, selbst viel tiefer in freimaurerische Geheimgerichtsbarkeit eingebunden gewesen ist, als er das nach außen für einen Ludendorff erkennbar gemacht haben kann. Dieser Ludwig Müller von Hausen muss sich höllisch spitzbübisch vorgekommen sein bei seiner "Aufklärung über die Freimaurerei" für Nichtfreimaurer.

Ich meine mich zu erinnern, dass ich Perry Pierik sogar regelmäßig über solche meine neuen Erkenntnisse immer zeitnah unterrichtet hatte auf Pierik's mehrfach nachdrücklich wiederholten Wunsch hin. Es kam nie eine kritische Gegenbemerkung zurück. Und nun eine solche Biographie. Ist seine Ludendorff-Biographie eine Kontrast-Darstellung zu unserer Blog- und Forschungsarbeit? Aber kann das dann nicht ein bisschen gar zu dümmlich werden? In meinem Manuskript habe ich den Lern- und Veränderungsprozess Erich Ludendorffs bezüglich all dieser Fragen sehr gründlich und auf heutigem Kenntnisstand dargestellt. Das kann gerade an Pierik am allerwenigsten vorbei gegangen sein. Ihm habe ich vieles mitgeteilt, was ich sonst noch gar nicht veröffentlicht habe. - Weiter heißt es dann so kontrastreich zu unserer Blogarbeit im Umschlagtext des neuen Pierik-Buches:
Ludendorff war auch Verleger und Vertreiber von Verleumdungsschriften von noch nie da gewesener Wildheit wie der Protokolle der Weisen von Zion, die den Humus geschaffen haben, aus denen der Holocaust entstehen konnte
- und auch nur ein bisschen differenzierter ging ja schon einmal gar nicht, so wird man annehmen dürfen ..... ?!!! Hätte Pierik übrigens diese seine Einschätzung mir früher mitgeteilt, hätte ich schon früher auf jede weitere Zusendung an ihn verzichtet ... -
und zusätzlich war er ein noch nie da gewesener Verschwörungsdenker. Er verhandelte alles schon in der berüchtigten Wannseevilla mit der deutschen Regierung 17 Jahre bevor dort die "Endlösung" beschlossen wurde ...
Welchen Sinn soll dieser Satz haben? (Haben wir ihn richtig übersetzt, im Original lautet er: "Hij onderhandelde al in de beruchte Wannseevila met de Duitse regering 17 jaar voordat daar tot de ‘Endlösung’ besloten werd.") Die Wannseekonferenz fand statt am 20. Januar 1942 (Wiki), 17 Jahre früher würde heißen 1925. Im Jahr 1925 hat doch Ludendorff jedoch unseres Wissens nicht direkt mit der deutschen Regierung verhandelt. Im Februar 1923, also 19 Jahre früher, war er vom Reichskanzler Cuno und dem Reichswehr-Chef General von Seeckt aufgefordert worden, von München aus zu einer Besprechung in eine Wannsee-Villa zu kommen, um zu beratschlagen, ob gegen die französische Ruhrbesetzung Reichswehr und Freikorps gemeinsam Widerstand leisten könnten (Stud.gr.). Soll das beides mal ausgerechnet die gleiche Villa gewesen sein? Und wenn ja: Was möchte Pierik daraus für Schlüsse ableiten? Was sollen die Themen des Jahres 1923 mit der Wannseekonferenz im Januar 1942 zu tun haben? Alles hochgradig merkwürdig. Dass Erich Ludendorff hier mit den Beschlüssen der Wannseekonferenz im Januar 1942 in einen so direkten Zusammenhang gebracht wird, hat man so noch nie gehört und lässt einen erneut fragen: Von welchem Teufel wird Perry Pierik geritten? Von welchen Motiven wird er angetrieben? Ebenso der dann folgende Teilsatz, der offenbar den vorhergehenden Satz weiter erläutern soll:
... und in seinem (Ludendorffs) Haus wurde die fatalste Freundschaft des 20. Jahrhunderts geschlossen, die zwischen Heinrich Himmler und Auschwitz-Kommandant Rudolf Höss.
Wie kommt er auf all so etwas? Und was soll das? Was sind das alles für unglaublich "wild" konstruierte Zusammenhänge? Die Brüder Strasser haben über Erich Ludendorff Adolf Hitler kennen gelernt und zu Hitler Vertrauen gefasst, das ist bekannt (siehe Stud.gr. Nat. 2012). Aber von einer persönlichen Bekanntschaft zwischen Himmler und Ludendorff ist gar nichts bekannt, ebenso wenig von einer solchen zwischen Höß und Ludendorff. Aber selbst wenn sich diese beiden bei Ludendorff kennen gelernt haben sollten etwa 19 Jahre vor der Wannseekonferenz - wie sollte man daraus einen Zusammenhang konstruieren können zwischen Ludendorff und dem KZ Ausschwitz? Es ist das alles dermaßen abstrus. Und einmal nebenbei gefragt: Wo ist hier noch eine kritische rechtskonservative Grundhaltung erkennbar? Das hätten Staatshistoriker der DDR und ihre westdeutschen Trabanten auch alles nicht besser "konstruieren" können! Aber selbst die sind nie so weit gegangen unseres Wissens. Es geht aber mit diesem wilden Konstruieren bei Pierik gleich noch weiter:
Verbinden wir damit seine (Ludendorffs) Rolle in der kommunistischen Revolution und rund um den gepanzerten Zug, mit dem Lenin aus der Schweiz nach St. Petersburg gereist ist, ...
diese Rolle war denkbar marginal. Auf Wikipedia heißt es dazu (Wiki):
Die Federführung auf deutscher Seite hatte in dieser Angelegenheit das Auswärtige Amt und nicht - wie häufig angenommen - die Oberste Heeresleitung.
Der Graf Brockdorf-Rantzau in Kopenhagen spielte eine Rolle beim Zustandekommen dieser Reise ebenso wie "Parvus Helphand" (Alexander Parvus) und noch viele andere Leute (Wiki). Deshalb ist es hochgradig merkwürdig, dass Pierik ausgerechnet auf diese alte Legende und ausgerechnet in diesem Zusammenhang zu sprechen kommt. Er schreibt weiter:
... dann ist das Bild dieses Mannes viel vielseitiger als jenes Bild vom Feldherrn, das die allgemeine Geschichte bislang von ihm kennt.
... Allerdings! ... Haben wir hier etwa vorliegen eine "Verleumdungsschrift" gegen Erich Ludendorff "von noch nie da gewesener Wildheit"? Nur einmal ganz naiv und "wild" in den Raum hinein gefragt .... Weiter:
Dr. Perry Pierik hat sich lang in das Leben dieses umstrittenen Mannes vertieft, dessen Einfluss noch heute kaum begriffen ist. Hitler tauchte aus dem Nichts auf im Jahr 1933. Die sogenannten "fehlenden Jahre" des "Führers" standen in Wirklichkeit unter dem Diktat von Erich Ludendorff.
Aber was nicht gar. Es kann ja gar nicht anderes sein. Und noch einmal: Von welchem Teufel wird Perry Pierik hier geritten? Kann er das alles selbst geschrieben haben? Geht es noch wilder, unsachlicher, konstruierter und weiter abseits aller historischen Wirklichkeit? Während wir in drei Bänden Quellen-Dokumentation, sowie auf unserem Parallelblog in den letzten Jahren Erich und Mathilde Ludendorff als frühe, sehr gründliche Kritiker von elitärem Satanismus herausgestellt haben, eines Satanismus, den das Ehepaar Ludendorff auch mit guten Gründen als hinter der Mordmoral der Nationalsozialisten stehend vermutete und schärfstens verurteilte und kritisierte, scheint Perry Pierik nun in seinen wilden Ludendorff-Konstruktionen geradezu Erich Ludendorff als den übelsten Satanisten und die übelste Unheilsgestalt des 20. Jahrhunderts herausstellen zu wollen, die nicht nur für die Verbrechen der NS-Zeit, sondern auch noch für die des Kommunismus verantwortlich zu machen wäre. - - - Fassen wir unseren bisherigen, noch sehr vorläufigen Eindruck zunächst einmal folgendermaßen zusammen: Sollte Perry Pierik den Politikberater Karl Haushofer ebenso auffallend unkritisch belobhudeln und verharmlosen wie es die Mehrheit der bisherigen Haushofer-Forscher so merkwürdig getan hat (mit auffälliger Ausnahme eines Jesuiten), dann würde man sehr schnell wissen, wie man Perry Pierik selbst hintergrundpolitisch einzuordnen hätte. Vielleicht würde dann dieses "wilde" Konstruieren in irgendeinem Sinne "Sinn" machen ....

Hier abschließend noch einmal das Originalzitat, auf das wir uns beziehen. Für jede Korrektur, Verbesserung und Präzisierung unserer Übersetzung ins Deutsche sind wir dankbar. (Eine wesentliche haben wir zwischenzeitlich schon von einem freundlichen Leser mit großem Dank erhalten und oben schon übernommen!) Hier also das Originalzitat (Uitgeverijaspekt):
Hij werkte direct samen met de moordenaars van Karl Liebknecht en Rosa Luxemburg, hij stond dicht bij de moordenaars op Walter Rathenau, hij was voorman in twee staatsgreeppogingen, de Kapp-putsch en de Feldherrnhalleputsch en hij pacteerde bijna opnieuw, ditmaal tegen Hitler, in 1935. Ludendorff was tevens uitgever en verspreider van smaadschriften van ongekende felheid, zoals de Protocollen van de wijzen van Sion, waarmee hij het humus schiep waaruit de holocaust kon ontstaan en bovendien was hij een ongekende complotdenker. Hij onderhandelde al in de beruchte Wannseevila met de Duitse regering 17 jaar voordat daar tot de ‘Endlösung’ besloten werd, en in zijn huis werd de fataalste vriendschap van de 20ste eeuw gesloten: die tussen Heinrich Himmler en Auschwitz-commandant Rudolf Höss. Koppelen we daar zijn rol aan bij de communistische revolutie en de geblindeerde trein waarmee Lenin vanuit Zwitserland naar St. Petersburg reisde, dan is het beeld van deze man al heel wat veelzijdiger dan alleen de veldheer zoals de geschiedenis hem kent. Dr. Perry Pierik verdiepte zich lange tijd in het leven van deze omstreden man, wiens invloed nog nauwelijks begrepen wordt. Hitler dook niet uit het niets op in 1933. De zogenaamde ‘missing years’ van de ‘Führer’ waren in werkelijkheid het dictaat van Erich Ludendorff. Pierik schreef en redigeerde talloze boeken over de Eerste- en Tweede Wereldoorlog.
/veröffentlicht: 23.3.2017/

Ergänzung 31.10.2017:
Im Internet scheint es keine einzige deutsch- oder englischsprachige Besprechung, Rezension der zahlreichen Bücher von Perry Pierik zu geben. Das erschwert die Auseinandersetzung mit ihnen, wenn man nicht Niederländisch kann.

Ergänzung 29.4.2018:
Offenbar folgt Perry Pierik in seinen hanebüchenen Schuldzuweisungen gegenüber Ludendorff einem allgemeineren Trend. Gibt es neue ausgegebene Stichworte innerhalb der Logen im Hintergrund? Jedenfalls vertrat im letzten Jahr die Historikerin Eva Ingeborg Fleischhauer ähnliche Schuldzuweisungen gegenüber Ludendorff (2). Daß es sich dabei um hanebüchene Verschwörungstheorie handelt, darauf hat der Ludendorff-Biograph Manfred Nebelin schon im November 2017 in der FAZ hingewiesen (3). Ein Jürgen W. Schmidt zerpflückte das Buch Fleischhauers neuerdings auch in der "Jungen Freiheit" vom 26. April 2018.

Korrektur 03.09.2018:
In privater Zuschrift wird mir geschrieben:
Das holl. Wort "al" wurde irrtümlicherweise mit "alles" übersetzt, obwohl es hier eindeutig mit "schon" übersetzt hätte werden müssen! 
Dies bezieht sich auf den zitierten Originalsatz: "Hij onderhandelde al in de beruchte Wannseevila met de Duitse regering 17 jaar voordat daar tot de ‘Endlösung’ besloten werd, en in zijn huis werd de fataalste vriendschap van de 20ste eeuw gesloten." Die Übersetzung wurde oben im Text korrigiert. (Mit Dank für die Zuschrift!)
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  1. Perry Pierik: Erich Ludendorff. Uitgeverij Aspekt, Soesterberg 2017 (622 S.) (Uitgeverijaspekt)
  2. Eva Ingeborg Fleischhauer: Die Russische Revolution. Lenin und Ludendorff (1905 - 1917). edition winterwork, Borsdorf 2017 (888 S.)
  3. Nebelin, Manfred: Lenin und Ludendorff - Traumpaar der Oktoberrevolution? FAZ, 27.11.2017, http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/traumpaar-der-oktoberrevolution-lenin-und-ludendorff-15301721
  4. Bading, Ingo: Erich Ludendorff - In zentralen Punkten rehabilitiert durch die etablierte Geschichtsschreibung? Erich Ludendorff und der totale Krieg - Gibt es Neubewertungen? Studiengruppe Naturalismus, 29. April 2018, https://studiengruppe.blogspot.de/2018/04/erich-ludendorff-in-zentralen-punkten.html

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In diesem Beitrag wird in unregelmäßigen Abständen jeweils nur in Kurzform auf neu erschienene Bücher über Erich Ludendorff hingewiesen oder auf Aktivitäten rund um die geschichtliche Aufarbeitung von Aspekten des Lebens von Erich Ludendorff. Es erfolgt dies in der Regel nur als ein erster Hinweis und es bleibt vorbehalten, dass die einzelnen hier angesprochenen Bücher und Themen künftig noch ausführlicher behandelt werden.

Ludendorffs Bursche Rudolf Peters (1892-1955)


Abb. 1: Rudolf Peters,
der Bursche Erich Ludendorffs
Erich Ludendorff hatte während des Ersten Weltkrieges einen "Burschen" mit dem Namen Rudolf Peters (1892-1955). Dieser ist vor drei Jahren in seinem Heimatort Burscheid im Rahmen einer Geschichtsausstellung behandelt worden (8-12) (mit Dank an eine Leserin dieses Blogs für den Hinweis darauf). Die Ehrenamtliche Mitarbeiterin des Stadtarchivs Burscheid Sabine Wurmbach, die zugleich Mitglied der Fraktion "Die Grünen" im dortigen Stadtparlament ist, hat im Jahr 2014 eine Ausstellung über Burscheid im Ersten Weltkrieg in der Stadtbücherei Burscheid in die Wege geleitet. In dieser Ausstellung spielte der wohl bekannteste Burscheider des Ersten Weltkrieges, der genannte Rudolf Peters, eine wichtige Rolle. In der lokalen Presse ("Bergischer Volksbote") wurde eine Fotografie von ihm gebracht, untertitelt:
Der Bursche Ludendorffs und dessen Patenkind: Rudolf Peters und sein Sohn Erich Rudolf unter einem Ludendorff-Porträt.
Die Abbildung 2 wird Mitte der 1930er Jahre entstanden sein, vielleicht aus Anlass eines Geburtstages von Erich Ludendorff. Vielleicht sollte oder wurde die Fotografie an Erich Ludendorff gesandt. Am rechten Bildrand sieht man übrigens auch ein Porträtfotografie Mathilde Ludendorffs. Dazu wurde berichtet ("Bergischer Volksbote"):
Ludendorffs Patenkind war ein Burscheider - Der Burscheider Friedrich Rudolf Peters (1892-1954) war von 1913 bis 1919 Bursche des Generals Erich Ludendorff, Stellvertreter Hindenburgs. Peters’ Sohn Erich Rudolf (1923-2011), später stadtbekannter Lebensmittelhändler, wurde gar nach Kriegsende Ludendorffs Patenkind. Auch diese lange in Vergessenheit geratene Verbindung hat der Geschichtsverein wiederentdeckt. Im Rheinisch-Bergischen Kalender hat Wurmbach einen Auszug der gesammelten Erkenntnisse vorgestellt. Nach den Sommerferien ist eine Ausstellung in der Stadtbücherei geplant und parallel eine Veröffentlichung des Geschichtsvereins. 
Und über diese Ausstellungseröffnung hieß es dann einige Monate später:
Die Geschichte reicht in die Gegenwart: Unter den Gästen der Eröffnung befand sich auch Reiner Peters, Enkel des Burscheider Friedrich Rudolf Peters (1892-1954) der von 1913 bis 1919 Bursche des Generals Erich Ludendorff war.
Und:
Auch Reiner Peters steuerte zur Ausstellung ein Stück Familiengeschichte bei. Sein Großvater, Rudolf Peters, war Laufbursche des Generalfeldmarschalls (sic!) Erich Ludendorff, der bestimmenden Einfluss auf die deutsche Kriegsführung und Politik hatte. Ludendorff war der Patenonkel von Reiner Peters’ Vater, der auch nach seinem Paten benannt war - mit dem Vornamen Erich-Rudolf.
Und über die parallel erschienene Bucherscheinung "Leben in Burscheid 1914 - 1918" hieß es:
Rudolf Peters aus Benninghausen war Bursche des Generals Erich Ludendorff. Auch seinen Erinnerungen ist ein Kapitel gewidmet.
Abb. 2: Das Patenkind Ludendorffs
Die persönlichen Erinnerungen von Rudolf Peters haben schon Eingang in das große Erinnerungswerk gefunden, das Mathilde Ludendorff zum Gedenken an Erich Ludendorff 1938 herausgegeben hat ("Erich Ludendorff - Sein Wesen und Schaffen", S. 92ff). Hier ist die Rede vom Burschen Rudolf Peters,
der die wundersame Kameradschaft des großen Toten bis zu dessen Todesstunde erlebt hat: "Ich kann den Tod des Feldherrn noch nicht fassen, ich kann mich nicht hineinfinden. So nahe hielten der Feldherr und ich zusammen in allen großen und schweren Zeiten. Wenige Tage vor seinem Tode hat er mir vom Sterbelager aus noch das Geschenk für sein Patenkind, meinen Sohn Erich, gesandt. Eben war ich dabei, das Weihnachtspaket mit den Äpfeln wie jedes Jahr für ihn zu packen, denn wir waren ja so froh über seinen Gruß in der Quellnummer gewesen und glaubten, es gehe nun aufwärts, da kam die furchtbare Nachricht von seinem Tode. Nie werde ich diese Stunde vergessen. Nun sind seither zwei Monate vergangen, und noch hat sich nichts geändert. Immer wieder kommen Stunden, wo ich über seinen Tod nicht hinwegkomme. So auch heute Nachmittag. Ich habe mir einige seiner Briefe zur Hand genommen und lese sie immer wieder. ich meine, dadurch wird es vielleicht etwas leichter. Es tut mir auch wohl, von der Vergangenheit zu erzählen ...."
Es folgt ein langer Bericht. Darunter auch das Zeugnis Ludendorffs für Rudolf Peters:
"Unteroffizier Rudolf Peters war sechs Jahre Bursche bei mir. Er hat mir mit gleicher Treue und Hingebung gedient wie ich meinem Lande."
Und es wird aus den Erinnerungen von Peters unter anderem gebracht:
Als ich mich im Jahre 1921 verheiratete, schrieb mir der Feldherr: "Zu Ihrer Hochzeit wünsche ich Ihnen von Herzen Glück und bei dem ersten Kind will ich Pate sein. Sie haben mir treu gedient, auch mit dem Herzen. Das vergesse ich nicht. Also glückauf auch für die Zukunft." (...) Nach den Ereignissen an der Feldherrnhalle am 9. 11. 1923 war im Dezember mein Sohn geboren. (...) Der große Freiheitkampf führte den unermüdlichen Feldherrn, wenn er aufklärende völkische Vorträge hielt, auch manchmal in die Nähe meines Wohnortes. Dann schrieb er es mir rechtzeitig, damit wir uns wiedersehen konnten. So kam er auch einmal mit meiner Frau und dem Kinde zusammen, und immer war es ein großes Fest für uns. (...) An dem Geburttage in diesem Jahr wollte ich mit seinem Patenkind nach Tutzing kommen, weil es ja doch nun 25 Jahre her sind, dass ich in Dienst bei dem Obersten Ludendorff trat. Wie hatte ich mich darauf gefreut, den Patensohn zu zeigen. Jetzt ist der Tod dazwischen getreten! Aber die Treue lebt über das Grab hinaus.
Im Jahr 1955 schrieb Mathilde Ludendorff in der Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung "Der Quell" einen Nachruf auf Rudolf Peters (S. 767):
Kurz vor den Tagen von Lüttich erhalte ich die Nachricht, daß Rudolf Peters, der zuverlässige, treue Bursche des Feldherrn, der ihn in allen Kriegsjahren des ersten Weltkrieges zu betreuen hatte, im Alter von 63 Jahren nach kurzer Krankheit am 25. Juni 1955 in Burscheid gestorben ist.
Es ist eigentümlich, dass dieser Bursche noch Jahrzehnte später lokalgeschichtlich so viel Aufmerksamkeit zuteil geworden ist.
/hier auf dem Blog 
zuerst veröffentlicht: 19.2.2017/

Eine Neuerscheinung zu Erich Ludendorff


Erschienen: März 2016
Am 15. März 2016 ist auf Englisch ein neues Buch über Erich Ludendorff erschienen von Will Brownell "The First Nazi: Erich Ludendorff - The Man Who Made Hitler Possible" (Counterpoint 2016, 356 Seiten) (3). Laut Klappentext sammelt es alle nur denkbaren Vorwürfe, die man glaubt, Erich Ludendorff machen zu können. Nach diesem Klappentext wird wieder einmal "alle Schuld auf Ludendorff" geworfen, wie das ein oft wiederholtes Zitat schon seit 1918 unterstellt:
General Erich Ludendorff was one of the most important military individuals of the last century, yet today, he is one of the least known. One of the top two German generals of World War I, Ludendorff dominated not only his superior-General Paul von Hindenburg-but also Germany's head of state, Kaiser Wilhelm II.
Das ist falsch charakterisiert. Es ist längst bekannt, dass der Kaiser sich lange dagegen wehrte, Ludendorff Einfluß und Bedeutung einzuräumen und dass Hindenburg den Ruhm "einheimste", dessen zugrundliegende militärische Leistungen allein Ludendorff erbracht hatte und erbringen konnte. Weiter
For years, Ludendorff was the military dictator of Germany.
Diese Behauptung ist unter Historikern sehr umstritten worauf wir hier auf dem Blog schon hingewiesen haben. 
He not only commanded all aspects of World War I, he refused every opportunity to make peace; he antagonised the Americans until they declared war; he sent Lenin into Russia to forge a revolution to shut down the Russian front; and pushed for total military victory in 1918 in a rabid slaughter known as "The Ludendorff Offensive." Shortly after Germany lost the War in 1918, Ludendorff created the murderous legend that Germany had lost the war only because Jews had conspired on the home front. He soon forged an alliance with Hitler, endorsed the Nazis, and wrote maniacally about how Germans needed a new world war to redeem the Fatherland. This savage man had staggering designs to build a gigantic state that would dwarf even the British Empire. Quite simply, Ludendorff wanted the world and was instrumental in both world wars and the Russian Revolution, changing the 20th century beyond recognition.
Nach diesem Klappentext kann dieses Buch keine sehr differenzierte Darstellung und Auseinandersetzung mit der Biographie Erich Ludendorffs enthalten, sondern sammelt lediglich Mythen und wärmt sie neu auf, von denen jede einzelne wesentlich differenzierter zu betrachten und zu bewerten ist als es hier zu geschehen scheint.

Warum aber nun gar so plump, plakativ und so gar nicht differenziert? Der Autor hat einen US-militärischen Hintergrund als Übersetzer. Was aber noch interessanter ist: Er hat eine Biographie über den US-Diplomaten William C. Bullitt verfasst. Wer eine Biographie über einen solchen Kriegshetzer wie Bullitt verfasst hat, der sollte eigentlich wissen, wer Schuld ist an Kriegen im 20. und 21. Jahrhundert, an ihrer Dauer, an ihrer Blutigkeit und an ihrem Ausgang (4). Denn niemand anders als Bullitt hat den Verlauf des Zweiten Weltkrieges schon 1937 sehr genau "vorausgesagt", sprich, aus dem Nähkästchen der Planungen jener geredet, "die dahinter stehen".

(Zuerst veröffentlicht hier auf dem Blog am 27.8.2016)

Im schnoddrigen, lapidaren Ton über Ludendorff



Erschienen: Januar 2014
Am 7. Januar 2014 ist bei "Books on Demand" ein neues Buch über Erich Ludendorff und sein Verhältnis zu Hindenburg und Hitler erschienen (1) von einem Bernhard Wien unter dem Titel "Weichensteller und Totengräber". Im Vorstellungstext heißt es unter anderem:
... Der weitere Blick führt zu wesentlichen neuen Erkenntnissen: Ludendorffs Wirken wird nach wie vor stark unterschätzt. Sein Einfluß auf Hitler war größer als bisher selbst von Ian Kershaw angenommen. Das von Wolfram Pytas Biographie geprägte aktuelle Hindenburg-Bild muß korrigiert werden. Die Einzelereignisse Burgfrieden, Kaisersturz, Kapp-Putsch, Hitler-Putsch 1923 und Röhm-Putsch erfahren eine Neuinterpretation.
Nun, solche Eröffnungsfanfaren kündigen womöglich oft auch nur klägliche Neuerkenntnisse an.

Vorbehaltlich genaueren Studiums kann aufgrund von Leseeindrücken auf Amazon gesagt werden, daß das Buch über weite Strecken in einem sehr schnoddrigen, lapidaren Stil verfaßt ist. Das liest sich also schon vom Stil her nicht als sachlich-wissenschaftliche Veröffentlichung. 

Über weite Strecken enthält die Darstellung überhaupt keine Neubewertungen, sondern es werden nur alte Legenden und Mythen einmal in neuer Weise aufgewärmt. Vielleicht ist es sinnvoll, daß einmal der eher "tagespolitischere" Gegensatz zwischen Ludendorff und Hitler deutlicher herausgearbeitet worden ist. Das geschah aber womöglich nur mit wenig Tiefgang. Denn es werden die völlig unterschiedlichen und gegensätzlichen Moralgrundlagen und Politikansätze beider in keiner Weise ausreichend herausgearbeitet. Daß für Erich Ludendorff im Gegensatz zu Hitler nur ein Verteidigungskrieg infrage kam - das gilt auch für sein Buch "Der totale Krieg" - und er deshalb ein so geschätzter Ansprechpartner der kriegsunwilligen Generalität (Blomberg, Fritsch, Beck) gewesen ist, scheint offenbar kaum ausreichen herausgearbeitet zu werden.

Ein Zeichen dafür, wie wenig sich der Autor Wien mit der weltanschaulichen Neuausrichtung Erich Ludendorffs nach 1925 wirklich beschäftigt hat, sind etwa folgende inhaltlich ganz falschen Zeilen, die zugleich seinen ganz unsachlichen polemischen Tonfall veranschaulichen können (1, S. 329): 
Er (Ludendorff) verfing sich vollends in den Fängen seines Verfolgungswahns, angefeuert durch seine zweite Ehefrau, die wirre Mathilde. Sie war 1930 die Religionsstifterin der Deutschen Christen.
Diese wenigen Worten und Charakterisierungen sind zeitgenössischen Kurt Tucholsky-Gedichten und Simplizissimus-Karikaturen entlehnt und haben mit einem Urteil aus historischem Abstand nichts zu tun. Zumal sie zum Teil inhaltlich  ganz falsch sind. Was für eine ganz falsche Behauptung: "Religionsstifterin der Deutschen Christen". Nichts lag Mathilde Ludendorff ferner als das, schon seit 1921. Weiter: 
Zusammen ließen sie in zahlreichen Schriften ein buntes Panoptikum von Juden, Katholiken, Freimaurern und anderen aufmarschieren, die sich alle miteinander zu einer Weltverschwörung zusammenfanden, um dem wahren Christentum, das ein deutsches Christentum war, vor allem aber dem deutschen Volke und zuvörderst dessen einzigem Erretter, Erich Ludendorff, an die Gurgel zu gehen.
Nein, um das "deutsch Christentum zu fördern", wäre die richtige Aussage gewesen. Hier wird schon deutlich - und mehr braucht man im Grunde gar nicht - wie oberflächlich der Autor sein Untersuchungsobjekt untersucht hat. Ein Ludendorff-Biograph, der gar nicht wahrgenommen hat, was für ein scharfer Gegner Erich Ludendorff gerade auch der Deutschen Christen gewesen ist (siehe etwa: 2) und allen Christentums überhaupt, selbst in der Version, wie es womöglich noch von Alfred Rosenberg oder Hermann Wirth vertreten worden ist, kann im Grunde genommen als ein solcher Biograph insgesamt gar nicht ernst genommen werden.

Dennoch wird es sinnvoll sein, das Buch noch einmal genau zu überprüfen auf etwaige partielle Neuerkenntnisse und Neubewertungen, wobei dann dieser Beitrag gegebenenfalls noch einmal überarbeitet werden kann.

(Zuerst hier auf dem Blog veröffentlicht am 11.1.2014.)

"Diktator Ludendorff" - ist diese Kennzeichnung treffend?

Und: War Ludendorff eine deutsche "Verhängnisgestalt"?

Von dem Politikwissenschaftler Peter Graf Kielmannsegg (geb. 1937), emeritierter Professor der Universität Mannheim, ist in der FAZ eine Rezension der Ludendorff-Biographie von Manfred Nebelin veröffentlicht worden (5, 6). In dieser Rezension heißt es unter anderem:
Durchgehend ist der Autor um ein differenzierendes Urteil bemüht, eine Bemühung, die beim Gegenstand Ludendorff weder einfach noch selbstverständlich ist.
Zu den Stärken des Buches rechnet er seine Detailschärfe und Quellennähe. Über die Schwächen des Buches sagt Graf Kielmannsegg:
Es fehlt an bilanzierenden Reflexionen über die Kernfragen, die sich einem Ludendorff-Biographen stellen: Was ist über den „Feldherrn“ Ludendorff zu sagen? War Ludendorff wirklich ein „Diktator“? Trifft das Urteil, mit dem das Buch den Leser entläßt: Ludendorff eine deutsche „Verhängnisgestalt“?
Es hat unter Kundigen nie einen Zweifel daran gegeben, daß Ludendorff, nicht Hindenburg der eigentliche Kopf der deutschen Kriegführung war. Nebelin bekräftigt diese Einschätzung.
Besonders bemerkenswert scheint dann aber doch auch folgendes Urteil des Grafen Kielmannsegg zu sein:
Das Urteil über das Vabanquespiel der Offensive von 1918 fällt im Allgemeinen hart aus. Auch Nebelin setzt da keinen anderen Akzent. Man wird freilich, um Ludendorff gerecht zu werden, zumindest fragen müssen, welche Alternativen zu diesem verzweifelten Versuch Deutschland 1918 denn noch hatte. In Paris und London gab es, jedenfalls seit die Regierungschefs Clemenceau und Lloyd George hießen, keinerlei Kompromißbereitschaft mehr. Man setzte auf Sieg und nichts als Sieg, gerade so wie Ludendorff. Sollte Deutschland kapitulieren, ohne besiegt zu sein? Vermutlich war das Kaiserreich seit dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten in einer militärisch wie politisch aussichtslosen Lage. In aussichtslosen Lagen Entscheidungen zu treffen, die der Nachwelt einleuchten, ist schwierig.
Und dann weiter:
Den „Diktator“ Ludendorff rückt Nebelin mit dem Untertitel des Buches ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Aber trifft der Begriff die Verhältnisse? Allenfalls für das eine Jahr zwischen dem Sturz Bethmann-Hollwegs im Juli 1917 und dem Scheitern der großen Offensive im Westen hat er eine gewisse Plausibilität. Durchgehend gilt, dass Ludendorff nur so lange mächtig war, wie Hindenburg zu ihm stand. Bis zum Scheitern Bethmann-Hollwegs war zudem der Kaiser vor allem in den entscheidenden Personalfragen in einem keineswegs nur formalen Sinn die letzte Instanz. Am hartnäckigen und lange erfolglos geführten Kampf Ludendorffs zuerst gegen Falkenhayn und dann gegen Bethmann-Hollweg zeigt Nebelin das selbst auf. Auch an den Reichstag, die Gewerkschaften, die süddeutschen Staaten ist zu denken, wenn man sich ein Urteil über die Machtverhältnisse im Deutschland der Kriegsjahre bilden will. Ludendorff war vorübergehend der mächtigste Mann in Deutschland, ein Diktator, lässt man dem Begriff seine präzise Bedeutung, war er nicht.
Und weiter:
Schließlich: die „deutsche Verhängnisgestalt“ Ludendorff. Das Wort verweist auf das deutsche Verhängnis, auf Hitler also. War Ludendorff ein Wegbereiter Hitlers? Anders als Hindenburg hat Ludendorff nach 1918 keine richtungsweisende Entscheidung mehr getroffen, auch 1933 nicht. Die Last, die Ludendorff, sekundiert von Hindenburg, mit der Erfindung der Dolchstoßlegende - der schäbigen Weigerung einzugestehen, daß Deutschland den Krieg militärisch verloren hatte -, der Republik aufbürdete, hat fraglos zu ihrem Scheitern beigetragen. Aber die Formel von der deutschen Verhängnisgestalt meint doch wohl mehr. Was sie meint, wird bei Nebelin schon deshalb nicht ganz klar, weil der Ludendorff der Jahre 1918 bis 1937 bei ihm nicht mehr auftritt.
Manches, was Kielmannsegg sonst noch schreibt, steht dann aber irgendwie im Widerspruch zu dem soeben Zitierten. Wie auch immer! Viele andere Rezensionen zu diesem Buch lesen sich bei weitem nicht so selbständig urteilend. Die in der "Welt" von einem Klaus-Jürgen Bremm etwa beginnt mit den Worten:
Nacheinander demontierte er einen Generalstabschef, einen Reichskanzler und einen Außenstaatssekretär.
An so kurzen Sätzen wird einem bewußt, wie fehlerhaft das Reden vom "Dikator" Ludendorff sein kann. Um den Generalstabschef von Falkenhayn zu demontieren, hat der - - - "Diktator" Ludendorff immerhin zwei Jahre gebraucht. Und auch der Reichskanzler und der Außenstaatssekretär werden nicht nur deshalb gesürzt worden sein, weil sie sie sich Ludendorff als Gegner erworben hatten. Und so schreibt auch Volker Ullrich in der "Zeit" über die angebliche "Diktatur" Ludendorffs:
Doch das ist eine Übertreibung. Denn so mächtig Ludendorff auch war - allein herrschen konnte er nicht. Trotz seines Bedeutungsverlusts im Kriege hatte der Kaiser bei der Besetzung der höheren Reichsämter immer noch ein wichtiges Wort mitzureden. Vor allem aber verkennt der Autor das wachsende Gewicht der neuen Reichstagsmehrheit aus Sozialdemokratie, katholischem Zentrum und liberaler Fortschrittspartei, auf deren Wünsche die Militärs Rücksicht nehmen mußten.
Allmählich scheint also jener geschichtliche Abstand gewonnen zu sein, der zumindest in Teilen der deutschen Geschichtswissenschaft ein Abrücken von allzu schablonenhaften, plakativen Kennzeichnungen ermöglicht. Es dürfte sicherlich sinnvoll sein, diesen Umstand festzuhalten.

(zuerst veröffentlicht hier auf dem Blog am 17.10.2012)
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  1. Wien, Bernhard: Weichensteller und Totengräber. Ludendorff, von Hindenburg und Hitler 1914 - 1937. Books on Demand, Norderstedt 2014 (Amazon, GB) (knapp 476 S.) 
  2. Ludendorff, Erich und Mathilde: Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945. Dokumente zur deutschen Religions- und Geistesgeschichte 1933 - 1945. Freiland-Verlag, Viöl 2004 
  3. Brownell, Will: The First Nazi: Erich Ludendorff - The Man Who Made Hitler Possible. Counterpoint 2016 (356 Seiten) 
  4. Bading, Ingo: Wie kam Stalin in die Mitte Europas? Kriegsziele der westlichen Demokratien seit 1941.  http://www.academia.edu/352574/Wie_kam_Stalin_in_die_Mitte_Europas_-_Kriegsziele_der_westlichen_Demokratien_seit_1941
  5. Nebelin, Manfred: Ludendorff. Diktator im Ersten Weltkrieg. Siedler Verlag, München 2010
  6. Graf Kielmannsegg, Peter: In der Hölle der Materialschlachten. Erich Ludendorff kämpfte im Ersten Weltkrieg einen aussichtslosen Kampf. War er Deutschlands Verhängnis? FAZ,  17.07.2011
  7. Ludendorff, Mathilde: Mitteilung über den Tod von Rudolf Peters (1892 - 1955), den Burschen Erich Ludendorffs im Ersten Weltkrieg. In: Der Quell, Folge16, 23. 8. 1955, S. 767
  8. Rüger, Ekkehard: Suche nach lokalen Spuren des Ersten Weltkriegs. Ausstellung und Veröffentlichung sind schon geplant. In: Bergischer Volksbote, 19.3.2014, http://www.wz.de/lokales/burscheid-region/suche-nach-lokalen-spuren-des-ersten-weltkriegs-1.1589485
  9. Rüger, Ekkehard: Der ferne Krieg ganz nah - Ausstellung zeigt Auswirkungen in Burscheid. In: Bergischer Volksbote, September 2014, http://www.wz.de/lokales/burscheid-region/bv-artikel-aus-der-ns-zeit-in-solingen-wiederentdeckt-1.2235924
  10. Frese, Annemarie (zusammen mit Grete Klippert, Barbara Sarx, Sabine Wurmbach und Rolf Engelhardt): Leben in Burscheid 1914 - 1918. Bergischer Geschichtsverein, Abt. Burscheid,  Burscheid 2014 (67 S.)
  11. Sting, Jan: Stadtbücherei Burscheid - Von wegen „herrliche Zeiten“. In: Leverkusener Anzeiger, 14.9.2014, http://www.ksta.de/region/leverkusen/burscheid/stadtbuecherei-burscheid-von-wegen--herrliche-zeiten--38394
  12. Sting, Jan: Der große Krieg - Kartoffel wurde zur Kostbarkeit. In: Leverkusener Anzeiger, 9.10.2014, http://www.ksta.de/region/leverkusen/burscheid/serie--der-grosse-krieg-kartoffel-wurde-zur-kostbarkeit-629042

Dienstag, 21. März 2017

"Das nationale Wollen in dieser schwer bedrohten Provinz bedurfte besonderer Pflege"

Erich Ludendorffs Ostpreußen-Besuche in den 1920er Jahren und die dortigen Tannenberg-Gedenkfeiern

Von dem Urenkel eines Amtsgerichtsdirektors Curt Martens in Königsberg, der in Königsberg im Sommer 1945 verstorben ist, erhielten wir drei Fotografien, auf denen Erich Ludendorff zusammen mit Curt Martens während zweier Besuche Ludendorffs in Königsberg abgebildet ist (Abb. 1, 10, 11). Im Familienalbum waren alle drei Fotografien bislang mit "Königsberg 1921" gekennzeichnet gewesen. Aus dem Zusammenhang der im folgenden zu bringenden parallel entstandenen ähnlichen Fotografien und sonstigen Zeitzeugnisse ergibt sich aber, dass diese drei Fotos während zwei unterschiedlicher Königsberg-Besuche Erich Ludendorffs, nämlich einmal im August 1921 und einmal im August 1926 entstanden sein werden.

Wir nehmen die Zusendung dieser drei Fotografien zum Anlass, damit zu beginnen, in einem eigenen Blogbeitrag Bild- und Text-Zeugnisse zu allen Tannenberg-Gedenkfeiern und den zumeist damit zusammenhängenden Ostpreußen- und Königsberg-Besuchen Erich Ludendorffs (und auch Paul von Hindenburgs) in den 1920er Jahren zusammen zu tragen. Oft gibt es nämlich Fotografien, die bezüglich dieser Anlässe nicht mehr gar so leicht zeitlich und örtlich genau zugeordnet werden können (wie das auch an dem genannte Familienalbum erkennbar wird). 

Erich Ludendorff weilte - laut seiner Lebenserinnerungen - in den Sommern 1921, 1924, im April 1925, sowie in den Sommern 1926 und 1927 jeweils einige Tage in Ostpreußen. Fast jedes mal ging es um Gedenkfeiern an die siegreiche Schlacht von Tannenberg Ende August 1914. 1924 ging es um die Grundsteinlegung zum Tannenberg-Denkmal, 1927 um die Einweihung des inzwischen errichteten Denkmals. Erich Ludendorff gibt selbst die Gründe für seine Besuche im ersten hier zu bringenden Auszug aus seinen Lebenserinnerungen sehr genau an.

Bekanntlich wurde Paul von Hindenburg 1934 in dem 1927 eingeweihten Tannenberg-Denkmal sogar beigesetzt. Und Adolf Hitler wollte, dass auch Erich Ludendorff nach 1937 dort beigesetzt würde. Die Witwe Erich Ludendorffs - Mathilde Ludendorff - widersetzte sich allerdings, unterstützt vom Testament Erich Ludendorffs, erfolgreich den Wünschen des Diktators, der sonst fast überall seinen Willen durchsetzte. Der Sarkophag Hindenburgs wurde 1945 nach Marburg transportiert, das Tannenberg-Denkmal gesprengt. Auch dieses nachherige Geschehen zeigt, von welcher großer symbolischer Bedeutung der Zusammenhang zwischen Hindenburg, Ludendorff und Ostpreußen empfunden worden ist von Seiten der Zeitgenossen.

Erich Ludendorff als Ehrengast der Tannenbergfeier in Königsberg im August 1921


Abb. 1: "1921 Walter-Simons-Platz, Rosen für Ludendorff"
(aus dem Nachlass von Amtsgerichtsdirektor Curt Martens, Königsberg) 
Erich Ludendorff fuhr im August 1921 (Stud. Nat. 2016) nach Ostpreußen und Königsberg. Er kam am 13. August an und wurde am 14. August 1921 auf dem Walter-Simons-Platz von Amtsgerichtsdirektor Curt Martens und seinen Kindern mit Rosen begrüßt. Das Foto aus Abbildung 1 erhielten wir soeben von einem Urenkel dieses (darauf abgebildeten) Amtsgerichtsdirektors (dieser steht vorne rechts mit dem Rücken zum Betrachter) zugesandt.

Abb. 2: "Bei der Tannenbergfeier am 14. August 1921" - Ansprache Erich Ludendorffs
(aus: 1, S. 128)
(ähnliche Aufnahme siehe: Getty Images)
Eingeladen worden war Erich Ludendorff von seinem früheren Mitarbeiter Wilhelm von Gayl (1879-1945) (Wiki), der 1920 Leiter der Abstimmungskommission in Allenstein war und 1932 deutscher Innenminister in der Regierung von Papen werden sollte. Er ist auf einem parallelen Foto zu Abbildung 2 (in Zivil) als Redner zu sehen, wobei Erich Ludendorff rechts vom Rednerpodest steht und ihm zuhört (Getty Images):
Wilhelm Freiherr von Gayl (04.02.1879-) Ceremony in memory of the Battle of Tannenberg (1914) in Koenigsberg / East Prussia, Wilhelm Freiherr von Gayl speaking, the former German commissioner responsible for the plebiscite in Allenstein. On the right of the platform General Erich Ludendorff - August 1921
Erich Ludendorff berichtet in seinen Lebenserinnerungen über seinen damaligen Ostpreußen-Besuch (1, S. 162-167):
In dieser Zeit des Niederganges beteiligte ich mich an vaterländischen Kundgebungen in Norddeutschland. Ich hielt es für meine Pflicht gegenüber dem sich gerade hier breitmachenden marxistischen Internationalismus, der jedes völkische Wollen und jede klare Überlieferung aus der Vergangenheit ersticken wollte und alles, was früher Großes war, mit seinem Hohne traf. Wie schmerzlich mir diese Feiern durch das Erinnern an unsere stolze Vergangenheit wurden, erlebte ich bald.
Ich hatte aus Königsberg von Freiherrn v. Gayl, der in der Verwaltung Ober-Ost unter mir gearbeitet hatte und jetzt in einem Siedlungunternehmen Ostpreußens tätig war, für den 13. und 14.8. eine Einladung nach Königsberg erhalten. Ich folgte ihr. Das nationale Wollen in dieser von Polen und Litauen so schwer bedrohten Provinz bedurfte besonderer Pflege. Ich folgte der Einladung auch gern. Mein Herz gehörte der Provinz. Die Schlachten von Tannenberg und an den masurischen Seen und lange Feldzüge waren ja um die Erhaltung Ostpreußens geführt worden. Mein bestes Können hatte ich für sie eingesetzt. Ich hatte auch die Not des Russeneinfalls in die Provinz miterlebt!
Ich fuhr über Swinemünde nach Pillau mit dem Dampfer, der, nach Errichtung des Korridors, ermöglichte, ohne polnisches Gebiet zu befahren, nach Ostpreußen zu gelangen. Wie oft war ich vor dem Weltkriege und im Weltkriege mit der Bahn von Berlin nach Ostpreußen gefahren. Wie anders war das jetzt alles geworden. Weit schweiften meine Gedanken während der Fahrt zurück; als mich der Kapitän des Schiffes aufmerksam machte, wo die polnische Grenze die Ostsee berührte, wurde meine Stimmung noch ernster. Wo war die Zeit geblieben, als ich als Seebataillons-Offizier Danzig, die Hauptstadt Westpreußens, auf einem Deutschen Kriegsschiff besuchte.
Erich Ludendorff gibt hier Gefühle wieder, die die deutschen Vertriebenen noch viele Jahrzehnte nach 1945 empfunden haben, nun aber noch in Bezug auf ein viel größeres Unheil. Viele Deutsche tun das bis heute. Erich Ludendorff hatte vor den Gefahren, die für Ostdeutschland in einem neuen, weiteren Krieg drohten, in seinem Buch "Weltkrieg droht auf Deutschem Boden" schon im Jahr 1930 deutlich genug gewarnt. Darin hatte er bestechend genau die späteren Entwicklungen bis 1945 vorausgesagt, die drohten infolge einer, wie er es in diesem Buch nannte "hirnverbrannten nationalsozialistischen Außenpolitik" und angesichts der allen sehenden Menschen schon aus dem Ersten Weltkrieg und aus dem Versailler Vertrag zur genüge bekannt gewordenen Tatsache, dass die von Ludendorff erkannten überstaatlichen Kräfte die großen Völker der Welt in grausamem Vernichtungswillen gegen das deutsche Volk aufgehetzten. - In seinen Lebenserinnerungen schrieb er weiter:
In Pillau wurde ich von Festveranstaltern begrüßt. Auch die Besatzung eines Torpedo-Bootes beteiligte sich daran, wohl zum Schreck der marxistischen Regierung in Berlin und des marxistischen Polizeipräsidenten Lübrinck in Königsberg, dem alles Nationale so besonders verhasst war. Ich übernachtete zunächst auf dem Lande und nahm dann in Königsberg Wohnung bei dem Präsidenten des dortigen Finanzamtes, Herrn Tiesler, der, als ich in Kowno das Gebiet des Oberbefehlshabers Ober-Ost verwaltete, einer meiner bewährtesten Gehilfen war. Er hatte als Dienstwohnung die Dienstwohnung eines Divisionskommandeurs erhalten. - Ja, die Verhältnisse hatten sich geändert. Im übrigen freute ich mich, diesen vortrefflichen Beamten wieder zu sehen. Da ich später noch mehr "politisch" belastet erschien, mied ich ihn bei meinen späteren Besuchen in Königsberg. Er hat mich auch nicht aufgesucht.
Am 13. abends war eine Vorfeier in der Stadthalle mit Fackelzug und Festkommers. Die Begrüßung, die mir zuteil wurde, war eine ungemein warme. Als ich in meiner Ansprache ausführte: "Es mögen andere geschickter gewesen sein als ich, aber mit der Liebe zum Vaterlande nehme ich es mit allen auf", umtoste mich donnernder Beifall, begeistert erklang das Preußen-Lied.
Am 14. war eine weitere öffentliche Feier auf dem Walter-Simon-Platz. Hier waren Kriegervereine, neugebildete Verbände und Deutsche außerhalb der Verbände versammelt. Feierlich empfangen
- unter anderem von der Familie Curt Martens -
schritt ich die Fronten ab. Gewiss waren auch hier alte Soldaten vertreten, aber es war doch keine Truppe, die ich begrüßen konnte; es waren waffenlose Deutsche, die ich durch meine Worte aufzurichten hatte. Ich konnte auch alte Bekannte begrüßen und Kameraden mit Kriegsauszeichnungen und Verwundete, die ich durch eine kurze Unterhaltung erfreute. Die üblichen Gottesdienste wurden abgehalten, Herr v. Gayl und ich sprachen. Darauf fand ein Vorbeimarsch vor mir an dem Denkmal des Generals v. Yorck statt. Immer wieder richteten sich dabei meine Gedanken auf das alte Heer. Aber für die Teilnehmer an der Veranstaltung war sie doch eine Quelle neuer Kraft. Wie lange würde sie vorhalten?
Am Nachmittag besuchte ich noch eine Volksveranstaltung im Tiergarten. Das Stück von Wilhelm Raabe "Tannenberg" wurde gegeben, und große sportliche Leistungen gezeigt. Zahlreiche Kriegervereine, Jugendverbände, Offiziere und Mannschaften der Reichswehr und der Marine waren zugegen. Auch hier war viel Begeisterung und viel Wärme. Hierbei hatte ich Gelegenheit, auch über die Abstimmung in Ostpreußen zu sprechen und konnte zu meiner Genugtuung feststellen, dass sich bei Leitung derselben auch römischgläubige Deutsche ganz im Deutschen Sinne betätigt hatten. Ihr Deutsches Rasseerbgut hatte sie verhindert, mit ihrem Oberhaupt in Rom zu "fühlen".
Und doch schien mir in den Veranstaltungen eine gewisse Unstimmigkeit zu liegen, die ich später auf die tiefe Zerrissenheit der ostpreußischen Kreise durch Freimaurerei und andere Geheimorden zurückführen konnte. Am Vormittage war mir die Ehrendoktor-Urkunde der medizinischen Fakultät durch Dekan Professor Dr. Kirschner überreicht worden. Es war wohl mein vierter Ehrendoktor. Ich war bereits Ehrendoktor von Fakultäten der Universitäten Breslau, Freiburg i. Br. und Königsberg. Die Urkunden, die mir überreicht wurden, tragen schöne Worte. Ich will hier nur die Worte der letzten Urkunde wiedergeben.
Abb. 2a: Ehrendoktor
Diese Urkunde wird hier als Fotografie eingestellt (Abb. 2a) und muss deshalb nicht im Zitat gebracht werden. Weiter schreibt Ludendorff: 
Ich bin auf diese Veranstaltung in Königsberg näher eingegangen und habe auch vorstehende Worte erwähnt, um zu zeigen, dass es auch Deutsche gab, die nicht in die allgemeine Hetze einstimmten, die offen aus marxistischen und kommunistischen Kreisen, etwas verhaltener aus römischen Kreisen und namentlich von Seiten der "Intelligenz" gegen mich im Gange war. Das Deutsche Volk soll in alle Zukunft wissen, dass es auch Deutsche gab, die mich ehren wollten und sich damit ehrten. Allerdings muss es auch erfahren, dass mit zunehmender Feindschaft der überstaatlichen Mächte, namentlich der Freimaurerei und der römischen Priester, bald aller Priester und der von ihnen abhängigen Geheimorden, die Schar der Deutschen immer kleiner wurde; bis sie wieder wuchs, nachdem meine Aufklärung die Augen vieler Deutschen geöffnet hatte. (...) Damals in Königsberg galt naturgemäß die Feier dem Feldherrn und dessen nationalem Wollen. Schon bei meinem nächsten Aufenthalt in Königsberg im Jahre 1924 zeigten sich mir andere Bilder und wieder andere bei meinen späteren Besuchen in den Jahren 1926/27.
Nach den Feiern in Königsberg führte mich Herr v. Gayl in einer Autofahrt quer durch die Provinz nach dem Besitz des Herrn v. Oldenburg-Januschau, der in deren westlichem Teile lag.  Ich kam dabei durch das völlig römischgläubige Ermland. Ich traf hier eine ganz andere Kultur als in den protestantischen Teilen der Provinz. Selbst der Pferdeschlag war ein anderer; es war ein schwererer Schlag, nicht die wunderbar edle Züchtung des ostpreußischen Pferdes. (...) In Herrn v. Oldenburg sah ich einen alten Bekannten aus Kriegszeiten wieder (...). Rückblickend klagte er über die Unentschlossenheit der Obersten Heeresleitung in Kolberg, die auch von ihm zu einem tatkräftigen Handeln gegen Polen im Sommer 1919 aufgefordert worden sei. Er sprach mit größter Zurückhaltung von General v. Hindenburg und dessen Rat an den Kaiser, nach Holland zu fahren. Er sprach auch über den Kaiser selbst und bedauerte seine Schwäche seinen Ratgebern gegenüber; auch er meinte, der Kaiser habe die Lage oft richtiger beurteilt als diese. Gemeinsame Erinnerungen ließen die Tage schnell verstreichen. Leider musste ich mich später gegen Herrn v. Oldenburg wenden.
Gleich darauf hatte ich eine Feier in Frankfurt a. O. ... 
Von diesem Ostpreußen-Besuch finden sich in den Lebenserinnerungen Erich Ludendorffs drei Fotografien (1, S. 128f, 160) (hier Abb. 2 bis 4).

Abb. 3: "Am 14. August 1921 bei der Tannenbergfeier in Königsberg"
(aus: 1, S. 160)
Auf den Fotografien könnte Ludendorff vormittags die Pickelhaube und nachmittags eine Schirmmütze getragen haben. Auf ihnen ist zumeist feuchtes, regnerisches Wetter zu erkennen (Regenschirme, feuchter Boden).

Abb. 4: "Bei der Tannenbergfeier in Königsberg am 14. August 1921"
(aus 1, S. 129)
(links wohl General Emil Hell, ganz rechts womöglich Curt Martens)
Solches Wetter ist auf den weiteren eingesandten Fotografien aus dem Nachlass von Curt Martens nicht zu erkennen, einer von mehreren Gründen, sie auf das Jahr 1926 zu datieren (siehe gleich). Auf Abbildung 4 steht ganz links General Emil Hell (1864-1931) (Wiki), Teilnehmer der Schlacht von Tannenberg 1914 und nachmaliger Stabschef der Heeresgruppen von Eichhorn, von Linsingen und dann des Generalfeldmarschalls von Mackensen. Erich Ludendorff schrieb in seinen Kriegserinnerungen über sein Eintreffen in Ostpreußen am 24. August 1914 (8, S. 38):
Am 24. waren wir bereits bei General v. Scholtz. wir trafen mit ihm in Tannenberg zusammen. Er und sein Chef, Oberst Hell, sollten im Laufe des Krieges ihre Namen hoch zu Ehren bringen und in der Geschichte verewigen.
Und später über den General von Eichhorn (8, S. 123):
Er und sein Chef, Oberst Hell, waren Männer von hoher Verantwortungsfreudigkeit und Kühnheit.
General Hell hatte sich nach seiner Verabschiedung im Jahr 1919 auf dem Schlachtfeld von Tannenberg angesiedelt wie es auf Wikipedia heißt (Wiki):
Nach seiner Verabschiedung bewirtschaftete Hell den auf dem Schlachtfeld von Tannenberg gelegenen Familienbesitz Groß-Grieben.
Er ist auch zusammen mit Ludendorff und Mackensen auf Fotografien von der Tannenbergfeier von 1927 zu erkennen. 

Tannenbergfeierlichkeiten in Ostpreußen (zusammen mit Hindenburg) - August 1924

Erich Ludendorff berichtet in seinen Lebenserinnerungen über seinen Ostpreußen-Besuch im Jahr 1924 (1, S. 353):
In Ostpreußen waren zur Erinnerung des zehnjährigen Gedenktages der Schlacht von Tannenberg und der Befreiung Ostpreußens vom ersten Russeneinfall feierliche Veranstaltungen und die Grunsteinlegung des Tannenbergdenkmales auf dem Schlachtfelde von Tannenberg vorgesehen. Am Sonntag, den 24. sollte in Königsberg und am Sonntag, den 31. auf dem Schlachtfelde die Feier stattfinden. Ich selbst hatte, bevor ich zu der Veranstaltung in Königsberg eingeladen war, die Teilnahme an einer Feier in Tilsit zugesagt. Mich zog es besonders in diese Stadt, weil sie Grenzstadt geworden war; nördlich des Njemen lag ja das Memelland, das nicht nur in litauischer Verwaltung stand, sondern von Litauen in steigendem Maße bedrängt wurde.
Ich fuhr zunächst nach Insterburg und besuchte hier das Hotel, in dem das Oberkommando der 8. Armee nach der Schlacht an den Masurischen Seen im September 1914 und dann im Januar und Februar 1915 zur Winterschlacht in Masuren sein Hauptquartier hatte. Es waren erhebende Erinnerungen, die ich hier durchlebte. Dann ging es im Kraftwagen durch die litauische Landschaft nach Tilsit. (...) An der Chaussee nach Tilsit hatten sich in den Ortschaften Kriegervereine aufgestellt und die Bevölkerung sich versammelt. Sie dankten mir die Befreiung von dem Russeneinfal. (...) Der warme Empfang in den Ortschaften hatte mich aufgehalten. (...) Auch die Veranstaltungen in Tilsit waren vom gleichen Geist getragen. Sie waren vom "Frontring", so hieß der "Frontbann" in Ostpreußen, aber auch von anderen Teilen der Bevölkerung unternommen.
Abb. 5: "Ostpreußentag in Tilsit 24./25. August 1924 - Die Freiheit ist unser Ziel - Ludendorff" (Postkarte)
Als weiteres Zeugnis vom Besuch Ludendorffs in Tilsit kann bis auf weiteres auf die nebenstehende Postkarte hingewiesen werden (Abb. 5). Es handelt sich um eine Porträt-Fotografie Erich Ludendorffs am Schreibtisch, die in Tilsit während des "Ostpreußentages " zur Erinnerung verteilt oder verkauft worden sein wird. Auf ihr sind die handschriftlichen Widmungsworte Erich Ludendorffs aufgedruckt worden:
Ostpreußentag in Tilsit 24./25. August 1924.
Die Freiheit ist unser Ziel
                                         Ludendorff
Erich Ludendorff schreibt in seinen Lebenserinnerungen weiter (1, S. 355):
Am 26. ging es dann weiter durch das Samland nach Königsberg. (...) In Königsberg wohnte ich bei der Familie Döring. Herr und Frau Döring standen an der Spitze der Deutschvölkischen Freiheitspartei in Königsberg und nahmen mich gastlich auf. In der Veranstaltung in der Stadthalle sprachen außer mir der Forstmeister Gieseler aus Taberbrück nördlich Osterode, der die Deutschvölkische Freiheitspartei der Provinz leitete, und Hauptmann Röhm, der sich in meiner Begleitung befand. Auch diese Feier war von hohem Schwunge getragen. Im Schützenhaus versicherten mich der Führer des "Wehrwolf", Korvettenkapitän Wiersbitzki, und der Führer des "Frontring", Herr v. Auer, der üblichen Treue. Wieviel Treue ist mir gelobt worden! Am 27. abends verließ ich Königsberg und traf am 28. früh in Berlin ein, um an den Abstimmungen an dem Dawes-Gutachten teilzunehmen.
Ludendorff spielt im letzten Satz auf seine Tätigkeit als Reichstagsabgeordneter der Deutschvölkischen Freiheitspartei an. In seinen Erinnerungen erwähnt Ludendorff überhaupt nicht die Tannenbergfeierlichkeiten des Jahres 1924 in Königsberg, die er zusammen mit Paul von Hindenburg absolvierte. Sie fanden an ähnlichen Orten statt wie sie im Bericht Ludendorffs schon im Jahr 1921 erwähnt worden sind. Im "Deutsche Wochenschau Filmarchiv" gibt es einen Dokumentarfilm mit dem Titel "Die Tannenbergfeierlichkeiten in Ostpreußen", durch den man einen guten Ein- und Überblick gewinnt. Über diese historischen Filmaufnahmen heißt es (2):
Dokumentarfilm über die Feierlichkeiten anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Schlacht bei Tannenberg. Teilnehmer der Feierlichkeiten sind u.a. Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und die an der Schlacht beteiligten Heerführer und Soldaten.
In den meisten Filmsequenzen steht der Generalfeldmarschall Hindenburg im Mittelpunkt. Im folgenden die vollständige Beschreibung derselben (Hervorhebung nicht im Original):
Da es sich um einen Stummfilm handelt, wird der Film von zahlreichen Zwischentiteln unterbrochen. 10:00:00 – 10:01:50 Pillau: Schiff „Odin“ läuft in Hafen ein. Empfang. Generalfeldmarschall von Hindenburg schreitet Ehrenkompanie der Reichswehr ab (verschiedene Einstellungen). Männerchor singt zur Begrüßung. Hindenburg begrüßt Kriegsveteranen, teilweise in alter Uniform mit Pickelhaube.
10:01:45 – 10:02:55 Menge winkt Hindenburg mit Taschentüchern zu. Sitzende Zuschauer (Totale). Hindenburg auf Ehrentribüne. Massensportformationen von Jugendlichen auf dem „Walter-Simon-Platz“ (Totale). 10:02:50 – 10:03:10 Sportplatz der Palästra Albertina, Hindenburg zwischen Generälen (nah). 10:03:05 – 10:04:00 General Erich Ludendorff, Hindenburg u.a. zu Besuch in der Schwimmanstalt Prussia. Kinder und Jugendliche an der Badestelle der Schwimmanstalt Prussia (Totale). Hindenburg im Gespräch mit Ludendorff (Ludendorff von hinten). Hindenburg im Gespräch mit Dame. Steg der Badeanstalt, Badende (Totale).
10:03:55 – 10:04:50 Hindenburg wird mit offener Limousine auf Wiese gefahren, Sportler winken zur Begrüßung. Veteranen am Barren. Turner am Reck, Hindenburg im Auto als Zuschauer. Hindenburg im offenen Automobil (nah). Veteranen machen Turnübungen auf Wiese. 10:04:45 – 10:05:30 Empfang im Tiergarten: Kinder in weißen  Sportanzügen stehen für Hindenburg und Militärs Spalier. 10:05:25 – 10:08:50 Flughafen Königsberg: Flughafengebäude, Veteranen stehen auf Aussichtsterrasse. Veteranen steigen in Flugzeug Aufschrift „Junkers“. Pilot steht auf Tragefläche, posiert vor Kamera. Start Flugzeug „Junkers“. Flughafen Königsberg (Totale). Junkers klein am Himmel. Landebahn (Wiese) mit Zuschauern. Gelandete Junkers rollt heran. Passagiere, auch eine Frau, steigen aus Flugzeug (nah). Uniformierter schüttelt Pilot die Hand. Gäste auf Flughafengelände. Hindenburg und andere Veteranen auf Terrasse des Flughafengebäudes. Zwei Kriegsveteranen mit Orden behängt (nah). Abfahrt Hindenburg und andere Militärs mit Mercedes- / Daimler- Coupés.
10:08:45 – 10:09:35 Königsberger Hafen: Veteranen, u.a. mit Pickelhaube, steigen auf Ausflugsschiff. Paddelboote. Abfahrt Ausflugsdampfer „Kneiphof Königsberg“ mit Veteranen und Frauen.
10:09:30 – 10:11:30 Die Schlacht bei Tannenberg (26. – 31.8.1914): Graphik / Trick: Schlachtpläne / Karten mit militärischen Strategien. 10:11:25 – 10:15:50 Junge Frauen in  weißen Kleidern begrüßen ankommende Veteranen. Veteranen in Uniform mit Pickelhaube, Hindenburg begrüßt Veteran. Veteranen gehen durch Gasse von Schaulustigen. Menschenmenge (verschiedene Einstellungen). Militärkapelle. Hindenburg und Anhang schreiten Soldatengarde mit aufgepflanzten Bajonetten ab. Hindenburg, General-Feldmarsschall August von Mackensen (mit Husarenmütze) und andere schreiten an salutierenden Soldaten vorbei. Handschlag Hindenburg mit Veteran in Zivil. Abgang in Pferdekutschen. Abgang von Generälen und Offizieren zu Fuß. Verhülltes Ehrenmal, Menschenmenge teilweise mit Fahnen (Schwenk). Denkmal wird enthüllt. Hindenburg legt Kranz an Ehrenmal nieder.
10:15:45 – 10:18:53 Militärkapelle marschiert über Straße, bleibt am Rand stehen. Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten, Soldaten, Militärkapelle, Veteranen marschieren, Schaulustige am Straßenrand (verschiedene Einstellungen). Hindenburg auf Ehrentribüne salutiert, daneben Mackensen Gedenkstein, Aufschrift „Herr mach uns frei“ (nah).
Es handelte sich also ebenfalls um eine typische nationale Gedenkfeier im Stil der damaligen Zeit.

Abb. 6: Am Bahnsteig in Osterrode, 30. August 1924
(aus: E.L. - Sein Wesen und Schaffen [1938], S. 400)
Auf einer zeitgenössischen Postkarte ist zu sehen: "Exzellenz v. (sic!) Ludendorff - Ankunft in Hohenstein am 30. August 1924 zur Tannenbergfeier". Ludendorff wird von den Pfarrern Hohensteins begrüßt.

Abb. 7: "Exzellenz v. Ludendorff - Ankunft in Hohenstein am 30. August 1924 zur Tannenbergfeier"
Eine andere zeitgenössische Postkarte bringt eine Fotografie vom Feldgottesdienst bei Hohenstein (dem Ort des künftigen Tannenberg-Denkmales) (Abb. 8).

Abb. 8: Tannenbergfeier am 31. August 1924 in Hohenstein (Postkarte)
Mackensen, Ludendorff, Hindenburg, Seekt

April 1925 - Besuch Ludendorff auf Hindenburgs Gut Neudeck in Ostpreußen


Fotografien sind ebenso erhalten aus dem Jahr 1925, als Ludendorff zusammen mit Hindenburg in Ostpreußen weilte (s. Fotoarchiv Süddt. Ztg.):
Hindenburg und Ludendorff bei Oldenburg-Januschau, 1925 Bildtext: Der ehemalige Generalquartiermeister Erich Ludendorff (r.) und der Generalfeldmarschall a.D. Paul von Hindenburg (mitte), beide Kandidaten für die Reichspräsidentenwahl 1925, als Gäste auf dem Gut des konservativen Reichstagsabgeordneten Elard von Oldenburg-Januschau (2.v.r.). Datum: 23.04.1925

August 1926 - Tannenbergfeier in Königsberg


Abb. 9: Königsberg, 28. 8. 1926 - Abschreiten der Ehrenkompagnie am Bahnhof
(aus: E.L. - Sein Wesen und Schaffen [1938], S. 369)
Vom 29. August bis 1. September 1926 weilte Erich Ludendorff in Königsberg und an der Samlandküste (s.a. Stud. Nat. 2016). Er schreibt in seinen Lebenserinnerungen (1, S. 46):
Dann führte mich mein Weg nach Königsberg. Hier nahm ich am 29.8.26 an Veranstaltungen vaterländischer Verbände zur Erinnerung an die Schlacht von Tannenberg auf dem Walter-Simons-Platz teil. (...) An der Veranstaltung nahmen der Frontring, der Stahlhelm, der Wehrwolf, der Jungdeutsche Orden, Krieger- und Marinevereine und studentische Verbindungen teil Nach Abschreiten der Fronten nahm ich den Vorbeimarsch ab. Am Nachmittag wohnte ich den Wehrwettkämpfen des Frontrings und des Wehrwolfs bei. (...) Einen Vormittag benutzte ich auch, um die so schöne Küste des Samlandes bei Rauschen und Cranz zu besuchen. Wo ich nur konnte, genoss ich die Schönheiten Deutschen Landes. Am 1. 9. war eine besondere Sedanfeier, bei der General v. Bronsart sprach und sich durch seine Worte eine Anklage der Staatsanwaltschaft auf Grund des Republikschutzgesetzes zuzog, die indes mit Freispruch endete. Wenn mir auch in Königsberg viel entgegengebracht wurde, so zeigte doch die Versammlung am 1. 9. abends, dass recht viele fehlten, die 1924 und erst recht 1921 zur Stelle gewesen waren. Am 29. 8. war der "Feldherr" geehrt worden, von dem Führer im völkischen Kampfe wollten auch die einzelnen Verbände, die am 29. 8. vor mir in Paradeaufstellung gestanden hatten, nichts wissen.
Auf den Sedan- und Tannenbergfeiern in Königsberg hielt er mehrere Reden, bzw. Ansprachen (Wiedergaben in "Deutsche Wochenschau" vom 5. und 12.9.1926).

Abb. 10: Erich Ludendorff gibt Amtsgerichtsdirektor Curt Martens, Königsberg, die Hand
vierter von links General Bronsart von Schellendorf
(Herkunft: Nachlass von Curt Martens, Königsberg)
In den Berichten heißt es unter anderem auch:
Der Dienstag war einem Ausflug an die so schöne und leider noch viel zu wenig bekannte Samlandküste gewidmet, wo völkische Freunde in Rauschen es sich nehmen ließen, dem General einen freudigen Empfang zu bereiten. 
Abb. 11: "Die Front des Wehrwolfs wird abgeschritten"
Offenbar auf dem Walter-Simon-Platz (siehe spitzer Turm im Hintergrund)
(Herkunft: Nachlass von Amtsgerichtsdirektor Curt Martens, Königsberg, hier der vierte von links)
In seiner Abschiedsrede am 1. September sagte Ludendorff unter anderem:
Die Eindrücke, die ich von hier mitnehme, sind starke, ich werde sie meinen Freunden im Reich und im besonderen in Bayern mitteilen und ihnen erzählen, dass ich in Ostpreußens Hauptstadt Deutschen Lebens- und Kampfwillen gefunden habe und dass hier Sedan und Tannenberg im richtigen Geist gefeiert wurden, nicht der Vergangenheit zuliebe, sondern zur Stärkung dieses Willens. (...) Der Tannenberg-Bund sieht nicht nur den äußeren staatlichen Feind (...). Der Tannenberg-Bund sieht noch den Feind im Innern, die überstaatlichen Mächte (...). Die inneren Feinde haben sich zudem tief bei uns eingenistet und beeinflussen uns mehr, als wir es selbst wissen. Darum ist es so unendlich schwer, diese inneren Feinde klar zu erkennen und sie dem Deutschen zu zeigen. Aber zum Kampf ist nun einmal ein klares Erkennen des Feindes nötig, sonst erhält man den Dolchstoß. (...)
Gewiss gibt es auch noch nicht darüber eine einheitliche Auffassung, was zum Leben des Volkes gehört und wohin sein Lebenswille trotz der über das Volk verhängten Not des Leibes und der Seele drängt. Ich meine aber doch, wenn man hinhorcht, dann nimmt der Lauscher immer klarer und deutlicher den Schrei der deutschen Seele wahr: Heraus aus unserem Blutswirrwarr, heraus aus religiöser Unduldsamkeit und religiösem Unbefriedigtsein, aus dem Missklang der Religion für politisches Machtstreben auf Kosten der völkischen Art und des Staates.
Abb. 12: "Bismarckjugend ist angetreten" - Königsberg, Ende August 1926
Links neben Erich Ludendorff geht Amtsgerichtsdirektor Curt Martens, Königsberg
(aus: E.L. - Sein Wesen und Schaffen [1938], S. 369)
In einer Kurzmitteilung steht in der Rubrik "Briefkasten" auch:
C. Ch. - Stettin. Es ist richtig, dass L. der N.S.D.A.P. die Beteiligung an der Tannenberg- und Sedanfeier in Königsberg i. Pr. untersagt hat. Richtig ist auch, dass der nat.-soz. Abg. Dr. Frick, der reden sollte, nicht erschienen ist.
An seiner Stelle sprach - laut dem Zeitungsbericht - der Reichstagsabgeordnete Jürgen von Ramin als Vorredner vor Ludendorff. Originalwortlaut:
Nun betrat der uns Ostpreußen so unentbehrlich gewordene, gewaltige Prediger innerer Erneuerung aufrechten Mannestums und arischer Art, unser Reichstagsabgeordneter Jürgen v. Ramin, das Rednerpult. (...) Nun erhob sich General Ludendorff. Stehend hörte die ganze Versammlung ihm zu.

Abb. 13: "Meldung des Grafen zu Dohna-Seepothen"
Rechts neben Ludendorff Amtsgerichtsdirektor Curt Martens
(aus: E.L. - Sein Wesen und Schaffen [1938], S. 369)
Dieser Besuch ist gekennzeichnet einerseits durch allgemeines "nationales", patriotisches Gedenken wie es vielfach damals üblich war in der Weimarer Republik. Erich Ludendorff wurde in diesem Zusammenhang von der alten Militärelite Ostpreußens begrüßt. Andererseits ist er gekennzeichnet durch eine schon speziell auf Erich Ludendorff ausgerichtete Ludendorff-Verehrung, die in Erich Ludendorff auch den völkischen Reichstagsabgeordneten und völkischen "Vorkämpfer", den Begründer des 1925 gegründeten Tannenbergbundes ehrte.

Übrigens befinden sich nach Auskunft des Besitzers auf der Rückseite des Fotos von Abbildung 10 N.S.O.G-Marken mit Hakenkreuz, was zu der Annahme führt, dass diese Fotografie auch erst Ende der 1920er Jahre nachträglich erworben worden sein könnte. Die N.S.O.G., die "N.S. Opfergemeinschaft", scheint 1927 als eine Art Parteispendensammel-Organisation für die NSDAP gegründet worden zu sein, die sich an Nichtparteimitglieder wandte (s. Landesarchiv BW, sowie DHM).

1927 - Einweihung des Tannenberg-Denkmales


Die im weiteren hier schon eingestellten Fotografien müssen künftig noch zeitlich und örtlich genauer eingeordnet werden.

Abb. 14: Hindenburg und Ludendorff - "Dank für zündende Begrüßung an General K., Ostpreußischer Kriegerverband"

...

Abb. 15: Die Generäle Mackensen, Ludendorff, Hindenburg und Seeckt
- Tannenberg-Denkmal 1920er Jahre (wohl Grundsteinlegung)
...

Abb. 16: Ort und Zeit unbekannt, womöglich 1927 zur Einweihung des Tannenberg-Denkmales (?) (2)

Fotografien, die aus Anlass der Grundsteinlegung des Tannenberg-Denkmales im Jahr 1924 entstanden, müssen dabei noch unterschieden werden von solchen, die aus Anlass der Einweihung des Tannenberg-Denkmales entstanden sind.

Zu dem Tannenberg-Denkmal in Ostpreußen sind auch auf unserem Parallelblog schon mehrere Beiträge erschienen. Der Umstand, dass das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig als tief von Freimaurer-Symbolik durchtränkt enthüllt worden ist in den letzten Jahren, hat auch neues Licht geworfen auf das 1945 zerstörte Tannenberg-Denkmal in Ostpreußen. Erich Ludendorff behauptete schon 1927, dass es voller freimaurerischer, okkulter Symbolik stecke. Vor dem Hintergrund der Enthüllungen um das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig haben seine Vermutungen deutliche Bestätigung und Bekräftigung erfahren.
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  1. Ludendorff, Erich: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung. Meine Lebenserinnerungen von 1919 bis 1925. Ludendorffs Verlag, München 1941 (12.-16. Tsd.; Erstausgabe: 1940)
  2. Die Tannenbergfeierlichkeiten in Ostpreußen (1924). Stummfilm. Deutsche-Wochenschau.de (19 Min.)
  3. Ludendorff, Mathilde u. Mitarbeiter: Erich Ludendorff - Sein Wesen und Schaffen. Ludendorffs Verlag, München 1938
  4. gar-h: NE0076) Photo Erich Ludendorff (?) viele Orden Großkreuz Eisernes Kreuz. Ebay-Angebot vom 30.6.2012 ("Postkartengroßes Photo, Rückseite nicht beschriftet [nur ein Stempel "Photo Goertz"]")
  5. Bading, Ingo: Schreckensmale okkulter Priesterdiktatur - Die Schlachtendenkmäler von Leipzig und Tannenberg. Freimaurerziele 1813, 1913 und 1927 - Sturz von Kaiser und Reich, Zwingherrschaft über die Völker Europas durch Aufhetzung zu Krieg und Völkermord. Auf: GA-j!, 27. November 2011, http://studgenpol.blogspot.de/2011/11/schreckensmale-okkulter.html
  6. Bading, Ingo: Kriegerdenkmäler als Freimaurerdenkmäler - das Beispiel Tannenberg (1927) "Mit den besten Empfehlungen" - der "Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland". Auf: GA-j!, 9. Dezember 2011, http://studgenpol.blogspot.de/2011/12/kriegerdenkmaler-als.html
  7. Bading, Ingo: Oktogonale Kriegerdenkmäler in Deutschland und England - mit geheimem Hintersinn? Auf: GA-j!, 22. Dezember 2011, http://studgenpol.blogspot.de/2011/12/oktogonale-kriegerdenkmaler-in.html
  8. Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen. Mittler & Sohn, Berlin 1919