Donnerstag, 23. Dezember 2010

"Gott ansehen mit klaren, fröhlichen, deutschen Augen"

Der niederrheinische Schriftsteller Joseph von Lauff stand in loser Verbindung mit Erich Ludendorff (1932)


Joseph von Lauff (1855-1933) (Wiki) war ein von Kaiser Wilhelm II. sehr geschätzter Bühnendichter und Schriftsteller des Kaiserreiches. Er gilt außerdem als ein Heimat-Schrifsteller des Niederrheins und ist dabei Ehrenbürger seiner Heimatstadt Kevelaer (Kalkar). Vermutlich ist er als Kriegsberichterstatter schon während des Ersten Weltkrieges in persönliche Berührung mit Erich Ludendorff gekommen oder unmittelbar danach im Kreis rund die Schriftsteller des "Kladderadatsch", dem Joseph von Lauff ebenfalls angehörte (7). Die Verbindung zu Erich Ludendorff hat Joseph von Lauff jedenfalls bis an sein Lebensende aufrecht erhalten wie ein Brief Ludendorffs an ihn aus dem Jahr 1932 zeigt (1). Dabei wird ja nicht auszuschließen sein, daß Ludendorffs seit 1924 bekannt gewordener Antiklerikalismus, den von Lauff schon vor 1914 vertreten hatte, von Lauff dazu veranlaßte, die Verbindung nicht abbrechen zu lassen. Aber viele genauere Umstände der Bekanntschaft zwischen von Lauff und Ludendorff liegen noch im Dunkeln.


Abb. 1: Joseph von Lauff

Als Sohn eines Rechtsanwalts war Joseph Lauff zunächst zwanzig Jahre lang - bis zu seinem 43. Lebensjahr - Berufsoffizier im preußischen Heer gewesen. Doch bereits in den 1880er Jahren hat er literarische Werke veröffentlicht (Gutenberg):
Von 1898 bis 1903 wirkte er ("einer persönlichen Aufforderung des Kaisers folgend") als Dramaturg am königlichen Theater in Wiesbaden, danach war er freier Schriftsteller.
In den Illustrierten des Kaiserreiches war von Lauff deshalb ein oft behandelter Schriftsteller. Über ihn ist weiter zu erfahren (Wiki):
Er genoß die Protektion Wilhelms II., der die preußisch-nationale Tendenz von Lauffs Dramen schätzte. Anläßlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums erhob ihn Kaiser Wilhelm II. am 16. Juni 1913 in den erblichen preußischen Adelsstand.
Durch Kaiser Wilhelm II. erhielt von Lauff auch zahlreiche Orden verliehen (Gutenberg):
Von Wilhelm II. wurde er als bedeutendster deutscher Bühnendichter geschätzt und protegiert, von Karl Kraus als trivialer Gesinnungs- und kaiserlich-preußischer Hofdramatiker verspottet. Im ersten Weltkrieg diente er als Artillerieoffizier und Kriegsberichterstatter.

Auch nach dem Ersten Weltkrieg lud der ehemalige Kaiser Wilhelm II. Joseph von Lauff mehrfach in sein Exil nach Doorn in den Niederlanden ein. Über von Lauff wird außerdem berichtet (2):
1930 Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Kalkar. 1931 Verleihung des Kreuzes der Komture des königl. Hausordens von Hohenzollern. Mehrfach hat er Kaiser Wilhelm II. in seinem niederländischen Exil in Doorn besucht und ihm dort aus seinen Werken vorgelesen.
1933 starb von Lauff (2): 
1934 wurde er von den Nazis exhumiert und mit einem Staatsbegräbnis in Kalkar in einer Ehrengruft beigesetzt. Ausschlaggebend war wohl seine Blut- und Boden-Literatur, denn mit den Nazis hatte er nichts zu tun.
1995 heißt es in einer Würdigung von Lauff's (3):
Joseph von Lauff ist heute sicherlich als einer der fast vergessenen "poeta minores" zu bezeichnen. Als sehr bekannter und umstrittener Dichter der "Hohenzollerndramen" ist er für die deutsche Theatergeschichte aber immer noch zumindest von wissenschaftlichem Interesse.

Ein "Kulturkampfroman schimmster Sorte" (1910)


Zumindest auch die katholische Kirche war zu seinen Lebzeiten auf Joseph Lauff keineswegs besonders gut zu sprechen. Als im Jahr 1910 sein Roman "Kevelaer" erschien, nannte ihn die "Calcarer Volkszeitung einen "Kulturkampfroman schlimmster Sorte" und ein "kirchenfeindliches und zudem noch von Geschmacklosigkeit strotzendes Machwerk" (4). Den Katholiken wurde der Kauf des Buches abgeraten, bzw. verboten. Dieser Roman handelte von dem bekannten, gleichnamigen katholischen Wallfahrtsort am Niederrhein. Und wenn man es richtig versteht (4), weckt dieser Roman noch heute so mancherlei "Befremden" in manchen Teilen der dortigen katholischen Bevölkerung (- aber vielleicht sind es auch nur noch die Pfarrer selbst ...) (4):
Eine der Hauptfiguren des Romans ist der begabte Dr. Heinrich Vohwinkel, angestellt als Privatlehrer auf einem Gutshof in der Kevelaerer Heide. Aber nicht mehr lange: "Bald aber gab’s für ihn Arbeit, harte Arbeit, Geistesarbeit, Seelenarbeit - eine Arbeit, die ihm Haß und Lästerung einbringen konnte, wenn auch keinen Konflikt zwischen Pflicht und Gewissen." Er ist von höherer Stelle zum Schulrat für den Niederrhein berufen worden, "er sollte Leben erziehen, vaterländisches Leben, frei von Vorurteilen und von widersinniger Frömmelei ... Eine Generation sollte erwachsen, die den heimischen Boden mehr liebte als das gelobte Land, von dem gedungene Priester und Propheten erzählten. Deutsch fühlen, deutsch denken und Gott ansehen mit klaren, fröhlichen, deutschen Augen - auch das können und müssen katholische Menschen."
Weiter der Roman-Inhalt (4):
Zur selben Zeit wird Lene Isermann, Tochter eines Schäfers auf jenem erwähnten Gutshof, zur Leiterin der Kevelaerer Mädchenschule ernannt. Auch sie träumt von der Erziehung der ihr anvertrauten Kinder zu selbstbewußten Patrioten. 

Die beiden jungen idealistischen Menschen stoßen auf eine größtenteils engstirnige und frömmelnde Kevelaerer Bevölkerung - die von den vielen Pilgergruppen gut zu leben weiß, welche jährlich den Ort aufsuchen. (...) In ihrer Antrittsrede, schon bald vom erbosten Pfarrer unterbrochen, läßt die neu installierte Junglehrerin keinen Zweifel an ihrer pädagogischen Mission. Sie wolle keine "Weltanschauung der Pharisäer" lehren, welche "die Konfessionen hindert, friedlich miteinander zu gemeinsamen nationalen Zielen zu streben. Wer den Frieden will in unserm schönen Vaterlande, auf niederrheinischer Erde, wer nicht das Deutsche Reich und das deutsche Volk zerstören und zersetzen lassen will, der lege das Saatkorn der versöhnenden Weltanschauung in die Herzen der Kinder. Der sehe nicht über die Alpen fort, der suche nicht das Heil jenseits der Berge."
Dieser Roman war also klar gegen den sogenannten "Ultramontanismus" gerichtet. von Lauff dürfte also auch so manche Sympathien mit der damaligen Los-von-Rom-Bewegung von Schönerers in Österreich gehabt haben.


Abb. 2: Joseph von Lauff
 

Kam von Lauff als Kriegsberichterstatter in persönliche Berührung mit Erich Ludendorff?


Ähnlich wie sein Kollege, der Schriftsteller und Kriegsberichterstatter des Ersten Weltkrieges Paul Lindenberg (5), könnte von Lauff als Kriegsberichterstatter während des Ersten Weltkrieges in Berührung mit Erich Ludendorff gekommen sein. Sogar der Stimmungsgehalt der Werke beider - von Lauff's und Lindenberg's (5) - mag als ein ähnlicher empfunden zu werden. Er mag gekennzeichnet sein als jener Hang zu wohlwollender Behaglichkeit und Gemütlichkeit wie er in der Zeit vor 1914 vorgeherrscht haben mag. Vom Jahrgang her sind sie ja auch nur vier Jahre auseinander. Im Grunde handelt es sich insgesamt um einen Stimmungsgehalt, von dem man sich nur schwer vorstellen kann, daß er insgesamt besonders gut mit dem Stimmungsgehalt des Lebens von Erich Ludendorff zusammen paßte. Aber es ist der Stimmungsgehalt der Generation vor 1914 überhaupt - und er war Erich Ludendorff deshalb natürlich gut bekannt und vertraut. Aus einer solchen Stimmung heraus erwuchs ja auch jener oberflächliche "Hurra-Patriotismus", den Erich Ludendorff Anfang der 1920er Jahre als Ausdruck einer abgelebten Zeit abzulehnen begann.

Da Erich Ludendorff seit 1924 als eine Persönlichkeit in den Fußstapfen Georg von Schönerer's bekannt geworden war, also als jemand, der den Ultramontanismus ähnlich bekämpfte wie das auch von Lauff schon 1910 getan hatte, wird von Lauff sich darin bestärkt gefühlt haben, seine etwaig bestehende lose Verbindung zu Erich Ludendorff nicht abreißen zu lassen oder immer wieder neu zu knüpfen. Jedenfalls schickte von Lauff Erich Ludendorff zu Weihnachten 1932 sein 1930 erschienenes Werk "Oh du mein Niederrhein". Dabei handelt es sich um ein auch heute noch ansprechendes Stück Literatur wie schon die ersten Absätze deutlich machen:
Wie schön ist die Erde! Alles grünt und blüht um mich, und drüben im Vorgehölz hinter der großen Weidenkoppel läßt der Vogel Bülow seine Wunderstimme vernehmen.
Ich bin schon längst in das "biblische Alter" getreten. Das sechsundsiebenzigste Jahr winkt mir aus nicht allzu großer Ferne herüber, und ich freue mich, just um diese Zeit im Land, wo ich meine Jugend durchlebte, weilen zu können.
O du mein Niederrhein!
Ich stehe auf dem Leedeich, der sich von Kalkar über Till und Huisberden bis zum Emmericher Eiland hinzieht. Rings um mich her, in dem unermeßlichen Grasland, bestickte der Herr die Weiten mit Salbei, Vergißmeinnicht, Wiesenschaumkraut und Kuckucksblumen. Es ist wie ein Zauber, diesen bunten Teppich aus den tausend Nächten und der einen Nacht vor sich ausgespreitet zu sehen. Just auf der nämlichen Stelle habe ich oft als kleiner Junge mit meinen Kameraden gestanden, und wenn hoch über uns ein Storch langsamen Fluges vorübersegelte, riefen wir sehnsüchtig in den blauen Himmel hinein: "Euwer, Euwer, pillepoot, breng ons Moeder en Kindje!"
Alle Ortschaften, die um mich liegen, weiß ich mit Namen zu nennen. ....
Wie man sieht, handelt es sich um ein ansprechendes Stück Literatur. Und solche Texte gibt es mancherlei von von Lauff (siehe auch etwa: 6). Erich Ludendorff antwortete am 28. Dezember 1932 - offenbar aus München - mit einem einseitigen Brief (2). Der Brief ist leider nur vereinzelt und auch als solcher nicht vollständig bekannt:
"Sehr geehrter Herr von Lauff, Ihr Buch verschönte mir die Feiertage und erhöhte den Frieden des Weihnachtsfestes. Nehmen Sie meinen aufrichtigen Dank für Ihr schönes Buch vom Niederrhein. (...) Meine Frau und ich werden uns freuen, wenn wir Sie im Sommer hier sehen werden. (...)"
Mit diesen Worten ist zu erahnen, daß von Lauff Erich bei Erich Ludendorff nicht zum ersten mal zu Besuch kommen wollte. Joseph von Lauff starb am 20. August 1933 in Cochem-Sehl. Somit muß es nicht sehr wahrscheinlich sein, daß es zu diesem geplanten Besuch noch gekommen ist.

Insgesamt gewinnt man zunächst den Eindruck, daß das Verhältnis beider zueinander zumindest von einer gewissen Sachlichkeit oder Abgeklärtheit des Alters geprägt gewesen sein muß, daß es sich jedenfalls um ein Verhältnis gehandelt haben muß, das sich nicht durch etwaige politische oder weltanschauliche Meinungsverschiedenheiten stören ließ wie das sicherlich im Verhältnis Ludendorffs zu vielen anderen früheren Bekannten der Fall war im Jahr 1932. Und sollte es von solchen Meinungsverschiedenheiten sogar gar nicht allzu viele gegeben haben, könnte man auch zu der Schlußfolgerung kommen, daß es Joseph von Lauff als Sympathisant von Schönerers auch nicht sehr schwer hatte, sich mit jener Weltanschauung anzufreunden, die Erich Ludendorff inzwischen für sich angenommen hatte.


/überarbeitet: 7./8.11.2017/
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  1. Schmolt, Axel: 14. Autographen-Auktion. Krefeld, 1. Oktober 2005, S. 43f; auch 18. Auktion 2007, S. 20, 20. Auktion, S. 27 (eigh. Brief (1 S. gr.-8) mit U., O., Dat., München, 28.12.(1932), u. eigh. adress. Umschlag, an den Schriftsteller Joseph von Lauff (1855-1933) in Wiesbaden,. - Beiliegend e.U. "Ludendorff" (Bleistift) auf Kärtchen mit Gebrauchsspuren; s. Abb.)
  2. Bremm, M. Heinz: Joseph von Lauff. In: Friderichs, Alfons [Hrsg.]: Persönlichkeiten des Kreises Cochem-Zell. Kliomedia, Trier 2004; auch auf: http://rpb.lbz-rlp.de/cgi-bin/wwwalleg/srchrnam.pl?db=rnam&recnums=0000814
  3. Joseph von Lauff. In: Rheinische Lebensbilder, Band 15. Rheinland-Verlag, 1995 (GB)
  4. Trautmann, Markus: Vor 100 Jahren schrieb Joseph Lauff den Roman "Kevelaer" Literarischer Spiegel der Konflikte. Auf:  Kirchensite.de 2010
  5. Lindenberg, Paul: Es lohnte sich, gelebt zu haben. Erinnerungen. Vorhut-Verlag Otto Schlegel, Berlin 1941 (370 S.) (GB)
  6. Theissen, H.: Joseph von Lauff. In: Kalkar - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 775. Jahre Stadtrechte. http://www.ht-ka.de/Geschichte/von-Lauff/von-lauff.html
  7. Bading, Ingo: Erich Ludendorff als "Kollege" der Berliner Schriftsteller Erich Ludendorff im Schriftsteller-Kreis rund um den Berliner "Kladderadatsch" (1919). Studiengruppe Naturalismus, 8. November 2017, http://studiengruppe.blogspot.de/2017/11/erich-ludendorff-als-kollege-der.html

Dienstag, 14. Dezember 2010

Der Staatsakt für Erich Ludendorff am 22. Dezember 1937 in München

Einen Überblick über staatliche Trauerfeiern in Deutschland seit 1888 mit eindrucksvollen historischen Photographien gibt es auf der Seite des Bundesinnenministeriums, Abteilung Protokoll: "Staatsakte - Staatliches Trauern im Wandel der Zeit". Wenn man die dort vorgestellten Staatsakte für Kaiser Wilhelm I. (1888), Walther Rathenau (1922), Friedrich Ebert (1925), Gustav Stresemann (1929) vergleicht mit demjenigen für Erich Ludendorff im Dezember 1937, so drängen sich doch insgesamt in der äußeren Form deutlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede auf.

Abb. 1: Zeitungausgabe vom 20. Dezember 1937

Der für Erich Ludendorff durchgeführte Staatsakt ist im übrigen gegen seinen ausdrücklichen eigenen Willen von der Staatsmacht erzwungen worden. In der Folge vom 5.9.1934 seiner Halbmonats-Zeitschrift "Quell" hatte Ludendorff geschrieben (S. 405):
Für das Gedenken in den Erinnerungtagen der Schlacht von Tannenberg meinen Dank.
Ich bin gefragt worden, ob dereinst von mir ein politisches Testament zu erwarten sei. Zunächst gedenke ich (...) zum Nutzen der geistigen Bewegung, die mein Name vertritt, noch recht lange zu leben. Dann aber wird auch mein Leben, wie jedes Leben, abgeschlossen sein. Ich gab in ihm dem Deutschen Volk ganz eindeutig so viel Klares und Großes für Gegenwart und Zukunft zu seiner Volksschöpfung auf den Weg, daß ich nicht die Absicht habe, noch besondere Weisungen zu hinterlassen. Nur für meine Beisetzung in Deutscher Muttererde habe ich Bestimmungen getroffen. Sie soll ohne jedes militärische Gepränge, das mir ja zustehen würde, nach Deutscher Gotterkenntnis nur im Beisein von Deutschen stattfinden, die ihr leben.
In den Gedenktagen der Schlacht von Tannenberg. Erntings 1934. Ludendorff.
Natürlich hatten sich in den weiteren drei Jahren bis zu seinem Tod im Verhältnis zur Staats- und Wehrmachtsführung viele Veränderungen gegeben. Allerdings hatte Ludendorff, soweit übersehbar, niemals durch eine andere Willenserklärung die hier angeführte aufgehoben.

Abb. 2: Mathilde Ludendorff mit ihren beiden Söhnen Asko und Hanno von Kemnitz in München am 21.12.1937 (aus: 1)
Anläßlich des Staatsaktes für Erich Ludendorff am 22. Dezember 1937 sind auch Photographien der nächsten Angehörigen Ludendorffs veröffentlicht worden. Die Söhne von Mathilde Ludendorff begleiten sie selbst (Abb. 2, 3), bzw. folgen dem Sarg Erich Ludendorffs.

Abb. 3: Mathilde Ludendorff umgeben von ihren Angehörigen während des Staatsaktes in München am 22.12.1937 (aus: 1)
Während des Staatsaktes an der Feldherrnhalle in München am 22. Dezember 1937 waren die Angehörigen (Abb. 3) in der ersten Reihe von links nach rechts: die Konzertpianistin Frieda Stahl, die Schwester Mathilde Ludendorffs, Mathilde Ludendorff selbst, sowie ihre Tochter Ingeborg Freifrau Karg von Bebenburg. In der hinteren Reihe standen die Söhne Mathilde Ludendorffs Asko und Hanno von Kemnitz und ihr Schwiegersohn Franz Freiherr Karg von Bebenburg.

Im Internet sind nun auch Filmaufnahmen von diesem Staatsakt für Erich Ludendorff zugänglich geworden (Yt.).


Die beiden Söhne Mathilde Ludendorffs, Hanno und Asko von Kemnitz sind in 1'00 zu sehen, in ihrer Mitte der Schwiegersohn Mathilde Ludendorffs, Franz Karg von Bebenburg. Alle drei in Zivil. Die Witwe Mathilde Ludendorff steht ab 1'46, 1'57 und 2'11 als dunkel gekleidete Frau, eingerahmt von ihrer Schwester und ihrer Tochter, mit dem Rücken zum Betrachter. Dahinter wieder ihre Söhne und ihr Schwiegersohn.

Abb. 4: Adolf Hitler spricht Mathilde Ludendorff sein Beileid aus (aus: 5)
Dieser Schwiegersohn, Franz von Bebenburg, der Schwiegersohn Mathilde Ludendorffs, berichtete Anfang der 1960er Jahre anläßlich des "Rechtsstreites" um das Verbot des "Bundes für Gotterkenntnis" über diesen Staatsakt (2):
Am 22. 12. 1937 nahm ich mit Frau Dr. Ludendorff, ihrer Schwester Frieda Stahl, meiner Frau und meinen beiden Schwägern, Asko und Hanno von Kemnitz, auf dem hierzu für die Angehörigen besonders vorgesehenen Platz vor der Feldherrnhalle am Staatsbegräbnis teil. ... Frau Dr. Ludendorff hatte verlangt, daß sie erst im letzten Augenblick ... ihren Platz einnimmt, so daß ihr jedes Zusammentreffen mit irgendwelchen Parteileuten erspart bleibe. ... Ohne die Reichsminister und Gauleiter eines Blickes zu würdigen, gingen Frau Dr. Ludendorff und wir auf unseren Platz. Als nach der Rede des Reichskriegsministers von Blomberg als erster Hitler einen Kranz vor dem Sarg niederlegte und seine Hand zum sogenannten ‚Deutschen Gruß’ erhob und alle Minister und Gauleiter und die vieltausendköpfige Menschenmenge ebenfalls die Hand erhob, haben wir sechs Personen auf der Mitte des freien Platzes vor der Feldherrnhalle als einzige das nicht mitgemacht.
Nach Niederlegen seines Kranzes trat Hitler zu uns und reichte Frau Dr. Ludendorff die Hand, um ihr sein Beileid auszudrücken. Er sprach auch wenige Worte. Hierauf gab er Frau Frieda Stahl und meiner Frau die Hand. Meine beiden Schwäger und ich standen hinter den für die Damen vorgesehenen Stühlen. Hitler verbeugte sich gegen uns, was wir mit einer gleichen knappen Verbeugung erwiderten. Keiner von uns erhob die Hand zum vorgeschriebenen Gruß.
Als dann kurz darauf der Sarg wieder auf die Lafette gehoben wurde, begab sich Frau Dr. Ludendorff, ohne die auf sie zutretenden Reichsminister zu beachten, mit den beiden Damen so schnell als möglich wieder in die Residenz, wo sie sofort mein Auto bestieg. ... Frau Dr. Ludendorff hat mir vor und nach dem Staatsakt mehrfach erklärt, wie sehr sie gegen diese erzwungene ‚Ehrung’ sei, daß sie aber leider machtlos sei. Sie wolle aber den Toten nicht allein lassen. Sie sagte auch, daß sie hoffe, daß das Staatsbegräbnis wenigstens in etwas Hitler hindere, nach dieser ‚Ehrung’ sofort scharf gegen uns und den Ludendorff-Verlag vorzugehen, wie es zweifellos zu erwarten sei, nachdem Hitler im Sommer 1937 Ludendorff habe Landesverrat anhängen wollen.
Die Witwe hatte zumindest gegenüber Hitler durchgesetzt, daß Ludendorff nicht - wie von Hitler gewünscht - im Tannenberg-Nationaldenkmal bestattet wurde, und daß sein Sarg auch nicht von der Hakenkreuzfahne, sondern von der Reichskriegsfahne bedeckt war.

Abb. 5: Veröffentlichung des Ludendorffs Verlag zum Staatsakt (1)

"Ich hatte noch nie eine solche Heldenverehrung gesehen ..."

Der Bankier David Rockefeller war als Student Zuschauer dieses Staatsaktes. Bei David Rockefeller handelt es sich um den Enkelsohn eines der verhaßtesten amerikanischen Bankiers, die wohl je gelebt haben. Er ist heute selbst "einer der mächtigsten Bankiers der Welt". In seinen Memoiren hat er über seinen Aufenthalt in Deutschland im Jahr 1937 berichtet. Es gibt viele Hinweise darauf, daß die Rockefellers zu jenen Wallstreet-Bankern gehören, die den politischen Erfolg der NSDAP vor 1933 finanziert haben und zur Stabilisierung des Dritten Reiches über die Wirtschaft und die Gestapo nach 1933 beigetragen haben. (Siehe etwa Anthony C. Sutton. Siehe etwa das Wirken des späteren CIA-Chefs Allen Dulles, der nach 1945 über den Industriellen Hugo Stinnes, einen Schwager seines engsten Mitarbeiters Gero von Gaevernitz, ganz offensichtlich eine schützende Hand über den Gestapo-Organisator Werner Best gehalten hat. Letzterer ist bis 1989 in Deutschland nie angeklagt worden).

In einem Interview erzählte David Rockefeller (Die Weltwoche, 16.4.08):
Prägend waren obendrein meine Begegnungen mit dem Nationalsozialismus in Deutschland. 1933 kam ich als Erstsemester nach München, wo ich während zweieinhalb Monaten Deutsch lernte. Ich wohnte bei einer Familie an der Kaulbachstrasse und nahm Deutschstunden bei einer Frau Berman, die Jüdin war. Wenige Monate zuvor hatte Adolf Hitler die Macht ergriffen, und die ersten anti-jüdischen Gesetze waren in Kraft. Die Menschen sprachen hinter vorgehaltener Hand über die Gestapo. Ich war schockiert, wie die Deutschen die wachsende Kritik an den Juden einfach hinnahmen.

Haben Sie sich damals Gedanken gemacht, wie diese Entwicklung weiter verlaufen könnte?
Ja. 1935 begab ich mich auf einer Urlaubsreise erneut nach Deutschland. Nun lag bereits ein tiefes Unbehagen in der Luft. Hitlers Rhetorik war unmissverständlich geworden. Sein dramatischer Tonfall verbreitete Angst und Schrecken. 1937 war ich während meiner Weihnachtsferien zufällig in München. General Erich Ludendorff wurde begraben. Mit meiner Leica machte ich einen Schnappschuss von Hitler, als er vorbeistolzierte. Ich hatte noch nie eine solche Heldenverehrung gesehen, die von einer nahezu irren Menschenmenge ausging.

Abb. 6: Staatsakt in München (Herkunft: Ebay)
Das Dritte Reich sollte übrigens keineswegs der einzige Fall bleiben, in dem Wallstreet-Banker in Zusammenarbeit mit dem amerikanische Geheimdienst unter Allen Dulles weltweit Politiker, Journalisten, Militärs und politische Bewegungen "kaufte", Staatstreich finanzierte und durchführte, Wahlen beeinflußte und Kriege herbeiführte (3, 4).

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  1. von Kemnitz, Hanno: Der letzte Weg des Feldherrn Erich Ludendorff. Einziger geschlossener Text- und Bildbericht von den Trauerfeierlichkeiten und dem Staatsbegräbnis am 22. Julmonds 1937. Ludendorffs Verlag, München 1938
  2. Der Rechtsstreit ... über die Verbotsverfügung. Dokumente der Gegenwart. Neue Veröffentlichungen und Urkunden zur Zeitgeschichte VIII. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1963, S. 131f
  3. Schäfer, Horst: Der Chef-Terrorist - Vor 40 Jahren starb CIA-Direktor Allen Dulles. Politonline.ch, 28.2.2009
  4. Markus Kompa: Die schmutzigen Tricks des Allen Dulles. Telepolis, 04.10.2007 
  5. Sonderheft General Ludendorff. Aus: Illustrierter Beobachter, Verlag Eher Nachf., München, 12. Jahrgang, 28.12.1937 (24 Seiten)